Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
EACH hat eine lange Geschichte. Diese Geschichte ist
och nicht zu Ende, aber wir haben eine wichtige Etappe
rreicht. Es hat jahrelange Verhandlungen gegeben, es
at Proteste der Industrie gegeben, der Umweltverbände,
er Tierschützer. Viele Studien wurden angefertigt, unter
nderem von Nordrhein-Westfalen. Jetzt haben wir einen
ehrheitsbeschluss des Rates und nun ist die zweite Le-
ung im Europäischen Parlament abzuwarten.
In diesem ganzen Verfahren wurde der ursprüngliche
ntwurf der Kommission mehrfach verändert: durch das
uropäische Parlament und auch durch den Rat. Das
iel – den Umgang mit 30 000 Altstoffen sicherer zu
achen – teilen wir alle. Umwelt-, Verbraucher-, Ge-
undheits- und Arbeitsschutz stehen dabei im Mittel-
unkt. Es ist schon gesagt worden: Besonders wichtig ist
er Ausschluss von kanzerogenen und erbgutverändern-
en Stoffen in verbrauchernahen Produkten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so viele Lobbyisten
ie im Zusammenhang mit dieser gesetzlichen Rege-
ung – auf allen politischen Ebenen – sind noch nie tätig
eworden. Aber – Frau Kotting-Uhl ist nicht mehr da –
ch finde, man kann an dieser Stelle nun wirklich nicht
on Erpressung reden. Ich glaube, sowohl Umweltver-
ände als auch die Industrielobby und die Gewerkschaf-
en haben legitime Interessen vertreten
nd es gehört zu einem demokratischen Prozess, dass
iese Interessen in einer ernsthaften Auseinandersetzung
orgetragen und Konflikte ausgetragen werden.
Mit dem Ergebnis, das auf dieser Etappe erreicht wor-
en ist, sind noch immer nicht alle zufrieden: Die Um-
eltschutz- und Verbraucherverbände hätten sich ande-
es und mehr gewünscht; die Wirtschaft und die
ndustrielobby sind auch nicht zufrieden. Das haben wir
erade aus dem Mund der Kollegen gehört. Es wird ge-
agt, die Kosten seien noch immer nicht tragbar. Es wird
orgetragen, dass kleine und mittlere Unternehmen, die
ft nur geringe Mengen herstellen, über Gebühr belastet
ürden. Auch wurde die Frage der internationalen Wett-
ewerbssituation aufgeworfen, wobei ich glaube, dass
as dadurch geregelt ist, dass auch die Importeure in das
erfahren mit einbezogen werden.
Ja, es ist richtig, dass der Verordnungsentwurf ur-
prünglich rigoroser war. In ihm waren mehr Tests und
ine größere Testtiefe vorgesehen, es wurden mehr Da-
en auch bei kleineren Produktionsmengen verlangt.
ber, Frau Bulling-Schröter, der jetzige Entwurf führt
icht dazu, dass die Umwelt- und Verbraucherschutzin-
eressen vernachlässigt werden und ein fortschrittliches
644 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2005
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Dr. Angelica Schwall-Düren
EU-Chemikalienrecht verhindert wird. Selbstverständ-
lich ging das Bestreben der Kommissarin, die den ur-
sprünglichen Entwurf eingebracht hat – sie kommt aus
einem Land, das keine bedeutende chemische Industrie
hat –, dahin, dass möglichst wenig Veränderungen an ih-
rem Entwurf vorgenommen werden.
Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass das
Ergebnis, das nun erreicht worden ist, sowohl die Wün-
sche aus den Chemiestandorten als auch die Forderung
nach mehr Umweltschutz erfüllt. In der Chemiepolitik
gibt es gegenüber der bisherigen Situation kein Roll-
back. Es wird verhindert, dass nicht registrierte Altstoffe
unkontrolliert weiter verwendet werden. Das ist ein rie-
sengroßer Fortschritt, vor allem in den Bereichen der
Massenprodukte und der verbrauchernahen Produkte.
Dennoch ist die Belastung für die Wirtschaft in Grenzen
geblieben.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch zwei Punkte
ansprechen:
Erstens. Herr Loske hat im Zusammenhang mit der
Frage der Innovationen Schwarz-Weiß-Malerei betrie-
ben. Ich bin davon überzeugt, dass diese Verordnung ei-
nen Innovationsschub bringen wird, weil gefährliche
und schädliche Stoffe ersetzt werden. Aber allein die
bessere Kenntnis von Stoffen kann dazu beitragen, dass
eine Produktoptimierung durchgeführt wird. Das alte
Stoffrecht dagegen hat genau diese Innovationen behin-
dert. Dass die Opposition Schwarz-Weiß-Malerei be-
treibt, kann ich nachvollziehen. Die Koalitionsfraktionen
dagegen müssen eine Balance finden und das Machbare
durchsetzen.
Zweitens – das ist mir als Europapolitikerin wichtig –:
Solche Regelungen hätten national keinerlei Sinn ge-
macht. In diesem Fall bringt die EU konkrete Fort-
schritte für die Menschen. Sie können in Zukunft mehr
darauf vertrauen, dass sich die Stoffe, die sich in Kosme-
tika befinden, nicht in ihren Körpern anreichern, dass in
Spielzeugen keine giftigen Substanzen sind, die heraus-
gelöst werden können, oder dass Lacke keine giftigen
Dämpfe absondern. Die Menschen können die EU in
diesem konkreten Fall positiv erfahren. Die Mitglied-
staaten haben gezeigt, dass sie in der Lage sind, sich zu
einigen. Das ist wichtig, gerade vor dem Hintergrund des
heute stattfindenden schwierigen Gipfels. Ich freue
mich, dass unser Umweltminister dazu beigetragen hat,
dass die britische Ratspräsidentschaft wenigstens diesen
Erfolg in der Tasche hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen
ein frohes Weihnachtsfest. Passen Sie auf, dass Sie sich
nicht an den Wunderkerzen verbrennen.