Rede von
Frank
Schwabe
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
denke, man kann feststellen – das können wir, glaube
ich, übereinstimmend tun, auch diejenigen Mitglieder
des Deutschen Bundestages, die in Durban waren –: Es
hat durchaus Bewegung gegeben, und wir haben eine an-
dere Weltlage, auch im Bereich der Klimapolitik.
Enorme Bewegung gibt es bei vielen kleineren Ländern,
aber auch bei vielen Schwellenländern wie Brasilien,
Mexiko, China und Indien. Angesichts ihrer sehr
schwierigen Rolle finde ich, dass sogar die USA ver-
sucht haben, sich relativ konstruktiv zu verhalten. Ich
will ausdrücklich sagen: Ich sehe durchaus Hoffnungen
und Chancen in diesem Prozess.
Trotzdem müssen wir festhalten, dass der UN-Prozess
nicht ausreichend ist. Er ist aber notwendig. Deswegen
muss er erhalten bleiben. Da der UN-Prozess notwendig
ist, muss man gemeinschaftlich ein klares Wort zu Ka-
nada sagen. Ich verstehe in der Tat nicht, warum der
Bundesumweltminister, aber auch die Bundeskanzlerin
an der Stelle so leisetreterisch und windelweich sind. Bei
aller diplomatischen Zurückhaltung: Das, was Kanada
hier tut, ist ein starkes Stück, und ich finde, dass es wich-
tig wäre, die richtigen Reaktionen in Richtung Kanada
zu senden.
Die Europäische Kommission legt gerade eine neue
Kraftstoffqualitätsrichtlinie vor, weil die Kanadier ihr
schmutziges Öl, aus Teersand und Ölschiefer gewonnen,
nach Europa entsenden wollen. Es ist wichtig, dass wir
als Bundesrepublik Deutschland hier eine klare Haltung
einnehmen. Deswegen habe ich die Haltung der Bundes-
republik Deutschland ausdrücklich abgefragt. Die Ant-
wort habe ich ganz frisch auf den Tisch bekommen. Sie
lautet:
Zum vorgelegten Entwurf der Europäischen Kom-
mission … gibt es noch keine abgestimmte Haltung
der Bundesregierung.
Das ist also die Reaktion Deutschlands auf die Politik,
die Kanada betreibt. Ich glaube, es wäre dringend not-
wendig, dass sich die Bundesrepublik Deutschland klar
auf die Seite der Europäischen Kommission stellt.
Es gab in Durban ganz zweifellos zaghafte Fort-
chritte. Das bewerte ich durchaus so. Es war allerdings
eine Heldensaga, wie der Bundesumweltminister sie
ufführt. Ich weiß nicht, ob Sie etwas übernächtigt wa-
n, als Sie von einem großen, wegweisenden Erfolg ge-
prochen haben. Sie haben aber auch heute wieder von
inem Riesenerfolg geredet. Ich glaube, es könnte auch
twas kleiner gehen.
Es ist nichts anderes gelungen, als dass wir vereinbart
aben, möglicherweise im Jahre 2015 ein internationales
bkommen zu haben, das wir eigentlich schon sechs
ahre vorher in Kopenhagen haben wollten. Wir werden
is zum Jahr 2020 ein jahrelanges Nichtstun der großen
chwellenländer und der USA erleben. Die rechtliche
erpflichtung ist vollkommen unklar. Wir haben kein
eld im Klimafonds und sind auch beim Waldschutz
einen Schritt weitergekommen. Das ist leider die Bi-
nz von Durban.
Herr Minister, eine solche Regierungserklärung, wie
ie sie heute abgegeben haben, hat Vor- und Nachteile.
er Vorteil ist, dass man viel Zeit bekommt – über
0 Minuten – und viel erzählen kann. Man muss aller-
ings innerhalb der Bundesregierung immer alles ab-
timmen, was man hier sagen will. Am Ende wird deut-
ch, dass man nichts zu sagen hat, weil man in dieser
egierung eben nichts abgestimmt bekommt. Ich glaube,
as ist auch bei Ihrer wieder einmal sehr philosophi-
chen, letztlich aber inhaltsleeren Rede deutlich gewor-
en.
Der UN-Prozess ist notwendig, aber er reicht nicht
us; darin sind wir uns einig. Wir brauchen jetzt eine ent-
chiedene Rolle der Europäischen Union und der einzel-
en Staaten der Europäischen Union. Wir brauchen
ündnisse mit anderen Ländern auf der Welt. Dazu, wie
as gelingen soll, haben Sie keinen Satz gesagt.
Vor zwei Wochen haben wir hier im Rahmen einer
ktuellen Stunde eine Debatte über die Weltklimakonfe-
nz geführt. Ich habe damals auf die Debatte über eine
erschärfung des Reduktionsziels auf 30 Prozent inner-
alb der Europäischen Union Bezug genommen. Sie ha-
en heute keinen Satz zum 30-Prozent-Ziel gesagt, Herr
mweltminister.
abei wissen Sie doch ganz genau, dass wir als Europäi-
che Union bis zum 1. Mai des Jahres 2012 ein Ziel
dressieren müssen.
as ist denn die Haltung des Ministers und der Bundes-
gierung dazu? Welches Ziel soll die Europäische
nion bis zum 1. Mai des nächsten Jahres adressieren?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 150. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2011 18007
Frank Schwabe
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Wir erleben einen Preisverfall innerhalb der Europäi-
schen Union. Der CO2-Preis liegt gerade einmal bei
6,50 Euro. Vor zwei Wochen lag er noch bei etwas über
8 Euro, jetzt sind wir bei 6,50 Euro angelangt. Das heißt,
wir werden in der Europäischen Union in den nächsten
Jahren und Jahrzehnten keine ambitionierte Klima-
schutzpolitik sehen. Wir werden kein Geld im Haushalt
haben. Ich weiß gar nicht, was der Finanzminister dazu
sagt. Sie gehen in Ihren Finanzplanungen von einem
Preis von 17 Euro aus, momentan liegt er bei 6,50 Euro.
Was heißt das denn eigentlich für den Bundeshaushalt?
Herr Umweltminister, Sie haben von einer fruchtba-
ren, engen Zusammenarbeit mit Großbritannien, Däne-
mark und anderen geredet. Chris Huhne, der Minister für
Energie und Klimawandel in Großbritannien, will sich
dafür einsetzen, dass sich die Europäische Union sehr
schnell auf ein 30-Prozent-Ziel festlegt, möglichst wäh-
rend der Ratspräsidentschaft Dänemarks im ersten Halb-
jahr des nächsten Jahres. Was ist denn die Haltung des
Bundesumweltministers und der Regierung dazu? Es
wäre doch wichtig gewesen, das hier heute anzuspre-
chen.
Es gibt jetzt eine Initiative von Unternehmen inner-
halb der Europäischen Union, von Shell, Alstom, Philips
und anderen, die einen Brief an Barroso geschrieben ha-
ben, in dem sie dringend anmahnen, das europäische Re-
duktionsziel anzuheben. Auch dazu gibt es keine Hal-
tung des Bundesumweltministers. Heute hätten Sie in
über 20 Minuten die Zeit gehabt, dazu klare Aussagen zu
treffen.
Ich will Ihnen zum Abschluss ein Zitat vorlesen. Es
lautet:
Als nächsten Schritt schlagen wir vor, dass die EU
ihre Emissionen bis 2020 um 30 % gegenüber 1990
reduziert. … Wir können es uns nicht leisten zu
warten, bis andere sich bewegen.
Was glauben Sie, von wem dieses Zitat war? Es war ein
Zitat von Sigmar Gabriel, damals Bundesumweltminis-
ter. Er hat es vor fünf Jahren bei der Weltklimakonferenz
in Nairobi gesagt, als er sich für das 30-Prozent-Ziel in
der EU eingesetzt hat. Sie, Herr Bundesumweltminister,
schaffen es nicht einmal, dieses Ziel vor dem Plenum
des Deutschen Bundestages zu erwähnen und seine Er-
reichung zu fordern. Das ist zu wenig.
Philosophisch über Dinge zu reden, ist gut; das kann
man machen. Am Ende geht es aber um Taten statt
Worte. Daran werden wir Sie messen. Solange es diese
Taten nicht gibt, werden wir Sie entsprechend kritisie-
ren.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
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