Rede von
Dr.
Peter
Tauber
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
gen! Angesichts der Worte von Frau Nahles und Herrn
Gysi bin ich geneigt, mein Redemanuskript erst einmal
beiseitezulegen und auf zwei, drei Punkte einzugehen.
Eines ist unstreitig: Dort, wo es in der Zeitarbeit zu
Missbrauch kommt, besteht weitgehend Konsens, dass
wir das nicht wollen und gemeinsam überlegen müssen,
welche Schritte unternommen werden, um das künftig
zu unterbinden.
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, sage ich aber auch
– der Erfolg der Pädagogik liegt ja manchmal in der
Wiederholung –: Wir müssten uns mit diesem Problem
nicht herumschlagen, wenn Sie das damals unter Rot-
Grün vernünftig geregelt und organisiert hätten. Das ge-
hört zur Wahrheit. Das wollen wir an dieser Stelle noch
einmal deutlich sagen.
Noch eines kommt hinzu: Sie zeichnen ein Zerrbild
der Zeitarbeit, indem Sie Negativbeispiele aufzählen.
Dieses Zerrbild kann der Wirklichkeit nicht standhalten;
denn es gibt genauso viele Positivbeispiele. Sie versün-
digen sich an diesem arbeitsmarktpolitischen Instru-
ment. Auch das will ich Ihnen an dieser Stelle sehr deut-
lich sagen.
Herr Gysi, wie weit Sie von der Wirklichkeit entfernt
sind, sieht man schon allein daran, dass Sie hier von Tau-
senden von Ingenieuren in Zeitarbeit schwadronieren,
die ausgebeutet und ausgenutzt werden. Sie wissen ge-
nau, dass der Anteil der Akademiker an den Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmern in der Zeitarbeit deutlich
unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Frau Nahles, natür-
lich trifft man in der Lufthansa-Lounge keine Zeitarbeit-
nehmerinnen und Zeitarbeitnehmer.
Vielleicht kennen Sie auch zu wenige persönlich, um Po-
sitivbeispiele wahrzunehmen. Ich habe Freunde und Be-
kannte, die über das Instrument Zeitarbeit ein festes un-
befristetes Arbeitsverhältnis bekommen haben. Sie sind
froh, dass sie diese Chance hatten, wieder in den Ar-
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Sie wissen genauso gut wie wir, dass ein Großteil der
eitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitnehmer vorher ar-
eitslos war und dass die Zeitarbeit ein erster Schritt in
in unbefristetes Beschäftigungsverhältnis sein kann.
um sogenannten Klebeeffekt und dem, was damit zu-
ammenhängt, brauche ich hier keine weiteren Ausfüh-
ngen zu machen.
Natürlich gibt es den. – Wir müssen darüber reden, wie
an das verbessern kann. Aber Sie können es nicht völ-
g vom Tisch wischen. Die Schwarz-Weiß-Malerei, die
ie betreiben, wird der Wirklichkeit nicht gerecht.
Das kann man auch über den Antrag der SPD sagen.
enn wir Ihrem Antrag folgen würden, würde Zeitarbeit
Deutschland zu einem völlig ineffektiven Instrument
erden. Dann könnten wir sie gleich abschaffen. Das
ann niemand ernsthaft wollen. Deswegen wird Ihr An-
ag von uns zu Recht abgelehnt.
Die spannende Frage ist, was Sie machen, wenn wir
en Gesetzentwurf, den das Kabinett beschlossen hat,
uf den Weg bringen. Sie tragen den Fall Schlecker wie
ine Monstranz vor sich her und verallgemeinern ihn.
erden Sie den Mut finden und zustimmen, wenn wir
as, was Sie hier wortreich beklagt haben, eindeutig re-
eln? Man muss deutlich sagen, dass Ihre Kritik an der
inisterin aus meiner Sicht, ehrlich gesagt, ziemlich un-
assend ist. Natürlich hat es etwas mit dem Handeln und
uftreten der Ministerin zu tun, dass Schlecker ange-
ündigt hat, diese Methode nicht weiter anzuwenden.
Darüber hinaus hat die Ministerin durch eine Perso-
alaufstockung und eine weitere Verbesserung der inter-
en Verfahren bei der Bundesagentur für Arbeit dafür
esorgt, dass die Überwachung der Zeitarbeitsunterneh-
en verbessert wird. Sie werfen uns an dieser Stelle Un-
tigkeit vor, nachdem Sie selbst Verursacher dieses Pro-
lems sind. Hier legen Sie eine spannende Dialektik an
en Tag. Vielleicht sollten Sie einmal in den Spiegel
chauen.
Es ist richtig: Die christlich-liberale Koalition han-
elt. Wir machen ein Gesetz zur Verhinderung von Miss-
rauch der Arbeitnehmerüberlassung. Dieses Gesetz ist
ine kluge Lösung, durch die die Drehtürklausel ausge-
chlossen, das Instrument Zeitarbeit aber weiterhin im
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2010 9205
Dr. Peter Tauber
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Portfolio gelassen wird, um Menschen auf diesem Weg
dauerhaft in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis
vermitteln zu können.
Hinzu kommt, dass wir damit eine EU-Richtlinie um-
setzen. Wir setzen sie ein Jahr früher um, als es fristge-
mäß getan werden muss. Sie sind sehenden Auges in die
Katastrophe gelaufen, die der Kollege Weiß hier so tref-
fend beschrieben hat. Auch das gehört zur Wahrheit. Das
müssen Sie sich an dieser Stelle von mir sehr deutlich sa-
gen lassen.
Ansonsten bleibt es dabei: Dort, wo es Missbrauch
gibt, muss er bekämpft werden. Er muss auch beim Na-
men genannt werden. Das ist nicht das Problem. Ein
Zerrbild zu zeichnen, löst das Problem nicht, sondern
führt nur dazu, dass man die Chancen nicht im Blick
hält.
Wenn Sie uns bei der Bekämpfung des Missbrauchs
unterstützen, dann nehmen wir diese Unterstützung gern
an. Ich rufe Sie aber auch dazu auf, die Chancen zu er-
kennen und uns dabei ebenfalls zu begleiten. Das wären
ein vernünftiges Verhalten und eine vernünftige Rege-
lung. Dazu laden wir Sie herzlich ein – nicht nur, weil
bald Weihnachten ist. Überlegen Sie sich das und ma-
chen Sie mit; denn die Zeitarbeit – dabei bleibe ich – ist
ein gutes Instrument, das wir intelligent nutzen müssen.
Herzlichen Dank.