Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Wir beschäftigen uns heute mit einem SPD-An-
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Das bedeutete damals in großem Umfang Leiharbeit,
efristete Beschäftigung, Teilzeitarbeit, Aufstocker usw.
ll das führte zu einer dramatischen Lohnsenkung in
eutschland. Deutschland ist Weltmeister bei der
ohnsenkung. Von den USA bis Norwegen gab es in den
tzten zehn Jahren Lohnsteigerungen von – inflations-
ereinigt – 2,2 bis 25,1 Prozent. In Deutschland hatten
ir in den letzten zehn Jahren eine Lohnsenkung um
,5 Prozent. Das ist die Wahrheit. Das gilt für Ihre ge-
amte Regierungszeit und natürlich auch für Ihre Regie-
ngszeit, meine Damen und Herren von der Koalition.
eshalb kann sich hier keine Fraktion außer unserer aus
er Verantwortung stehlen.
iese Zahlenfeststellung kommt nicht von uns, sondern
on der Internationalen Arbeitsorganisation, der ILO,
ie bei der UNO angesiedelt ist.
Zusätzlich haben SPD und Grüne das Rentenniveau
esenkt, indem sie die Kohl’sche Rentenformel wieder
ingeführt haben. Dadurch ist das Rentenniveau deutlich
esunken. Dann ist die Bezugsdauer beim Arbeitslosen-
eld gekürzt worden. Außerdem haben Sie über die Ein-
hrung von Hartz IV die Sozialleistungen reduziert.
ir haben immer gesagt: Hartz IV muss weg, weil das
ein Weg ist, unsere Probleme zu lösen.
Das Ergebnis war, dass deutsche Produkte immer bil-
ger wurden. Weil deutsche Produkte immer billiger
urden, haben wir einen immer größeren Exportüber-
chuss erzielt, haben immer mehr in Länder wie Frank-
ich, Portugal, Spanien etc. exportiert.
iese Länder konnten immer weniger zu uns exportie-
n. Dadurch ist ein makroökonomisches Ungleichge-
icht entstanden, mit dem wir uns heute herumzuschla-
en haben.
Ich wusste, dass Sie denken, das habe mit dem Thema
ichts zu tun. Wenn Sie mich einladen, werde ich Ihnen
inmal erklären, warum das eine Menge mit dem Thema
u tun hat, aber jetzt habe ich leider nicht die Zeit dafür.
9198 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2010
Dr. Gregor Gysi
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Nur so viel noch: Der Binnenmarkt in Deutschland
ist über die Lohnsenkung, die Rentensenkung und die
Senkung der Sozialleistungen erheblich geschwächt
worden. Das ist völlig klar. Das ist das Ergebnis.
Jetzt verlangen Sie von Griechenland, von Spanien,
von Portugal, auch von Frankreich drastische Lohn-
senkungen und Sozialkürzungen, und diese Länder ge-
hen den Weg auch. Wenn Sie das aber durchsetzen, liebe
Union und liebe FDP – dafür setzen sich Frau Merkel
und die ganze Bundesregierung ein –, dann nehmen Sie
uns die Möglichkeit, dorthin so zu exportieren wie bis-
her; dann geht unser Export zurück. Somit gibt es nur
eine einzige Ausgleichsmöglichkeit: Wir müssen den
Binnenmarkt stärken.
Deshalb sage ich Ihnen: 2011 muss das Jahr von mas-
siven Lohn- und Rentensteigerungen sowie von Erhö-
hungen der Sozialleistungen werden. Wer das verhin-
dert, arbeitet nicht für, sondern gegen Europa, arbeitet
gegen den Euro, ist nicht nur unsozial, sondern schwächt
auch unsere eigene Wirtschaft, und zwar beachtlich. Die
Linke kämpft jetzt um Europa, während Sie Europa ge-
fährden. Das ist die Wahrheit, mit der wir es heute zu tun
haben.
Auf einen Umstand wurde schon hingewiesen. Ge-
rade dank der Linken im Senat von Berlin hat es eine
Klage gegeben, die bis zum Bundesarbeitsgericht ge-
gangen ist. Dort ist jetzt entschieden worden, dass die
christlichen Gewerkschaften, die nichts anderes sind
als Krücken der Arbeitgeber, keine Tarifverträge schlie-
ßen dürfen.
– Das hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt. Wenn
Sie es mir nicht glauben, dann lesen Sie sich das Urteil
durch.
Im Ergebnis sind alle diese Tarifverträge nichtig. Nun
muss es natürlich beachtliche Nachzahlungen an Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer sowie an die Sozialkas-
sen geben. Ich bin gespannt, ob Union und FDP diese
Nachzahlungsforderungen unterstützen oder nicht. Ich
warte auf eine Äußerung von Ihnen.
Kommen wir aber zurück zur Leiharbeit. Sie ist 1972
unter Willy Brandt erfunden worden, aber damals mit
klaren Regelungen und als eindeutige Ausnahme. Dann
war es leider so, dass mit der Deregulierung des Arbeits-
marktes durch Rot-Grün 2003 Folgendes passiert ist: Er-
klärt wurde, man wolle die Leiharbeit aus der Schmud-
delecke herausholen. Dabei hat man sie allerdings so
schmutzig gemacht, dass sie heute an Sklaverei erinnert,
kann ich nur sagen.
Erstens haben Sie die Entfristung der Leiharbeit ge-
regelt. Das heißt, Unternehmen können Leiharbeitskräfte
dauerhaft einsetzen. Das war die erste ganz erhebliche
Benachteiligung.
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as ist doch ein einzigartiger Skandal!
eder bzw. jede achte Beschäftigte in Leiharbeit ist Auf-
tockerin oder Aufstocker und muss zum Sozialamt ren-
en. Das ist damals eingeführt worden, und das finden
ie gut. Dazu hätte man seitens SPD und Grünen selbst-
ritisch etwas sagen müssen, finde ich.
Viertens haben Sie keine Drehtürregelung einge-
hrt. Das führte dazu, dass Schlecker Folgendes
achte: Schlecker entließ seine Beschäftigten und stellte
ie als Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter gleich wieder
in. Nun sagen auch Union und FDP, das gehe ihnen zu
eit. Auch Sie haben erkannt, dass es keine Drehtür-
gelung gibt, weshalb Schlecker seine Mitarbeiter ent-
ssen und als Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter wieder
instellen kann. Aber was machen Sie? Ich habe mir
ren Gesetzentwurf angesehen. Sie schlagen vor, die
iedereinstellung für sechs Monate zu verbieten. Mit
nderen Worten: Sie sagen, dass Schlecker die Leute erst
ach sechs Monaten wieder einstellen darf. Das ist keine
ösung des Problems.
ie haben von einer dauerhaften Lösung gesprochen.
ann regeln Sie das! Streichen Sie die Sechsmonatsfrist,
nd verbieten Sie die Wiedereinstellung zur Leiharbeit
auerhaft. Sonst ist das kein wirklicher Fortschritt.
Aber die Situation wird immer dramatischer. Im drit-
n Quartal 2010 entstanden nur 50 000 neue reguläre
rbeitsplätze, aber 150 000 Leiharbeitsplätze. Da sehen
ie, was die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes ange-
chtet hat: eine soziale Katastrophe.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2010 9199
Dr. Gregor Gysi
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Bei der Zahl der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter
nähern wir uns jetzt der Millionengrenze. Nun hat der
DGB einen neuen Tarifvertrag mit der Leiharbeits-
branche – mit denen, die da mitmachen; viele machen ja
nicht mit – geschlossen, in dem ein Mindesttarif West
von 7,79 Euro und ein Mindesttarif Ost von 6,89 Euro
festgeschrieben ist. Ich sage Ihnen ganz klar: Es ist ein
Skandal, dass 20 Jahre nach Herstellung der deutschen
Einheit ein geringerer Mindesttarif Ost als West verein-
bart wird. Das sage ich ganz deutlich, auch den Gewerk-
schaften.
Nun haben die Gewerkschaften allerdings auch etwas
Positives erreicht. Sie haben nämlich in manchen Kon-
zernbereichen durchgesetzt, dass gleicher Lohn für glei-
che Arbeit auch für Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter
zu bezahlen ist. Aber das geschieht nur in Ausnahmefäl-
len. In der Regel ist das nicht der Fall.
Nun erleben wir einen Streit zwischen Union und
FDP; das finde ich ganz interessant. Die Union schlägt
vor, im Entsendegesetz einen Mindesttarif zu regeln, und
zwar den von mir gerade angesprochenen. Das löst das
Problem aber überhaupt nicht; denn das bedeutet nicht,
dass der Ingenieur, der als Leiharbeiter in einem Unter-
nehmen tätig ist, den gleichen Lohn bekommt wie ein
anderer Ingenieur, der dort die gleiche Arbeit macht. Sie
wollen ja nur einen Mindesttarif für die Leiharbeitsfir-
men. Deshalb ist das keine wirkliche Lösung.
Die FDP – auch in meinem Alter muss ich sagen: man
höre und staune – schlägt ernsthaft vor, dass für den
Leiharbeiter der gleiche Lohn bezahlt wird wie für den
festen Mitarbeiter in dem Unternehmen.
Ich war völlig von den Socken.
– Moment! – Dann sagen Sie, dass das erst nach einer
bestimmten Frist der Fall sein soll, und die nennen Sie
noch nicht. Sie wissen natürlich, dass über die Hälfte der
Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter weniger als drei Mo-
nate tätig ist. Deshalb ahne ich, dass Sie irgendwie auf
drei oder vier Monate kommen. Sagen Sie doch einfach:
unbefristet. Das wäre ein guter Vorschlag.
Solange es Leiharbeit gibt, fordern wir sieben Dinge:
Erstens. Gleicher Lohn und gleiche Arbeitsbedingun-
gen für gleiche Arbeit ohne Ausnahme vom ersten Ar-
beitstag an.
Zweitens. Zusätzlich soll an Leiharbeiterinnen und
Leiharbeiter wie in Frankreich eine Flexibilitätsprämie
von 10 Prozent gezahlt werden. Denn sie sind jeweils
nur befristet tätig und haben dann wieder stärkere Lohn-
einbußen. Weil die Leiharbeiterin oder der Leiharbeiter
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