Rede von
Patrick
Kurth
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Das Jahr geht zu Ende, damit auch ein Jahr der
ubiläen.
ir konnten fast wöchentlich die jeweiligen Entwick-
ngen vor 20 Jahren feiern. Wir haben auch hier im Ple-
arsaal die eine oder andere Jubiläumsveranstaltung
urchgeführt. Insofern ist es schön, dass wir jetzt, am
tzten Sitzungstag des Deutschen Bundestages in die-
em Jahr, noch einmal über das Thema der deutschen
inheit sprechen können.
Der vorliegende Jahresbericht der Bundesregierung
eigt: Jawohl, der Aufbau Ost ist eine Erfolgsgeschichte.
amit es jeder noch einmal hören kann, wiederhole ich
s sehr gern: enorme Sprünge bei der Infrastruktur, im-
ense Aufholprozesse der Bürgerinnen und Bürger in
stdeutschland bei Wohlstand und Lebenserwartung, bei
er Gesundheitsversorgung und bei der Wirtschafts-
truktur. Die neuen Länder haben also einen beispiello-
en Aufholprozess hingelegt.
s gibt viele Vorzeigeregionen, die zum Teil schon Re-
ionen im Westen übertroffen haben. Kommen Sie ein-
al nach Thüringen und schauen Sie sich Jena, Arnstadt
der Eisenach an. Das sind Erfolgsgeschichten.
Diese Erfolge wurden durch den großen materiellen,
ber auch ideellen Einsatz der westdeutschen Bürgerin-
en und Bürger erreicht; natürlich wurden sie auch mit
er historischen Leistung und dem Fleiß der Deutschen
der ehemaligen DDR erreicht, die den Übergang in
in völlig anderes, bis dahin unbekanntes wirtschaftli-
hes und gesellschaftliches System vollbracht haben.
Diese Erfolge sind umso bemerkenswerter, wenn man
ich die Situation im Jahr 1990 anschaut, den immensen
cherbenhaufen, den 40 Jahre SED-Herrschaft hinterlas-
en hat.
s ging der DDR übrigens nicht deswegen so schlecht,
eil die DDR-Bürger nicht so fleißig waren. Im Gegen-
il: Sie haben geackert und gerackert; es gab Leistungs-
ruck, Erfolgsdruck und Erwartungsdruck. Nur konnte
9234 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2010
Patrick Kurth
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man in diesem System nicht viel erreichen; daran war
das System schuld. Das System hat Leistung und Erfolg
nicht zugelassen. Das haben wir 1990 geändert; darauf
können wir stolz sein.
Man kann jetzt mit Interesse verfolgen, dass alle
Fraktionen auf unterschiedliche Art und Weise versu-
chen, hier Verantwortung zu übernehmen. Bei einer
Fraktion, die eigentlich die Hauptverantwortung für das
trägt, was in den 40 Jahren vor 1990 gelaufen ist, kann
ich nicht erkennen, dass diese Verantwortung tatsächlich
übernommen wird.
Die Menschen haben ein Land wiederaufgebaut, in dem
Sie gewütet haben. Sie haben die Landschaften im Osten
vergiftet und beschweren sich hinterher, dass sie nicht
blühen.
Wissen Sie eigentlich, wie viel Arbeit es gemacht hat,
den Dreck wegzuräumen, den Sie hinterlassen haben?
Dennoch gilt: Wir haben Probleme; sie sind zum Teil
angesprochen worden. Die Abwanderung ist und bleibt
hoch. Das ist angesichts all der Probleme, die sie nach
sich zieht, erschreckend. Dabei befinden wir uns in der
paradoxen Situation, dass einerseits die schwächelnde
Wirtschaftskraft Grund für die Abwanderung ist und an-
dererseits die wirtschaftliche Gesundung Ostdeutsch-
lands durch die Abwanderung nicht so nach vorne ge-
bracht werden kann, wie wir das wollen.
Ich glaube trotzdem, dass es im Osten eine ganze
Menge gibt, worauf wir stolz sein können. Wir haben
eine hervorragende Kindergartenstruktur. Hier könnte
man schauen, ob es vielleicht einen Nachbau Ost im
Westen geben kann. Wir haben Bildungssysteme mit ei-
nem Abitur nach zwölf Jahren, die, wenn ich an Thürin-
gen oder Sachsen denke, sehr gut benotet werden und
vorbildhaft sind. Wir haben eine hochwertige Kultur-
landschaft: Nirgendwo in Deutschland gibt es mehr Or-
chester und Theater als in Thüringen oder Sachsen.
Und es gibt die wiedergewonnene Schönheit der Natur,
die von Jahr zu Jahr von immer mehr Bürgern besucht
wird.
Es liegt ein Entschließungsantrag der Linken vor, in
dem die Rede – ich will daraus zitieren – von „einer ver-
meintlich desolaten Ausgangslage nach dem Mauerfall“
ist.
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ie haben es wieder hineingeschrieben: eine vermeint-
ch desolate Ausgangslage nach dem Mauerfall. Was
einen Sie denn mit „vermeintlich“? War es denn früher
chöner in Bitterfeld? War es früher schöner bei Wismut
Ronneburg? War es früher schöner um das Atomkraft-
erk in Rheinsberg oder um das Atomkraftwerk Lub-
in, das genauso wie Rheinsberg sofort nach der Wende
ufgrund der Sicherheitsmängel abgeschaltet worden
t?
Ich muss schon sagen: Das, was Sie hier abliefern,
ägt zur Geschichtsklitterung bei.
ie werfen anderen ja Revanchismus vor. Vielleicht trifft
ier das Wort zu: Der Revanchismus der Linken ist an
er Stelle bösartig.
Meine Damen und Herren, der Aufbau Ost ist und
leibt kein Thema für eine Vergangenheitsbewältigung,
ondern ist ein aktuelles Thema. Ich sage auch: Das ist
in Zukunftsthema, es geht um Zukunftspolitik. Vieles,
as im Osten gemacht wird, könnte auch im Westen er-
lgreich sein. Zum Beispiel kann man die Konzepte zur
emografie erwähnen. Die demografische Entwicklung,
ie wir jetzt im Osten erleben, wird irgendwann auch auf
en Westen zukommen.
Aus meiner Sicht sollten wir in den Ausschüssen des
eutschen Bundestages und im Plenum den Aufbau Ost
tärker unter diesen Gesichtspunkten betrachten und
ollten nicht immer nur eine Runde zum Aufbau Ost ma-
hen, und dann war es das. Der Aufbau Ost spielt in
iele Themengebiete mit hinein.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen weiterhin ei-
en guten und erfolgreichen Aufbau Ost. Ich wünsche
nen allen frohe Weihnachten und ein gesundes neues
ahr.
Herzlichen Dank.