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ID1600601800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/6 die Statistik zur Informationsgesellschaft (Informationsgesellschaftsstatistikgesetz – InfoGesStatG) (Drucksache 16/40) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regierungs- erklärung der Bundeskanzlerin . . . . . . . . . in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung Kornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Elke Reinke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . 312 D 313 A 323 B 324 D 326 C 330 A 332 A 334 B 335 D 337 C 339 B 341 A Deutscher B Stenografisch 6. Sitzu Berlin, Freitag, den 2 I n h a l Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Zur Geschäftsordnung Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Maurer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über i Z A K t l N z ( F D I 309 B 309 B 310 C 311 B 311 D 312 A des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Drucksache 16/109) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 A undestag er Bericht ng . Dezember 2005 t : n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 8 ntrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, atja Kipping, Kornelia Möller und der Frak- ion DIE LINKE: Angleichung des Arbeits- osengeldes II in den neuen Ländern an das iveau in den alten Ländern rückwirkend um 1. Januar 2005 Drucksache 16/120) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ranz Müntefering, Bundesminister BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lse Falk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 B 313 B 315 C 318 B 320 A Walter Kolbow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . 342 D 344 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2005 Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Siebert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 346 C 348 A 349 D 351 D 353 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2005 309 (A) ) (B) ) 6. Sitzu Berlin, Freitag, den 2 Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2005 353 (A) (C) (B) ) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten * Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2005 Barthle, Norbert CDU/CSU 02.12.2005 Beckmeyer, Uwe SPD 02.12.2005 Bender, Birgitt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2005 Binninger, Clemens CDU/CSU 02.12.2005 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 02.12.2005 Bollen, Clemens SPD 02.12.2005 Bonde, Alexander BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2005 Brüderle, Rainer FDP 02.12.2005 Bülow, Marco SPD 02.12.2005 Burgbacher, Ernst FDP 02.12.2005 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2005 Ernst, Klaus DIE LINKE 02.12.2005 Ernstberger, Petra SPD 02.12.2005 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2005 Freitag, Dagmar SPD 02.12.2005 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 02.12.2005 Gabriel, Sigmar SPD 02.12.2005 Ibrügger, Lothar SPD 02.12.2005 Kipping, Katja DIE LINKE 02.12.2005 Kossendey, Thomas CDU/CSU 02.12.2005 Kotting-Uhl, Sylvia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2005 K L L L N P D D D S D S D D W D W D Z A (D für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates uhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2005 afontaine, Oskar DIE LINKE 02.12.2005 eutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 02.12.2005 öning, Markus FDP 02.12.2005 eumann (Bremen), Bernd CDU/CSU 02.12.2005 ries, Christoph SPD 02.12.2005 r. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 02.12.2005 r. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 02.12.2005 r. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.12.2005 chily, Otto SPD 02.12.2005 r. Schmidt, Frank SPD 02.12.2005 chmidt (Nürnberg), Renate SPD 02.12.2005 r. Schwanholz, Martin SPD 02.12.2005 r. Volkmer, Marlies SPD 02.12.2005 ächter, Gerhard CDU/CSU 02.12.2005 r. Wiefelspütz, Dieter SPD 02.12.2005 issmann, Matthias CDU/CSU 02.12.2005 r. Wodarg, Wolfgang SPD 02.12.2005* ypries, Brigitte SPD 02.12.2005 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 6. Sitzung Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2005 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Dirk Niebel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Die Frau Bundeskanzlerin hat in ihrer Regie-
    rungserklärung mehrfach darauf hingewiesen, dass wir
    in Deutschland mehr Freiheit wagen müssen. Ich unter-
    stütze sie darin ausdrücklich. Denn in einer arbeitsteili-
    gen Gesellschaft wie der unsrigen stellt Massenarbeitslo-
    sigkeit die stärkste Form der Freiheitsberaubung dar, die
    man einem Menschen zumuten kann. In einer arbeitstei-
    ligen Gesellschaft wie der unsrigen kommen viele so-
    ziale Kontakte durch das Arbeitsverhältnis zustande. Es
    ermöglicht, sich selbst zu definieren und Einkommen zu
    erzielen, um sich Wünsche zu erfüllen. Deswegen war
    die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit im jüngsten
    Wahlkampf das Hauptthema aller Parteien.

    Wenn man allerdings eben der Rede des Kollegen
    Müntefering zugehört hat, dann könnte man fast meinen,
    dass die Performance in der Arbeitsmarktpolitik unter

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    (C (D er Regierung seiner Partei so hervorragend gewesen äre, dass es gar keine Neuwahlen hätte geben müssen. eim Blick in die Koalitionsvereinbarung stelle ich aber est, dass der Mut zu mehr Freiheit nicht über die Anündigungen der Bundeskanzlerin in ihrer Regierungsrklärung hinausgeht. Freiheit wagen bedeutet, den Menschen die Möglicheit zu geben, ihren Lebensunterhalt durch eigener ände Arbeit zu erwirtschaften. Die FDP ist deswegen ie Partei der sozialen Verantwortung, weil wir die Rahenbedingungen dafür schaffen wollen, dass die Men chen ihren Lebensunterhalt wieder selbst erwirtschaften önnen. afür hätte es tatsächlich eines Politikwechsels bedurft, ie wir, Frau Kollegin Merkel, es noch im September ieses Jahres gemeinsam vereinbart haben. Wir müssen ber feststellen, dass sich im Bereich der Arbeitsmarktolitik über einen Personalwechsel hinaus in Deutschand nicht viel geändert hat. Wir müssen sogar feststelen, dass manche Maßnahmen eher kontraproduktiv irken, was die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit ngeht. Nehmen Sie zum Beispiel die Mehrwertsteuererhöung. Ich will nicht darauf hinaus, dass es ein bemerenswerter Kompromiss ist, dass man sich, wenn der ine die Steuer gar nicht und der andere sie um wei Prozentpunkte erhöhen will, bei drei Prozentpunken trifft. Es geht mir vielmehr um die Frage, was diese teuererhöhung arbeitsmarktpolitisch bewirkt. Gerade m Bereich der personalintensiven Dienstleistungen – in andwerk, im Handel und in der Gastronomie – wird ich angesichts der Kaufzurückhaltung, die im Bewusstein dessen zu erwarten ist, was noch alles auf die Menchen zukommen wird, die mit einer Mehrwertsteuerrhöhung verbundene Belastung nicht in den Preisen iederschlagen können. Das bedeutet in der Konseuenz, dass die Schattenwirtschaft bzw. die Schwarzrbeit stärker boomen wird, als es in der Vergangenheit er Fall war. Im vergangenen Jahr hatte die Schwarzarbeit ein gechätztes Volumen von ungefähr 375 Milliarden Euro. enn Sie das durch die Durchschnittslöhne dividieren, ann kommen Sie auf ungefähr 5 Millionen Vollzeitrbeitsplätze. Das sollte uns zu denken geben. Ich bin der festen Überzeugung, dass auch andere aßnahmen eher beruhigende Wirkung auf Parteitagen ntfalten sollten, als dass sie tatsächlich Änderungen am rbeitsmarkt herbeiführen. Nehmen Sie zum Beispiel uf der einen Seite die Verlängerung der Probezeit daurch, dass der Kündigungsschutz erst nach zwei Jahren intritt. Auf der anderen Seite haben Sie die Möglichkeit er sachgrundlosen Befristung auf zwei Jahre gestrihen. Das nennt man gewöhnlich ein Nullsummenspiel. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2005 319 Dirk Niebel (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es ist weniger als das! Es ist eine Verschlechterung!)


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)


    (Beifall bei der FDP)


    (Beifall bei der FDP)


    (Beifall bei der FDP)


    (A) )


    (B) )


    Es hat sich letztlich nichts verändert. Die Union tut so,
    als hätte sie etwas erreicht. Die SPD macht mit, weil es
    ihr nicht wehtut. Das Einzige, was dadurch bewirkt wird,
    ist mehr Bürokratie für die Betriebe und Belegschaften
    und weniger Sicherheit für die Beschäftigten.


    (Beifall bei der FDP)


    Notwendig wären betriebliche Bündnisse für
    Arbeit. Ich weiß, es tut Ihnen allen weh, aber die Union
    hat diesen wesentlichen Punkt bereits im Vorfeld – quasi
    als Eintrittsgeld für die Koalitionsverhandlungen – auf-
    gegeben. Das war ein großer Fehler. Denn worum geht
    es hierbei? Es geht darum, dass die Menschen in den Be-
    trieben, die schließlich keine unmündigen Kinder, son-
    dern erwachsen sind, die Möglichkeit bekommen sollen,
    ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen, da-
    mit sie unabhängig von dem, was Kollektive in fernen
    Verbandszentralen auf Arbeitgeberseite oder Gewerk-
    schaftszentralen auf Arbeitnehmerseite für richtig hal-
    ten, selbst Entscheidungen treffen können, wenn sie die
    Situation in ihrem Betrieb anders beurteilen als die
    Funktionäre. Diese Chance auf mehr Mündigkeit und so-
    mit mehr Freiheit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
    mer, aber auch für Unternehmensleitungen haben Sie in
    Ihrer Koalitionsvereinbarung in keiner Weise skizziert.


    (Beifall bei der FDP)


    Die Trennung zwischen Bundeswirtschaftsministe-
    rium und Arbeitsministerium ist falsch. Man kann Wirt-
    schaft und Arbeit nicht voneinander trennen. Beides
    hängt fundamental zusammen. Aufgrund der Trennung
    muss man befürchten, dass die alten Grabenkämpfe aus
    der vergangenen Legislaturperiode, die vor 2002 zwi-
    schen einem liberal-konservativen Wirtschaftsministe-
    rium und einem gewerkschaftsgesteuerten Sozialminis-
    terium stattfanden, wieder aufbrechen. Das führt im
    Ergebnis dazu, dass in Deutschland Arbeit teurer wird,
    Beschäftigung abgebaut und mehr Bürokratie entstehen
    wird. In einem Bereich haben Sie tatsächlich mehr Ar-
    beitsplätze geschaffen, und zwar in der Bundesregie-
    rung, indem Sie den Regierungsapparat auf 70 Mitglie-
    der aufgebläht haben.


    (Beifall bei der FDP – Anette Kramme [SPD]: Oh, schlapp!)


    Wir müssen es schaffen, einen höheren Beschäfti-
    gungsanteil bei Älteren und Frauen zu erzielen. Andere
    Volkswirtschaften, in denen die Erwerbstätigenquote
    bei Älteren und Frauen höher ist als bei uns, haben eine
    niedrigere Arbeitslosigkeit. Es gibt Wissenschaftler, die
    Ihnen belegen können, dass das eine mit dem anderen
    zusammenhängt. Das heißt, dass wir besser werden müs-
    sen. Wenn Sie aber – Sie haben heute einen entsprechen-
    den Gesetzentwurf vorgelegt – die 58er-Regelung, wo-
    nach man ab dem 58. Lebensjahr Leistungen beziehen
    kann, ohne wieder arbeiten zu müssen, verlängern, dann
    verlängern Sie auch die Möglichkeit der Frühverrentung
    und unterstützen damit den Jugendwahn, der in Deutsch-
    land vorherrscht. Lassen Sie mich als baden-württem-

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    (C (D ergischer Bundestagsabgeordneter ganz klar sagen: enn mein Landesvater, Herr Oettinger von der CDU, ffentlich verkündet, die Leistungsfähigkeit nehme ab em 40. Lebensjahr so abrupt ab, dass man dann die öhne senken müsse, dann ist dies das beste Beispiel für en Jugendwahn. (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE])


    Wir müssen tatsächlich die so genannten Senioritäts-
    rinzipien überprüfen, die dazu führen, dass ältere Ar-
    eitslose keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben.
    Immer älter, immer teurer“ heißt es im Moment. Das ist
    alsch. Aber das darf in der Konsequenz nicht bedeuten,
    b dem 40. Lebensjahr die Löhne zu senken, sondern
    uss dazu führen, dass wir die entsprechenden Regelun-

    en überprüfen und zu einer produktivitätsorientierten
    ezahlung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
    ommen. Es kann dann sein, dass ein Vater in der Phase
    er Familiengründung, weil er ranklotzt, einmal mehr
    erdient und dass ein älterer Arbeitnehmer, weil er es ein
    isschen ruhiger angehen lassen will, einmal weniger
    erdient. Aber die Pauschalität der eben von mir zitier-
    en Aussage ist schlichtweg verheerend und führt dazu,
    ass die Notwendigkeit, älteren Menschen mit ihren
    ompetenzen und Qualifikationen eine Chance zum
    instieg in den Arbeitsmarkt zu geben, in Deutschland
    och weiter an den Rand gedrängt wird. Das ist eine völ-
    ig falsche Politik.


    (Beifall bei der FDP)


    Wir sind als Freie Demokraten der festen Überzeu-
    ung, dass wir eine wachstumsorientierte Wirtschafts-
    olitik benötigen, um die Massenarbeitslosigkeit wirk-
    am zu bekämpfen. Die Koalitionsvereinbarung von
    chwarz-Rot bietet aber hierfür keine Blaupause, weil
    ie hinter den notwendigen Schritten zurückbleibt, weil
    ie kleingeistig, feige


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mutlos!)


    richtig – und mutlos ist und weil sie zu kurz greift. Mit
    hr wird im Endeffekt das fortgesetzt, was wir unter Rot-
    rün sieben Jahre leidvoll erfahren mussten. Ich bin sehr

    raurig darüber, dass die Koalition nunmehr aus einer
    ozialdemokratischen Partei und einer zunehmend so-
    ialdemokratisierten Partei besteht. Diese werden den
    rbeitsmarkt nicht deregulieren können. Das ist schade

    ür Deutschland. Ich möchte aber ankündigen: Alles,
    as wir unterstützen können, werden wir unterstützen.

    Zum Schluss das Positive: Ich unterstütze ausdrück-
    ich, dass in Zukunft der private Arbeitgeber-„Haus-
    alt“ im Vergleich zu anderen Arbeitgebern nicht länger
    iskriminiert werden soll; denn bei 4,5 Millionen regis-
    rierten Arbeitslosen muss Ihnen allen, die Sie das stän-
    ig als Dienstmädchenprivileg diskriminiert haben,
    chlichtweg egal sein, wo Arbeitsplätze geschaffen wer-
    en, ob im Handwerk, im Haushalt oder in der Industrie.
    ir brauchen Arbeitsplätze. Dafür brauchen wir entspre-

    hende Rahmenbedingungen. Um Arbeitsplätze zu

    320 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2005


    (A) )



    (B) )


    Dirk Niebel
    schaffen, braucht man Aufträge. Aber dazu haben Sie
    noch keinen Vorschlag gemacht.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der FDP)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Ich erteile das Wort der Kollegin Ilse Falk für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ilse Falk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

    dieser Woche wurde bei der Verleihung des Deutschen
    Sozialpreises 2005 durch die Bundesarbeitsgemeinschaft
    der Freien Wohlfahrtspflege unter anderem der Journa-
    list Walter Wüllenweber für seine Reportage „Das wahre
    Elend“ ausgezeichnet, die er vor einem Jahr veröffent-
    licht hat. Walter Wüllenweber beschreibt in dieser Re-
    portage mit schonungsloser Klarheit seine Wahrneh-
    mung des Alltags so genannter Unterschichten, also
    derjenigen, die am häufigsten Zielgruppe staatlicher So-
    zialpolitik sind. Er hinterfragt Armut, Arbeitslosigkeit,
    Bildungs- und Ausbildungsarmut sowie Armut als Ursa-
    che von Krankheit. Er nimmt die desolate Situation von
    Menschen am Rande unserer Gesellschaft in den Fokus
    und fragt danach, ob das viele Geld, das wir hier ausge-
    ben, wirklich sinnvoll angelegt ist.

    Er kommt in seiner Reportage, die ich Ihnen dringend
    zur Lektüre empfehle, zu dem Schluss, dass das Schick-
    sal der Menschen in der Unterschicht Deutschlands
    keine Frage von Mitleid und Barmherzigkeit ist, sondern
    – ich zitiere –:

    Es ist eine Überlebensfrage für die gesamte Gesell-
    schaft. Keine Volkswirtschaft kann es sich auf
    Dauer leisten, mehr als zehn Prozent durchzufüt-
    tern. Die kulturelle Spaltung lässt sich nicht mit den
    Mitteln des Sozialstaates überwinden, nicht mit Al-
    mosen, nicht mit Sozialhilfe, nicht mit Geld. Die
    Unterschicht braucht echte Investitionen in ihre Zu-
    kunft, Investitionen in die Köpfe der Menschen,
    nicht in den Bauch. Bildungsausgaben zahlen sich
    bereits in wenigen Jahren aus – nachweislich. Aus
    guten Schülern werden bald gute Steuerzahler. Ein
    besseres Investment können Staaten nicht tätigen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Soweit das Zitat aus der Berichterstattung über „Das
    wahre Elend“, ein Zitat, das sicherlich herausfordert.

    Bei seiner Vorstellung wurde Walter Wüllenweber ge-
    fragt, ob er keine Angst habe, Beifall von der falschen
    Seite zu bekommen, nämlich von denen, die seinen Bei-
    trag sofort als Alibi zum Streichen von Leistungen miss-
    brauchen würden. Dabei wurde sicherlich an die Politi-
    ker gedacht. Ich kann die Fragerin beruhigen. Nicht weil
    ich Leistungen für Menschen, die ganz eindeutig unsere
    Hilfe benötigen, einschränken will, habe ich diese ein-
    drückliche Erfahrung an den Anfang meiner Rede ge-
    stellt, sondern weil ich glaube, dass die unvoreingenom-

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    (C (D ene Wahrnehmung der Realität in diesem Beitrag orbild für unser Handeln in der Arbeitsund Sozialolitik sein muss. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Brandner [SPD])


    Ich denke, wir alle haben in der Vergangenheit viel zu
    ft und viel zu schnell nach dem vermeintlich einfache-
    en Mittel der Problemlösung gegriffen, nämlich Heilen
    urch Geld. Vielleicht hat es also auch sein Gutes, dass
    nzwischen unsere Kassen so grauenvoll leer sind, dass
    ir gezwungen sind, die Sinnhaftigkeit aller Leistungen

    uf den Prüfstand zu stellen, um die knappen Mittel so
    ielgenau wie möglich einzusetzen. Da sollte man auch
    or ungewöhnlichen Wegen nicht zurückschrecken und
    mmer wieder einmal neue Gedanken einfließen lassen.

    Ich will nur ein kleines Beispiel nennen. Wir tun viel
    ur Eingliederung Langzeitarbeitsloser. Wir haben
    inarbeitungsmaßnahmen, wir haben Training on the
    ob und Ähnliches. Wir erfahren wegen der Forderung in
    nserem Programm, die Zahl der Saisonarbeitskräfte aus
    em Ausland um ein Viertel zu reduzieren, großen Wi-
    erstand. Wir sollten vielleicht einfach einmal darüber
    achdenken, ob diese Trainingsmaßnahmen nicht auch
    en Körper betreffen sollten und nicht nur den Kopf und
    b wir nicht vielleicht einen Monat lang den Arbeits-
    osen Fitnessangebote machen sollten, damit sie dann,
    enn sie eingesetzt werden, tatsächlich die von ihnen er-
    artete Arbeit leisten können.

    Arbeits- und Sozialpolitik hat zwei Facetten, einer-
    eits Prävention: Wie können wir verhindern, dass Men-
    chen bereits mit ihrer Geburt nahezu chancenlos sind?
    elche Hilfen sind zielführend, wenn es darum geht, so

    enannte Sozialhilfekarrieren zu durchbrechen? Ande-
    erseits geht es um Hilfe in aktuellen Lebenssituationen:

    as ist zu tun, wenn Menschen, aus welchen Gründen
    uch immer, nicht allein für sich sorgen können, sondern
    ie Hilfe der Solidargemeinschaft brauchen? Welche
    ysteme können vorbeugend organisiert werden und was
    ann der Staat als Akuthilfe anbieten?

    Keine Sorge, ich will jetzt nicht den Sozialstaat neu
    efinieren, aber doch dafür werben, die Zusammenhänge
    ieder deutlicher in den Blick zu nehmen. Der gemein-

    am beschlossene Koalitionsvertrag bietet, wie ich finde,
    ller ihm vorgeworfenen Unvollkommenheit zum Trotz
    ierfür eine gute und handfeste Grundlage. Ausgehend
    on den notwendigen Rahmenbedingungen für eine
    irtschaft, von der wir mit Recht erwarten, dass sie ih-

    er Verantwortung für die Menschen gerecht wird, für
    in Bildungssystem, das seine Absolventen mit solider
    ildung und lebenstüchtig entlässt, bis hin zu den not-
    endigen Maßnahmen in besonderen Lebens- und Not-

    ituationen finden wir in den Kapiteln „Mehr Chancen
    ür Innovation und Arbeit, Wohlstand und Teilhabe“ so-
    ie „Familienfreundliche Gesellschaft“ eine Fülle von
    uten Vorhaben.

    Die Fachbereiche Wirtschaft, Bildung und Familie,
    enioren, Frauen und Jugend, die die wesentlichen Trä-
    er von Prävention sind, wurden bereits im Rahmen der
    eneralaussprache diskutiert. So lassen Sie mich zu dem

    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2005 321


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    Ilse Falk
    Kapitel, das sich mit dem Arbeitsmarkt und Impulsen für
    mehr Beschäftigung befasst, einige Ausführungen ma-
    chen.

    Da geht es beispielsweise um „Vorfahrt für junge
    Menschen“ – ich zitiere –:

    Wir brauchen gut ausgebildete, hoch motivierte,
    kreative junge Menschen, damit wir unser Land
    auch im 21. Jahrhundert erfolgreich gestalten kön-
    nen.

    Weiter heißt es:

    Unser Ziel ist es, die Ausbildungs- und Beschäfti-
    gungschancen von Jugendlichen deutlich zu verbes-
    sern und die Jugendarbeitslosigkeit nachhaltig zu
    senken.

    Dazu sind gemeinsame Anstrengungen aller nötig.

    Auch wenn man die Worte „Bündnis“ oder „Pakt“ all-
    mählich nicht mehr hören kann, so treffen sie doch den
    Kern der Sache: alle mit der entsprechenden Fachkom-
    petenz an einen Tisch zu bringen. Es gilt daher, Bünd-
    nisse in den Bereichen Bildung, Ausbildung, Förderung
    und Aktivierung hilfebedürftiger Menschen zu schlie-
    ßen.

    Eine weitere Zielgruppe sind für uns die älteren Ar-
    beitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der Herr Minis-
    ter hat dazu eben schon vieles gesagt. Es geht nicht nur
    darum, dass ältere Menschen in der Regel gern noch ar-
    beiten möchten und dass Arbeit für die allermeisten Le-
    bensqualität und Lebenswert bedeutet, sondern es geht
    auch um ganz handfeste ökonomische Gesichtspunkte:
    Menschen, die nicht mehr arbeiten dürfen, brauchen
    Leistungen und erbringen selbst keine.

    Ich möchte nur noch auf einen Teil dessen eingehen,
    was ich zu diesem Thema eigentlich sagen wollte. Kürz-
    lich habe ich aus der Wirtschaft Klagen gehört, dass wir
    einen großen Mangel an Ingenieuren haben. Angeblich
    werden wir in Zukunft ein Defizit von 30 000 Ingenieu-
    ren haben. Angesichts dessen können wir es uns nicht
    leisten, auf 22 000 arbeitslose Ingenieure zu verzichten,
    bloß weil sie älter als 50 Jahre sind.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Viele Arbeitgeber glauben offensichtlich, dass ein Be-
    werber über 50 Jahre weder fähig noch in der Lage ist,
    die Anforderungen, die mit einer Ingenieurtätigkeit
    heute verbunden sind, zu erfüllen. Das kann man doch
    nicht einfach so hinnehmen; vielmehr muss man da ge-
    gensteuern.

    Viel zu lange wurde darüber hinaus geglaubt, dass wir
    Menschen über 50 Jahre aus dem Erwerbsleben ausglie-
    dern müssen, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das
    war ein bedauerlicher Irrtum.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die Kosten dieser Maßnahmen lasten noch immer
    schwer auf unseren Sozialsystemen.

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    (C (D Da mit dem früheren Renteneintritt – dank der läneren Lebenserwartung – auch ein deutlich längerer entenbezug einhergeht, leidet die Rentenversicherung atürlich ganz besonders: Nicht nur die Ausgaben sind norm gestiegen; vielmehr gehen auch die Einnahmen ufgrund der wegbrechenden sozialversicherungspflichigen Beschäftigungsverhältnisse dramatisch zurück. Genau aus diesem Grunde will die große Koalition ier einen Weg beschreiten, der in der Bevölkerung siherlich keine Begeisterungsstürme auslösen wird, aber ennoch unvermeidbar ist. Die gesetzliche Rentenvericherung befindet sich jetzt in einer bisher nicht geannten finanziellen Schieflage. Seit Monaten kann die ahlung der Renten nur noch durch ein Vorziehen der undeszuschüsse sichergestellt werden. In diesem Moat ist zum ersten Mal in der Geschichte der Rentenvericherung sogar ein Darlehen des Bundes zur Sicherung er Liquidität erforderlich. (Dirk Niebel [FDP]: Und was machen Sie jetzt dagegen, damit das nicht mehr passiert?)


    Wenn wir wollen, dass die gesetzliche Rentenver-
    icherung dennoch eine verlässliche Säule der Alters-
    icherung bleibt – das wollen wir –, dann müssen wir
    andeln. Dazu haben wir einige Beschlüsse gefasst, die
    ier noch im Einzelnen zu diskutieren sind. Die Umset-
    ung dieser Beschlüsse wird sicherlich keine vergnü-
    ungssteuerpflichtige Veranstaltung. Aber es geht nun
    inmal nicht anders, solange sich die Situation auf dem
    rbeitsmarkt nicht verbessert hat. Dort für eine Verbes-

    erung zu sorgen ist der Dreh- und Angelpunkt unseres
    andelns.


    (Dirk Niebel [FDP]: Deswegen braucht man die richtigen Rahmenbedingungen! Eine gute Lektüre wäre das Papier vom Wechselgipfel! Da steht das nämlich drin!)


    Was wir den Arbeitnehmern zumuten, nämlich die
    ahlung höherer Rentenbeiträge und eine längere Le-
    ensarbeitszeit, wird ebenfalls nicht nur auf Begeiste-
    ung stoßen. Die Rentenversicherungsbeiträge müssen
    ir so schnell wie möglich wieder senken. Ich kann al-

    erdings nicht verstehen, dass es so viel Widerstand ge-
    en eine längere Lebensarbeitszeit gibt. Angesichts der
    eistungsfähigkeit der Menschen kann man das gut ver-
    ntworten. Ich verweise darauf, dass es im Koalitions-
    ertrag die Klausel gibt, dass wir die Anhebung der Al-
    ersgrenze nur dann einführen wollen, wenn ältere

    enschen auch Arbeit auf dem Arbeitsmarkt finden.
    as ist ein Zusammenhang, der ganz notwendigerweise
    esehen werden muss.

    Obwohl schon einiges zum Thema Kombilohn ge-
    agt wurde, will ich aus meiner Sicht noch hinzufügen,
    as ich für unbedingt notwendig halte. Der Kombilohn

    st für uns ein Instrument, mit dem man sicherlich viel-
    ach Anreize für Beschäftigung schaffen kann, also Un-
    ernehmen dazu bewegen kann, Menschen zu beschäfti-
    en, die nicht die volle Leistung bringen können. Wir
    einen damit nicht dauerhafte Subventionen für Unter-

    ehmen und wollen auch nicht noch ein zusätzliches Ar-
    eitsmarktinstrument, sondern wir wollen bestehende

    322 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2005


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    Ilse Falk
    Programme und Maßnahmen zur Lohnergänzung bün-
    deln und daraus einen erfolgreichen Förderansatz ma-
    chen. Das soll eine Arbeitsgruppe leisten, die allerdings
    nicht auf viele Jahre angelegt ist. Im nächsten Jahr soll
    auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe
    ein Konzept erarbeitet werden.


    (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Da bin ich aber gespannt!)


    Wichtig ist mir, in diesem Zusammenhang auch die
    Problematik „Menschen mit Behinderungen und Ar-
    beitsmarkt“ in den Blick zu nehmen. Hierzu gibt es zwar
    mancherlei gute Instrumente, etwa Ausgleichszahlungen
    für Arbeitgeber und Eingliederungszuschüsse. Aber in
    Erwägung zu ziehen sind beispielsweise realistischere
    Minderleistungsausgleichszahlungen, die den tatsäch-
    lichen Einschränkungen besser Rechnung tragen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum sagt der Vertrag nichts dazu?)


    Ich denke zum Beispiel an Menschen, die häufiger
    Pausen brauchen, in denen sie sich hinlegen können, um
    danach wieder leistungsfähiger zu sein, die schlicht und
    ergreifend längere Zeit für die Toilette benötigen, die
    durch Krankheiten wie Multiple Sklerose in manchen
    Tätigkeiten zeitweise oder zunehmend verlangsamt oder
    eingeschränkt sind.

    Eine weitere Aufgabe im Zusammenhang mit der Be-
    schäftigung von Menschen mit Behinderungen ist eine
    verbesserte Aufklärung von Arbeitgebern über Unter-
    stützungsangebote zur Ausgestaltung von behinderten-
    gerechten Arbeitsplätzen. Da herrscht trotz aller Bemü-
    hungen der Arbeitsagenturen immer noch sehr viel
    Unkenntnis.

    Ermutigung brauchen wir zur Erprobung eines Ar-
    beitsverhältnisses mit Behinderten, ohne dass die Furcht
    vor Unkündbarkeit eine Einstellung von vornherein ver-
    hindert. Nicht immer sind unsere Arbeitsschutzgesetze
    für die Betroffenen wirklich hilfreich.


    (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Na, na, na!)


    – Nicht immer.

    Wir brauchen erleichterte Rückkehrmöglichkeiten für
    Behinderte, die aus einer Werkstatt heraus den Versuch
    unternehmen – den sollten wir unterstützen –, am ersten
    Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, aber damit vielleicht nicht
    zurechtkommen. Für diese ist eine Rückkehr in die
    Werkstatt sehr schwer.

    Behinderte Menschen brauchen unsere besondere Un-
    terstützung. Ihre umfassende Teilhabe an der Gesell-
    schaft ist zu verwirklichen. Sie wollen selbstbestimmt
    und möglichst selbstständig leben. Dazu müssen wir un-
    sere Unterstützung anbieten. Es sollte viel selbstver-
    ständlicher sein, dass sie ihren Platz mitten in der Gesell-
    schaft finden und nicht nur in noch so schönen
    Sondereinrichtungen.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNIS D v m L l s a r a t m B s u d c g t j z l l l c M b d u z a z v s z t l G B P e D v s d s G r (C (D SES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


    iese Sondereinrichtungen sind selbstverständlich in
    ielen Fällen eine ideale Lösung,


    (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Na, na, na!)


    anchmal aber auch eine sehr bequeme für eine glatte
    ifestyle-Gesellschaft.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Zu dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Kol-
    egen Brauksiepe und Straubinger Stellung nehmen. Las-
    en Sie mich deshalb schließen mit der Ermutigung,
    uch unkonventionelle Wege zu bedenken, wenn es da-
    um geht, Menschen die Teilhabe an der Gesellschaft
    uch über ehrenamtliches Engagement in der Kombina-
    ion mit Erwerbsarbeit zu eröffnen, wenn es denn nicht

    öglich ist, einen vollen Arbeitsplatz zu bekommen.

    Ich denke da an ein sehr erfolgreiches Beispiel von
    est Practice, das Bürgerjahr. Das ist vom Evangeli-

    chen Stadtkirchenverband in Essen eingerichtet worden
    nd ist dort vor vielen Jahren auf den Weg gebracht wor-
    en. Das Bürgerjahr ist eine neue Form gesellschaftli-
    her Arbeit, die mit existenzsichernder und – das ist
    anz wichtig – sozialversicherungspflichtiger Vergü-
    ung in Höhe von brutto 1 000 Euro pro Monat auch den-
    enigen ein Vollzeitengagement ermöglicht, die sich das
    um Beispiel zu den Bedingungen des freiwilligen sozia-
    en Jahres nicht leisten können.

    Das Bürgerjahr bedeutet Engagement in allen mög-
    ichen gemeinwohlbedeutsamen Praxisfeldern, in sozia-
    en, soziokulturellen und ökologischen Aufgabenberei-
    hen wie persönliche Unterstützungsdienste für
    enschen mit besonderem Hilfebedarf in allen Lebens-

    ereichen – also Assistenzdienste, Integrationshilfs-
    ienste, Alltagslebenshilfen –, zur Ergänzung familiären
    nd nachbarschaftlichen Engagements und zur Ergän-
    ung der Arbeit professioneller Dienste. Es ist Projekt-
    rbeit, also Freiwilligenarbeit, das heißt eine Tätigkeit
    ur Entwicklung und Mitgestaltung integrativer, kreati-
    er sozialer Projekte auf der Grundlage eigener Interes-
    en und Fähigkeiten.

    Das Bürgerjahr ist Alternative zur Arbeitslosigkeit,
    um Brachliegenlassen menschlicher Ressourcen, Al-
    ernative zu Minijobs und fremdbestimmter Niedrig-
    ohnarbeit, eine weiterführende Ergänzung zu den
    emeinwohlarbeitsgelegenheiten nach Hartz IV, zum
    eispiel 1-Euro-Jobs, Alternative zu Pflichtdienst,
    flichtarbeit und anderen unzureichenden Zivildienst-
    rsatzlösungen und Alternative zu gesellschaftlicher
    esintegration, zur Entsolidarisierung, zu Gemeinwohl-
    erlusten.

    Weil das Bürgerjahr nicht nur Freude macht, sondern
    ich auch rechnet, sind inzwischen etwa 150 Menschen
    ort beschäftigt. Auch die Arbeitsagentur in Essen unter-
    tützt diese Möglichkeit, jedenfalls soweit die derzeitige
    esetzeslage dies zulässt. Ich denke, es macht Sinn, da-

    über miteinander zu sprechen.

    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Dezember 2005 323


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    Ilse Falk

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe das letzte
    Beispiel so ausführlich dargestellt, um deutlich zu ma-
    chen, wie wichtig es ist, dass wir uns auch Gedanken
    über die machen, die nicht das Glück eines regulären Ar-
    beitsplatzes haben, aber dennoch am Arbeitsleben teilha-
    ben wollen, die etwas tun wollen. Deshalb will ich de-
    finitiv schließen mit der Erfahrung einer Mutter von
    zwei kleineren Kindern, die lange arbeitslos war, von
    Sozialhilfe lebte und im Rahmen des Bürgerjahrs in der
    Behindertenarbeit eine neue Chance bekam. Sie schil-
    derte ihren Tagesbeginn so: Wenn ich morgens zur Ar-
    beit komme, fällt mir Hans um den Hals und begrüßt
    mich voller Freude mit „Hallo!“. – Sie fragt mich: Ha-
    ben Sie das schon einmal bei einem Fließband erlebt? –
    Sie liebt ihre Arbeit und wünscht sich, dort länger zu
    bleiben, ohne dass sie einen höheren Lohn fordern
    würde.

    Ich stelle mir vor, wie diese Mutter, erfüllt und glück-
    lich von ihrer Arbeit, die sie geleistet hat, am Abend
    nach Hause kommt und ihren Kindern davon erzählt.
    Wie viel besser ist ein solches Vorbild für Kinder als der
    oft trostlose Alltag in Arbeitslosenfrust und Ausge-
    schlossenheit!

    Sehr geehrter Herr Minister Müntefering, liebe Kolle-
    ginnen und Kollegen, auf ein gutes und kreatives Mit-
    einander!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)