Rede von
Brigitte
Zypries
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Es ist lobenswert, dass die Fraktion Die
Linke mit ihrem Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung
der Haftung und der Abmahnkosten bei Urheberrechts-
verletzungen in diesem Hohen Haus eine Debatte zum
Urheberrecht initiiert; denn, wie alle Fraktionen wissen,
der Gesetzentwurf aus dem Bundesministerium der Jus-
tiz zum sogenannten dritten Korb des Urheberrechts ist
ebenso überfällig wie andere Gesetzentwürfe. Als Stich-
worte nenne ich nur „verwaiste Werke“ und „Leistungs-
schutzrecht“. Es gibt noch andere Themen, zu denen die
Ministerin Gesetzentwürfe angekündigt hat, die aber bis
heute leider nicht vorgelegt wurden. Der Gesetzentwurf
als solcher ist aber, wie mein Vorredner eben schon aus-
geführt hat, nicht ausgereift; diesbezüglich gebe ich Ih-
nen völlig recht.
Die Idee, eine Deckelung der Abmahnkosten einzu-
führen, die wir in der letzten Legislaturperiode hatten,
ist, wie ich meine, nach wie vor richtig; denn es gibt in
der Tat zahlreiche Auswüchse, die es zu bekämpfen gilt.
Richtig ist aber auch – auch das haben wir damals schon
gesagt –: Es muss dem Urheber möglich sein, mit geisti-
gen Werken im Internet Geld zu verdienen; das ist doch
völlig unstreitig. Dafür bedarf es im Einzelfall auch der
Möglichkeit der Rechtsverfolgung. Abmahnungen sind
ja nicht per se zu kritisieren; da haben Sie völlig recht,
Herr Kollege. Es geht vielmehr darum, dass es schwarze
Schafe unter den Anwälten gibt, die dieses Abmah-
nungsrecht sehr weit auslegen.
Wir haben uns schon in der letzten Legislaturperiode
immer wieder darum bemüht, die zuständigen Berufs-
organisationen dazu zu bewegen, ihrerseits zu schauen,
was verschiedene Anwälte so machen. Ich meine, dass
hier auch die Bundesrechtsanwaltskammer in der Ver-
antwortung steht und etwas tun muss. Das muss über-
prüft werden.
Es wird immer viel geredet über illegale Tauschbör-
sen und über die Frage, wie die Musikindustrie im Inter-
net Geld verdienen kann, bzw. darüber, wie sie es ver-
liert. Ich möchte den Fokus auf einen anderen Punkt
richten: Es ist nach wie vor ein sehr großes Ärgernis für
den deutschen Mittelstand, dass verantwortungslose An-
wälte auch mit ihnen fragwürdige Geschäfte machen
wollen. Unter Ausnutzung der Möglichkeit, dass man je-
manden wegen Wettbewerbsverstößen abmahnen kann,
werden Abmahnungen an Unternehmen geschickt, deren
Impressum zum Beispiel nicht dem Telemediengesetz
entspricht oder die die Vorgaben der Preisangabenver-
ordnung nicht ordnungsgemäß eingehalten haben. Auch
dieses Problem kennen wir schon länger. Es wurde be-
reits ein erster Schritt unternommen, indem die Anforde-
rungen an das Impressum ins Telemediengesetz aufge-
nommen wurden. Dadurch wurde wenigstens ein Teil
der Beschwernisse weggenommen.
Die Abmahnwelle hat sich mittlerweile aber auf die
Wettbewerbsverstöße verlagert. Ich meine, dass der
Bundestag sehr wohl aufgerufen ist, sich Gedanken da-
rüber zu machen, wie man insbesondere den kleinen Un-
ternehmungen, die im Internet Geld verdienen wollen,
und dem Mittelstand zur Seite stehen kann, damit diese
Geschäftsmodelle funktionieren.
Nun verhält es sich mit diesem Thema aber leider wie
mit anderen Ankündigungen aus dem Hause der Justiz-
ministerin. Auch hier wurde eine Gesetzesinitiative an-
gekündigt. Es ist allerdings für mich und für meine Frak-
tion nicht zu erkennen – es ist nicht nur unser Problem –,
wann jemals ein Gesetzentwurf dazu kommen wird.
Vielleicht können Sie Aufklärung schaffen, Herr Staats-
sekretär.
– Das steht zu befürchten. Die Frage ist nur, in welchem
Jahr, Herr Kollege.
Der Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke ist also
schon deswegen verdienstvoll, weil er dem Hohen Haus
Gelegenheit gibt, die Ministerin daran zu erinnern, dass
die Aufgabe eines Ministers nicht nur die Verhinderung
von Gesetzen ist, sondern auch deren Vorlage für eine
sinnvolle Weiterentwicklung des Rechts in Deutschland.