Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Dies ist meine erste Rede hier im Bundestag,
eine Jungfernrede, die ich nicht mehr von der Bundes-
atsbank, sondern von der Regierungsbank kommend
alte.
Es gibt ja einen alten Aphorismus, der lautet: Hochver-
at ist eine Frage des Datums.
220 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2005
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Bundesminister Peer Steinbrück
Ich möchte mich sehr herzlich für die vielen Glück-
wünsche bedanken, die ich bekommen habe. Ich gebe
zu: Es ist auch das eine oder andere Kondolenzschreiben
dabei gewesen,
das ich gebührend beantworten werde. In wenigen Tagen
mache ich eine Erfahrung, die auch viele Privatleute in
Deutschland machen: die Erkenntnis, dass das schöne
Gefühl, Geld zu haben, weitaus weniger intensiv ist als
das klamme Gefühl, kein Geld zu haben.
Um ernsthaft zu werden, meine Damen und Herren,
sage ich: Wir haben unabweisbar erhebliche Haushalts-
probleme. An den Beginn meiner Ausführungen stelle
ich daher sehr gezielt die Feststellung, dass diese
Haushaltsprobleme nicht ausschließlich aus fiskalischer
Perspektive und nicht allein über fiskalische Anstren-
gungen zu lösen sind.
Ich halte das für aussichtslos. Diese unabweisbaren
Haushaltsprobleme sind nur in einem Gesamtzusam-
menhang zu lösen. Sie werfen uns sehr direkt zurück auf
Fragen, die alle Seiten dieses Hauses – in den unter-
schiedlichsten Ausschüssen, in den unterschiedlichsten
Ministerien – beschäftigen.
Diese Fragen lauten: Wird die Wachstumsdynamik in
Deutschland in den nächsten Jahren hinreichend sein,
um diese Probleme zu lösen? Wie können wir unsere So-
zialversicherungssysteme robuster machen
gegen konjunkturelle Ausschläge, aber auch gegenüber
den Folgen der Demographie, wenn – was eine Tatsache
ist – das Normalarbeitsverhältnis als Bezugsgröße für
die Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge zuneh-
mend erodiert? Wir wissen, dass jede Entspannung auf
dem Arbeitsmarkt uns näher an eine solide Haushalts-
führung heranführt. Wir haben es über die Folgen der
Demographie hinaus, die ich bisher angesprochen habe,
auch mit weiteren Folgen dieser Entwicklung zu tun.
Ich stelle das an den Anfang, um die Notwendigkeit
aufzuzeigen, dass wir diese Haushalts- und Fiskalpolitik
mit den anderen politischen Aufgabenfeldern mehr denn
je vernetzen. Es kann keine Arbeitsteilung geben, dass
im Hohen Hause die Haushalts- und Finanzpolitiker auf
der einen Seite und die anderen Politiker auf der anderen
Seite stehen, dass der Finanzminister im Kabinett für die
kruden, für die schlechten Nachrichten zuständig ist und
die anderen sich populär, auch mit Blick auf ihr Ausga-
beverhalten, aufstellen können.
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ngesichts dieser Verkarstung – in Form dieser fünf
löcke – und mit Blick auf die hoch investiven Anteile
er drei Fs ist klar: Wenn jemand glaubt, er könnte aus
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Bundesminister Peer Steinbrück
diesem Bundeshaushalt in einer Radikaloperation 10, 15,
20, 25 Milliarden Euro auf einmal herausschneiden,
dann irrt er! Das ist Voodoo-Fiskalpolitik!
Denn wenn Sie dies wollen, Herr Solms, dann müssen
Sie sich jetzt hierhin stellen und sagen, ob Sie den
80-Milliarden-Euro-Zuschuss an die Rentenversiche-
rung kürzen wollen! Sind Sie bereit, den Menschen zu
sagen, dass sie, wenn Sie zum Beispiel 8 Milliar-
den Euro herausholen wollen, um die Mehrwertsteuerer-
höhung zu vermeiden, es mit Rentenkürzungen von
4 Prozent zu tun haben werden? Ich habe von Kollegin
Schmidt gelernt, dass 50 Prozent der Rentner in
Deutschland ihre Rente alleine aus der gesetzlichen Ren-
tenversicherung beziehen. Sie müssten diesen Frauen
und Männern die Rente also um real 4 Prozent kürzen! –
Bei den Zinsen können Sie nicht sparen. Bei den Zuwen-
dungen sparen wir. Auch beim Personal sparen wir. Das
heißt, die Spielräume sind sehr gering. Wenn diese
Mehrwertsteuererhöhung so des Teufels ist, dann müss-
ten Sie, um sie zu vermeiden, mit Vorschlägen kommen,
wie ich sie von Ihnen nie gehört habe; ich komme darauf
zurück.
Das Problem bei diesem Haushalt ist nicht allein des-
sen Niveau. Wir haben vielmehr ein Strukturproblem:
Wir zahlen für die Vergangenheit zu viel und geben für
die Zukunft zu wenig aus.
Das ist die Realität. Ich könnte noch weitere Punkte auf-
zählen, wie zum Beispiel die Zinsquote, die zu geringe
Investitionsquote und dergleichen mehr. An diesen
Sachverhalten kommt niemand vorbei, weder die FDP
– auch nicht Sie, Herr Solms, wenn Sie bei einer anderen
Konstellation meine Funktion übernommen hätten –
noch die Linkspartei. Ich habe den Eindruck, dass es ein-
fache, gar populäre Antworten auf diese komplexen,
sehr ineinander verwobenen Probleme nicht gibt.
Die FDP tut so, als ob sie durch Steuersenkungen die
Regelgrenze des Art. 115 Grundgesetz einhalten
könnte. Gelegentlich habe ich den Eindruck, dass sie
vornehmlich über Haushaltskürzungen den Konsolidie-
rungsbeitrag erbringen will. Wie Sie das machen wollen,
weiß ich nicht. Diese Zauberformel ist mir nicht geläu-
fig. Das ist die von mir schon angesprochene Voodoo-
Fiskalpolitik. Wo sollen denn die 35 Milliarden Euro
herkommen, Herr Solms? Wenn Sie weitere Steuersen-
kungen wollen und gleichzeitig die Regelgrenze des
Art. 115 Grundgesetz einhalten wollen, dann müssen Sie
dem Parlament und der Öffentlichkeit belegen, wie diese
Defizitlücke über Haushaltskürzungen gedeckt werden
soll.
Außerdem müssen Sie belegen, mit welchen Verwerfun-
gen und Kollateralschäden das verbunden ist. Übrigens
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Sie von der FDP sind auch an anderer Stelle Gefange-
er Ihrer Terminologie, nämlich dann, wenn Sie die Ab-
chaffung jeder Steuervergünstigung automatisch als
ine Steuererhöhung definieren. Dann kommen Sie
azu, solche Beiträge zu halten, wie Herr Brüderle das
eute getan hat. Wenn Sie mit mir darin einig wären,
ass wir viele Steuervergünstigungen haben, die eigent-
ich obsolet sind, und dass deren Abschaffung nicht au-
omatisch Steuererhöhungen sind, sondern Einsparun-
en, die man erbringen kann, dann kämen Sie zu ganz
nderen Zahlen.
Ich will Sie daran erinnern: In einem Jahr wie 2008,
n dem sich die volle Wirksamkeit vieler Maßnahmen,
ie sich diese Regierung vorgenommen hat, entfalten
ird, haben wir es zu tun mit Ausgabenkürzungen von
ngefähr 10 Milliarden Euro, mit der Abschaffung von
teuervergünstigungen in der Dimension von 6,3 Mil-
iarden Euro, mit Steuermehreinnahmen über höhere
ersicherungsteuer und Mehrwertsteuer von 9,8 Milliar-
en Euro und bei den Einmaleffekten und Privatisierun-
en etwa mit 9 Milliarden Euro. Das sind die Proportio-
en. Diese stehen im Widerspruch zu dem, was Herr
rüderle heute hier mit großer Emphase vorgetragen hat.
Niemand zahlt gerne Steuern. Aber die Steuerquote
n Deutschland ist – das betone ich – auch nicht das
222 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2005
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Bundesminister Peer Steinbrück
Hauptproblem. Ich stimme sogar Herrn Lafontaine be-
grenzt zu,
dass selbst die addierte Steuer- und Abgabenquote im in-
ternationalen Vergleich nicht das Hauptproblem ist. Was
er darüber zu sagen versäumt, ist, dass wir in Deutsch-
land zu hohe Lohnzusatzkosten haben, die sich aus ge-
setzlichen und tariflichen Regelungen zusammensetzen.
Was er in seiner Rede heute Morgen nicht beschrieben
hat, ist, dass die Lohnzusatzkosten inzwischen 100 Pro-
zent der Lohn- und Gehaltssumme ausmachen.
– Er verschweigt, dass wir in Deutschland im Bereich
des Arbeitsmarktes nach wie vor ein riesengroßes Pro-
blem haben. Ich möchte nicht polemisch werden, aber es
ist bildlich so zu beschreiben: Ein Malergeselle hat zu
Hause einen Wasserrohrbruch und lässt diesen von ei-
nem Installateurgesellen reparieren. Der Malergeselle
muss fünf Stunden arbeiten, um eine Arbeitsstunde des
Installateurgesellen bezahlen zu können. Das beschreibt
das Hauptproblem auf dem Arbeitsmarkt.
Was Sie von der Linkspartei dazu darstellen, hilft uns
definitiv nicht weiter.
Abgesehen davon sind an dieser Stelle auch die leich-
ten Hinweise erlaubt, dass die Steuersysteme in Europa
inzwischen miteinander konkurrieren und dass wir mit
unserem Steuersystem dafür sorgen müssen, dass es bei
der hohen Mobilität des Kapitals nicht zu Abwanderun-
gen kommt.
Ich will auf das Thema zurückkommen, das in der
Debatte heute Morgen, die Herr Brüderle mit entfacht
hat, schon eine Rolle spielte, nämlich auf die Mehrwert-
steuer. Ja – wir müssen uns doch nicht wechselseitig
naiver machen, als wir sind –, die Erhöhung der Mehr-
wertsteuer hat einen kontraproduktiven Effekt für die
Wirtschaft. Jeder, der das leugnet, macht sich etwas vor.
– Es ist so. – Die Frage ist nur, mit welchen anderen Ver-
werfungen und anderen Nachteilen für die Konjunktur
und die solide Haushaltsführung eine alternative Strate-
gie verbunden wäre. Darauf haben Sie keine Antwort.
– Wissen Sie: Gelegentlich hat die Politik auch einen Er-
kenntnisfortschritt zu verzeichnen.
Ach, entschuldigen Sie bitte. Sie haben vor der Wahl
teuersenkungen versprochen. Wenn Herr Solms an
einer Stelle wäre, dann müsste er heute hier die politi-
che Lebenslüge der FDP vertreten, da Steuersenkungen
ar nicht möglich sind. Das ist genau dieselbe Lebens-
üge.
ch bin mir ganz sicher: Wenn er in meinem Amt wäre
nd wenn er heute Ihre Aussagen im Bundestagswahl-
ampf verteidigen müsste, dann müsste er sich von ih-
en genauso verabschieden. Tun Sie also doch nicht so
nd spielen Sie sich doch nicht vollmundig auf.
Wenn Sie sagen, dass Sie diese Erhöhung der Mehr-
teuer nicht wollen – den einen Mehrwertsteuerpunkt,
urch den die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung ge-
enkt werden sollen, lasse ich einmal weg –, dann müs-
en Sie diesem Hause erklären, wie die 10 Milliarden
uro – ich addiere immer die Versicherungsteuer und die
ehrwertsteuer – auf anderem Wege finanziert werden
ollen. Das können Sie nicht. Das ist Ihr Offenbarungs-
id. Da gibt es nichts,
s sei denn, Sie würden sagen: Wir senken die Renten
nd die Investitionen und wir setzen in den Zukunftsfel-
ern – was immer dabei in Rede steht – keine Akzente
ehr.
Ich sage sehr bewusst: Um seine Aufgaben erfüllen
u können, benötigt dieser Staat Ressourcen. Wir brau-
hen einen handlungsfähigen Staat. Die Menschen er-
arten, dass wir die Infrastruktur finanzieren, dass wir
aseinsvorsorge betreiben, dass wir die innere und äu-
ere Sicherheit finanzieren und dass wir in Bildung, For-
chung und Entwicklung investieren.
ir wollen aber keinen fetten Staat haben. Wir wollen
icht länger einen Vater und eine Mutter Staat haben.
ir brauchen auch keine Alimentationsveranstaltungen,
ie sich die Linken das gelegentlich vorstellen, sondern
ir brauchen einen leistungsfähigen Staat, der dafür
uch die entsprechenden finanziellen Ressourcen benö-
igt.
Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat, der auch
adurch Vertrauen und Sicherheit schafft, dass er die
roßen Lebensrisiken der Menschen absichert und ihnen
ehr Chancengerechtigkeit beim Zugang zu Bildungs-
inrichtungen garantiert, damit sie ein selbst verantwor-
etes Leben führen können. Deshalb trete ich in einer
olchen Rede auch der verbreiteten und modischen Dis-
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Bundesminister Peer Steinbrück
kreditierung des Staates und seiner Institutionen entge-
gen.
Dies ist auch bei Ihnen mit ordnungspolitischen Vorstel-
lungen unterlegt, von denen ich sehr weit entfernt bin.
Nur die sehr Begüterten können sich einen schwachen
Staat leisten, die anderen nicht.
Abstrakt sind alle überall für Haushaltskonsolidie-
rung: bei den Verbänden, in den Medien und auch bei
uns. Wehe aber, es wird konkret! Abstrakt sind alle für
den Abbau von Steuervergünstigungen – aber bitte bei
den anderen. Diese Debatte haben wir schon jetzt. Mir
ist jede Kritik willkommen, die uns weiterhilft, gerade
auch dann, wenn sie in Sorge um das Gemeinwohl geäu-
ßert wird. Mir ist es aber vielleicht auch erlaubt, solche
Kritik zurückzuweisen, die klar von Gruppeninteressen
geprägt ist.
Ich will ein Beispiel aus der jüngsten Zeit nennen,
nämlich die geplante Verlustverrechnungsbeschrän-
kung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen.
Die Art und Weise, wie die FDP dort Klientelpolitik be-
trieben hat und glaubte, dort Klientelinteressen vertreten
zu müssen, hat mit einer Orientierung an den Interessen
des Gemeinwohls nichts zu tun.
Sie müssen wissen: Allein das Lavieren über diesen
Stichtag hätte den Steuerzahler 500 Millionen Euro kos-
ten können, nur weil man denjenigen, die diese Fonds
verwalten, vielleicht die Hand hat reichen müssen: Aus
verfassungsrechtlichen Gründen müsste das alles noch
verschoben werden und dergleichen mehr. Da ist nichts
dran.
Diese Bundesregierung und die sie tragenden Koali-
tionsfraktionen werden daran festhalten, weil wir wis-
sen, dass sehr viel Geld daran hängt.
In aller Deutlichkeit: Wenn wir Gruppeninteressen
bedienen, haben wir keine Chance, zu einem wirtschaft-
lichen Aufschwung zu kommen, schon gar nicht zu men-
talen Veränderungen, wobei ich glaube, dass uns diese
Mentalitäten gelegentlich sehr hemmen.
So ernüchternd das Bild der öffentlichen Finanzen
auch sein mag, so besteht doch in meinen Augen kein
Anlass zu Hoffnungslosigkeit oder Fatalismus. Wie in
vielem, können wir auch hier einiges von den Chinesen
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ie Experten weisen aus, dass wir durch eine Reihe von
esetzlichen Vorhaben, die im Vermittlungsausschuss
urchaus Zustimmung gefunden haben, diese Tragfähig-
eitslücke, das heißt die Differenz zwischen den lang-
ristigen Ausgaben und den Einnahmen des Staates, in
ur zwei Jahren um 20 Prozent verringern konnten. Es
ibt keinen Grund, warum eine große Koalition hierauf
icht aufbauen sollte. Wir werden es tun.
Die Bundesregierung hat ein ausgewogenes und auf-
inander abgestimmtes Maßnahmenpaket in der, wie
ch glaube, richtigen Schrittfolge vorgelegt. Wir wollen
006 Rückenwind organisieren. Wir wollen 2007 das
aastricht-Kriterium hinsichtlich der Verschuldung und
uch die Regelgrenze des Art. 115 des Grundgesetzes
inhalten.
as wird uns erhebliche Anstrengungen abverlangen.
ch kündige hier noch einmal an, dass die Einhaltung des
aastricht-Kriteriums von 3 Prozent im Jahre 2007 auch
it Blick auf die europapolitische Aufstellung der
undesrepublik Deutschland von einer erheblichen Be-
eutung sein wird.
Wir befinden uns im Augenblick in einer Verfas-
ungskrise. Wir verfügen im Augenblick über keine
inanzielle Vorausschau. Ob dies die britische Präsident-
chaft bis Weihnachten noch liefern wird, ist nicht si-
her. Das heißt, es stehen möglicherweise noch offene
ragen zur Finanzierung der EU zur Behandlung an. Das
edeutet, dass wir uns eine dritte Krise, eine mögliche
ährungskrise bezüglich der Infragestellung des Stabili-
äts- und Wachstumspaktes, nicht werden leisten kön-
en. Das ist der Hintergrund.
Das Kabinett hat bereits erste Schritte eingeleitet, auf
ie ich aus Zeitgründen nicht zu sprechen kommen
öchte. Der zweite Schritt wird sein, dass wir bereits im
ächsten Jahr folgende Impulse setzen wollen: Fami-
ienförderung, Stärkung von Forschung und Entwick-
ung, Programm zur energetischen Gebäudesanierung
owie Förderung der gewerblichen Wirtschaft. Der dritte
224 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2005
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Bundesminister Peer Steinbrück
Schritt wird sein, dass wir uns um die großen Reform-
vorhaben schon 2006 werden kümmern müssen. Heraus-
ragendes Beispiel ist dafür das Gesundheitssystem vor
dem Hintergrund sehr zielantinomischer Positionen, die
wir vorher eingenommen haben. Aber ich gehöre zu
denjenigen, die wissen, dass hier die Musik spielt, wenn
wir jemals von dem hohen Bundeszuschuss für die versi-
cherungsfremden Leistungen in der Krankenversiche-
rung wegkommen wollen.
Der nächste Schritt ist eine Erhöhung der Umsatz-
steuer und der Versicherungsteuer zum 1. Januar 2007.
Dazu habe ich das Notwendige gesagt. Wir bleiben auch
im Sinne einer sozialen Balance für die davon Betroffe-
nen bei dem halben Mehrwertsteuersatz.
– Ich meine den ermäßigten Satz von 7 Prozent. Danke
sehr, mathematisch haben Sie Recht, Frau Scheel.
Der fünfte Schritt wird eine große Unternehmen-
steuerreform zum 1. Januar 2008 sein, für die der
Grundsatz gilt: Solidität vor Schnelligkeit. Wir werden
unsere Zeit brauchen, um die vorliegenden Vorschläge
des Sachverständigenrates und der Stiftung Marktwirt-
schaft so auszuloten, dass dabei etwas Vernünftiges he-
rauskommt.
Ich will zum Schluss sagen: Es ist ein Ziel dieser gro-
ßen Koalition und vielleicht auch ihre Chance, Vertrauen
wiederzugewinnen. Wir wollen uns ernsthaft und inten-
siv um einen glaubwürdigen Politikstil bemühen, der
von den Wählerinnen und Wählern anerkannt wird. Die
Menschen haben einen Anspruch darauf, dass wir ihnen
ohne Umschweife die Realität so beschreiben, wie sie
ist, dass wir ihnen keine raschen Lösungen dort verspre-
chen, wo wir sie nicht haben, dass wir aber versuchen,
Wege aufzuzeigen. Die Menschen haben jedoch auch ei-
nen Anspruch darauf, dass nicht alles zerredet und zerfa-
sert wird, was in die politische Debatte gebracht wird.
Sie haben eine Bringschuld, die Informationsangebote
der Politik so abzurufen, dass sie sich ein eigenes, von
öffentlichen Aufgeregtheiten unabhängiges Bild machen
können. Diese Bringschuld mahne ich bei den Bürgerin-
nen und Bürgern an.
Die große Koalition hat die Chance, zu einem Politik-
stil zu finden, mit dem Vertrauen zurückgewonnen wer-
den kann. Wir müssen aus Überzeugung handeln und wir
wollen durch Handeln überzeugen.
Vielen Dank.
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