Rede von
Dr.
Hermann Otto
Solms
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Kollege Gerhard Schick vom
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich finde
es nicht in Ordnung, dass, wenn man Defizite bei der
Bekämpfung von Steuerflucht anspricht, dies damit
gleichgesetzt wird, dass man sich gegen die engagierten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Finanzverwal-
tung richtet.
Ganz im Gegenteil: Gerade die fordern von uns, dass wir
endlich die Grundlagen schaffen, damit sie sinnvoll ar-
beiten können und nicht mehr so viele Verfahren durch
Verjährung oder in irgendwelchen Deals enden, weil wir
nicht die entsprechenden Voraussetzungen schaffen.
Deswegen fand ich den Vorwurf daneben.
Ich glaube, man kann in aller Sachlichkeit wahrneh-
men – das haben wir auch aus dem Bericht im Ausschuss
erfahren –, dass das Ministerium an verschiedenen Stellen
die Politik weiterführt, die Doppelbesteuerungsabkom-
men am OECD-Standard auszurichten. Dazu laufen ver-
schiedene Verhandlungen. Das ist auch gut. Mit der
Schweiz scheint eine Einigung erzielt worden zu sein.
Das Problem dabei ist allerdings, dass der OECD-
Standard völlig unzureichend ist. Deswegen brauchen
wir dringend eine Initiative dieser Bundesregierung auf
internationaler Ebene, um den OECD-Standard weiter-
zuentwickeln. Denn um sich freizukaufen, reicht es aus,
dass man mit zwölf weiteren Steueroasen ein schönes
Doppelbesteuerungsabkommen schließt. Daher brau-
chen wir endlich einen Standard, der die effektive Zu-
sammenarbeit zwischen den Ländern zum Maßstab
macht.
Eine Erklärung, irgendwo gebe es eine Zusammenarbeit,
reicht nicht aus. Diese Initiative durch die Bundesregie-
rung steht aus. Da müssen Sie nachlegen.
Es ist vielleicht nicht alles dem Zufall überlassen,
aber die Bemühungen, die es derzeit gibt, haben schon
etwas damit zu tun, dass Daten angeboten worden sind,
und zwar die berühmten CDs. Das haben Sie sicherlich
nicht geplant; das ist wohl Zufall.
Auch an einem weiteren Punkt wird deutlich, dass Sie
nicht aktiv versuchen, innerhalb der Möglichkeiten des
deutschen Rechts das Bestmögliche zu tun. In Frank-
reich sind seit Dezember Daten von einer Schweizer
Bank verfügbar. Die Bundesregierung hat diese Woche
meine Frage, ob inzwischen Daten aus diesem Bestand
in Deutschland verfügbar sind, mit Nein beantwortet.
Warum warten Sie ab, bis Frankreich irgendwann auf
die deutsche Steuerverwaltung zukommt? Aktive und
kontinuierliche Bekämpfung von Steuerflucht würde be-
deuten, dass Sie so wie andere Staaten, die bei uns ange-
fragt haben, sobald wir Daten hatten, selber aktiv auf die
französischen Behörden zugehen und nach diesen Daten
fragen. Das haben Sie nicht gemacht. Sie überlassen es
eben doch dem Zufall.
Das Absurdeste ist der Umgang mit dem Steuerhinter-
ziehungsbekämpfungsgesetz. Ich will zugestehen, dass
innerhalb der insgesamt desaströsen Bilanz von Bundes-
finanzminister Steinbrück die Bekämpfung der Steuer-
flucht einer der wenigen Lichtblicke ist. Was aber ist da-
raus geworden? Passiert de facto irgendetwas mit diesem
Gesetz? Wo ist seine Wirkung? – Nichts. Denn die Liste,
auf die Sie die Maßnahmen anwenden könnten, ist leer.
Es ist schon merkwürdig, wenn das Bundesfinanz-
ministerium feststellt: Wir haben keine Steueroasen, auf
die wir dieses Gesetz anwenden könnten. Das Gegenteil
ist doch der Fall: Die Steuerhinterziehung funktioniert
immer noch mit vielen Staaten hervorragend.
Sie wollen dieses Gesetz im Unterschied zu Frankreich
nicht anwenden. Das zeigt, Sie leisten nicht wirklich
eine aktive Bekämpfung der Steuerflucht. Sie warten,
wie es in der Überschrift des Antrags steht, tatsächlich
auf den Zufall. Das muss sich ändern.