Rede von
Michael
Kauch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der
Schutz der Umwelt ist Teil einer Politik für Generatio-
nengerechtigkeit. Er steht für einen verantwortlichen
Umgang mit den Ressourcen und dafür, die Lebens-
räume der Tiere und die Gesundheit der Menschen zu
bewahren. Umweltpolitik ist nicht zuletzt auch langfris-
tige Wirtschaftspolitik. Markt, Wettbewerb und Unter-
nehmertum, Bürokratieabbau und Innovation, das müs-
sen auch und gerade Kategorien ökologischer Politik
werden.
Das Ende der grünen Regierungsbeteiligung bietet die
Chance auf Abkehr von einer staatswirtschaftlichen,
überregulierenden und ökoromantischen Umweltpolitik.
Diese Chance müssen Sie, Herr Gabriel, nun ergreifen.
Es reicht nicht, sich zum Innovationsminister zu erklä-
ren. Vielmehr muss man das auch leben.
Wir, die FDP, erwarten von der neuen Bundesregie-
rung, dass sie insbesondere auf den Feldern aktiv wird,
die in der Vergangenheit vernachlässigt wurden. Die
Lärmbekämpfung gehört dazu. Umfragen zeigen:
Lärm ist für viele Menschen ein großes Umweltproblem.
Studien belegen: Dauerhafter Lärm ist eine ernsthafte
Gefahr für die Gesundheit. Sieben Jahre lang hat Rot-
Grün ein modernisiertes Fluglärmgesetz angekündigt.
Aber ein Ergebnis gibt es bis heute nicht.
Die Bundesregierung ist daher aufgefordert, unverzüg-
lich einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
Ich bitte Sie, die Pläne der Exminister Trittin und Stolpe
über Bord zu werfen, die Anwohner erster, zweiter und
dritter Klasse vorsahen. Wir, die FDP, sind der Meinung,
dass alle Anwohner, egal ob von neuen oder bestehenden
Flughäfen, von Verkehrs- oder Militärflughäfen, den
gleichen Schutz verdient haben.
Auch auf der Schiene muss mehr passieren. Wir müs-
sen vor allem den Lärm an der Quelle mindern. Aber das
werden wir mit öffentlichen Mitteln allein nicht schaf-
fen. Lärmschutz muss sich für die Bahnunternehmen
rechnen. Das wird durch lärmabhängige Trassenpreise
gelingen. Das blockiert die Deutsche Bahn Netz AG al-
lerdings bisher. Sie sind als Bundesregierung und Eigen-
tümer dieses Unternehmens gefordert, hier zu handeln.
Der Wettbewerb in der Entsorgungswirtschaft
kommt ebenfalls nicht voran. Das geht zulasten der Bür-
ger, die die Zeche zahlen müssen. Die Koalitionsverein-
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Wir begrüßen die Entscheidung der Koalition für ein
mweltgesetzbuch. Das haben wir lange gefordert.
ber es darf keine Mogelpackung werden. Das heißt, Sie
üssen die Schaffung des Umweltgesetzbuches tatsäch-
ich mit Bürokratieabbau verbinden, ohne dass wir mate-
ielle Schutzstandards aufgeben. Wenn das gelingt, sind
ir als FDP ganz bei Ihnen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. Dezember 2005 197
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Michael Kauch
Derzeit findet die Klimakonferenz in Montreal statt.
Der Klimaschutz braucht globale Lösungen und multila-
terale Ziele. Die FDP tritt deshalb für die Fortsetzung
von Kioto ein. Weitere Länder wie die USA und China
müssen bewegt werden, sich dieser Gemeinschaft anzu-
nähern. Kanada hat in diesem Zusammenhang vorge-
schlagen, dass einzelne Regionen, beispielsweise US-
Bundesstaaten, am internationalen Emissionshandel teil-
nehmen können. Wir finden diese Idee ausgezeichnet
und bitten die Bundesregierung, in diese Richtung zu
verhandeln.
Beim Klimaschutz brauchen wir verbindliche und an-
spruchsvolle ökologische Vorgaben. Die FDP steht zum
Ziel, die CO2-Emission in der EU um 30 Prozent bis
zum Jahr 2020 zu verringern. Wir sagen aber auch: Wir
brauchen eine faire Lastenverteilung in der EU. Deshalb
finde ich es falsch, dass wir, bevor die Verhandlungen in
der EU überhaupt begonnen haben, nationale Ziele hin-
terherschieben. Die Franzosen und andere müssen sich
ebenso beteiligen wie wir.
Der Klimaschutz muss kostengünstiger werden. Pro
eingesetztem Euro müssen soviel Treibhausgase wie
möglich eingespart werden. Wir brauchen mehr Mög-
lichkeiten für Unternehmer, Klimaschutzinvestitionen in
anderen Ländern zu erbringen. Deutschland muss rasch
in Verhandlungen über zwischenstaatliche Übereinkom-
men zur gemeinsamen Durchführung von internationa-
len Klimaschutzprojekten eintreten. Der Emissions-
handel sollte alle klimarelevanten Gase einbeziehen und
er sollte auf Verkehr und Gebäude ausgeweitet werden.
Hier liegen die größten wirtschaftlich sinnvollen Ein-
sparpotenziale.
Die Koalition hat zwar nun ein Programm zur
Gebäudesanierung angekündigt; das kann aber nur der
Anfang und nicht die Lösung sein. Wir brauchen ein um-
fassendes Energiekonzept für den Gebäudesektor, das
Maßnahmen zur Energieeffizienz und zum Einsatz er-
neuerbarer Energien im Wärmebereich einschließt. Das
notwendige Kapital – machen wir uns nichts vor – kann
nur aus dem privaten Sektor kommen. Deshalb brauchen
wir den Emissionshandel, der privates Kapital aus der
Industrie auch für den Gebäudesektor mobilisieren kann.
Im Verkehrsbereich bieten alternative Kraftstoffe eine
gute Lösung für Alternativen jenseits vom Öl. Die Ant-
wort kann aber nicht allein Biokraftstoffe heißen. Die
Anbauflächen in Europa sind begrenzt, Monokulturen
nicht wünschenswert und der Import von Palmöl aus
Übersee fördert die Abholzung der Regenwälder. Bio-
kraftstoffe können allerdings ein erster Schritt sein. Aber
was macht die Koalition? Sie plant einen ordnungspoliti-
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Große, allerdings langfristige Perspektiven jenseits
om Öl bietet der Einstieg in die Wasserstoff- und
rennstoffzellentechnologie. Die Halbherzigkeit bei
er Förderung der Wasserstofftechnologie in den letzten
ahren muss beendet werden. Forschung und Entwick-
ung in diesem Sektor müssen zu einem Schwerpunkt
erden. Ich habe den Eindruck, dass hier vielleicht Be-
egung hineinkommt. Das würde Wind- und Sonnen-
nergie neue Perspektiven für einen wirtschaftlich sinn-
ollen Einsatz geben: gespeicherte Energie, wenn die
onne nicht scheint und wenn der Wind nicht weht.
CO2-Einsparoptionen dürfen generell nicht ideolo-
isch begrenzt werden. Die CO2-Abscheidung, effizien-
ere Kohlekraftwerke und Effizienztechnologien in
aushalt und Verkehr müssen vorangetrieben werden,
ber eben auch die Kernfusionsforschung; denn auch
ie bietet Potenziale für CO2-freie, sichere Energie.
Auch im Umweltsektor gilt: Wir brauchen mehr Frei-
eit für Unternehmertum und weniger staatliche Inter-
ention, mehr marktwirtschaftliche Anreize und weniger
rdnungsrecht. Nur so werden wir den Unternehmer-
eist für neue, innovative, wettbewerbsfähige Produkte
nd Technologien wecken.
Herr Minister Gabriel, Sie haben in einem Interview
n der „Zeit“ erklärt, dass Sie Innovationsminister sein
ollen und dass das Umweltministerium Innovationsmi-
isterium werden soll. Wir Liberale begrüßen das und
erden Sie beim Wort nehmen. In diesem Sinne bieten
ir Ihnen als liberale Opposition eine kritische, aber
onstruktive Zusammenarbeit an.
Vielen Dank.