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ID1700300900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/3 Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . 97 B Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Ilse Aigner, Bundesministerin BMELV . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ 62 B 65 C 66 D 68 B 69 B 71 A 72 C 74 A 77 A 98 B 99 D 101 A 102 A 103 C 104 D 106 A 107 D 109 B 110 D Deutscher B Stenografisch 3. Sitzu Berlin, Dienstag, den 1 I n h a l Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung der Bundeskanzle- rin mit anschließender Aussprache . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D D W O E R D H U 29 B 29 D 30 A 39 D 44 D 49 C 53 B 56 A 60 B DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel, Bundesminister BMZ . . . . . . . . 78 C 80 A undestag er Bericht ng 0. November 2009 t : Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . r. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . r. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . mid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . eike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . te Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 C 82 B 83 D 87 A 88 C 89 C 91 C 93 A 94 C 96 B DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Bleser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 112 A 113 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 10. November 2009 Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Röring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Einsetzung von Ausschüssen (Drucksache 17/17) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Fraktion DIE LINKE: Einsetzung eines Ausschusses für die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 17/9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 116 A 117 C 119 A 120 A 121 B 122 D 122 D 123 C 125 A/C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 10. November 2009 29 (A) ) (B) ) 3. Sitzu Berlin, Dienstag, den 1 Beginn: 11.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 10. November 2009 125 (A) (C)Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Glos, Michael CDU/CSU 10.11.2009 Dr. Krogmann, Martina CDU/CSU 10.11.2009 Zapf, Uta SPD 10.11.2009 (D) (B) 3. Sitzung Berlin, Dienstag, den 10. November 2009 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Oskar Lafontaine


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    ach unserer Auffassung ist dies nicht gelungen.Viel-
    ehr hat die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklä-

    ung wesentliche Aufgaben nicht erkannt, geschweige
    enn Lösungsvorschläge gemacht, wie diese Aufgaben
    u bewältigen sind.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich beginne mit der ersten Aufgabe, die sie benannt
    at. Sie sagte, die erste Aufgabe sei, die Folgen der inter-
    ationalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu überwin-
    en. Wer könnte dem widersprechen? Aber ganz ent-
    cheidend ist, dass sie die wesentliche Aufgabe außer
    cht gelassen hat. Das entwertet völlig ihre Regierungs-

    rklärung. Wir müssen nicht zuerst die Folgen ins Auge
    assen, sondern die Ursachen der internationalen Finanz-
    rise erkennen und endlich die Weltfinanzmärkte regu-
    ieren.


    (Beifall bei der LINKEN)


    s entwertet diese Regierungserklärung völlig, dass
    azu keinerlei Vorschläge gemacht worden sind. Frau
    undeskanzlerin, Sie haben die wichtigste Aufgabe un-

    erer Zeit überhaupt nicht erkannt, geschweige denn Lö-
    ungsvorschläge dazu gemacht.


    (Beifall bei der LINKEN)







    (A) )



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    Oskar Lafontaine
    Es ist schön, wenn wir jetzt ab und zu hören, dass eine
    Börsenumsatzsteuer auf einmal populär ist. Wir erinnern
    uns noch gut daran, dass oft von billigem Populismus die
    Rede war, als wir eine solche Steuer gefordert haben. Es
    ist ganz schön, dass auch Sie sich nach vielen anderen
    Staatsmännern zu einer Transaktionsteuer bekennen. Als
    wir das hier vorgetragen haben, hieß es, das sei unprakti-
    kabel und billiger Populismus. Es ist wunderbar für
    mich, zu erleben, wer alles sich jetzt zum Keynesianis-
    mus bekennt und ihn täglich herunterbetet, nachdem er
    jahrzehntelang verurteilt worden ist. Jawohl, es ist wahr:
    Der Keynesianismus rettet zurzeit die Weltwirtschaft mit
    expansiver Finanzpolitik und expansiver Geldpolitik. Es
    ist schön, dass Sie das erkannt haben.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Aber nun haben Sie keinerlei Vorschläge gemacht,
    wie die Weltfinanzkrise zu bewältigen ist, wie die Ursa-
    chen zu bekämpfen sind. Ich will einige Vorschläge von
    unserer Seite machen.

    Erstens. Wir brauchen eine neue internationale Leit-
    währung, die den Dollar ablöst und die geeignet ist, die
    Währungsspekulationen und das Schwanken der Wäh-
    rungen in der Zukunft mehr oder weniger auszuschlie-
    ßen, zumindest zu mindern.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Zweitens. Wir brauchen eine Regulierung des interna-
    tionalen Kapitalverkehrs. Es kann nicht sein, dass wei-
    terhin auf Knopfdruck Milliarden um den Erdball kursie-
    ren und die Weltwirtschaft auf eine Art und Weise
    zerstören, wie wir es in den letzten Jahren erlebt haben.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Drittens. Wir brauchen ein Austrocknen der Steuer-
    oasen. Es ist einfach nicht zu fassen, dass an dieser
    Stelle überhaupt nichts unternommen wird. Vielmehr
    sieht man tatenlos zu, dass auch mit Milliarden Steuer-
    geldern unterstützte Banken weiterhin Steuerhinterzie-
    hung in Steueroasen betreiben. Unglaublich. Diese Re-
    gierung ist unfähig, diese Kernaufgaben unserer Zeit
    überhaupt anzugehen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Viertens. Wir brauchen ein Verbot von Hedgefonds.

    Fünftens. Wir brauchen ein Verbot der Schrottpa-
    piere. Solange das nicht der Fall ist, so lange wird die
    Spekulation weitergehen, so lange wird es Verwerfungen
    in der Volkswirtschaft geben.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Sechstens. Es muss die billige Ausrede aufhören, man
    könne das nur international bewältigen. Zu dieser billi-
    gen Ausrede haben sich alle Staatsmänner in den letzten
    Jahren verstanden. Wir haben hier vor einiger Zeit, im
    Oktober 2008, eine Antwort der Bundesregierung auf
    die Frage nach den Deregulierungsmaßnahmen der
    letzten Jahre erhalten. Es waren 50 Deregulierungsmaß-
    nahmen. Sie sind alle aufgelistet. Wenn Sie mindestens
    30 bis 40 davon zurücknähmen, dann würden Sie hier in
    Deutschland dafür Sorge tragen, dass die Finanzspekula-

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    (C (D ion endlich wieder durch Investitionen in die Realwirtchaft abgelöst wird. Das ist die dringende Aufgabe unerer Zeit. Siebentens. Es ist auch endlich geboten, dass Sie icht Diskussionsverweigerung betreiben und den Kopf mmer wieder in den Sand stecken. Hier wird der EUertrag ständig gelobt, gelobt, gelobt, aber ein entscheiender Artikel des EU-Vertrags wird verschwiegen, wird icht zur Kenntnis genommen und wird in seiner Trageite überhaupt nicht begriffen. Ich lese es Ihnen, Frau undeskanzlerin, vor. In Art. 56 heißt es: Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten. Mit anderen Worten: Der EU-Vertrag untersagt eine ernünftige Regulierung der Weltfinanzmärkte. Er ist amit absolut unzeitgemäß. ntscheidend ist aber, dass es den Regierungen dieser elt nicht gelingt, die Regulierung der Finanzmärkte ach vorne zu bringen. Es ist schon so – ich zitiere ihn och einmal –, dass Tietmeyer ein Seher war. Er sagte inmal: Sie alle unterliegen jetzt der Kontrolle der interationalen Finanzmärkte. – Daran hat sich nichts geänert. Die internationalen Finanzmärkte und die Finanzinustrie bestimmen die Politik, und nicht Sie. ie sind im Grunde genommen, wenn man so will, nur azu da, irgendwelche Allgemeinplätze abzusondern. ie Presse weltweit schreibt: Die Banken machen weiter ie bisher. – Das ist ein großer Skandal. Die nächste lase wird vorbereitet. Die zweite Aufgabe, die Sie angesprochen haben, hat ich jetzt doch fasziniert. Sie sagten: Wir müssen das erhältnis der Bürgerinnen und Bürger zu ihrem Staat erbessern. Donnerwetter, ich hätte mir nicht vorstellen önnen, dass Sie zu dieser Einsicht kommen. Wir haben ine ganz andere Sichtweise. Wir glauben, wir müssen as Verhältnis der Bundeskanzlerin und der sie tragenen Parteien zu den Bürgerinnen und Bürgern dieses taates verbessern. Das ist eine ganz andere Herangeensweise. ie müssen, achtens, endlich einmal die Lebensbedinungen der Menschen in diesem Lande zur Kenntnis ehmen und dann Vorschläge unterbreiten, wie diese Leensbedingungen verbessert werden können. Das ist hre Aufgabe, anstatt zu sagen, wir müssten das Verhältis der Bürgerinnen und Bürger zum Staat verbessern. ein, Sie müssen endlich Ihr Verhältnis zu den Bürger nnen und Bürgern dieses Landes verbessern und zur enntnis nehmen, was eigentlich ist. Oskar Lafontaine Dann hätten Sie beispielsweise gesehen, dass die Hauptbetroffenen der verfehlten Politik der letzten Jahre die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter waren. Kein Wort zu diesem Skandal. Wir als Partei Die Linke bleiben dabei, dass die Leiharbeit verboten oder zumindest weitgehend reduziert werden muss. Wenn man sich schon nicht zu dieser Lösung versteht, dann sollte man sich an Frankreich ein Beispiel nehmen, wo es einen Risikoaufschlag für Leiharbeiter gibt. Die erhalten sogar mehr als ihre Kollegen. Oder man sollte zumindest die englische Lösung nehmen, dass nach sechs Wochen die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter gleichbezahlt werden müssen. Sie sehen nicht, was im Volke los ist. Sie reden allgemein über die Köpfe der Menschen hinweg. Wir müssen die befristeten Arbeitsverhältnisse reduzieren. Hier sieht man, dass das, was diese Koalition vorhat, wie die Faust aufs Auge passt: Sie haben überhaupt nicht zur Kenntnis genommen, was passiert. Wer jetzt noch sagt, wir müssen die befristeten Arbeitsverhältnisse ausweiten, der hat nicht mehr alle Tassen im Schrank. Die deregulierten Arbeitsmärkte sind die Hauptursache für die Zerstörung der Familien in unserem Lande. Ich sage noch einmal an die selbsternannte Familienpartei CDU: Sie sind verantwortlich für die Zerstörung der Familien in unserem Land; denn junge Leute, die nicht wissen, ob sie in ein paar Monaten noch Geld auf dem Konto haben, können weder eine Familie gründen noch Kinder in die Welt setzen. So einfach ist der Zusammenhang. Sie wollen die befristeten Arbeitsverhältnisse auch noch ausweiten und reden dann von der Pflege der Familien. Wir brauchen endlich den gesetzlichen Mindestlohn. Obwohl in diesem Lande formal viele Jahre lang eine Mehrheit dafür war – das sage ich auch an SPD und Grüne hier im Parlament gerichtet –, ist es wirklich bedauerlich, dass wir es nicht zustande gebracht haben, den gesetzlichen Mindestlohn zu beschließen. Es ist eine Schande für eine der reichsten Volkswirtschaften der Welt, dass immer mehr Menschen acht Stunden am Tag arbeiten, ohne sich oder ihre Familie ernähren zu können. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)





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    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)


    Neuntens. Wir müssen endlich die Hartz-IV-Sätze für
    Kinder erhöhen. Das wäre die wichtigste Aufgabe. Es
    kann in unserem Land doch nicht die Aufgabe sein, das
    Kindergeld für Besserverdienende zu erhöhen. Wo sind
    wir eigentlich? Wenn man ein soziales Gesicht haben
    möchte, dann muss man dort anfangen, wo die Not am
    größten ist.


    (Beifall bei der LINKEN)


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    (C (D Zehntens. Wir müssen der immer weiteren Ausbreiung des Niedriglohnsektors entgegenwirken. Es ist och eine Schande – wir konnten es heute lesen –: Ende er 1990er-Jahre hatten die Niedriglöhner 64 Prozent es durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommens; heute ind es nur noch 53 Prozent. Die Niedriglöhner haben lso fast nur noch die Hälfte des durchschnittlichen Areitnehmereinkommens, und Sie, Frau Bundeskanzlerin, tellen sich noch nicht einmal dieser Frage. Ich möchte ur sagen: Die Ursache ist das Lohndumping, ausgelöst urch eine Formel für die Zumutbarkeit von Arbeit. iese Formel besagt: Du musst jede Arbeit annehmen, ei sie noch so schlecht bezahlt und sei sie noch so weit nter deiner Qualifikation. Diese Zumutbarkeitsregel uss weg. Zu Deutsch: Hartz IV muss weg. Wir als Par ei Die Linke hier im Deutschen Bundestag bleiben daei. Wir glauben, dass es jetzt – das ist eine Aufgabe, die ch ansprechen möchte, weil Sie sie nicht angesprochen aben – Aufgabe ist, die Wirtschaft endlich zu demokraisieren. Was die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer n letzter Zeit erlebt haben, war nicht Freiheit, sondern xistenzielle Bedrohung und ein Ausmaß an Fremdbetimmung, wie es das in dieser Form in Deutschland och nicht gegeben hat. Wir schlagen daher vor, elftens, endlich die Steuerreiheit von Veräußerungsgewinnen zurückzunehmen; enn wir haben den unhaltbaren Zustand, dass kleine etriebe in zehn Jahren fünfmal den Anteilseigner wech eln. Von nachhaltiger Wirtschaft kann in diesem Lande berhaupt nicht mehr die Rede sein. Zwölftens. Wir schlagen vor, die Erbschaftsteuer icht für Millionengeschenke an reiche Erbende zu missrauchen, sondern sie zu verwenden, um Belegschaftsnteile aufzubauen. Man sollte den Betrieben, die Erbchaftsteuer zahlen müssen, diese Steuer dann erlassen, enn sie die entsprechenden Mittel in Belegschaftsan eile umwandeln. Das wäre eine Reform, das wäre ein euansatz, der endlich einmal dazu führen würde, dass elegschaften an ihren Betrieben beteiligt werden könen. Dreizehntens. Wir bleiben dabei, dass staatliche Zuchüsse nicht mehr dazu dienen können, den Vermöensaufbau einzelner Privater zu finanzieren. Wir sind er Auffassung: Staatliche Zuschüsse müssen entweder n Staatsanteile oder in Belegschaftsanteile umgewandelt erden, gerade jetzt. Außerdem sind wir der Auffassung, dass wir jetzt daangehen müssen, die Enteignung der Arbeitnehmerinen und Arbeitnehmer zu stoppen. Ich sage hier ganz beusst: Das ist eine Kernaufgabe der nächsten Jahre. Wir üssen die Bilanzierungsvorschriften so ändern, dass er Zuwachs des Betriebsvermögens ab einer bestimmen Betriebsgröße – etwa ab 100 Arbeitnehmerinnen und Oskar Lafontaine Arbeitnehmern – zur Hälfte den Belegschaften und ihren Belegschaftsgesellschaften gutgeschrieben wird. Es darf nicht so weitergehen – ich sage das, weil ich hier gerade die FDP im Blick habe –, dass immer nur Einzelne vom ständigen Zuwachs des Betriebsvermögens profitieren. Die FDP der 1970er-Jahre sah darin eine erhebliche Freiheitsgefährdung. Sie hat recht: Der Zuwachs des Betriebsvermögens und die schlechte Verteilung führen dazu, dass Einzelne in der Gesellschaft immer mehr abgehängt werden, dass der Niedriglohnsektor immer weiter ausgebaut wird. Genau das gefährdet die Freiheit, und insofern war diese Sichtweise richtig. Als dritte Aufgabe haben Sie genannt: Wir müssen Antworten auf die Veränderungen im Altersaufbau finden. Ja, natürlich, das ist richtig. Wir sagen aber, dass die Aufgabe eine ganz andere ist: Wir müssen, vierzehntens, die sozialen Sicherungssysteme wiederherstellen und helfen, Altersarmut zu vermeiden. Was Sie hier zustande gebracht haben, nämlich die Zerstörung der gesetzlichen Rente, war einer der größten Fehler der deutschen Politik in den letzten Jahren. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)


    (Beifall bei der LINKEN)





    (A) )


    (B) )


    (Beifall bei der LINKEN)


    Fünfzehntens. Wenn man in Zeiten wie dieser daran-
    geht, die Kapitaldeckung in der Pflegeversicherung
    auszubauen, dann hat man nichts von der internationalen
    Finanzkrise verstanden. Wirklich nichts. Es ist doch so,
    dass die weltweite Umstellung auf Kapitaldeckung dazu
    geführt hat, dass die Pensionsfonds in großem Umfang
    spekuliert haben. Das Ende vom Lied ist nun, dass viele
    ältere Menschen in vielen Ländern ihre Altersvorsorge
    verloren haben. Wollen wir das auf die Pflegeversiche-
    rung ausweiten? Man fasst es nicht, wenn man sieht, in
    welchem Umfang diese Regierung die Zeichen der Zeit
    nicht erkannt hat.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich sage hier in aller Klarheit: Die Erfahrungen der
    letzten 20 Jahre zeigen deutlich, dass die gesetzlichen
    Sicherungssysteme die verlässlichsten sind. Worum geht
    es, wenn man die Existenzsorgen der Menschen, die ge-
    ringe Einkommen haben, aufgreifen und Lösungsvor-
    schläge anbieten will? Da geht es um den Ausbau und
    die Stärkung der gesetzlichen Sicherungssysteme und
    niemals um den Aufbau kapitalgedeckter Systeme.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Im Übrigen ist es ökonomisch völliger Unsinn, wenn
    man in Zeiten, in denen die Binnennachfrage schwach
    ist und die Reallöhne sinken, die Arbeitnehmer auch
    noch zwingt, zu sparen. Das ist so kontraproduktiv, dass
    man wirklich die Frage aufwerfen muss, ob überhaupt
    die Inhalte, die man im ersten Semester eines Volkswirt-
    schaftsstudiums lernt, den Personen auf der Regierungs-
    bank präsent sind.

    Als vierte Zukunftsaufgabe haben Sie genannt: Wir
    wollen einen zukunftsfesten Umgang mit den weltweit
    vorhandenen natürlichen Ressourcen entwickeln. Dazu
    sagen wir als Partei Die Linke: Wenn man das wirklich

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    (C (D ill, dann darf man, sechzehntens, die Restlaufzeiten on Atomkraftwerken nicht verlängern. Das ist doch das egenteil von dem, was dann erforderlich wäre. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    er die Vision einer atomwaffenfreien Welt hat, meine
    amen und Herren, aber gleichzeitig die Restlaufzeiten
    on Atomkraftwerken verlängern will, der versteht ent-
    eder die Technologie nicht oder weiß nicht, was er
    ill. Wer eine atomwaffenfreie Welt will, muss, sieb-

    ehntens, auch dafür sorgen, dass die Stromversorgung
    n Zukunft ohne Atomkraftwerke sichergestellt wird.
    enn genau diese sind Voraussetzung dafür, um den
    toff herzustellen, den man zum Bau der Bombe
    raucht.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Natürlich müssen wir erneuerbare Energien stärken.
    ber noch wichtiger ist – das ist der achtzehnte Pro-
    rammpunkt, den ich hier vortragen möchte – eine
    ekommunalisierung der Energieversorgung. Es war

    in großer Fehler, Monopole zuzulassen, die nun in
    chamloser Weise abzocken. Wir brauchen eine Rekom-
    unalisierung der Energieversorgung und eine staatliche
    ontrolle der Energiepreise, um diese Abzocke endlich

    u beenden.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Als letzte Aufgabe haben Sie genannt: Sie wollen das
    erhältnis von Freiheit und Sicherheit weiter festigen.
    azu gibt es eine ganz entscheidende Voraussetzung, die

    ch hier benennen will. Die entscheidende Voraussetzung
    st, dass die deutsche Außenpolitik im Sinne Kants – ich
    enne ihn einmal bewusst – wieder zum Völkerrecht zu-
    ückkehrt, weil das Völkerrecht die Grundlage von Frei-
    eit und Sicherheit für alle Völker dieser Erde ist.


    (Beifall bei der LINKEN)


    In Ihrer Regierungserklärung gab es eine ganz verrä-
    erische Formulierung: Ziemlich am Anfang steht, die
    rage der Zukunft sei, wer sich den Zugriff – ich betone
    as Wort „Zugriff“ – auf Rohstoffe und Energiequellen
    ichere. Es geht nicht um den „Zugriff“ auf Rohstoffe
    nd Energiequellen, es geht um die friedliche Nutzung.
    ngesichts der Kriege der letzten Jahre sagen wir: Wir
    alten es für völlig falsch, wenn sich die Bundesrepublik
    eutschland in imperiale Kriege zur Sicherung von Roh-

    toffquellen einspannen lässt. Das war der Fehler der
    ußenpolitik der letzten Jahre.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Sie reden davon, sie seien eine christlich-liberale Ko-
    lition der Mitte oder was auch immer. Wenn man das
    ort „Christentum“ in den Mund nimmt, dann sollte
    an begriffen haben, Frau Bundeskanzlerin – das ist

    icht zum Lachen –, dass man alle Anstrengungen unter-
    ehmen muss, um endlich die Waffenexporte zurückzu-






    (A) )



    (B) )


    Oskar Lafontaine
    führen. Diese sind doch die Grundlage für vieles Elend
    in der Welt. Warum verstehen Sie das nicht?


    (Beifall bei der LINKEN)


    Meine letzte Bemerkung bezieht sich auf Afghanis-
    tan. Wir sind jetzt viele Jahre dort im Krieg; das haben
    wir immer so gesehen. Ich habe immer wieder gesagt,
    dass ich durchaus unterstellt habe, dass es die eine oder
    den anderen gab, die der Auffassung waren, dass man
    mit diesen Militäreinsätzen Gutes bewirken könne. Aber
    nach so vielen Jahren muss man doch bereit sein, wie es
    zum Beispiel in den Vereinigten Staaten im Falle des
    Irak oder jetzt in Bezug auf Afghanistan in mehreren
    Staaten der Welt bereits geschehen ist, zu erkennen, dass
    dieser Weg falsch war. Wir können diesen Krieg nicht
    gewinnen. Man kann die Stammesgesellschaft Afghanis-
    tans nicht zwingen, eine westliche Demokratie aufzu-
    bauen. Sie kämpfen dort gegen eine Kultur, und diesen
    Kampf können Sie nicht gewinnen. Begreifen Sie das
    doch endlich!


    (Beifall bei der LINKEN)


    Deshalb sagen wir: Es ist wirklich ein schwerer Faux-
    pas, dass der neue Bundesverteidigungsminister – ich
    sehe ihn im Moment nicht auf der Regierungsbank – ge-
    sagt hat, das Unglück von Kunduz, wie ich es nenne, sei
    „angemessen“ gewesen. Ich sage hier für meine Frak-
    tion: Eine Militäraktion, bei der unschuldige Zivilisten
    ums Leben kommen, ist niemals angemessen. Wir soll-
    ten eine solche Sprache aus diesem Parlament verban-
    nen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wir sagen Ihnen: Ziehen Sie die Truppen aus Afgha-
    nistan zurück! Es wäre an der Zeit; Sie sollten nicht war-
    ten, bis die Diskussion in Amerika so weit ist, dass man
    den Afghanistankrieg beenden will.

    Sie haben in Ihrer Regierungserklärung die wichtigen
    Aufgaben unserer Zeit verfehlt. Diese Regierung ist eine
    falsche Regierung zur falschen Zeit.


    (Anhaltender Beifall bei der LINKEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat

nun Kollege Jürgen Trittin das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jürgen Trittin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte

    Bundeskanzlerin! Manchem Anfang wohnt ja ein Zauber
    inne.


    (Otto Fricke [FDP]: Manche entdecken ihn, manche nicht!)


    Aber für Sie als Bundeskanzlerin ist das hier eben kein
    Anfang, sondern der zweite Aufguss, und so war auch
    Ihre Regierungserklärung.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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    (C (D chwarz-Gelb fängt nicht neu an, sondern versucht, enn ich Frau Homburgers Ausführungen richtig ver tanden habe, eigentlich eher, bei dem wieder anzuknüpen, wofür 1998 Helmut Kohl abgewählt worden ist. ber dafür, dass Sie hier nur als Revival-Band angetreen sind, war dieser Anfang doch reichlich holprig. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    ie haben dem Wort „Fehlstart“, wie ich finde, eine völ-
    ig neue Interpretation gegeben. Wann hatten wir jemals
    ine Regierung, die schon vor Abgabe der Regierungser-
    lärung durch die Kanzlerin eine Kabinettsklausur anset-
    en musste, um sich darüber zu verständigen, was sie in
    hrem Koalitionsvertrag vor gerade einmal zehn Tagen
    ufgeschrieben hatte?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


    Nun ist es nicht verwunderlich, dass Sie damit Pro-
    leme haben. Denn dieser Koalitionsvertrag behauptet
    war, Mut zur Zukunft zu unterstreichen; aber wenn man
    hn durchblättert und liest, stellt man fest: In allen Berei-
    hen finden sich Hinweise auf neue Kommissionen, und
    r enthält über 84 Prüfaufträge. „Mut zum Prüfauftrag“,
    as hätten Sie über Ihren Koalitionsvertrag schreiben
    ollen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Da muss man sich nicht wundern, wenn ein Streit in
    en eigenen Reihen ausbricht. Aber diesen Streit haben
    ie, Frau Merkel, mit Ihrer Regierungserklärung zu
    berspielen versucht. Das dreisteste Stück darin fand ich
    hre Passage zu Opel, in der Sie uns diesen Vorgang als
    rfolg zu verkaufen versucht haben. Ihnen muss es doch

    n den Ohren geklungen haben, als Sie vom Capitol Hill
    erunterkamen und aus der Presse erfahren haben, wie
    ewichtig diese Kanzlerin von den Amerikanern einge-
    chätzt wird, nämlich: Man muss auf Ihre Meinung
    ichts geben. Daher konnte sich ein staatseigener Be-
    rieb wie GM mit Blick auf den Verkauf von Opel anders
    ntscheiden, ohne Sie vorher zu fragen. Sie sind ein poli-
    isches Leichtgewicht. Das wurde durch die Entschei-
    ung von GM bewiesen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist ja kasperhaft, was Sie da aufführen!)


    Herr Kauder, das mit dem Kasper nehme ich gerne ent-
    egen. Ich habe schon verstanden.

    Sie müssen eines berücksichtigen: Wir werden Ihnen
    icht durchgehen lassen, im Wahlkampf und auch hier
    as eine oder andere versprochen zu haben, dann aber
    as Gegenteil zu machen. Wenn man sich anschaut, was
    ie im Wahlkampf mit Blick auf drei Bereiche verspro-
    hen haben, dann muss man feststellen, dass diese Koali-






    (A) )



    (B) )


    Jürgen Trittin
    tion schlicht und ergreifend mit dreifachem Wortbruch
    beginnt.

    Erstens. Sie haben den Menschen in diesem Lande er-
    klärt, es gebe künftig mehr Netto vom Brutto.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau!)


    Das stimmt für einen bestimmten Personenkreis, näm-
    lich für den, der über sehr hohe Einkommen verfügt.
    Was ist aber mit denjenigen, die zum Beispiel als Nor-
    malverdiener künftig eine Kopfpauschale für die Pflege-
    versicherung zahlen müssen? Was ist mit denjenigen, die
    als Normalverdiener künftig eine Kopfpauschale für die
    Krankenversicherung zahlen müssen? Was ist mit all
    denjenigen Bürgerinnen und Bürgern, die, weil Sie an
    der Mehrwertsteuer ohne Ende herumschrauben, künftig
    höhere Müllgebühren und höhere Abwassergebühren
    zahlen müssen? All diese werden weniger Netto vom
    Brutto haben. Das ist die Wahrheit, und das ist der Wort-
    bruch, den Sie begangen haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE])


    Sie haben sich hier in wechselnden Formulierungen
    mal zur Mitte, mal zur bürgerlichen Mitte und mal zur
    christlichen Mitte bekannt. Ich sage Ihnen: Diese Politik
    trifft das bürgerliche Lager der Arbeitnehmerinnen und
    Arbeitnehmer. Sie trifft das durchaus bürgerliche Lager
    der Geringverdiener. Sie trifft das bürgerliche Lager der
    Mehrheit der Bevölkerung. Sie sind in diesem Sinne
    nicht bürgerlich. Sie haben schlicht und ergreifend nur
    die Interessen der – um ein sehr altertümliches Wort zu
    gebrauchen – Bourgeoisie, aber nicht der Bürger in die-
    sem Lande im Kopf.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt kommt der maoistische Klassenkämpfer!)


    Zweitens. Ich habe noch in den Ohren, wie Sie, Frau
    Merkel, erklärt haben, es gebe mit Ihnen keine Steuer-
    senkungen auf Pump. Das war Ihre Wahlaussage.
    Heute erklären Sie hier: Dieses Wahlversprechen verges-
    sen wir; wir setzen voll auf Pump. – Sie legen einen
    Haushalt vor, in dem Sie bis 2013 mindestens 24 Milliar-
    den Euro einsparen wollen, und das bei einer Neuver-
    schuldung im gleichen Zeitraum von 455 Milliarden
    Euro. Das ist völlig verantwortungslos. Die Rechnung
    haben die Kommunen und die Kreise in unserem Lande
    zu zahlen. Allein aufgrund Ihres heutigen Maßnahmepa-
    kets fehlen den Kreisen und den Kommunen 3,6 Milliar-
    den Euro.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Es ist nicht nur verantwortungslos, sondern auch völ-
    lig wirkungslos. Denn Steuersenkungen in dieser Form
    haben noch nie zu Wachstum geführt – außer auf den
    Konten der Besserverdienenden. Gesamtwirtschaftli-
    ches, realwirtschaftliches Wachstum ist damit noch nie
    angestoßen worden.

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    (C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Drittens. Der Höhepunkt ist das Gesetz, das Sie hier
    orgestellt haben, das Wachstumsbeschleunigungsge-
    etz. Da legen Sie uns zur Wachstumsbeschleunigung
    ie Maßnahme vor, dass künftig die Erbschaftsteuer für
    eschwister gesenkt werden soll. Nun kann man darüber

    o oder so denken. Aber, liebe Frau Homburger, können
    ie mir einmal erklären, was das mit Wachstum zu tun
    aben soll? Schneller sterben für mehr Wachstum, oder
    as soll das sein, was Sie uns an dieser Stelle hier vorle-
    en? Das kann doch nur jemand aus Ihrem Gewerbe an
    ieser Stelle denken.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


    Sie erledigen mit diesem Gesetz auch gleich ein wei-
    eres Versprechen, das die Kanzlerin an dieser Stelle in
    er Regierungserklärung heute wiederholt hat. Sie plä-
    ieren – ich zitiere – für ein einfacheres, für ein gerech-
    eres Steuersystem.


    (Zurufe von der FDP: Und niedriger!)


    Und ein niedrigeres Steuersystem. – Das haben Sie
    roklamiert.

    Was legen Sie uns vor? Sie legen uns einen Gesetz-
    ntwurf vor, mit dem der Ausnahmetatbestand, was den
    rmäßigten Mehrwertsteuersatz betrifft, auf das Hotel-
    nd Gaststättengewerbe ausgeweitet werden soll. Dies
    ilt dort aber nicht für jeden Bereich, sondern nur für
    bernachtungen. Davon ausgenommen sind das Hotel-

    rühstück und der Besuch der Sauna im Hotel. Das ist
    ein einfacheres Steuerrecht, das ist ein komplizierteres
    teuerrecht. Das ist nicht einfach, niedrig und gerecht,
    ondern kompliziert, bürokratisch und ungerecht. Das ist
    hre Politik.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Herr Westerwelle hat im Wahlkampf versucht, den
    indruck zu erwecken, dass die FDP nicht mehr die Par-

    ei der Besserverdienenden sei. Man habe jetzt auch ein
    oziales Herz entdeckt; und so zog die Wärme in die li-
    eralen Stuben ein.


    (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Unsere Wärme kommt von Herzen!)


    Schauen wir uns einmal an, was Sie uns vorlegen.
    ie schlagen die Erhöhung des Schonvermögens von
    artz-IV-Beziehern vor.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)


    as heißt, Sie korrigieren den Unsinn, den Ministerprä-
    identen aus CDU- und FDP-geführten Ländern im Bun-
    esrat durchgesetzt haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    ass Sie das tun, ist richtig. Ich lobe Sie dafür.






    (A) )



    (B) )


    Jürgen Trittin
    Jetzt machen Sie sich aber einmal klar, wie weit diese
    neue soziale Wärme reicht. Sie betrifft 11 000 von
    5,5 Millionen Anträgen auf Bezug von Arbeitslosen-
    geld II.


    (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Donnerwetter! – Otto Fricke [FDP]: Uns sind diese 11 000 nicht egal!)


    Sie betrifft 0,2 Prozent der Bedürftigen in diesem Lande.
    99,8 Prozent der Armen gehen bei Ihrer Politik schlicht
    und ergreifend leer aus, ihr Regelsatz wird nicht erhöht.
    So viel zur sozialen Wärme Ihrer Koalition.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


    Ein zweites Symbol Ihrerseits ist: mehr Geld für Kin-
    der. Man kann das einfach durchrechnen: Der Steuerfrei-
    betrag für Kinder führt in Haushalten, die den Spitzen-
    steuersatz zu zahlen haben, zu einer Entlastung von
    443 Euro pro Kind und Jahr. Für Normalverdiener, die
    Kindergeld bekommen, sind es 240 Euro mehr. Für
    1,8 Millionen Kinder im Wedding, in Köln-Mülheim, in
    den ostdeutschen Ländern usw. bedeutet diese Maß-
    nahme: Sie bekommen gar nichts. Dazu sage ich Ihnen:
    Reiche Kinder mit 443 Euro und Mittelstandskinder mit
    240 Euro zu belohnen und die ärmsten Kinder leer aus-
    gehen zu lassen, das ist weder eine Politik der Mitte
    noch eine Politik, die sich christlich nennen kann. Das
    ist soziale Kälte, das ist gemein und kaltherzig. Das ist
    Ihre Koalition.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Hellmut Königshaus [FDP]: Wer hat denn Hartz IV eingeführt?)


    Damit man diese Klientelpolitik für Besserverdie-
    nende durchsetzen kann, für all das hat die FDP alle an-
    deren Inhalte geopfert: Die Abschaffung der Wehrpflicht
    findet nicht statt. Die Abschaffung der Onlinedurchsu-
    chung findet nicht statt. Die Abschaffung des Entwick-
    lungshilfeministeriums – dies ist eine falsche Forde-
    rung – findet nicht statt. Dirk Niebel ist jetzt sein eigener
    Abwicklungsminister.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Idealbesetzung!)


    Der Vizekanzler hat auf der Pressekonferenz zur Vor-
    stellung des Koalitionsvertrages gesagt, die Entschei-
    dung für Dirk Niebel sei gut. Jetzt werde zumindest
    keine Nebenaußenpolitik gemacht. Auch das ist schon
    widerlegt worden. Herr Niebel hat in der Bild-Zeitung
    das Ende der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit
    China verkündet. Man kann in der Sache über diese
    Frage streiten. Aber dass man einem der wichtigsten
    Partner im G-20-Prozess, einem Land, auf das man an-
    gewiesen sein wird, wenn man in Kopenhagen einen
    Verhandlungserfolg erreichen will, den Abbruch der
    wirtschaftlichen Zusammenarbeit nicht mal kurz per

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    (C (D ild-Zeitung verkündet, sollte auch einem außenpolitichen Anfänger klar sein. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bravo!)


    Die vierte Herausforderung ist ein sparsamer und
    achhaltiger Umgang mit natürlichen Ressourcen.
    afür müssen Sie keine Laufzeiten verlängern. Aber da-

    ür dürfen Sie auch kein neues Fenster für die Nutzung
    on Kohle öffnen. Wenn Sie die bestehende Überlast aus
    tomstrom und Kohlestrom, die schon heute dazu führt,
    ass wir Windparks abschalten müssen, in unseren
    tromnetzen erhöhen, dann sorgen Sie nicht für mehr er-
    euerbare Energien, sondern dann bremsen und blockie-
    en Sie den Ausbau der erneuerbaren Energien. Deswe-
    en ist das, was Sie in diesem Lande energiepolitisch
    orhaben, ein Anschlag auf den Klimaschutz und auf ei-
    en verantwortlichen Umgang mit Ressourcen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


    Nein, meine Damen und Herren, Sie sind den Heraus-
    orderungen nicht gerecht geworden. Kluge Wirtschafts-
    olitik heißt in diesen Zeiten, dafür zu sorgen, dass in
    lima, Bildung und Gerechtigkeit investiert wird. Diese
    erausforderung haben Sie nicht gemeistert. Stattdessen

    ntlasten Sie die Industrie überall dort, wo sie eigentlich
    u Effizienz und Ressourceneinsparung gebracht werden
    oll. Genau dieser Stimulus fällt in Ihrer Koalitionsver-
    inbarung völlig unter den Tisch. Deswegen sage ich Ih-
    en: Sie sind da nicht glaubwürdig.

    Sie sind auch nicht glaubwürdig beim Subventions-
    bbau. Nicht eine einzige umweltschädliche Subvention
    chaffen Sie ab; das Volumen beträgt in diesem Lande
    2 Milliarden Euro. Stattdessen diskutieren Sie über die
    inführung neuer Subventionen. Schöne staatsferne
    iberale sind Sie, liebe Kollegin Homburger!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, wir brauchen nicht leere
    achstumsversprechen, wir brauchen Investitionen in
    lima, Bildung und Gerechtigkeit. Aber wir werden dies
    icht mit einer Regierung schaffen, die für sich selber
    ur ein Rezept hat, nämlich auf die veralteten wirt-
    chaftspolitischen Rezepte der 90er-Jahre zu setzen. In
    hrer Koalitionsvereinbarung ist kein roter Faden zu er-
    ennen, sieht man von den roten Zahlen neuer Schulden
    b. Das müssen wir hier unter dem Strich feststellen.

    Sie haben es geschafft – dafür haben Sie mein Kom-
    liment, liebe Frau Merkel –, im Schlafwagen an die
    acht zu kommen.


    (Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zitat Westerwelle!)


    Jetzt darf man nicht einmal mehr Komplimente ma-
    hen; das verstehe ich gar nicht. – Nun sind Sie im Zug
    ngekommen. Sie haben den Zug gekapert und geben
    ich zu erkennen: Ihre Lok fährt mit Kohle- und Atom-






    (A) )



    (B) )


    Jürgen Trittin
    strom, die hinteren Waggons werden abgekoppelt, in der
    zweiten Klasse fällt die Heizung aus, im Bistrowaggon
    steigen die Preise, aber dafür werden in der ersten Klasse
    Gratiscocktails serviert. Das ist Schwarz-Gelb auf einen
    Satz gebracht.


    (Lebhafter Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der SPD und der LINKEN)