Rede von
Ursula
Lötzer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DIE LINKE.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die
OECD warnt vor einer Rezession im zweiten Halbjahr
2012 in Deutschland, Kollege Hinsken. Nicht wir betrei-
ben Schwarzmalerei, wie Sie uns eben vorgeworfen ha-
ben, sondern Sie und Ihr Minister betreiben Schönfärbe-
rei der Entwicklung und nicht Vorsorge gegen eine
Krisenanfälligkeit. Das ist das Problem, das alle Redner
von der Opposition hier angesprochen haben.
Nach wie vor ist die deutsche Wirtschaft von der boo-
menden Exportwirtschaft abhängig. Frau Merkel hat
gestern in ihrer Rede gesagt: Wenn es Europa gut geht,
geht es Deutschland gut. –
Andersherum wird leider ein Schuh daraus: Infolge vor
allem Ihrer Politik geht es der Mehrheit der Menschen in
Europa schlechter statt besser.
Rezession, Arbeitslosigkeit, Armut und öffentliche
Schulden haben infolge Ihrer europäischen Krisenpolitik
zugenommen. Das europäische Spardiktat, das vor allem
Sie den europäischen Krisenländern aufzwingen, kommt
inzwischen als Bumerang zurück. Die Auftragsrück-
gänge gerade aus den südeuropäischen Krisenländern
können auf Dauer nicht durch Export nach China, in die
Schwellenländer oder vielleicht in Zukunft auf den
Mond ausgeglichen werden.
Das von Ihnen versprochene Wachstumsprogramm
für Europa besteht im Wesentlichen aus Luftbuchungen.
Es werden keine zusätzlichen Mittel für den Aufbau in
den Krisenländern bereitgestellt, geschweige denn ein
öffentliches Investitionsprogramm für einen sozialöko-
logischen Umbau und für Infrastrukturmaßnahmen in
Europa vorgeschlagen.
– Ich rede zum Wirtschaftsetat.
Auch Ihre viel beschworene Stärkung der Binnen-
nachfrage kommt nicht in Schwung, woher auch bei ei-
ner Wirtschafts- und Sozialpolitik, die auf flächende-
ckende Ausweitung von Niedriglöhnen, Leiharbeit und
prekärer Beschäftigung setzt.
Zwar haben die Gewerkschaften Lohnsteigerungen
durchgesetzt, doch das reicht nicht aus. Herr Lindner,
8 Millionen Beschäftigte arbeiten in befristeten und in
Teilzeitjobs oder kommen nicht aus der Leiharbeit he-
raus, 760 000 Rentnerinnen und Rentner müssen mit Ne-
benjobs ihre Armutsrente aufbessern, davon sind
120 000 älter als 75 Jahre. Ist das Ihr Wohlstand für alle,
den Sie erreicht haben, Herr Rösler? Bekämpfen Sie
endlich die Armut und die prekäre Beschäftigung! Stop-
pen Sie die Absenkung des Rentenniveaus und die Al-
tersarmut! Das wäre die Förderung von Leistungsge-
rechtigkeit, Herr Rösler.
Mindestsicherung, Mindestlohn und Mindestrente
sind längst überfällig, werden aber gerade von Ihnen im-
mer wieder blockiert. Zukunftsfähigkeit sieht anders aus.
Sie erfordert Krisenvorsorge im Haushaltsentwurf statt
eines Schönwetterhaushalts. Statt einer Wirtschaftspoli-
tik des Wettbewerbs um Armut und unsichere Lebens-
verhältnisse brauchen wir eine Orientierung an sozialer
und ökologischer Nachhaltigkeit.
Es ist höchste Zeit für Investitionen in ein soziales
und ökologisches Zukunftsprogramm in Deutschland
und in Europa, doch dazu findet man in Ihrem Haushalt
schlichtweg nichts. – Der Kollege möchte mich, glaube
ich, etwas fragen.