Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollegin-
nen und Kollegen! Herr Kollege Stadler, so blauäugig
können selbst Sie nicht sein, dass Sie meinen, nach der
„Spiegel“-Entscheidung gebe es keine Probleme mehr
zwischen journalistischer Tätigkeit auf der einen Seite
und den Strafverfolgungsbehörden auf der anderen Seite.
– Der Wert der Pressefreiheit ist nicht erst seither ge-
klärt; er war auch vorher schon geklärt. Deshalb haben
die Väter und Mütter des Grundgesetzes der Pressefrei-
heit in Art. 5 durch institutionelle Garantie auch einen
besonderen Stellenwert verschafft.
Es geht in dieser Debatte um den Antrag der Grünen-
fraktion „Überwachung von Journalisten durch den Bun-
desnachrichtendienst“. Ich habe nicht so richtig verstan-
den, warum er gerade zu diesem Zeitpunkt gestellt wird.
Das Parlamentarische Kontrollgremium ist einstim-
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Wir sind uns, weil es hier um das hohe Gut der Pres-
efreiheit geht, sicher alle einig, dass die Erkenntnisse
icht dem Parlamentarischen Kontrollgremium vorbe-
alten bleiben, sondern auch uns zur Verfügung gestellt
erden, soweit diese – da stimme ich mit dem Kollegen
tadler überein – nicht geheimhaltungsbedürftig sind.
ch gehe davon aus, dass der jetzige Innenminister, ge-
au wie der vorherige Innenminister, und sein Staatsse-
retär das nicht zu eng sehen werden, sondern bereit sein
erden, das, was notwendig ist, um Erkenntnisse zu ge-
innen – anhand deren wir dann beispielsweise auch
ber Ihre Vorschläge, inwieweit den Strafverfolgungsbe-
örden in einer gesetzlichen Vorschrift eine Grenze ge-
etzt werden sollte, genauer nachdenken könnten –, zu
rmöglichen.
Sie haben vorgeschlagen, dass wir Schlussfolgerun-
en in diesem Antrag jetzt positiv zur Kenntnis nehmen
ollen. Ich sehe diese Schlussfolgerungen nicht.
ir können den Beschluss zustimmend zur Kenntnis
ehmen, dass das Parlamentarische Kontrollgremium
ier eine weitere Aufklärung für erforderlich hält und die
rgebnisse dann dem Plenum vorträgt.
Wirklich wichtig ist – auch das ist vom Parlamenta-
ischen Kontrollgremium so zum Ausdruck gebracht
orden –, dass ausdrücklich gefordert wird, dass sofort
aßnahmen ergriffen werden, um Derartiges jedenfalls
ür die Zukunft auszuschließen.
Wir alle wissen ja noch nicht, wie lange diese Vor-
änge andauerten und auf welchen Wegen bzw. mit wel-
hen Mitteln solche Beobachtungen stattgefunden ha-
en. Deshalb denke ich, dass diese Forderung sicherlich
on uns übernommen werden kann. Aber hinsichtlich
er anderen Forderungen sollten wir abwarten, bis das
arlamentarische Kontrollgremium eine entsprechende
ufklärung gegeben hat.
Diese Auseinandersetzung gibt Gelegenheit, noch
inmal grundsätzlich zum Wert der Pressefreiheit Stel-
ung zu nehmen. Kollege Stadler hat darauf hingewie-
en, dass die Pressefreiheit für jede moderne Demokratie
onstitutiv und unentbehrlich ist. Für die freie Mei-
ungsbildung ist unabdingbar, dass Informationen ge-
onnen und zur Verfügung gestellt werden können.
624 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2005
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Klaus Uwe Benneter
Diese Meinungsbildung ist die Grundlage für die politi-
sche Auseinandersetzung. All dies ist grundlegend für
demokratische Werte schlechthin. Ich denke, dem Staat
ist es grundsätzlich immer verwehrt, unmittelbar bei der
Presse einzugreifen. Deshalb gibt es ein Zensurverbot
und deshalb ist es wichtig, dass sich der Staat in diesem
Bereich sehr zurückhalten muss.
Es sind Beispiele angesprochen worden, die offen-
sichtlich zeigen, dass der Staat versucht, mittelbar auf
Presseorgane Einfluss zu nehmen, indem einschüchternd
auf Journalisten eingewirkt werden soll. Zumindest soll
es den Journalisten erschwert werden, die Informations-
beschaffung so frei zu handhaben, wie es für eine freie
Presse notwendig ist.
Zur verfassungsrechtlich verbürgten Pressefreiheit
gehört der Schutz der Informationsbeschaffung, auch
der Schutz der Vertraulichkeit der gesamten Redaktions-
arbeit. Das Verhältnis zwischen Journalisten und den In-
formanten muss von jeglicher staatlichen Gewalt grund-
sätzlich respektiert werden. Denn die Presse kann nicht
auf private Mitteilungen verzichten.
Herr Ströbele, Sie übertreiben natürlich ein wenig,
wenn Sie davon sprechen, dass sich nun alle Menschen
an Sie wenden, weil sie Angst haben, sie würden unter
Beobachtung stehen,
und dass sie sich mit Ihnen nur noch in diesem Hause
treffen wollen. Der Punkt ist, dass hier wahrscheinlich
ein seriöseres Ambiente gegeben ist als in Ihrem Wahl-
kreisbüro.
– Ich wusste, dass Sie das sagen.
Jedenfalls muss uns klar sein, dass sich die Informa-
tionsquelle, die auf privaten Mitteilungen beruht, auf die
Wahrung dieser Vertraulichkeit in unserem Staate ver-
lassen können muss. Auch das gehört zum Grundrecht
der Pressefreiheit. Eine Voraussetzung für die Pressefrei-
heit ist nämlich, gründliche Recherchen durchzuführen
und eine entsprechende Informationsbeschaffung vor-
nehmen zu können. Diese Rechte sind konstitutiv für die
Demokratie.
Wir alle wissen aber, dass die Pressefreiheit keinen
absoluten Vorrang gegenüber anderen sehr wichtigen
Grundrechten genießt. Auch die Strafverfolgung und ein
geordnetes rechtsstaatliches Verfahren sind ein hohes
Gut. Ein hohes Maß an Gerechtigkeit erfordert eben,
dass wir beispielsweise geordnete Strafverfahren durch-
führen können, damit der Wahrheit letztendlich zum
Durchbruch verholfen werden kann. Insofern können
Grundrechte in Konkurrenz zueinander treten.
Es geht hier nicht um irgendwelche Privilegien von
einzelnen Journalisten, sondern es geht hier grundsätz-
lich darum, sicherzustellen, dass die Presse ihre Aufga-
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ondern offensichtlich in Wahrnehmung eigener Rechte
ehandelt hat. Das sollte uns schon zu denken geben.
ies alles sollten wir uns bei der Beratung dieses Antra-
es in den zuständigen Ausschüssen im Einzelnen vor
ugen führen und daraus gegebenenfalls die notwendi-
en Schlussfolgerungen ziehen.
Auch ich wünsche Ihnen allen geruhsame Tage.