Rede von
Hans-Joachim
Otto
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lieber
ernd Neumann, zunächst einmal möchte ich Ihnen
uch namens meiner Fraktion ganz herzlich zu Ihrem
euen Amt gratulieren. Wir wünschen Ihnen von Herzen
rfolg und nicht zuletzt auch den Rückhalt der Koalition
n allen Fragen der Medien- und Kulturpolitik und ihrer
msetzung.
ch verbinde dies, auch in meiner neuen Eigenschaft als
usschussvorsitzender, mit der Hoffnung auf eine kon-
truktive Zusammenarbeit.
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Hans-Joachim Otto
In der Tat stehen uns große Aufgaben bevor, die wir
nur bewältigen können, wenn alle Fraktionen zumindest
in Grundsatzfragen an einem Strang ziehen, und zwar in
derselben Richtung. Vor welch großen Aufgaben die
Kultur- und Medienpolitik steht, verdeutlichen die vor
einer Woche veröffentlichten Ergebnisse des achten Kul-
turbarometers: Rund zwei Drittel aller Befragten gaben
an, noch nie in ihrem Leben eine Oper, Operette, Thea-
teraufführung, Veranstaltung mit bildender Kunst oder
Literatur besucht zu haben. Das ist ein alarmierendes
Zeichen. Diese Umfrage der Deutschen Orchesterverei-
nigung zeigt exemplarisch, was uns erwartet, wenn wir
nicht in viel stärkerem Maße als bisher insbesondere
Kinder und Jugendliche an Kultur, die mehr ist als bloße
Unterhaltung, heranführen. Mehr kulturelle und ästhe-
tische Bildung heißt also die Schlüsselaufgabe.
Lassen Sie mich jetzt auf die Koalitionsvereinbarun-
gen zur Kultur- und Medienpolitik eingehen. Wir als Li-
berale haben uns sehr gefreut, dass sich zahlreiche Pas-
sagen aus dem FDP-Wahlprogramm, teilweise sogar in
gleichem Wortlaut, im Koalitionsvertrag wiederfinden.
Diese Art von Raubkopie kann ich nur begrüßen.
Lieber Herr Staatsminister Neumann, Sie haben zu
Recht angenommen, dass vieles – eigentlich fast alles –
von dem, was im Koalitionsvertrag steht, auch verein-
bart worden wäre, wenn ein Koalitionsvertrag zwischen
Union und FDP geschlossen worden wäre. Problema-
tisch an dem Koalitionsvertrag ist aber nicht das, was
drinsteht, sondern in erster Linie das, was nicht enthalten
ist oder im Anhang steht. Es ist kein gutes Zeichen, dass
sich die Kulturpolitiker von Union und SPD hinsichtlich
ihrer ursprünglichen Vereinbarungen zum Staatsziel
Kultur und zu dem klaren Bekenntnis zu einem ermäßig-
ten Mehrwertsteuersatz nicht haben durchsetzen können;
dies steht nicht ausdrücklich in der Koalitionsvereinba-
rung.
– Dann hättet ihr es aufnehmen sollen.
Der kritikwürdigste Punkt des Koalitionsvertrages
findet sich im Anhang. Ich meine die Außenvertretung
Deutschlands gegenüber der EU in Fragen der Kultur-
und Medienpolitik. Im Klartext: Wenn Art. 23 Abs. 6
des Grundgesetzes tatsächlich wie vorgesehen geändert
würde, bedeutete dies einen Schaden für die Kultur und
den Rundfunk in Deutschland. Jahrelange leidvolle Er-
fahrungen lehren uns doch, dass, wenn ausschließlich
die Ländervertreter für Deutschland verhandeln, es den
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ier müssen wir gemeinsam etwas ändern. Wir müssen
as neue Verbindungsbüro des Bundestages in Brüssel
utzen und dort als Parlamentarier direkte Informations-
anäle aufbauen.
Abschließend möchte ich noch kurz auf die beiden
nträge zum Abriss des Palastes der Republik einge-
en. Es gibt keinen tragfähigen neuen Gesichtspunkt
eit dem mit breiter Mehrheit verabschiedeten Abrissbe-
chluss dieses Hohen Hauses vom 4. Juli 2002.
s ist doch auch eine Frage der Selbstachtung unseres
auses, dass, wenn nach sorgfältiger Diskussion Be-
chlüsse mit breiter Mehrheit verabschiedet wurden, die
iskussion danach nicht erneut beginnt und wir zu
euen Beschlüssen kommen.
eswegen plädiere ich dafür, diese beiden Anträge zu-
ückzuweisen.
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Hans-Joachim Otto
Gar nicht verstehen kann ich den Antrag der Grünen.
Antje Vollmer ist erst seit wenigen Wochen nicht mehr
Mitglied dieses Hauses und schon ändern Sie den Kurs.
Das sollten Sie noch einmal überdenken.
Ich komme zum Schluss. Lieber Bernd Neumann, der
Ausschuss für Kultur und Medien zeichnet sich seit sei-
ner Einrichtung vor sieben Jahren durch ein hohes Maß
an Sachorientierung und grundsätzlicher Übereinstim-
mung aus. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dies auch
in dieser Legislaturperiode leisten werden, auch wenn
wir, wie bei der Frage des Palastabrisses, kontrovers dis-
kutieren.
Ich weiß nicht, ob man von einer Allparteienkoalition
sprechen soll. Aber wir Liberale sagen Ihnen zu, dass
wir in einem sehr konstruktiven Sinne mit Ihnen und
selbstverständlich mit allen Kolleginnen und Kollegen in
dem Ausschuss zusammenarbeiten werden, zum Wohle
von Kunst, Kultur und Medien in Deutschland.
Vielen Dank.