Rede von
Raju
Sharma
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DIE LINKE.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir be-
fassen uns heute wieder einmal mit dem weltweiten
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Hören Sie zu; ich werde Ihnen jetzt nämlich sagen, wie
ich das Bundesverfassungsgericht dazu äußert.
Unser höchstes Gericht leitet aus dem Grundgesetz
as Gebot zur Wertneutralität des Staates ab; Religion
nd Staat sollen getrennt sein.
o will es unsere Verfassung, Herr Kauder, und nichts
nderes will die Linke. Mit Religions- oder Kirchen-
indlichkeit hat das nichts, aber auch gar nichts zu tun.
as Gegenteil ist der Fall.
Wirkliche Religionsfreiheit kann nur in einer multire-
giösen Gesellschaft wie der Bundesrepublik – ich
anke dem Herrn Bundespräsidenten ausdrücklich für
eine klarstellenden Worte –, nur in einem säkularen
taat gelingen. Genauso sieht es auch der UN-Sonderbe-
chterstatter für Religions- und Glaubensfreiheit, Heiner
ielefeldt, auf den auch Herr Strässer eben verwiesen
9174 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 82. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2010
Raju Sharma
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hat. Auch Bielefeldt ist überzeugt, dass die klare Tren-
nung von Staat und Religion Voraussetzung für gelebte
Religionsfreiheit ist.
Meine Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie
müssen sich schon entscheiden: Stehen Sie fest auf dem
Boden des Grundgesetzes und treten Sie vorbehaltlos für
wirkliche Religionsfreiheit ein, oder wollen Sie doch lie-
ber eine christliche Staatsreligion?
So lassen es zumindest Ihr Antrag und die heutigen Aus-
führungen Ihres Fraktionsvorsitzenden vermuten.
Ihr Koalitionspartner ist in dieser Frage erfreulich
klar. Wie der Presse zu entnehmen war, lehnt die FDP re-
ligiöse Überzeugungen als Leitbild für gesellschaftliche
Integration ab. Im Gegenteil, der Bezug auf ein christ-
lich-jüdisches Abendland könne sogar als – ich zitiere –
„Ausgrenzungsformel“ verstanden werden. Dem kann
ich nur hinzufügen: Das ist richtig; aber der Konjunktiv
ist überflüssig. Dies ist eine Ausgrenzungsformel und
spiegelt die Haltung großer Teile der Union zu muslimi-
schen Migranten in unserem Land wider.
Ein konservativer Muslim ist schnell als Verfassungs-
feind verdächtig, während fundamentale Christen mit
der größten Nachsicht rechnen können. Wenn Piusbrüder
die Demokratie durch eine Gottesherrschaft ersetzen und
Homosexualität aus dem öffentlichen Leben verbannen
wollen, dann hält die Regierung solche Äußerungen al-
lenfalls für – ich zitiere – „nicht unumstritten“, so nach-
zulesen in einer Antwort auf die Kleine Anfrage der
Grünen.
Der Einsatz der Union für im Ausland verfolgte
Christen ist, allen Beteuerungen zum Trotz, wenig
glaubwürdig. Zwar haben in der ersten Debatte zu die-
sem Thema, die wir im Juli dieses Jahres geführt haben,
gleich drei Redner der Union die verzweifelte Situation
der Christen im indischen Orissa beklagt; als wir aber
nur einen Tag später ein Treffen mit indischen Abgeord-
neten hatten, traute sich kein einziger Unionsvertreter,
dieses Thema anzusprechen. Stattdessen wurden die gu-
ten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen unseren
Ländern gelobt; sie sind auch lobenswert. Ich war da-
mals derjenige, der kritische Nachfragen stellen musste
– das habe ich gern gemacht –, und dann fand eine inte-
ressante Diskussion statt. An dieser Diskussion hat die
Union aber nicht teilgenommen. Es waren ja auch keine
Fernsehkameras dabei.
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Nein, meine Damen und Herren von der Koalition,
ir finden Ihren Antrag unglaubwürdig und werden ihm
aher nicht zustimmen.
Aber auch die SPD wäre noch glaubwürdiger, wenn
ie in ihrem eigenen Laden zumindest eine ernsthafte
ebatte über die Trennung von Staat und Religion zu-
ssen würde. Das tut sie aber nicht. Stattdessen hat
igmar Gabriel deutlich gemacht, dass er den Arbeits-
reis der SPD-Laizisten nicht anerkennen wird, und
uch die Katholiken Andrea Nahles und Wolfgang
hierse wollen Laizisten unter dem Dach der SPD lieber
einen Platz einräumen.
Konsequent ist dagegen der Antrag der Grünen. Hier
t der Wille zur vorbehaltlosen rechtlichen Gleichstel-
ng aller Religionsgemeinschaften klar erkennbar –
eltweit, aber genauso in Deutschland und in Europa.
hne diese rechtlich verbindliche Gleichstellung kann es
eine Religionsfreiheit geben. Dann bleibt Religionsfrei-
eit eine leere Phrase, die vom guten Willen der Mächti-
en abhängt.
Ohne Rechte werden religiöse Minderheiten nie den-
elben Status haben wie die Mehrheitsreligion oder auch
ichtreligion. Diskriminierung wird dann immer dro-
en, egal ob es sich um Christen im Irak, Buddhisten in
hina oder Bahai im Iran handelt.
Oder auch um Muslime in Deutschland: Wer bezwei-
lt, dass der Islam eine gleichberechtigte Religion in
nserem Land und in Europa ist, erschwert nicht nur die
tegration der Muslime, sondern der hat auch nicht be-
riffen, dass Religionsfreiheit ein Recht ist, das jedem
enschen gleichermaßen zusteht. Er meint immer noch,
ass es Religionen gibt, die richtiger sind als andere. Er
issversteht religiöse Traditionen als Leitkultur, die für
lle verbindlich ist. Das stimmt aber nicht. Traditionen,
gal welchen Ursprungs, verändern sich. Verbindlich ist
ur das Gesetz. Vor dem müssen alle Religionen gleich
ein.
Vielen Dank.