Rede von
Dr.
Gregor
Gysi
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DIE LINKE.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bun-
desverfassungsgericht hat heute früh entschieden, die
einstweiligen Anordnungen nicht zu erlassen.
Sie haben davon gesprochen, Frau Bundeskanzlerin,
aber Sie haben nichts zu den Auflagen gesagt. Herr
Trittin meinte, die Linke hätte heute eins auf die Mütze
bekommen.
Ich glaube, er hat das Urteil nicht verstanden.
Ich will versuchen, es Ihnen kurz zu erklären. Nach
meiner Kenntnis – ich bin mir nicht hundertprozentig
sicher – ist es überhaupt das erste Mal in der Geschichte
der Bundesrepublik, dass das Bundesverfassungsgericht
entschieden hat, dass völkerrechtlich verbindliche Vor-
behalte erklärt werden müssen – das ist sehr viel mehr
als nichts –,
und zwar in zwei Richtungen: Erstens muss völkerrecht-
lich verbindlich geklärt werden, dass es ein Überschrei-
ten der Haftung Deutschlands von 190 Milliarden Euro
nur dann geben darf, wenn Deutschland vorher zuge-
stimmt hat.
Zweitens – ich sage gleich etwas zu Ihnen – muss trotz
der Schweigepflicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
ter der Europäischen Zentralbank und anderer Regelun-
gen gesichert werden, dass der Bundesrat und der Bun-
destag umfassend und vollständig zu informieren sind.
Wenn Sie sagen, dass das schon im Gesetz steht, dann
sagen Sie dem Bundesverfassungsgericht, dass es Über-
flüssiges entschieden hat. Hat es aber nicht, ganz im
Gegenteil.
Ich sage Ihnen auch, warum. Das ist ein indirekter
Eingriff in die Verträge. Völkerrechtlich verbindliche
Vorbehalte zu erklären, ist schwierig. Ich warne Sie jetzt