Rede von
Dr.
Hermann Otto
Solms
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
afür brauchen wir Freiraum für junge Talente, für neue
deen sowie für unsere Hochschulen und Forschungsein-
ichtungen. Bildungs- und Forschungspolitik darf sich
icht im Management der Gegenwart erschöpfen. Wir
ichten den Blick nach vorne erstens auf den globalen
ettbewerb. Andere Länder holen auf. Zu oft werden
deen aus Deutschland anderswo in Wachstum und Ar-
eit umgesetzt. Zu wenige Spitzenwissenschaftler aus
em In- und Ausland sehen ihre Zukunft in unserem
and. Zweitens auf die demographische Entwicklung.
ie stellt dauerhaft unsere sozialen Sicherungssysteme
nd die Innovationskraft unserer Gesellschaft infrage,
enn wir nicht alle Begabungspotenziale nutzen.
chließlich muss der Blick auf eine neue Gerechtigkeit
242 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2005
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Bundesministerin Dr. Annette Schavan
gerichtet werden. Ein wachsender Teil unserer Gesell-
schaft sieht sich bei Bildungschancen und damit bei Zu-
kunftschancen ausgegrenzt. Die soziale Herkunft darf
nicht über die persönliche Zukunft entscheiden.
Mehr Geld, mehr Freiheit und mehr Chancen für Bil-
dung und Forschung, das bedeutet konkret: Diese Bun-
desregierung wird mehr Geld in Forschung und Ent-
wicklung investieren als jede Bundesregierung zuvor.
6 Milliarden Euro sind in dieser Legislaturperiode zu-
sätzlich vorgesehen. Ich appelliere vor allem an die deut-
sche Wirtschaft, diesem Beispiel zu folgen,
damit gelingen kann, was wir uns vorgenommen haben,
nämlich bis zum Jahre 2010 den Anteil der Investitio-
nen in Forschung und Entwicklung am Bruttoinlands-
produkt auf 3 Prozent zu erhöhen.
Schließlich werden wir Hochschulen und For-
schungseinrichtungen in Deutschland mehr Freiraum
einräumen: Freiheit von unnötiger Bürokratie und über-
flüssiger Reglementierung, die Freiheit, eigene Wege zu
gehen. Dazu müssen wir uns mit einem längst überhol-
ten Arbeits- und Dienstrecht für die Wissenschaft be-
schäftigen und die Möglichkeiten eines Wissenschaftsta-
rifs prüfen.
Wir haben eine Föderalismusreform verabredet, die
Vielfalt und Wettbewerb zulässt.
– Sie können das Manuskript ja noch einmal korrigieren,
Frau Pieper. – Wir erwarten dann von den Ländern aber
auch, dass die gewonnenen Freiräume an die Hochschu-
len weitergegeben werden.
Der Bund wird in der Bildungspolitik auch nach der Fö-
deralismusreform kein Zuschauer sein. Wir werden uns
verstärkt um die Bildungsforschung kümmern und mit
den Ländern gemeinsam Impulse für die Standardsiche-
rung für Benachteiligten- und Begabtenförderung set-
zen.
Ein Land der neuen Möglichkeiten braucht bessere
Chancen für alle. Das bedeutet mehr Qualität und mehr
Teilhabe an Bildung. Wir geben keine Generation ver-
loren, die Jungen ebenso wenig wie die Älteren. Deshalb
werden wir den nationalen Pakt für Ausbildung und
Fachkräftenachwuchs weiterentwickeln, das Programm
für Ganztagsschulen umsetzen, die Reformen für Be-
rufsausbildung vorantreiben und die Bedingungen für
die Qualifizierung älterer Arbeitnehmer verbessern.
Kein Jugendlicher unter 25 Jahren – das steht fest ver-
ankert im Koalitionsvertrag – darf länger als drei Monate
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eshalb werden wir in den kommenden Jahren etwa in
en ethischen Fragen der Biowissenschaften vor schwie-
ige Abwägungen gestellt.
ier gilt als zentrales Kriterium, liebe Frau Flach, nicht
ettbewerbsfähigkeit, sondern die Achtung der Men-
chenwürde.
In unserer Forschungspolitik geht es nicht um Entwe-
er-oder. Es geht nicht um Staatssteuerung oder Staats-
bstinenz, um Grundlagenforschung oder Anwendung,
m universitäre oder außeruniversitäre Forschung. Un-
ere Forschungspolitik setzt auf drei Prinzipien: Erstens
uf Exzellenz. Wir messen uns national und internatio-
al an den Besten. Deshalb werden wir mit den Ländern
ie Exzellenzinitiative zum Erfolg führen.
eshalb werden wir die Förderung des Bundes auf he-
ausragende Vorhaben konzentrieren, wie die neue Ge-
eration der Großgeräte. Deshalb setzen wir auf den
ettbewerb in der Forschungsförderung und den Pakt
ür Forschung und Innovation. Wenn wir auf Exzellenz
etzen, sind wir attraktiv für die weltweit Besten aus
irtschaft, Wissenschaft und Forschung. Die Erfolge
on Bio-Regio und anderen Projekten zeigen, welche
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2005 243
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Bundesministerin Dr. Annette Schavan
Hebelwirkung Wettbewerb für den Fortschritt haben
kann.
Zweitens. Vorrang für Innovation. Das gilt für die
gesamte Innovationskette von der Idee bis zum Produkt
und zur eigenen Firma. Innovationsfreundlichkeit muss
das Kriterium staatlichen Handelns schlechthin sein.
Wir werden mit dem Aktionsplan „High-Tech-Strategie-
Deutschland“ Spitzentechnologien gezielt fördern und
Innovationshemmnisse beseitigen. Das gilt für Urheber-,
Patent- und Steuerrecht. Das gilt für die Gründung von
Hightechs, Start-ups und für neue Technologien wie
Nano- und Biotechnologie. Wir besitzen einen Wissens-
vorsprung in der Nanotechnologie, den wir nutzen müs-
sen, um Marktführer zu werden.
Dazu werden wir Nanotechnologie in deutschen Kern-
branchen wie der Automobilindustrie integrieren, neue
Anwendungsbereiche erschließen und interdisziplinäre
Ansätze ermöglichen.
Drittens. Wir werden Kräfte bündeln, und zwar in
Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, in universitärer
und außeruniversitärer Forschung, in den Geistes- und
Naturwissenschaften. An den Schnittstellen zwischen
Strukturen und Disziplinen entstehen Innovationen. Des-
halb setzen wir auf Innovations- und Wachstumspole,
die Anziehungskraft für Wissenschaftler und Investoren
über unsere nationalen Grenzen hinaus entwickeln. Die
Trennung von Hochschulen und außeruniversitärer For-
schung muss zugunsten von mehr Vernetzung, Arbeits-
teilung und Wettbewerb minimiert werden.
Die Einheit von Forschung und Lehre war der Kern
der humboldtschen Universitätsidee. Das heißt heute
auch: Wir müssen dafür sorgen, dass die universitäre
Forschung in der Struktur unserer Forschungsförderung
gestärkt wird. Sie ist in den vergangenen Jahren ge-
schwächt worden.
– Bitte?
– Nicht nur in den letzten sieben Jahren. Man kann auch
sagen: in den letzten Jahrzehnten. – Deshalb wollen wir
im Laufe dieser Legislaturperiode den Einstieg in eine
neue Forschungsförderungsstruktur durch Berücksichti-
gung von Overheadkosten schaffen.
Nachhaltige Wissenschafts- und Forschungspolitik
braucht schließlich einen besonderen Blick auf die
Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswis-
senschaftler. Wir brauchen verlässliche Karrierewege.
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Wir werden neben den genannten zentralen Zukunfts-
echnologien Forschungsschwerpunkte in der Sicher-
eitsforschung ebenso wie in der Gesundheits- und Al-
ernsforschung setzen.
Die Studierendenzahlen steigen in den kommenden
ahren ebenso wie die Zahl der Schulabsolventen, die
ich für eine berufliche Ausbildung bewerben. Schon
etzt wird deshalb von „Studentenbergen“ und „Bewer-
erüberhang“ gesprochen. Schon die Wortwahl offenbart
ltes Denken. Diese jungen Leute, die etwas lernen und
twas leisten wollen, sind keine Last für unser Land.
ie, ihre Talente, ihre Ideen, ihre Bereitschaft, etwas zu
eisten: Genau dahinter stecken die neuen Möglichkeiten
ür unser Land. Es ist deshalb unsere Verantwortung,
lso die Verantwortung des Bundes, der Länder, aller
eteiligten, damit sorgsam umzugehen; denn es wird der
ag kommen, an dem wir dort den Mangel beklagen
erden, wo heute der Ansturm befürchtet wird.
Eine international anerkannte Talentschmiede ist die
oraussetzung für die Innovationskraft unseres Landes.
as ist ein Fundament für Leistungsfähigkeit, Zusam-
enhalt und soziale Entwicklung. Das ist der Motor für
konomische Entwicklung und die Quelle unseres künf-
igen Wohlstandes. In diesem Sinne sollten wir gemein-
am Bildungs- und Forschungspolitik betreiben.
Ich danke Ihnen.