Rede von
Christine
Lambrecht
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Ich bin versucht, zu sagen:
Alle Jahre wieder – tatsächlich ist es nur jede Legislatur-
periode – kommt der FDP-Antrag zu diesem Thema. Er
begleitet zumindest mich in den drei Legislaturperioden,
in denen ich diesem Hause angehöre. Ich kann aber dem
Vorschlag, eine Kommission einzuberufen, noch immer
nichts abgewinnen.
Ich habe noch immer meine Probleme – ich denke, diese
teilen sehr viele Kollegen mit mir – damit. Ich möchte
Ihnen gerne darlegen, warum.
Ich habe ein Problem damit, dass eine Kommission
– egal wie sie besetzt ist – in irgendeinem Hinterzimmer
darüber berät, welche Entschädigung für die Tätigkeit
eines Abgeordneten angemessen ist; denn ich glaube,
dass die Beratungen einer solchen Kommission nicht öf-
fentlich sein werden. Genau das wird nicht zu mehr, son-
dern zu weniger Transparenz führen.
Wenn wir hier darüber debattieren, ob es eine Diäten-
erhöhung geben soll oder nicht, wie es in den letzten
Jahren häufig der Fall war – das wird auch in den kom-
menden Jahren so sein –, dann geschieht das öffentlich.
In unseren Debatten wird das Für und Wider abgewogen.
Jeder kann teilnehmen, zuhören, nachvollziehen und
sich eine Meinung bilden. Wenn aber eine Kommission
hinter verschlossenen Türen tagt, dann ist das nicht mög-
lich. Das ist einer der Gründe, warum ich diese Lösung
ablehne.
Ein weiterer Grund, warum ich der Meinung bin, dass
eine solche Lösung nicht sinnvoll ist, ist die mangelnde
Unabhängigkeit einer solchen Kommission. Es sind
Verbände genannt worden, die zwar immer den An-
schein erwecken, unabhängig zu sein. Aber ich glaube,
dass wir alle in der Realität leben und wissen, dass Ver-
bände ihre Interessen vertreten. Dafür sind sie da.
Schließlich sind sie Interessenvertretungen.
K
l
d
i
c
F
H
m
z
b
t
A
w
u
h
v
s
i
K
v
n
P
d
a
s
h
s
k
n
s
s
W
E
w
l
t
E
d
b
ü
e
ü
t
l
z
V
t
v
t
s
Darüber hinaus wird eine solche Kommission Kosten
erursachen; das ist doch klar. Diese werden sicherlich
icht dramatisch hoch sein; das gebe ich zu. Aber dieser
unkt ist nicht von der Hand zu weisen. Zudem bin ich
er Meinung, dass die Kommissionen, die es bisher in
nderen politischen Bereichen gab, entgegen der ur-
prünglichen Meinung nicht zu mehr Akzeptanz geführt
aben, weil irgendwer irgendwo etwas beraten und ent-
chieden hat, was man dann nicht nachvollziehen
onnte. Das ist das beste Beispiel dafür, dass dies in ei-
em solch sensiblen Bereich nicht der beste Weg ist.
Ich appelliere an Sie: Lassen Sie uns selbstkritisch
ein! Das waren wir in den letzten Jahren bereits; denn
onst wäre es nicht zu so vielen Einschnitten gekommen.
ir haben uns sehr wohl in die eigene Tasche gelangt.
s ist nicht so, dass hier ständig draufgepackt worden
äre. Ich habe als Abgeordnete mehrere Nullrunden er-
ebt. Das wird wohl auch in Zukunft so sein. Das ist rich-
ig; denn wir muten auch den Bürgerinnen und Bürgern
inschnitte zu. Wir haben also die Änderungen, die bei
en Bürgerinnen und Bürgern für Einschnitte gesorgt ha-
en – Herr Beck hat das schon erwähnt –, auf uns selbst
bertragen. Darüber muss ich nicht diskutieren. Das ist
ine Selbstverständlichkeit.
Lassen Sie uns selbstkritisch, aber auch selbstbewusst
ber diese Angelegenheit hier diskutieren und hier bera-
en. Hier haben wir den Sachverstand und die Öffent-
ichkeit, die das bewerten kann. Dann kommen wir auch
u akzeptablen Ergebnissen. Deswegen sage ich: Keine
erlagerung in Hinterzimmer auf irgendwelche Vertre-
er. Das ist vielmehr Angelegenheit des Parlaments. Herr
an Essen, das ist keine verfassungsrechtliche oder juris-
ische Einschätzung, sondern das ist eine politische Ein-
chätzung, die ich hier abgebe.
590 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Dezember 2005
)
)
Christine Lambrecht
Es wird im Januar ein Gespräch der Fraktionsvorsit-
zenden geben, in dem sie sich über diese Fragen austau-
schen. Ich begrüße das ausdrücklich. Ich gehe davon
aus, dass die Vorschläge nicht in Richtung einer Kom-
mission gehen werden, sondern dass man andere Wege
einschlägt. Ich persönlich – da rede ich aber nur für mich
und nicht für die SPD-Fraktion – kann mir durchaus vor-
stellen, die Diäten an die Entwicklung der Gehälter be-
stimmter Berufsgruppen im öffentlichen Dienst zu kop-
peln. Aber das ist alles offen. Darüber muss man ohne
Scheuklappen miteinander diskutieren.
Was die Altersversorgung betrifft, ist es wirklich
angebracht, sich vielleicht einmal das Düsseldorfer Mo-
dell genau anzuschauen und zu prüfen, ob das ein gang-
barer Weg ist.
Ich kann es momentan noch nicht einschätzen. Wir soll-
ten aber auch diese Entscheidung selbst treffen und sie
nicht an irgendjemanden delegieren. Diesen Mut sollten
wir haben. Dazu kann ich Sie alle nur auffordern.
Vielen Dank.