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    Plenarprotokoll 17/191 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 191. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013) (Drucksache 17/10200) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016 (Drucksache 17/10201) . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 23 Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dirk Niebel, Bundesminister  BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 04 Bundeskanzleramt Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Dr. Angela Merkel,  Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Petra Merkel (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister  BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22959 A 22959 B 22959 B 22961 B 22963 A 22965 B 22966 C 22967 D 22968 D 22970 B 22971 B 22972 A 22973 A 22973 D 22974 D 22975 D 22977 A 22978 A 22978 D 22980 A 22985 A 22992 C 22997 C 23002 A 23006 A 23008 B 23010 B 23011 C 23012 D 23015 B 23016 B 23017 D 23019 B 23020 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister  AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bijan Djir-Sarai (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister  BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim)  (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)  (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 23022 A 23023 D 23025 D 23028 B 23029 B 23031 A 23031 D 23033 C 23034 D 23036 A 23037 B 23038 B 23039 A 23041 A 23043 C 23045 A 23046 C 23047 D 23049 A 23050 C 23052 A 23053 B 23054 C 23055 A 23056 B 23057 D 23059 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 22959 (A) (C) (D)(B) 191. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 23059 (A) (C) (D)(B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 12.09.2012 Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 12.09.2012 Binder, Karin DIE LINKE 12.09.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 12.09.2012 Dr. Danckert, Peter SPD 12.09.2012 Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 12.09.2012 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 12.09.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 12.09.2012 Höferlin, Manuel FDP 12.09.2012 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Kilic, Memet BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Koch, Harald DIE LINKE 12.09.2012 Kolbe (Leipzig),  Daniela SPD 12.09.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Mast, Katja SPD 12.09.2012 Mücke, Jan FDP 12.09.2012 Rupprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 12.09.2012 Scheelen, Bernd SPD 12.09.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 12.09.2012 Simmling, Werner FDP 12.09.2012 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 12.09.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 191. Sitzung Inhaltsverzeichnis Epl 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 05 Auswärtiges Amt Epl 14 Verteidigung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ruprecht Polenz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu

    Recht steht die Staatsschulden- und Euro-Krise im Mit-
    telpunkt der heutigen Haushaltsdebatte. Sie gehört auch
    in unsere Debatte über die deutsche Außenpolitik, die ja
    europäisch eingebettet ist, um Wirkung zu entfalten.

    Die Instabilität der Währungsunion schwächt die Mit-
    wirkungs- und die Mitgestaltungskraft Europas in der
    Welt. Wir sind mit uns selbst beschäftigt, während die
    Welt von der Sorge beherrscht wird, dass die Euro-Krise
    auf andere ausstrahlt. Der Euro ist neben dem Dollar die
    wichtigste Reservewährung auf der Welt, und jeder
    Staat, der Währungsreserven in Euro angelegt hat, hat
    ein massives Interesse daran, dass der Euro erhalten
    bleibt und dass der Euro stabil bleibt. International gibt
    es aber nicht nur diese Sorge im engeren Sinne, sondern
    Europa wird auch als internationaler Akteur gebraucht.
    Ein aktives, ein handlungsfähiges Europa wird beispiels-
    weise in Asien als weiterer Akteur neben China und den
    USA gebraucht; das hören wir von den ASEAN-Staaten
    immer wieder. Vor allem wird Europa natürlich in Nord-
    afrika und im Nahen Osten gebraucht.

    In Gesprächen, die wir als Außenpolitiker immer wie-
    der mit Politikern, Delegationen oder Botschaftern aus
    dieser Region führen, erfahren wir, welch große Erwar-
    tungen in dieser Region mit Europa und einem Handeln
    Europas verbunden werden. Alle haben die Hoffnung,
    dass wir Europäer es schaffen, den Euro zu erhalten, den
    Zusammenhalt der Europäischen Union zu wahren und
    gemeinsam und geschlossen nach außen aufzutreten.
    Wir werden – auch das wissen wir Außenpolitiker aus
    vielen Gesprächen; das erfahren wir auch auf unseren
    Reisen – international für den europäischen Einigungs-
    prozess bewundert. In gewisser Weise wird er nicht als
    Modell, aber doch als Vorbild betrachtet. Deshalb geht
    es bei der Bewältigung der Euro-Krise auch darum, un-
    ter Beweis zu stellen, dass ein Zusammenschluss von
    Staaten mit gemeinsamer Ausübung von Teilen national-
    staatlicher Souveränität kein gescheitertes, sondern ein





    Ruprecht Polenz


    (A) (C)



    (D)(B)


    zukunftsträchtiges Modell ist. Das ist das, was Europa
    der Welt anbieten kann.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ein Scheitern würde übrigens auch den Gegnern von
    friedenstiftenden Integrationsbestrebungen in anderen
    Regionen der Welt Auftrieb geben: in Lateinamerika, in
    Afrika oder in der ASEAN-Region.

    Es ist verschiedentlich angesprochen worden – auch
    ich will etwas dazu sagen –, dass die Nachrichten, die uns
    aus Syrien erreichen, von Tag zu Tag schlechter und dra-
    matischer werden. In weiten Teilen des Landes herrscht
    Bürgerkrieg. Inzwischen gibt es über 50 000 Tote, und
    täglich werden es mehr. 2,5 Millionen Menschen sind auf
    der Flucht, davon 250 000 in anderen Ländern. Wir müs-
    sen ein Übergreifen des Konflikts auf andere Länder be-
    fürchten, vor allen Dingen auf den Libanon, aber auch auf
    die Türkei, da die PKK die Kämpfe in Südostanatolien
    wieder entfacht hat. Wenn man sich das genau anschaut,
    erkennt man, dass sich der Konflikt inzwischen auch auf
    Deutschland auswirkt; denn aus meiner Sicht lassen sich
    die Ereignisse in Mannheim nicht anders erklären. Man
    muss den Bogen bis dahin schlagen.

    Wir erleben eine Einmischung anderer Länder in die-
    sen Konflikt: des Iran, von Saudi-Arabien, von Katar.
    Auf der anderen Seite sehen wir – das ist hier zu Recht
    beschrieben worden –, dass der UN-Sicherheitsrat we-
    gen der Haltung von Russland und China blockiert ist.
    Wir erzeugen dadurch weniger Druck als notwendig und
    möglich wäre, um Assad dazu zu bewegen, den Weg für
    Verhandlungen und für ein Ende der Gewalt dadurch
    freizumachen, dass er zurücktritt. Unsere Möglichkeiten:
    Sanktionen, humanitäre Hilfe, politische Hilfe und Hilfe
    für die Opposition, damit sich ihr Wunsch, sich zu eini-
    gen, erfüllt. Das ist alles, was wir im Augenblick tun
    können. Das ist aber offensichtlich nicht genug.

    Herr Minister, es war richtig, syrische Politiker unter
    der Überschrift „The Day After“ nach Deutschland ein-
    zuladen. Wir haben aber leider noch „many days be-
    fore“. Auch das ist ein Problem, mit dem wir uns aus-
    einandersetzen müssen.

    Diesbezüglich gibt es eine Diskussion darüber, ob
    man vielleicht doch nur über eine militärische Auseinan-
    dersetzung zu einem Ende kommen kann, sei es über In-
    terventionen, über Flugverbotszonen oder die Bewaff-
    nung der Aufständischen. Ich glaube, das ist nicht der
    richtige Weg. Weshalb hat sich die Situation so entwi-
    ckelt? Erinnern wir uns: Wir hatten am Anfang sehr
    lange nur friedliche Demonstrationen. Assad wusste,
    wenn er 500 000 oder mehr Demonstranten häufiger in
    Damaskus auf der Straße hätte, dann wäre sein Rücktritt
    nur eine Frage der Zeit.

    Also hatte er ein Interesse daran, die friedlichen De-
    monstrationen zu beenden. Er hat das auf zweierlei
    Weise getan: Er hat selbst massiv Gewalt angewendet,
    und er hat – das wissen wir von syrischen Oppositionel-
    len – dafür gesorgt, dass teilweise auch von Demon-
    stranten Gegengewalt ausgeübt wurde. Er hat ein Inte-

    resse daran gehabt, auf diese Weise zur Eskalation
    beizutragen. Wenn das so richtig ist, dann liegt dieser
    Strategie die Einschätzung Assads zugrunde: Militärisch
    bin ich stärker; militärisch gewinne ich. – Dann sind wir
    aber doch falsch beraten, wenn wir sagen: „Das sehen
    wir aber anders“ und wie in Libyen verfahren, die Rebel-
    len bewaffnen und denken, das werde schon irgendwie
    klappen.

    Ich halte es nach wie vor für aussichtsreicher, den
    Druck auf Russland zu erhöhen. Das wird allerdings nur
    gelingen, wenn man nicht nur die russischen Interessen
    wie Hafen, Wirtschaftsbeziehungen und Einfluss in den
    Blick nimmt, sondern mit Russland auch über andere
    Fragen russischen Interesses redet. Das können nach
    Lage der Dinge nur die Amerikaner. Das werden sie aber
    vor den Wahlen im November nicht tun; das ist das Pro-
    blem. Aber auch wir Europäer haben die Möglichkeit,
    Druck auszuüben, wenn wir gegenüber Russland in die-
    ser Frage einig und gemeinsam auftreten. Auch hier ist
    ein starkes, ein einiges Europa gefordert.

    Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Wir müs-
    sen die Krise überwinden. Rückblickend – das ist meine
    feste Erwartung – wird der heutige Tag mit der Entschei-
    dung des Bundesverfassungsgerichts in Kombination
    mit den Entscheidungen der Europäischen Zentralbank
    in der letzten Woche als der Tag angesehen werden, an
    dem die Krise im Prinzip überwunden war, nicht in dem
    Sinne, dass wir über den Berg waren, sondern in dem
    Sinne, dass die Weichen so gestellt worden sind, dass
    wir über den Berg kommen. Natürlich liegt noch viel
    Wegstrecke vor uns, was Reformen usw. angeht. Aber
    ich glaube, es war heute ein guter Tag für Deutschland
    und für Europa.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Kollege

Alexander Ulrich das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alexander Ulrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Herr Westerwelle, Sie haben über den Iran gesprochen.
    Hören Sie doch bitte auf, nach mehr Sanktionen zu ru-
    fen, die nur die Bevölkerung treffen! Denn damit tragen
    Sie zur Eskalation bei und machen einen Krieg gegen
    den Iran wahrscheinlicher.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Aber lassen Sie uns über Europa reden. Die Krisen-
    politik Europas, der Troika, die letztendlich diktiert wor-
    den ist von Merkel und bis vor kurzem auch noch von
    Sarkozy, ist gescheitert. Wenn es eines Beweises dafür
    bedarf, verweise ich auf die EZB-Entscheidung in der
    letzten Woche. Dass die EZB zu dieser Notbremse grei-
    fen musste, ist ja ein Eingeständnis dafür, dass die Poli-
    tik versagt hat.





    Alexander Ulrich


    (A) (C)



    (D)(B)


    Wenn Herr Westerwelle sich hier hinstellt und sagt, er
    möchte, dass man der Bevölkerung Europas eine neue
    Vision gibt, die sich nicht aus der Geschichte ableitet,
    dann muss man sich die Frage stellen: Was macht diese
    Bundesregierung, um den Menschen in Europa eine Vi-
    sion zu geben? Ganz nebenbei sei erwähnt – darauf will
    ich gar nicht näher eingehen –, dass Herr Westerwelle
    europapolitisch überhaupt nicht agiert, weil er vom
    Kanzleramt ins Abseits gestellt worden ist. Schauen wir
    uns an, wie sich die Menschen in Europa von Europa ab-
    wenden. Schauen wir nach Südeuropa! Was wird dort
    von Europa wahrgenommen? Sozialabbau, Abbau von
    Beschäftigung, niedrigere Renten, kein Geld mehr für
    die Gesundheitsversorgung – das ist das Bild von Eu-
    ropa, das dort vermittelt wird. In Deutschland erweckt
    die Bundesregierung den Eindruck, dass wir, obwohl wir
    in dieser Krise Hauptgewinner sind, nur für Europa zah-
    len müssen, und es kommen Leute wie Söder und
    Dobrindt mit nationalistischen Ressentiments, die die
    Stammtische nicht nur in Bayern, sondern auch in der
    rechten Szene bedienen. Das klappt vielleicht in Bezug
    auf die bayerische Landtagswahl. Aber es klappt nicht,
    um Europa eine Vision für die Zukunft zu geben.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Lassen Sie uns hier einmal mit ein paar Mythen auf-
    räumen. Es wird immer wieder erzählt, wir hätten eine
    Staatsschuldenkrise. Nein, wir haben keine Staatsschul-
    denkrise. Wir haben eine Finanz- und Bankenkrise.
    Wenn wir uns die Zahlen anschauen, dann sehen wir,
    dass die Schuldenquote im Euro-Raum 2007 66,3 Pro-
    zent betrug; jetzt sind es 87,4 Prozent. Nehmen wir Spa-
    nien als Beispiel: 2007 gab es dort eine Staatsschulden-
    quote von 36,3 Prozent; jetzt sind es knapp 70 Prozent.
    Das, was in Europa als Staatsschuldenkrise bezeichnet
    wird, sind letztendlich die Kosten für die Bankenrettung.
    Diese haben sich von 2007 bis jetzt auf 1,6 Billionen
    Euro summiert. Dafür müssen wir zahlen. Es liegt nicht
    an ausufernden Sozialsystemen, es liegt nicht daran, dass
    die Menschen in Europa über ihre Verhältnisse leben.
    Vielmehr diente das Geld, das wir ausgegeben haben,
    der Bankenrettung.

    Deshalb, glaube ich, müssen wir darum kämpfen,
    endlich das wahr zu machen, was in Sonntagsreden im-
    mer gefordert wird: Wir müssen das Primat der Politik
    über die Finanzmärkte wiederbekommen. Dafür brau-
    chen wir eine Entkopplung der Staatsfinanzierung von
    den Finanzmärkten. Es ist nicht einzusehen, dass die Eu-
    ropäische Zentralbank für 1 Prozent oder jetzt 0,75 Pro-
    zent das Geld auf die Märkte wirft, aber die Deutsche
    Bank, die Commerzbank und andere Banken es für 6,
    7 oder 8 Prozent weiterverleihen. Die Staaten können
    das nicht finanzieren. Die Finanzwelt soll sich auch da-
    ran wieder eine goldene Nase verdienen. Wenn wir es
    entkoppeln, wäre der Spuk, auf Staatspleiten zu wetten,
    vorbei. Das ist unsere Forderung als Partei und Fraktion
    Die Linke.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wir brauchen endlich eine Finanztransaktionsteuer.
    Aber das, was Kanzlerin Merkel heute Morgen gesagt
    hat, deutet darauf hin, dass man auch da nichts machen

    will. Auch das ist nur eine Beruhigungspille gewesen.
    Jetzt schiebt man es auf die lange Bank; es wird nicht
    kommen. Mit dieser Regierung wird es eine Finanztrans-
    aktionsteuer in Europa und in Deutschland nicht geben.

    Der zweite Punkt. Es ist auch ein Anschlag auf die
    Demokratie. Was ist das für eine Vision, Herr
    Westerwelle, wenn nicht mehr die Regierungen und die
    Parlamente in Lissabon, Madrid oder Rom über Löhne,
    Steuern oder Haushalte entscheiden, sondern wenn es
    die Troika ist, die wenig legitimiert ist, aber in die Län-
    der einmarschiert und sagt, was dort zu tun ist? Diese
    Art der Politik wird die Menschen von Europa weiter
    entfremden. Deshalb muss Schluss sein mit diesen unde-
    mokratischen Maßnahmen von EU und Troika.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wenn man Schulden reduzieren will, dann kann man
    es machen wie Sie, was zu Sozialabbau führt, oder man
    kann es machen, wie wir es vorschlagen, nämlich indem
    man Vermögen reduziert. Denn die Schulden der einen
    sind nun einmal die Vermögen der anderen. Die Schul-
    den in Europa werden von den privaten Vermögen, die in
    Europa vorhanden sind, überstiegen. Sie meinen, Sie
    könnten das Problem mit Sozialabbau lösen. Dies treibt
    die Euro-Zone in die Rezession. In Griechenland ist die
    Wirtschaft in den letzten Jahren um 20 Prozent ge-
    schrumpft. Auch in Deutschland kommt es langsam an.
    Mit dieser Art der Politik werden die Schulden größer.
    Deshalb muss man die Vermögen reduzieren, wenn man
    die Schulden reduzieren will. Deshalb brauchen wir eine
    Millionärsteuer. Deshalb brauchen wir eine europaweite
    Vermögensabgabe. Wir müssen die Steueroasen trocken-
    legen. Ich glaube, wir brauchen auch einen deutlichen
    Schuldenschnitt, damit die Länder wieder Luft zum At-
    men bekommen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Mit der heutigen Entscheidung von Karlsruhe ist der
    Kampf um ein sozialeres Europa noch nicht beendet.
    Auch wenn alle Fraktionen das, was in Karlsruhe ent-
    schieden wurde, bejubelt haben, ist es ein weiterer
    Schritt, Europa undemokratischer und unsozialer zu ma-
    chen, ein weiterer Schritt, dass Europa nicht ein Europa
    der Menschen wird, sondern ein Europa der Finanz-
    märkte, ein Europa der Banken, ein Europa der Groß-
    konzerne. Wir werden unseren Widerstand fortsetzen;
    denn was jetzt kommt, wird auch in nationale Gesetzge-
    bung umgesetzt werden müssen. Die Bundesregierung
    sagt der Bevölkerung auch nicht, dass im Fiskalpakt vor-
    gesehen ist, dass man auch in Deutschland die Schulden
    schrittweise zurückführen muss. Aber woher werden die
    25 Milliarden Euro kommen, die ab 2014 dafür pro Jahr
    benötigt werden? Ich behaupte, wenn Sie so weiterma-
    chen, wird auch das nur über Sozialabbau, über weniger
    Geld für Bildung und Forschung, weniger Geld für einen
    sozialökologischen Umbau gelingen. Deshalb müssen
    wir handeln.

    Die Linke wird weiterhin mit den Gewerkschaften,
    mit den außerparlamentarischen Bewegungen, mit Attac
    und anderen für ein soziales, friedliches und demokrati-
    sches Europa streiten. Die SPD und die Grünen haben





    Alexander Ulrich


    (A) (C)



    (D)(B)


    leider bei allen europapolitischen Entscheidungen der
    Regierung die Hand gereicht. Deshalb sind sie nicht die
    Richtigen, um für diese Gruppen das Wort zu ergreifen.


    (Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben Europa die Hand gereicht!)


    Die Linke wird auch bei Abstimmungen im Parlament
    auf der Seite dieser genannten Gruppen stehen.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN)