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ID1719110000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/191 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 191. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013) (Drucksache 17/10200) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2012 bis 2016 (Drucksache 17/10201) . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 23 Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dirk Niebel, Bundesminister  BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christiane Ratjen-Damerau (FDP) . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 04 Bundeskanzleramt Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Dr. Angela Merkel,  Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Petra Merkel (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister  BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22959 A 22959 B 22959 B 22961 B 22963 A 22965 B 22966 C 22967 D 22968 D 22970 B 22971 B 22972 A 22973 A 22973 D 22974 D 22975 D 22977 A 22978 A 22978 D 22980 A 22985 A 22992 C 22997 C 23002 A 23006 A 23008 B 23010 B 23011 C 23012 D 23015 B 23016 B 23017 D 23019 B 23020 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister  AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bijan Djir-Sarai (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister  BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim)  (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)  (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 23022 A 23023 D 23025 D 23028 B 23029 B 23031 A 23031 D 23033 C 23034 D 23036 A 23037 B 23038 B 23039 A 23041 A 23043 C 23045 A 23046 C 23047 D 23049 A 23050 C 23052 A 23053 B 23054 C 23055 A 23056 B 23057 D 23059 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 22959 (A) (C) (D)(B) 191. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 Beginn: 10.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2012 23059 (A) (C) (D)(B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 12.09.2012 Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 12.09.2012 Binder, Karin DIE LINKE 12.09.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 12.09.2012 Dr. Danckert, Peter SPD 12.09.2012 Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 12.09.2012 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 12.09.2012 Gohlke, Nicole DIE LINKE 12.09.2012 Höferlin, Manuel FDP 12.09.2012 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Kilic, Memet BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Koch, Harald DIE LINKE 12.09.2012 Kolbe (Leipzig),  Daniela SPD 12.09.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 12.09.2012 Mast, Katja SPD 12.09.2012 Mücke, Jan FDP 12.09.2012 Rupprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 12.09.2012 Scheelen, Bernd SPD 12.09.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 12.09.2012 Simmling, Werner FDP 12.09.2012 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 12.09.2012  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 191. Sitzung Inhaltsverzeichnis Epl 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 05 Auswärtiges Amt Epl 14 Verteidigung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rolf Mützenich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Herr Bundesaußenminister, das war eine be-
    merkenswerte Rede, und ich hatte gedacht, dass Sie die
    Aussprache über diesen Einzelplan, der wohl der letzte
    Einzelplan ist, den Sie aktiv mitgestalten,


    (Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der FDP)


    zum Anlass nehmen, ein wenig Bilanz zu ziehen und
    vielleicht das Revue passieren zu lassen – Sie haben ge-
    sagt, Sie sind jetzt seit drei Jahren Außenminister –, was
    Sie an eigenen Zielen und Erwartungen hatten und was
    Sie verwirklicht haben.

    Ich will das tun; ich denke, es ist angemessen, beim
    Einzelplan 05 darüber zu sprechen.

    Natürlich ist es schwer – das vorweg –, die heutige
    nationale Außenpolitik mit der vor 10 oder 20 Jahren zu
    vergleichen. Die internationale Politik hat sich verän-
    dert. Neue Machtzentren sind in den Vordergrund getre-
    ten. Das Ende des Ost-West-Konflikts und die Verge-
    meinschaftung der nationalen Außenpolitik in Europa –
    all das hat die Handlungsmöglichkeiten nationaler
    Außenpolitik verändert, eingeschränkt. Aber es bestehen
    natürlich weiterhin Herausforderungen für die nationale
    Außenpolitik. Ich hätte mir gewünscht, dass gerade diese
    Herausforderungen in den vergangenen Jahren von Ih-





    Dr. Rolf Mützenich


    (A) (C)



    (D)(B)


    nen gemeistert worden wären, insbesondere die in
    Europa; Sie haben davon gesprochen. Wir sehen ja nicht
    nur eine Staats- oder Finanzkrise in einzelnen europäi-
    schen Ländern, sondern wir beobachten die Rückkehr
    von Nationalismus, die Rückkehr von Chauvinismus in
    Europa, die wir überwunden geglaubt haben. Zum Bei-
    spiel in Ungarn und Rumänien geht es ja nicht nur um
    die Verfolgung von Minderheiten; es geht auch darum,
    dass die Probleme in eine Region in unmittelbarer Nach-
    barschaft, nämlich auf den Balkan, überschwappen, der
    jahrelang einen Bürgerkrieg erlebt hat und nun erneut
    Zwietracht erlebt. Das sind Herausforderungen.

    Herausforderungen sind auch das wachsende Ent-
    wicklungsdilemma, die Politisierung von Gesellschaf-
    ten, soziale Konflikte und, insbesondere in Europa – das
    dürfen wir nicht vergessen –, weiterhin ungeregelte Ter-
    ritorialkonflikte. Zum Beispiel Zypern ist eine Heraus-
    forderung für eine nationale, aber insbesondere für eine
    europäische Außenpolitik. Außerdem gibt es weiterhin
    ungeregelte Aufrüstungsschübe in der Welt.

    Damit bin ich bei einem Thema, das Sie vor drei Jah-
    ren im Wahlkampf immer im Munde geführt haben. Sie
    haben sich zum Ziel gesetzt, die letzten hier verbliebe-
    nen taktischen Atomwaffen aus Deutschland herauszu-
    bringen oder dieses Thema zumindest auf der Agenda zu
    halten. Sie haben dieses Thema frei gewählt; das bleibt
    Ihnen überlassen. Einige waren sowieso von Anfang an
    skeptisch. Aber in diesem Sommer mussten wir hören,
    dass die Bundesregierung diese Systeme mit einigen
    Partnern modernisiert, um sie noch länger in Deutsch-
    land zu halten, Relikte des Kalten Krieges, wie Sie sie
    genannt haben. Das ist Ihr Versäumnis in der deutschen
    Außenpolitik, und das muss an dieser Stelle auch be-
    nannt werden.


    (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Zu dem, was beim Thema Rüstungskontrolle von Ih-
    nen nicht angepackt worden ist, wo Sie vielleicht zu we-
    nig Mut gezeigt haben, gehört, wie ich finde, auch das
    Thema Raketenabwehr.


    (Beifall der Abg. Uta Zapf [SPD] und Viola von Cramon-Taubadel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Deutsche Außenpolitik hätte im Bereich der Sicherheits-
    und der Rüstungskontrollpolitik etwas voranbringen
    können, was wahrscheinlich Europa und den gesamten
    Kontinent in den nächsten Jahren wieder prägen wird: Es
    geht um Aufrüstungsschübe durch eine Modernisierung
    von Rüstung.

    Hier hätte es sich gelohnt, Rüstungskontrolle und -be-
    grenzung zu diskutieren,


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    sowohl im NATO-Bündnis als auch darüber hinaus, und
    insbesondere auch die Sorgen Russlands ernst zu neh-
    men. Nicht jetzt – das wissen wir auch –, aber dann,
    wenn möglicherweise die letzte Stufe der Raketenab-
    wehr verwirklicht worden ist, ergibt sich hier strategi-

    sches Potenzial. Ich verlange von einem deutschen Au-
    ßenminister, dass er das thematisiert.

    Herr Westerwelle, Sie haben über eine Region in un-
    serer unmittelbaren Nachbarschaft gesprochen, den Na-
    hen und Mittleren Osten. In der Tat: Israel macht sich
    wegen des Irans Sorgen, insbesondere darüber, dass der
    Iran nicht bereit ist, sowohl die ausgestreckte diplomati-
    sche Hand zu ergreifen als auch die Inspektion durch die
    Internationale Atomenergie-Organisation zuzulassen.
    Iran ist ein vorherrschendes Thema der internationalen
    Politik.

    Andererseits ist auch die Versöhnung zwischen Israel
    und Palästina weiterhin eine große Herausforderung für
    europäische und auch für deutsche Außenpolitik. Es
    reicht nicht, dass der deutsche Außenminister Appelle
    aussendet, sondern er muss den israelischen Gesprächs-
    partnern, auch der israelischen Regierung klarmachen,
    dass der ungehinderte Siedlungsausbau, die weitere Ab-
    riegelung des Gazastreifens, die Gewährung von Men-
    schenrechten – diese existenzielle Frage muss von Europa
    gestellt werden – mit dazu dienen, dass die Situation im
    Nahen und Mittleren Osten nicht eskaliert. Diese The-
    men müssen zusammengefasst werden. Hierzu habe ich
    bei Ihnen eine Menge vermisst. Ich glaube, dass europäi-
    sche Außenpolitik auch zu einer Verhaltensänderung der
    israelischen Regierung hätte beitragen können.

    Ich glaube, Sie hatten es gut damit gemeint, die
    palästinensische Autonomiebehörde aufzuwerten. Aber
    plötzlich sitzen Sie zwischen allen Stühlen. Das Bundes-
    kanzleramt hat diesen Schritt nicht mitgemacht. Die
    israelische Regierung war über diesen Vorgang total irri-
    tiert. Im Grunde genommen hat der sogenannte
    palästinensische Botschafter von der sogenannten Auf-
    wertung überhaupt nichts. Ich glaube, es war letztlich ein
    Fehler, hier nicht mehr Engagement zu zeigen. Das ge-
    hört, wenn wir über den Einzelplan 05 sprechen, zu der
    Bilanz mit dazu.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Bundesaußenminister, Sie sind viel gereist. Sie
    haben den lateinamerikanischen Kontinent sehr früh be-
    reist und ein Lateinamerika-Konzept vorgestellt, bei dem
    Sie der Meinung gewesen sind, deutsche nationale Au-
    ßenpolitik könnte einen Beitrag für diese Region leisten.
    Ich glaube, die Gesprächspartner dort haben sehr schnell
    gemerkt, dass wir zwar ein Interesse an dem Kontinent
    haben, aber dass sich dieses Interesse in der Außenwirt-
    schaftspolitik erschöpft. Heute sind andere europäische
    Länder bereit, mitzuhelfen, Konflikte in diesen Ländern
    zu befrieden und zu regeln. Deutschland gehört nicht mit
    dazu. Deswegen haben Sie in diesem Zusammenhang
    falsche Botschaften ausgesandt. Das Lateinamerika-
    Konzept ist kein politisches Konzept. Es ging sozusagen
    fast nur um Außenwirtschaftspolitik und zu wenig um
    Diplomatie.

    Sie haben auch nicht die Chance ergriffen, die die
    Obama-Administration geboten hat, einen Beitrag zu ei-
    ner anderen Außenpolitik sowohl in Europa als auch in-
    ternational zu leisten. Ich glaube, das sind Versäumnisse,





    Dr. Rolf Mützenich


    (A) (C)



    (D)(B)


    die Sie sich selbst anlasten müssen, weil Sie am Anfang
    Ihrer Legislaturperiode ganz andere Erwartungen ge-
    weckt haben.


    (Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Der letzte Obama-Fan!)


    Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie daran erinnert
    haben, dass trotz aller schrecklichen und mit menschli-
    chem Leid verbundenen Bilder in der Tat in der arabi-
    schen Welt auch hoffnungsvolle Ansätze zu sehen sind.
    Tunesien ist ein leuchtendes Beispiel. Wir sollten dieses
    Land unterstützen. Es gibt viele gesellschaftliche Orga-
    nisationen in arabischen Ländern, die die Geschichte
    aufarbeiten und sich um soziale Fragen und Ähnliches
    kümmern wollen. Das sollten wir nicht vergessen.

    Der gesamte Deutsche Bundestag gibt Ihnen recht,
    dass das, was insbesondere in Libyen, aber auch in
    Ägypten passiert ist, nicht hinzunehmen ist. Ein Appell
    vonseiten des Parlaments an die dortigen Regierungen
    muss unbedingt erfolgen. Eingefordert werden muss
    nicht nur der Schutz der diplomatischen Vertretung, son-
    dern auch der Schutz ausländischer Gäste in diesen Län-
    dern. Das fordern wir auch in den nächsten Tagen ein.

    Aber das reicht nicht an Auseinandersetzung mit den
    gesellschaftlichen Entwicklungen. Ich habe mir wirklich
    erhofft, dass sozusagen nicht nur die Reisen in die arabi-
    schen Umbruchländer dazu beitragen, sich mit der neuen
    Politik auseinanderzusetzen. Es geht vielmehr darum,
    sich mit einem gesellschaftlichen politischen Trend zu
    befassen, der damit verknüpft ist, mit dem Trend des
    politischen Islam.

    Ich glaube, es war ein Versäumnis in der europäischen
    Diskussion, dass wir uns nicht frühzeitig gerade zu die-
    sen Bewegungen hin orientiert und zumindest den Dia-
    log angeboten haben. Aber ich habe manchmal den Ein-
    druck, dass wir uns mittlerweile mit dem sogenannten
    politischen Islam und den Parteien, die dort jetzt den
    Wahlsieg davontragen, viel zu gemein machen und ein
    falsches Zeichen an die Länder des gesellschaftlichen
    Umbruchs geben.

    Ich glaube, auch die Kolleginnen und Kollegen der
    CDU/CSU haben es nicht verdient, dass der politische
    Islam mit europäischen Entwicklungen verglichen wird,
    wo nämlich christliche Werte auch zu einer Parteigrün-
    dung geführt haben. Das ist viel zu wenig für die Aus-
    einandersetzung mit dem politischen Islam. Ich glaube,
    wir sollten eine intensivere Diskussion darüber führen.

    In der Tat: Syrien ist die große Herausforderung für
    die internationale Gemeinschaft. Die Verhinderung von
    Maßnahmen insbesondere vonseiten Russlands, aber
    auch Chinas ist nicht hinnehmbar. Wir unterstützen Sie
    in diesen Fragen im Sicherheitsrat, damit es zu einer
    Verhaltensänderung kommt.

    Ich glaube, all das müssen wir gleichzeitig aber auch
    als mit einzelnen Menschen verbundene Schicksale be-
    greifen. Deswegen sage ich ganz klar: Wir haben auch
    eine Schutzverantwortung für die Menschen, die dort
    verfolgt werden. Die Flüchtlinge kommen in der Tat zu
    den Außengrenzen. Aber es gibt auch welche, die mögli-

    cherweise nur hier Schutz finden. Deswegen will ich von
    diesem Podium aus sagen: Alle Menschen haben unab-
    hängig von ihrer Religion das Menschenrecht, geschützt
    zu werden, wenn es erforderlich ist und wenn sie an den
    Grenzen von Syrien keinen Schutz finden. Auch darum
    geht es nach meinem Dafürhalten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Bundesaußenminister, ich hätte mir gewünscht,
    dass Sie die Herausforderungen nicht nur der Vergan-
    genheit, sondern auch der Zukunft thematisiert hätten.
    Das Thema Rüstungsexporte wird diese Bundesregie-
    rung mit Sicherheit nicht auf ihre positive Agenda
    schreiben können. Ich hätte mir gewünscht, dass der
    deutsche Außenminister häufiger das Wort dazu ergrif-
    fen hätte. Denn es geht nicht einfach um ein Gut, das
    dorthin transportiert wird, sondern damit sind außenpoli-
    tische Fragen verbunden. Bei der Lieferung von Panzern
    und in der Diskussion über U-Boote, die möglicherweise
    nach Ägypten gehen, darf man nicht nur die Partner kon-
    sultieren, sondern wir wollen, dass dieses Parlament
    stärker konsultiert wird.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Ruprecht Polenz [CDU/CSU])


    Zum Beispiel haben auch Kolleginnen und Kollegen aus
    der Koalition Vorschläge gemacht. Ich hätte auch gerne
    die Bundesregierung bei dieser Frage gesehen.

    Ich hätte von Ihnen auch gerne ein Wort in einer De-
    batte gehört, die der Verteidigungsminister angestrengt
    hat. Sie möchten jetzt bewaffnete Drohnen für die Bun-
    deswehr. Ich finde, das ist eine Frage, die nicht nur den
    Verteidigungsminister zu interessieren hat, sondern ins-
    besondere auch den Bundesaußenminister. Dabei geht es
    um sicherheitspolitische, völkerrechtliche, ethische, ins-
    besondere aber auch um rüstungskontrollpolitische Fra-
    gen.

    Diese Zukunftsthemen haben Sie nicht aufgenom-
    men. Leider trifft das sowohl für den Haushaltsplan als
    auch für Ihre Rede zu. Ich erwarte auch nicht – leider –,
    dass es in den nächsten Monaten damit vorangeht. Wir
    werden dann aber diese Themen 2013 aufgreifen.

    Ganz herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Andreas

Schockenhoff von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Andreas Schockenhoff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

    Schuldenkrise, in der sich die EU heute befindet, wird





    Dr. Andreas Schockenhoff


    (A) (C)



    (D)(B)


    vor allem finanz- und wirtschaftspolitisch diskutiert.
    Aber sie hat auch eine wichtige außenpolitische Kompo-
    nente, der wir mehr Aufmerksamkeit schenken müssen.
    In Bezug auf Griechenland sollten wir zunächst den Be-
    richt der Troika abwarten.

    Der Beitritt Griechenlands, obwohl Griechenland
    wirklich nicht reif für den Euro war, ist von SPD und
    Grünen gegen unser Votum durchgesetzt worden. Das
    war eine falsche Entscheidung mit gravierenden Folgen.
    Aber ich sage auch: Wir sollten uns jetzt nicht mit fal-
    schen Prophezeiungen und Signalen hervortun, solange
    der Troikabericht nicht vorliegt.

    Was wir aber dessen ungeachtet heute schon tun müs-
    sen, ist, uns die möglichen außenpolitischen Folgen ei-
    nes Scheiterns Griechenlands bewusst zu machen und
    sie klar zu benennen, so wie es auch die Finanzinstitutio-
    nen oder zum Beispiel die Internationale Arbeitsorgani-
    sation, ILO, in ihren Berichten tun.

    Sollte Griechenland mit seinen Rettungsbemühungen
    scheitern, ist zu befürchten, dass der Verlust des Euro
    Griechenland nicht nur einen schweren ökonomischen
    Schock versetzt. Es wird dann auch der gesellschaftliche
    Friede im Land gefährdet. Griechenland könnte in politi-
    sche Instabilität abgleiten. Die Explosion von Gewalt


    (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Könnte oder ist?)


    – Sie sprechen es an –, die wir bereits mehrmals in
    Athen beobachten mussten, hat uns einen klaren Hin-
    weis gegeben, welches Chaos dann in noch viel größe-
    rem Ausmaß zu erwarten wäre. Ideologen werden einfa-
    che Antworten versprechen und die Schuld für die
    eigenen Versäumnisse außerhalb des Landes festma-
    chen. Die Folgen davon könnten Spannungen mit den
    Nachbarn oder gar regionale Krisen sein, und das in ei-
    ner ohnehin instabilen Mittelmeerregion.

    Unabhängig davon müssen wir alle Anstrengungen
    unternehmen, um die Schuldenkrise zu bewältigen, und
    Europa insgesamt wettbewerbsfähiger machen; denn
    wenn wir das nicht schaffen – Sie sind am Schluss da-
    rauf eingegangen, Herr Außenminister –, wird Europa
    künftig gegenüber Herausforderern wie China, Indien
    und Brasilien deutlich zurückfallen. Aber wenn es uns
    gelingt, uns selbst zu behaupten, dann wird Europa ein
    starker Pol in einer multipolaren Welt sein. Das ist unser
    Ziel. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir das
    schaffen können.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Deshalb führen alle Gedankenspiele mit Euro-Bonds
    und einem Schuldentilgungsfonds, wie sie Herr Gabriel
    und die SPD in der Vergangenheit angestrebt haben, ge-
    nau in die falsche Richtung. Solch eine verfehlte Politik
    würde Europa nicht aus der Krise herausführen und nicht
    stärker machen, sondern uns noch tiefer in die Krise hi-
    neindrücken.

    Die Antwort auf die Frage, ob wir die Krise erfolg-
    reich bewältigen, entscheidet auch darüber, ob sich die
    Europäische Union über Kroatien hinaus erweitern kann.

    Das Kriterium der Aufnahmefähigkeit der EU gilt
    ebenso wie die Beitrittskriterien. Serbien möchte mög-
    lichst bald mit Beitrittsverhandlungen beginnen. Ich
    halte es für wichtig, dass wir mit der neuen Regierung in
    Belgrad einen ehrlichen Dialog über die Erwartungen
    führen, die wir an Serbien im Hinblick auf ein positives
    Votum des Bundestages zur Aufnahme von Beitrittsver-
    handlungen haben.

    Meine Fraktion wird in Gesprächen mit der serbischen
    Regierung folgende sieben Erwartungen zum Ausdruck
    bringen: erstens vollständige Erfüllung und Umsetzung
    des mit der EU vereinbarten Aktionsplans; zweitens
    sichtbare Fortschritte bei Aufklärung und Strafverfol-
    gung des Brandanschlags auf die Deutsche Botschaft
    vom Februar 2008; drittens deutliche Signale zur Fortset-
    zung der regionalen Aussöhnung – es darf keine Neu-
    interpretation der Geschichte geben, beispielsweise im
    Zusammenhang mit dem Völkermord in Srebrenica –;
    viertens vollständige Umsetzung der bisherigen Ergeb-
    nisse und Fortsetzung des Dialogprozesses zwischen Bel-
    grad und Pristina; fünftens Beginn des kontinuierlichen
    Abbaus der Parallelstrukturen in Nordkosovo und von
    deren Finanzierung;


    (Klaus Brandner [SPD]: Steht das jetzt im Haushaltsplan?)


    sechstens kontinuierliches Einwirken Belgrads auf die
    Serben in Nordkosovo für eine aktive Zusammenarbeit
    mit EULEX und KFOR. Wir erwarten schließlich sieb-
    tens den sichtbaren Willen zu einer rechtlich verbindli-
    chen Normalisierung der Beziehungen zu Kosovo mit
    der Perspektive, dass Serbien und Kosovo unabhängig
    und gemeinsam ihre Rechte und Pflichten wahrnehmen
    können. Diese Perspektive muss zwischen Serbien und
    Kosovo als vertragliche Vereinbarung vor Abschluss von
    Beitrittsverhandlungen festgelegt sein, und das muss
    auch praktiziert werden.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die Entwicklungen in Russland geben Anlass zu gro-
    ßer Sorge; denn sie haben auch Auswirkungen auf das
    Verhältnis zu Deutschland und zur Europäischen Union.
    Wir haben – ich will das immer wiederholen – ein starkes
    Interesse an einem politisch und wirtschaftlich modernen
    und demokratisch verfassten Russland, das seine interna-
    tionalen Gestaltungsmöglichkeiten nutzt. Doch das russi-
    sche Verhalten im Zusammenhang mit Syrien – das
    wurde schon angesprochen – ist nicht das einzige außen-
    politische Signal, dass Russland nicht gestaltet, sondern
    eher blockiert. Innenpolitisch besteht die erhebliche Ge-
    fahr, dass Russland durch rechtsstaatliche Defizite, feh-
    lende Investitionen und mangelnde Innovation statt der
    von Präsident Putin angestrebten Modernisierung eine
    Zeit der Stagnation, statt Fortschritt und Entwicklung
    Rückschritte drohen.

    Lassen wir uns nicht von den makroökonomisch gu-
    ten Daten wie 4 Prozent Wachstum und einer für russi-
    sche Verhältnisse mit 6 bis 7 Prozent niedrigen Inflation
    oder dem gut gefüllten Reservefonds täuschen. Die enor-
    men Strukturprobleme, die erneut hohe Kapitalflucht
    von über 80 Milliarden Dollar bereits in diesem Jahr, der





    Dr. Andreas Schockenhoff


    (A) (C)



    (D)(B)


    wachsende Braindrain und die immense systemische
    Korruption sind Ursache dafür, dass Russland im Ver-
    gleich zu ähnlichen Staaten weiter zurückfallen wird.
    Das zeigen alle internationalen Indizes auf. Hinzu kom-
    men gesetzgeberische und juristische Maßnahmen, die
    in ihrer Gesamtheit auf eine wachsende Kontrolle akti-
    ver Bürger abzielen und kritisches Engagement zuneh-
    mend kriminalisieren. So aber kann man nicht die Men-
    schen gewinnen, die für die angestrebte Modernisierung
    des Landes dringend gebraucht werden.

    Allerdings verstehen Russland und die Europäische
    Union unter „Modernisierung“ etwas Verschiedenes:
    Russland will im Augenblick nur eine technisch-finan-
    zielle Modernisierung von oben her. Wir haben das Ver-
    ständnis, dass eine Modernisierung von unten her, von
    den Menschen getragen werden muss und dafür auch
    politische Mitgestaltungsmöglichkeiten und Rechtsstaat-
    lichkeit gegeben sein müssen. Das aber wird jetzt noch
    mehr eingeschränkt.

    Das EU-Konzept der Modernisierungspartnerschaft
    mit Russland ist ein gutes Konzept, aber es braucht einen
    Partner, der eine umfassende Modernisierung auch tat-
    sächlich will. Wenn wir mit diesem Konzept nicht voran-
    kommen, müssen wir es überprüfen. Voraussetzung da-
    für ist eine klare Analyse der systemischen Entwicklung
    Russlands statt Wunschdenken. Wir sollten pragmatisch
    dort mit Russland zusammenarbeiten, wo dies möglich
    ist und wo wir gemeinsame Interessen haben. Nicht zu-
    letzt muss in einer strategischen Partnerschaft auch ein
    klares Ansprechen von Defiziten und Verstößen gegen
    Werte und Normen, denen sich Russland angeschlossen
    hat, möglich sein, so wie es die Bundeskanzlerin immer
    wieder tut und erneut im Fall Pussy Riot getan hat.

    Ich komme im Zusammenhang mit Russland auch zur
    Lage in Syrien. Dort fällt das Assad-Regime – auch das
    haben die beiden Vorredner gesagt – in Zeitlupe und be-
    geht Kriegsverbrechen am syrischen Volk, nicht etwa an
    „seinem eigenen“ Volk. Was als Protest gegen das Unter-
    drückungsregime des Assad-Clans begann, ist längst zu
    einem Bürgerkrieg eskaliert. Die primäre Gewalt ging
    und geht weiterhin vom syrischen Regime aus. Mittler-
    weile lesen wir täglich Berichte über Bombardements
    syrischer Städte durch Assads Luftwaffe mit vielen zivi-
    len Toten. Diese Verbrechen dürfen von Russland und
    China nicht länger geduldet werden. Der UN-Sicher-
    heitsrat muss endlich wirksame Maßnahmen ergreifen,
    um das Töten durch das syrische Regime zu stoppen.

    Die internationale Isolation des syrischen Regimes ist
    zwingend notwendig, um Assad zum Abtreten zu bewe-
    gen


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    und eine noch größere militärische Eskalation zu verhin-
    dern. Darum wird sich die Bundesregierung während ih-
    res Vorsitzes im UN-Sicherheitsrat diesen Monat mit al-
    lem Nachdruck bemühen. Wir begrüßen zudem, dass die
    Bundesregierung in den vergangenen Monaten hinter
    den Kulissen einen politischen Fahrplan für die Zeit
    nach Assad vorangetrieben hat. Die syrische Opposition
    muss aber endlich Geschlossenheit zeigen, um eine ge-

    einte und glaubwürdige Alternative zum Assad-Regime
    zu sein.

    Mit großer Sorge verfolgen wir die sich zuspitzende
    Auseinandersetzung um das iranische Nuklearprogramm.
    Die iranische Bedrohung ist real und kein Popanz, der
    künstlich aufgebauscht wird. Die IAEO zeigt sich seit fast
    zehn Jahren in ihren Einschätzungen und auch in ihrem
    jüngsten Bericht immer besorgter über den möglichen
    militärischen Charakter des iranischen Nuklearpro-
    gramms. Seit Jahren kommt Iran jedoch den Forderungen
    des UN-Sicherheitsrats nach Transparenz seines Atom-
    programms sowie der Aussetzung der Urananreicherung
    und von Vorarbeiten zur Gewinnung von waffenfähigem
    Plutonium nicht nach. Zudem arbeitet Teheran intensiv an
    weitreichenden Raketen. Die israelische Sorge vor einer
    iranischen Atombombe muss also jedem einleuchten. Is-
    rael ist so groß wie Hessen und könnte durch einen einzi-
    gen Nuklearschlag vernichtet werden. Der iranische
    Präsident hat Israel jüngst zum wiederholten Mal sein
    Existenzrecht abgesprochen. Israel sei ein Krebsge-
    schwür, das bald verschwunden sein werde.

    Die jüngsten Verhandlungsrunden mit dem Iran haben
    wieder einmal zu keinen konkreten Ergebnissen geführt.
    IAEO-Chef Amano nennt das zu Recht frustrierend. Te-
    heran muss den Forderungen der Vereinten Nationen
    endlich nachkommen und nachprüfbar beweisen, dass es
    nicht am Bau einer Nuklearwaffe arbeitet. Ich will mit
    Nachdruck unterstreichen, was der Außenminister ge-
    sagt hat: Wir sind zu einer weiteren Drehung an der
    Sanktionsschraube bereit und müssen das auch insge-
    samt bei unseren europäischen Partnern einfordern.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Afghanistan ste-
    hen wir vor einem verantwortungsvollen Ende des inter-
    nationalen Kampfeinsatzes. Auf ihrem Gipfel in Chi-
    cago im Mai hat die NATO beschlossen, den Einsatz
    Ende 2014 zu beenden. Die christlich-liberale Koalition
    hat mit dem Strategiewechsel 2010 die Grundlage für
    den nun anstehenden Abzug der deutschen Truppen aus
    Afghanistan gelegt. Die von Deutschland mit Nachdruck
    betriebene Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte
    hat die schrittweise Übernahme der Sicherheitsverant-
    wortung durch afghanische Kräfte mit ermöglicht. Diese
    haben ihre Sollstärke fast erreicht und sind mittlerweile
    für die Sicherheit von 75 Prozent der afghanischen Be-
    völkerung zuständig. In sechs von neun Provinzen im
    deutschen Zuständigkeitsbereich im Norden wird keine
    permanente ISAF-Präsenz mehr erfordert. Mitte 2013
    sollen der Transitionsprozess in allen Teilen Afghanis-
    tans eingeleitet sein und die afghanischen Sicherheits-
    kräfte die Führungsrolle innehaben. ISAF wird dann nur
    noch eine unterstützende Rolle haben. Bis zum Ende des
    Einsatzes 2014 muss insbesondere die Qualität der af-
    ghanischen Streitkräfte verbessert werden; denn umso
    zügiger können wir den Prozess der Übergabe in Verant-
    wortung vorantreiben.

    Meine Damen und Herren, diese Bundesregierung
    meint es ernst mit dem Abzug unserer ISAF-Soldaten
    aus Afghanistan. Wir müssen jedoch realistisch sein: Ein





    Dr. Andreas Schockenhoff


    (A) (C)



    (D)(B)


    Abzug lässt sich nicht über Nacht bewerkstelligen. Es
    handelt sich um eine hochkomplexe, eigenständige Ope-
    ration, die mit den bisherigen ISAF-Aufgaben nicht ver-
    mengt werden darf. Vor diesem Hintergrund kommt für
    die CDU/CSU nur ein verantwortungsvoller, sicherer,
    geordneter und insbesondere nachhaltiger Abzug in-
    frage. Aber auch nach dem Ende des ISAF-Einsatzes
    bleibt die CDU/CSU-Fraktion den Menschen in Afgha-
    nistan verpflichtet. Die Transformation eines der ärms-
    ten und am wenigsten entwickelten Länder ist eine
    Generationenaufgabe. Unser Engagement wird sich qua-
    litativ verändern; aber es ist und bleibt langfristig.

    Herr Außenminister, ich danke Ihnen für Ihre
    Schlussbemerkung. Die politische Einigung Europas ist
    nicht nur eine fiskal- und wirtschaftspolitische Heraus-
    forderung, sie ist auch eine außen- und sicherheitspoliti-
    sche Herausforderung. In unserer Generation geht es da-
    bei nicht mehr nur um eine Antwort auf die Geschichte,
    es geht um die Selbstbehauptung Europas in der Welt
    des 21. Jahrhunderts. Dieser Aufgabe stellen wir uns, die
    CDU/CSU-Bundestagsfraktion, aufgrund unseres Men-
    schenbildes, aufgrund unserer historischen Verantwor-
    tung und aufgrund unserer Verantwortung für die Zu-
    kunft kommender Generationen in Deutschland.

    Danke.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)