Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
ind uns hier doch alle einig, dass wir wegen der zuneh-
enden Herausforderungen durch den internationalen
ettbewerb, der Herausforderungen aufgrund der demo-
raphischen Entwicklung, der Mängel, die in internatio-
alen Vergleichen deutlich werden, aber auch wegen der
entralen Frage, mit der wir es hier zu tun haben, näm-
ich mit der Gerechtigkeit in Bezug auf die Teilhabe-
hancen eines jeden, mehr für Bildung, Forschung und
nnovation tun müssen.
Wenn wir uns darin aber so einig sind, ist es natürlich
esonders interessant, sich einmal anzusehen, wie diese
roße Koalition startet.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2005 249
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Krista Sager
Sie startet damit, dass sie der Bildungsministerin Zustän-
digkeiten nimmt, ihre Kompetenzen beschneidet und ih-
ren Forschungsbereich zerstückelt. Das ist ein schlechter
Start.
Ich hätte mir in einer neuen Regierung lieber eine ge-
stärkte als eine geschwächte Bildungsministerin ge-
wünscht, auch wenn es eine schwarze ist.
Frau Merkel hat gestern gefordert, dass wir unsere
Schulen und Hochschulen wieder an die Spitze Europas
bringen müssen. Sie hat auch gesagt – das war mir be-
sonders wichtig –, Bildungschancen dürften nicht mehr
von der sozialen Herkunft abhängen. Richtig! Dann
stellt sich aber doch die Frage, wie wir das hinbekom-
men. Ich sage Ihnen: Wir schaffen das nur durch ver-
stärkte gesamtstaatliche – ich betone: gesamtstaatliche –
Anstrengungen.
Wir schaffen das nicht, wenn sich der Bund aus der Bil-
dungs- und Hochschulpolitik herausdrängen lässt und
sich auf schöne Worte beschränkt.
Frau Ministerin Schavan, Sie müssen aufpassen, dass
Sie nicht als Ministerin der warmen Worte in die Ge-
schichte der großen Koalition eingehen. Das wäre wirk-
lich zu wenig.
Wenn ich mir den Koalitionsvertrag anschaue, muss ich
feststellen, dass Sie hauptsächlich von der Vorarbeit Ih-
rer Vorgängerin leben wollen, und dies leider teilweise
auch noch schlecht. Das Ganztagsschulprogramm mit
einem Volumen von 4 Milliarden Euro muss natürlich
weiterlaufen; alles andere wäre verrückt. Erzählen Sie
doch einmal den Menschen im Lande, dass jetzt aber
eine Verfassungsänderung erfolgen soll, wodurch unter-
bunden wird, dass jemals etwas Ähnliches fortgeführt
oder auf den Weg gebracht wird. Das ist verrückt. Kein
Mensch in diesem Land begreift das.
Man fragt sich doch, was hier eigentlich passiert ist.
Offensichtlich haben sich die Bildungspolitiker zusam-
mengesetzt und über die Gestaltung der Wissensgesell-
schaft geredet und die Arbeitsgruppe zur Föderalismus-
reform hat daneben gesessen und den Bildungspolitikern
den Boden unter den Füßen weggezogen und das Licht
ausgemacht.
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Ich bin fest davon überzeugt, dass die Hochschulen das
Problem nicht alleine in den Griff bekommen werden.
Aber so, wie diese Verfassungsreform geplant ist, wird
es die Hochschulsonderprogramme der Vergangenheit
– von Möllemann bis Bulmahn – in der Zukunft nicht
mehr geben können. Auch das ist eine falsche Entschei-
dung.
Es geht hier nicht um den Widerspruch zwischen Zen-
tralisten und denen, die bürgernahe Entscheidungen wol-
len. Auch ich bin für bürgernah und ortsnah. Das heißt
aber mehr Autonomie, mehr Freiheit für die Bildungs-
einrichtungen und nicht ein Flickenteppich von staatli-
chen Länderregelungen, die die Mobilität von Schülerin-
nen und Schülern, von Familien, von Studierenden und
von wissenschaftlichem Personal erschweren. Das ist
nicht bürgernah.
Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass
wir uns einig sind, dass wir mehr gesamtstaatliche An-
strengungen brauchen, dass wir dafür auch eine gesamt-
staatliche Agenda brauchen, die alle Einrichtungen vom
Bund über die Länder bis zu den Gemeinden und Bil-
dungseinrichtungen jeweils in ihrem Kompetenzbereich
umsetzen müssen. Was wir aber nicht brauchen, ist ein
Kuhhandel hinsichtlich der Verfassung auf Kosten eines
zentralen Zukunftsbereichs wie Bildung und Wissen-
schaft.
Lassen Sie mich eines zum Schluss sagen. Herr
Struck betont immer, ein Gesetz geht aus dem Bundestag
nicht so heraus, wie es hineinkommt.
Das ist gestern noch einmal bekräftigt worden. Aber
dann dürfen wir uns erst recht keine Fehler bei einer Ver-
fassungsänderung leisten, weil man diese Fehler nicht
mal so eben korrigieren kann. So eine Änderung bindet
die Politik auf Jahrzehnte.
Auch die Ministerpräsidenten merken jetzt langsam,
dass ihre Interessen in den Händen Bayerns schlecht auf-
gehoben gewesen sind.
Wenn wir als Bildungspolitiker es schaffen, zu sagen,
bei dieser Verfassungsreform ist das letzte Wort noch
nicht gesprochen, dann können Sie mich davon überzeu-
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