Rede von
Peter
Altmaier
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ansonsten muss ich Ihnen leider sagen: Der Innen-
usschuss hat im letzten Jahr im Juli eine Delegations-
ise nach Griechenland durchgeführt Delegationslei-
r war der Kollege Dr. Stadler; mit dabei waren Stephan
ayer von der CSU, der zwischenzeitlich ausgeschie-
ene Kollege Werner Wittlich, Gerold Reichenbach von
er SPD, Hartfrid Wolff von der FDP, Ulla Jelpke von
er Linkspartei und meine Wenigkeit , um sich über die
ituation der Flüchtlinge dort, vor allen Dingen über die
ituation der zwangsweise zurückgeführten Flüchtlinge
us Deutschland ein Bild zu machen. Dieses Bild weicht
on dem, das Sie gezeichnet haben, leider völlig ab.
war haben auch wir festgestellt, dass sich die Realität
icht ganz so katastrophal darstellt, wie es in den Schil-
erungen mancher NGOs über die Zustände zum Teil
ehauptet wird, aber das habe ich schon im Innenaus-
chuss gesagt und wiederhole es hier den aus Deutsch-
nd Zurückgeführten, den Zurückgeschobenen geht es
Griechenland keinen Deut besser, allerdings auch
icht schlechter als den übrigen Flüchtlingen. Aber das
t schlecht genug.
Das Interessante ist das erklärt, warum die Asylbe-
erberzahlen zurückgegangen sind , dass die griechi-
chen Behörden völlig außerstande sind, mit diesem
lüchtlingsstrom zurechtzukommen, ihm Herr zu wer-
en.
Nein, das ist immer noch so. Wir waren vom 8. bis
2. Juli 2009 dort.
ir haben die Schlangen mit Hunderten von Menschen
m Eingang zur Petrou Ralli so heißt die Behörde im
olksmund stehen sehen. Dort ist es Usus, dass sich
m Samstag Hunderte, Tausende anstellen, damit viel-
icht einige Hundert von ihnen in der folgenden Woche
orgelassen werden, um ihr Asylbegehren stellen zu
önnen.
Kein Wunder, dass die Zahl zurückgeht, wenn die Ar-
eitskapazitäten überhaupt nicht da sind. Sieben bis acht
olizeioffiziere und etwa ein Dutzend Dolmetscher bear-
eiten am Tag vielleicht zusammengenommen 80 An-
äge, also 400 in der Woche bzw. 20 000 im Jahr. Tat-
2576 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 28. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. März 2010
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Rüdiger Veit
sächlich aber hat Griechenland das Problem, dass
jedenfalls in den letzten Jahren mit stark steigender
Tendenz etwa 150 000 Flüchtlinge kommen. Knapp
die Hälfte von ihnen kommt übrigens aus Albanien; das
ist eine Form von Arbeitsmigration. Wenn sie zurück-
geführt werden, kommen sie manchmal per Drehtür-
effekt wieder. Mehr als die Hälfte von denen, also rund
70 000 bis 80 000 im Jahr, wollen weiter in das übrige
Europa. Sie versuchen das dann auch illegal per Schiff,
etwa von Patras oder Igoumenitsa aus. Von daher hat
man es da mit einem erheblichen Problem zu tun.
Dieses Problem erstreckt sich dann auch auf die aus
Deutschland Zurückgeführten, auch wenn ihre Zahl ver-
nachlässigbar klein zu sein scheint. Aber auch für sie
gilt, dass Flüchtlinge dort in aller Regel kein ordnungs-
gemäßes Verfahren bekommen. Es gibt auch keine nen-
nenswerte Anerkennungsquote.
Sie haben auch keinerlei Anspruch auf Gesundheitsver-
sorgung. Ebenso haben sie in der Regel keine Möglich-
keit, sich ohne Weiteres eine Wohnung zu nehmen. Sie
haben mit einer sogenannten Pink Card, die ihnen ausge-
stellt wird, zwar für sechs Monate die Chance in der
Regel illegal zu arbeiten und damit ihren Lebensunter-
halt notdürftig zu fristen, aber im Großen und Ganzen
besteht dort ein ganz erhebliches Problem von Mas-
senobdachlosigkeit.
Ich würde Ihnen gern aus unserem Reisebericht vorle-
sen, was uns Minister Markogiannakis er ist der Vize-
Innenminister und Minister für öffentliche Ordnung
gesagt hat. Er stellte nochmals eindringlich die griechi-
sche Position dar: Obwohl Ziel der illegalen Migranten
nicht Griechenland sei, hindere man diese Personen an
der Weiterreise. Griechenland komme hier seinen Ver-
pflichtungen nach und drücke keinesfalls die Augen
zu. Griechenland sei nun aber einfach nicht mehr in der
Lage, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Man könne
dieser Invasion nicht Herr werden. Griechenland sei
erschöpft. Die offiziellen Statistiken zu illegalen Mi-
granten seien noch viel zu niedrig. Man müsse aktuell
von einer Zahl von circa 2 Millionen, also einem Aus-
länderanteil von fast 20 Prozent, ausgehen. Besonders
problematisch sei, dass es infolgedessen gerade in Athen
und Patras zu Gettobildung, Verelendung und damit ein-
hergehenden Reaktionen wie Rassismus und Fremden-
feindlichkeit komme, die in dem traditionell fremden-
freundlichen Griechenland bisher unbekannt gewesen
seien.
Vor diesem Hintergrund bin ich persönlich der Über-
zeugung dieser Überzeugung waren wir alle, die wir
dort waren , dass es mit der Dublin-II-Verordnung und
einer Fortentwicklung dieser Verfahrenszuständigkeiten
und auch mit FRONTEX-Einsätzen in Griechenland
nicht getan ist. Wenn man, wie unser Nachbar dort im
Südosten, einem derartig massiven Flüchtlingszustrom
ausgesetzt ist, dann darf das restliche Europa Griechen-
land bei dieser Aufgabe nicht allein lassen, sondern
muss sich dazu bequemen, selbst etwas großzügiger
Flüchtlinge aufzunehmen
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nd bei der Durchführung von Verfahren zu helfen.
RONTEX kann schon deswegen keine richtige Ant-
ort sein, weil auch das haben wir dort gelernt die
esamte griechische Küste 15 000 Kilometer umfasst.
as ist ungefähr so viel wie die Küste des gesamten rest-
chen Mittelmeers. Das kann man nicht vernünftig
chützen, gegen Migranten schon gar nicht und vor allen
ingen nicht gegen solche, die auf dem Landweg diese
ibt es auch kommen. Wenn die Nachbarn, beispiels-
eise die Türkei, ihren europarechtlichen und völker-
chtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen und
eine Flüchtlinge zurücknehmen, dann verstärkt das das
roblem vor Ort.
Deswegen sagen wir: Wir müssen uns dafür einset-
en, dass die Dublin-II-Verordnung angemessen und
ernünftig, im Sinne von echter Lastenteilung fortge-
chrieben wird, nicht nur als reine Zuständigkeitsrege-
ng. Wir müssen darüber hinaus auch dafür sorgen, dass
riechenland mit seinen Problemen nicht alleine bleibt.
as hat mit den jetzigen wirtschaftlichen Problemen gar
ichts zu tun.
Vor dem Hintergrund ist doch eines, wie ich denke,
lar: Wenn aufgrund begründeter Zweifel an der Recht-
äßigkeit von Asylverfahren nach unseren Vorstellun-
en und wenn es nur der Ablauf ist, für den die Kapa-
itäten nicht ausreichen unser oberstes Gericht, das
undesverfassungsgericht, sagt, dass es sich ganz genau
nschauen will, ob die Betroffenen rechtlos und schutz-
s gestellt werden, und deswegen in mindestens sechs
ällen im Wege einstweiliger Anordnung entscheidet,
ass die Betroffenen nicht zurückgeschoben werden sol-
n, aber trotz dieser Situation keine Bereitschaft vonsei-
n der Regierung und der nachgeordneten Behörden be-
teht, das zu beachten und jedenfalls einstweilen von
ückschiebungen abzusehen, denke ich, hat das Parla-
ent alle Veranlassung, im Sinne des Antrages der Grü-
en nunmehr einen entsprechenden Entschluss zu fas-
en. Darum bitte ich Sie im ganzen Haus.
Danke sehr.