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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/141 Tagesordnungspunkt I.13: Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 15/4304, 15/4323) . . . . . . . . . . Michael Glos (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU) . . . . . Michael Glos (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Hans Eichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dr. Angela Merkel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt I.14: Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 15/4305, 15/4323) . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/ CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP: Fälschungen der ukrainischen Präsidentschaftswahlen (Drucksache 15/4265) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Friedbert Pflüger (CDU/CSU) . . . . . . . . . 13007 B 13007 D 13014 D 13023 A 13024 B 13024 C 13026 C 13029 C 13035 B 13066 D 13067 A Deutscher B Stenografisc 141. Si Berlin, Mittwoch, den I n h a Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt I: a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005 (Haushaltsgesetz 2005) (Drucksachen 15/3660, 15/3844) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bun- des 2004 bis 2008 (Drucksachen 15/3661, 15/3844, 15/4326) 13066 B 13007 A 13007 B Franz Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Glos (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . 13042 D 13044 A 13048 D undestag her Bericht tzung 24. November 2004 l t : Gerhard Rübenkönig (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Peter H. Carstensen (Nordstrand) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Petra-Evelyne Merkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13050 B 13052 C 13054 D 13056 B 13057 C 13059 C 13061 C 13062 B 13064 A 13064 A Gert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) . . . . . Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . 13067 A 13070 B 13071 D II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 141. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 2004 Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Hintze (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Lothar Mark (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . Herbert Frankenhauser (CDU/CSU) . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . . Kurt Bodewig (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerd Müller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt I.15: Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 15/4312, 15/4323) . . . . . . . . . . in Verbindung mit Tagesordnungspunkt I.16: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchsetzung der Gleichstellung von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr (Soldatin- nen- und Soldatengleichstellungsdurch- setzungsgesetz – SDGleiG) (Drucksachen 15/3918, 15/4255) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Ursula Lietz, Christian Schmidt (Fürth), Annette Widmann-Mauz, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsdurch- setzungsgesetz zügig umsetzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Ursula Lietz, Anita Schäfer (Saal- stadt), Christa Reichard (Dresden), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Frauen und Fa- milien in der Bundeswehr stärken und fördern – zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Klaus Haupt, Helga Daub, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Bundeswehr stärken – Be- schäftigungsbedingungen für Solda- tinnen und Soldaten verbessern (Drucksachen 15/3717, 15/3049, 15/3960, 15/4255) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13073 C 13075 D 13078 A 13081 D 13082 D 13086 A 13087 B 13088 A 13089 C 13091 B 13091 C 13091 D Dietrich Austermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günther Friedrich Nolting (FDP) . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU) . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursula Lietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Georg Wagner, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Georg Schirmbeck (CDU/CSU) . . . . . . . . Bernd Siebert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Merten (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dietrich Austermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Merten (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt I.17: Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 15/4318, 15/4323) . . . . . . . . . . Jochen Borchert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Karl Diller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Schulte (Hameln) (SPD) . . . . . . . . . . Markus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Schulte (Hameln) (SPD) . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Brigitte Schulte (Hameln) (SPD) . . . . . . . Markus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Jürgen Hedrich (CDU/CSU) . . . . . . . . 13092 A 13094 B 13097 C 13098 B 13100 A 13101 B 13103 B 13103 C 13104 C 13105 D 13107 D 13109 A 13109 C 13111 A 13113 A 13113 C 13113 D 13115 A 13115 A 13116 B 13116 D 13117 A 13118 D 13120 C 13121 B 13122 A 13122 D 13124 A 13125 B 13125 D 13127 C 13128 C 13130 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 141. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 2004 III Karin Kortmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Maria Michalk (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2005 (Haus- haltsgesetz 2005), hier: Einzelplan 04 (Tagesordnungspunkt I.13) . . . . . . . . . . . . . . 13131 A 13132 D 13133 A 13133 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 141. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 2004 13007 (A) (C) (B) (D) 141. Si Berlin, Mittwoch, den Beginn: 9
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 141. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 24. November 2004 13133 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten wurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005 (Haushaltsgesetz 2005), hier: Einzel- plan 04 (Tagesordnungspunkt I.13) Die Stiftung für das sorbische Volk, die mit Zuwen- dungen durch den Bund, den Freistaat Sachsen und das Land Brandenburg die materiellen Grundlagen für den Erhalt, die Bewahrung und Fortentwicklung der sorbi- schen Sprache und Kultur pflegt, organisiert und in enger Abstimmung mit dem Bund Lausitzer Sorben und der Sprache, dem Brauchtum und der Kultur verpflichteten Vereine durchführt, hat in den zurückliegenden Jahren ei- nen permanenten Umstrukturierungsprozess gestaltet. Die Einsparmöglichkeiten sind so voll ausgeschöpft wor- den. Auch für die Zukunft arbeiten die Gremien an Effi- zienzsteigerungen. Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Ferlemann, Enak CDU/CSU 24.11.2004 Fischbach, Ingrid CDU/CSU 24.11.2004 Fritz, Erich G. CDU/CSU 24.11.2004 Haupt, Klaus FDP 24.11.2004 Irber, Brunhilde SPD 24.11.2004 Jonas, Klaus Werner SPD 24.11.2004 Dr. Leonhard, Elke SPD 24.11.2004 Lintner, Eduard CDU/CSU 24.11.2004* * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Maria Michalk (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- Nolte, Claudia CDU/CSU 24.11.2004 Raab, Daniela CDU/CSU 24.11.2004 Scharping, Rudolf SPD 24.11.2004 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 24.11.2004 Dr. Stinner, Rainer FDP 24.11.2004 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 24.11.2004 Wester, Hildegard SPD 24.11.2004 Die von der Bundesregierung im Bundeshaushalts- planentwurf für 2005 vorgesehene Kürzung des Bundes- zuschusses an die Stiftung für das sorbische Volk in Höhe von 775 000 Euro stellt das sorbische Volk jedoch vor die Situation, dass nur durch Reduzierung von Angeboten bzw. Schließung von Kultureinrichtungen die geforderte Einsparsumme erbracht werden kann. Diese Situation haben die Berichterstatter des Haushaltsausschusses aller Fraktionen durch intensiven Kontakt mit den Vertretern in der Lausitz erkannt und sie haben die Aufstockung bei Effizienzsteigerung in Höhe von 500 000 Euro empfoh- len, was der Haushaltsausschuss beschlossen hat. Dafür möchte ich mich als Sorbin ausdrücklich bedanken. Der Antrag der PDS greift noch einmal die bereits ge- führte Diskussion auf. Die intensive Beratung hat deut- lich gemacht, dass die Aufstockung auf 8 Millionen Euro Gesamtzuschuss des Bundes keine Mehrheit im Deut- schen Bundestag findet. Deshalb ist der Antrag populis- tisch. Das ist keine verantwortungsvolle Politik. 141. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. November 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Franz Müntefering


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Wenn das Selbstironie ist, dann ist das ja in Ordnung;

    das habe ich ja genau so aufgefasst. Denn Sie haben iro-
    nisch beschrieben, wie es sich tatsächlich verhält. Sie ha-
    ben gesagt, Sie hoffen, dass es dem Land nie so dreckig
    geht, dass es auf Leute wie Sie angewiesen ist. Das ist
    eine schöne Ironie; dazu kann ich Sie nur beglückwün-
    schen. Das ist wirklich gut.


    (Beifall bei der SPD)

    In den vergangenen Monaten ist in der deutschen Po-

    litik einiges klarer geworden. Wir setzen uns mit unserer
    Politik durch und das ist gut. Das ist wie im Irakkonflikt,
    als die CDU/CSU überwiegend meinungslos laviert hat.
    Heute verhält sie sich in der Innenpolitik genauso wie
    damals beim Irakkonflikt.

    Zu den Fragen der Innenpolitik gehört auch die Bildung.
    Auch Frau Merkel hat eben wieder betont: Die Bildung
    ist sehr wichtig. Darüber können wir uns schnell einigen.
    Wenn wir uns die Meldungen über die neue PISA-Studie
    anschauen, dann ist eines klar – ohne dass wir die Ergeb-
    nisse, die erst Anfang Dezember veröffentlicht werden,
    genauer kennen –: Drei Dinge müssen in diesem Land in
    Angriff genommen werden. Die frühkindliche Bildung
    muss ein größeres Gewicht bekommen, als sie es bisher
    hat. Dafür treten wir ein.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Glos [CDU/CSU]: Die hat bei Ihnen gefehlt, Herr Müntefering!)

    – Bei Ihnen hat sie offensichtlich nicht funktioniert, Herr
    Glos; sonst würden Sie nicht immer dazwischen-
    schreien. Hören Sie einmal genau zu!


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr primitiv! Schämen Sie sich!)


    „Frühkindlich“ heißt auch: bei den unter Dreijährigen.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sie haben wenig dazugelernt!)

    Den Begriff „Krippe“ kennen Sie doch in Bayern gar
    nicht. Sie glauben, das hätte etwas mit Weihnachten zu
    tun; es hat aber auch noch etwas mit den unter Dreijähri-
    gen zu tun, Herr Glos.


    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Glos [CDU/CSU]: Das hat auch was damit zu tun, wo man dransitzt und sich mästet!)


    Wir wissen alle, wie wichtig die ersten Jahre im Leben
    eines Menschen sind.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Da ist bei Ihnen etwas versäumt worden!)


    Also fangen wir dort an. Der Bund gibt den Städten und
    Gemeinden freiwillig Geld, damit sie sich in diesem Be-
    reich besser engagieren können als bisher. Das ist rich-
    tig.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Nein! Das ist falsch! Da bleibt nichts übrig!)


    Das zweite, was ich zum Thema Bildung sagen will,
    betrifft die Selektion, die Feststellung, für welche wei-
    terführende Schule jemand mit neun oder zehn Jahren
    geeignet ist. Wir machen auf der Bundesebene keine
    Vorschläge und treffen keine Festlegungen darüber, wel-
    che Strukturen eine Schule haben soll. Ob man das nach
    acht, zehn oder zwölf Jahren in der Schule entscheiden
    muss, das weiß ich nicht und will es auch nicht festle-
    gen. Das muss in den Ländern entschieden werden. Ei-
    nes allerdings ist klar – davor kann niemand mehr weg-
    laufen, auch nicht mit waghalsigen Begriffen, die
    agitatorisch dagegengesetzt werden –: In einem Alter
    von neun oder zehn Jahren zu entscheiden, welche wei-
    terführende Schule ein Mensch besuchen kann – das ist
    zu früh, das ist falsch; das muss korrigiert werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir haben in Deutschland festzustellen, dass
    75 Prozent der Kinder aus Akademikerfamilien eine
    Universität besuchen, dass es aber bei Arbeiterfamilien
    oder solchen mit den untersten Einkommen nur
    20 Prozent sind. Das ist nicht in Ordnung. Darauf gibt es
    keine schnelle Antwort. Anfangen müssen wir bei den
    Kindern selbst. Wir müssen die Eltern ansprechen; wir
    müssen die Schulen ansprechen, aber wir müssen auch
    die Kinder ansprechen. Deshalb sage ich im Hinblick auf
    den von mir angesprochenen Sachverhalt, aber auch im
    Hinblick auf den Sachverhalt der Migration:






    (A) (C)



    (B) (D)


    Franz Müntefering

    Wir müssen uns in Deutschland darauf verständigen, ei-
    nen Sprachtest für die Vier- bis Fünfjährigen einzufüh-
    ren. Kinder, deren Sprachkompetenz deutliche Mängel
    aufweist, müssen einen obligatorischen Sprachkurs be-
    suchen, sodass sie die Möglichkeit erhalten, in der
    Schule zu bestehen. So praktisch und einfach ist das zu
    regeln, aber es kostet auch Geld.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Dass manches in diesem Bereich in Deutschland im
    Argen liegt, ist wahr, aber nicht Schuld des Bundes.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Am ärgsten ist es dort, wo die SPD am längsten regiert hat!)


    Es ist nicht Ihre und nicht unsere Schuld. Da Frau
    Merkel soeben betont hat, in der Föderalismuskommis-
    sion müsse klar sein, dass sich der Bund nicht in das
    Schulwesen einmischen dürfe, möchte ich noch einmal
    klarstellen, dass das niemand von uns gefordert hat. Ich
    weiß nicht, wer Sie darüber informiert hat, ich möchte es
    hier nur noch einmal klarstellen. Wir kennen diese Ein-
    stellung und respektieren sie. Die Verantwortung für die
    Schulen liegt bei den Ländern.

    Hochmut ist an dieser Stelle jedoch nicht nötig; denn
    das, was in den letzten 20 Jahren von der KMK geleistet
    worden ist, ist so gut offensichtlich auch wieder nicht
    gewesen; denn sonst hätte es Weltspitze zutage geför-
    dert.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das muss man unter Freunden aus Bund und Ländern
    auch sagen dürfen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Macht er unser Land schlecht?)


    Sie klagen über Löcher im Haushalt und verhindern
    gleichzeitig den Abbau von Steuervergünstigungen.
    Das ist eine Geschichte, die Sie offensichtlich völlig ver-
    drängen. Im März oder April des letzten Jahres gab es
    die Möglichkeit, im Bundesrat zu stehen. Wenn diejeni-
    gen, die im Bundesrat in der Mehrheit sind – hier sind
    sie in der Opposition –, mitgestimmt hätten, hätten die
    Kommunen 4,4 Milliarden Euro, die Länder 8 bis 9 Mil-
    liarden Euro mehr gehabt und auch der Bund stünde in
    dieser Legislaturperiode besser da.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Völlig falsch!)


    Die Spitze der Heuchelei ist, wenn CDU-Bürgermeis-
    ter oder -Ministerpräsidenten durchs Land marschieren
    und sich darüber beschweren, dass sie kein Geld haben,
    aber dann, wenn es bei der Abstimmung darauf an-
    kommt, kneifen. Das geht nicht und das lassen wir Ihnen
    auch nicht durchgehen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Das ist auch nicht gemacht worden!)

    Sie sprechen über den Schuldenstand. Herr Merz hat
    gestern damit begonnen und Frau Merkel hat es heute
    fortgesetzt. Damit Sie wissen, wie es zu diesem Stand
    kam, möchte ich ganz nüchtern die Zahlen nennen: Im
    Jahr 1982 lag die Verschuldung pro Kopf bei
    2 750 Euro. In den 16 Jahren Helmut Kohl kamen
    11 220 Euro pro Kopf dazu. Das macht 68 Prozent des
    heutigen Schuldenstands aus. Bei uns sind noch einmal
    2 530 Euro hinzugekommen. Während Ihrer Regie-
    rungszeit – ich sage es noch einmal – wuchs die Ver-
    schuldung um 11 220 Euro. Das zu dem Thema, wie viel
    Schulden in jedem Kinderwagen oder jedem Kinderbett-
    chen liegen. Sie haben uns weiß Gott nichts vorzurech-
    nen. Erinnern Sie sich einmal daran, was Sie in der Re-
    gierungszeit von Helmut Kohl aufgehäuft haben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Rot-grüner Schuldenrekord!)


    Bei Hartz IV waren Sie halbherzig dabei: hinter ver-
    schlossenen Türen knallhart, beim leichtesten Gegen-
    wind aber butterweich. Herr Milbradt hat seine Quittung
    dafür schon bekommen. Er hat die Mehrheit verloren
    und im Sächsischen Landtag Schwierigkeiten gehabt,
    gewählt zu werden. Auch der Generalrevisor Rüttgers in
    Nordrhein-Westfalen sackt mittlerweile durch. Sein Vor-
    sprung ist hin.

    Dies ist überhaupt ein interessantes Thema. Im Fe-
    bruar wird in Schleswig-Holstein und im Mai in Nord-
    rhein-Westfalen gewählt. Heide Simonis und Peer
    Steinbrück haben gut aufgeholt. Sicher geglaubte Wahl-
    siege der CDU geraten ins Wanken.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Warten Sie ab!)


    Es stellt sich heraus: Rot-Grün ist eben doch das Beste,
    was es zurzeit als Koalition in Deutschland gibt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Entscheidungen sind offen. Wir können es schaffen.
    Es macht wieder Spaß. Für einen Wahlsieg von Heide
    Simonis nehme ich sogar in Kauf, dass auch in den kom-
    menden Jahren hier in der ersten Reihe Herr Austermann
    sitzt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich möchte zu Hartz IV zurückkommen. Es ist interes-
    sant zu sehen, wie unterschiedlich die Einführung an-
    läuft. Wenn man sich beispielsweise in Lübeck in Schles-
    wig-Holstein umsieht und mit den Verantwortlichen der
    Arbeitsgemeinschaft spricht, weiß man, dass sie funktio-
    nieren wird. Rund 80 Prozent der Anträge sind bereits
    eingegangen, die meisten auch schon bearbeitet. Mitte
    Dezember soll die Vorbereitungsphase abgeschlossen
    sein. Dass es so gut läuft, ist auch darauf zurückzuführen,
    dass sich die Ministerpräsidentin persönlich darum küm-
    mert und dafür sorgt, dass es vorangeht.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Um jeden Antrag?)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Franz Müntefering

    Aus anderen Regionen, beispielsweise aus Hessen,

    hört man anderes. Ich kann nur davor warnen, durch
    schleppende Einführung zu versuchen, das ganze Sys-
    tem infrage zu stellen. Das geht auf Kosten der Men-
    schen.

    Wundern würde eine solche Taktik der Hessischen
    Landesregierung allerdings nicht; denn vergleichbar ver-
    hält sie sich auch beim Projekt der Ganztagsschulen. Die
    Behauptung von Herrn Koch, dass es nichts nütze, für
    die Ganztagsschulen für die Dauer von vier Jahren je-
    weils 1 Milliarde Euro pro Jahr zur Verfügung zu stellen,
    und dass diese Maßnahme zu nichts außer zu Cafeteria-
    programmen führe, steht in erheblichen Widerspruch zu
    den Erfahrungen, die in anderen Ländern gemacht wur-
    den.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn Ministerpräsidenten von CDU und CSU, die der
    Koalition bei diesem Thema keinen Erfolg wünschen,
    versuchen, dieses Projekt schlechtzureden, dann ist das
    gegenüber den Menschen in ihrem eigenen Land nicht in
    Ordnung.

    Diese seltsame Art und Weise, mit der Innenpolitik
    umzugehen, hat sich auch bei den Beratungen des Haus-
    haltes, über den wir im Augenblick sprechen, gezeigt.
    Ich will nur ein paar Ihrer unglaublichsten Änderungs-
    vorschläge vortragen: Für die Sozialhilfe wollen Sie im
    nächsten Jahr 1 Milliarde Euro weniger zur Verfügung
    stellen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Quatsch!)

    – Das ist Quatsch; das ist richtig.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Diese Kürzung hätte natürlich Konsequenzen für dieje-
    nigen, für die dieses Geld eingeplant war. Sie wollen,
    dass die Mittel für die Bundesagentur für Arbeit um
    1 Milliarde Euro gekürzt werden.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Quatsch! – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Fragen Sie doch mal den, der das beantragt hat!)


    Das passt zu dem, was ich eben angesprochen habe. Sie
    wollen ihr das Geld wegnehmen, das sie braucht, um die
    vernünftige Umsetzung von Hartz IV gewährleisten zu
    können. An dieser Stelle wollen Sie also 1 Milliarde
    Euro streichen; so ist das.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Bei den Ich-AGs!)


    Besonders peinlich ist: Sie wollen die Mittel für die Pro-
    gramme gegen Rechtsextremismus um 5 Millionen
    Euro kürzen.


    (Zurufe von der SPD: Ja! – Genau!)

    Sie haben sich geweigert zuzustimmen, diese Mittel bei
    ihrer bisherigen Höhe zu belassen.

    Vor diesem Hintergrund habe ich mir die Haushalte
    der letzten Jahre angesehen und festgestellt, dass die
    CDU/CSU-Fraktion im Jahre 2003 die Mittel für die
    Programme gegen Rechtsextremismus und die damit zu-
    sammenhängenden Probleme um 20 Millionen Euro
    kürzen wollte. Deshalb sage ich Ihnen: Wenn Sie über
    die Verwerfungen in diesem Lande sprechen und sagen,
    worum man sich kümmern muss, dann sollten Sie an
    dieser Stelle ganz vorsichtig sein. In diesem Bereich pas-
    siert nämlich Folgendes: Hier engagieren sich junge wie
    ältere Leute in kleinen und größeren Organisationen. Sie
    haben nur relativ wenig Geld zur Verfügung. Sie machen
    den Menschen Mut, die von Rechten bzw. – um es kon-
    kret zu sagen – von Neonazis verfolgt sind. Das ist eine
    sehr ehrenwerte Sache, die wir würdigen sollten, statt die
    Mittel für diesen Bereich zu kürzen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Einer Ihrer Vorschläge ist, alle Steinkohlezechen in
    Deutschland sofort stillzulegen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Quatsch!)

    Hier sollen 1,6 Milliarden Euro gestrichen werden. Wer
    sich ein bisschen mit den Zusammenhängen in diesem
    Bereich auskennt, der weiß: Wenn man die Vereinbarung
    bricht und kein Geld mehr zahlt, dann ist das zu Ende.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Kennen Sie die Liquidität der Unternehmen? – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sie pumpen sich doch zurzeit Geld bei der Steinkohle!)


    Wenn Sie, Herr Austermann und Herr Westerwelle, an
    dieser Stelle 1,6 Milliarden Euro streichen, dann bedeu-
    tet das, dass alle Steinkohlezechen, die es in unserem
    Land gibt, im nächsten Jahr stillgelegt werden müssen.
    Das ist unverantwortlich und widerspricht allen Verein-
    barungen, Herr Austermann.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist völliger Quatsch! Sie pumpen sich Geld bei der Kohle!)


    Der interessanteste Kürzungsvorschlag der FDP ist,
    die Zuschüsse zur gesetzlichen Krankenversicherung
    um 1 Milliarde Euro zu kürzen.


    (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

    Das sagt die Fraktion, die immer so viel über Lohnne-
    benkosten redet. 1 Milliarde Euro weniger für die ge-
    setzliche Krankenversicherung bedeutet, dass die Lohn-
    nebenkosten steigen bzw. weniger gesenkt werden
    können. Etwas anderes kann das nicht sein.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Was ist denn mit der Tabaksteuer? – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Wer hat das unsinnige Tabaksteuergesetz gemacht?)


    Logisch und konsequent finde ich das alles nicht. Sie
    wollen nur zeigen, dass Sie etwas anders als wir machen
    wollen.

    Weil all das mit der Frage zu tun hat, wer eigentlich
    für dieses Land kämpft und sorgt, sprechen Sie gerne






    (A) (C)



    (B) (D)


    Franz Müntefering

    von Patriotismus. Sie versuchen dabei, das Land
    schlechtzureden und klein zu machen. Frau Merkel, Ih-
    nen fehlt die Souveränität, auch als Opposition unserem
    Land zu dienen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ihnen fehlen Augenmaß und Verantwortung. Deshalb
    sage ich: Wer Patriot ist, der sorgt dafür, dass Sie dieses
    Land nicht regieren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Legende von der Kopfpauschale zeigt Ihre Unfä-
    higkeit, ein vernünftiges Ziel zu beschreiben und den
    Weg dahin zu markieren. Das Problem, das Sie haben,
    ist: Sie glauben, je rigoroser eine Reform ist, desto bes-
    ser ist sie. Dem ist aber nicht so. Reformen sind kein
    Selbstzweck. Sie dienen einem Ziel. Dieses Ziel muss
    man beschreiben. Wenn man dieses Ziel nicht klar vor
    Augen hat, kann man die Reformen, die man durchführt,
    nicht auf dieses Ziel ausrichten.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Jetzt kritisieren Sie den Bundeskanzler!)


    Das ist Ihr Problem.
    An dieser Stelle sind wir entschieden und sagen ganz

    klar: Wir werden unser Sozialwesen stärker als bisher
    mit einem vernünftigen Mix von Sozialversicherungs-
    systemen bisheriger Art, Steuern und Zuzahlungen zu
    organisieren haben.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Jetzt kritisiert er den Bundeskanzler aber ganz gewaltig!)


    Aber der Kern bleibt auf jeden Fall solidarisch finan-
    ziert. Denn trotz allem, was man sich sonst vorstellen
    kann, ist eines ganz sicher: Die beste Sicherung der exis-
    tenziellen Risiken des Lebens besteht darin, dass Men-
    schen für Menschen, Generationen für Generationen,
    Gesunde für Kranke und Junge für Alte eintreten. Das ist
    der Grundgedanke unserer Sozialsysteme. Das wollen
    wir auch in Zukunft so halten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie reden von Prinzipien, halten sich aber nicht an sie.
    Das gilt auch für den Bereich der Demokratie. Hier wen-
    den Sie sich zum Beispiel gegen die Möglichkeiten, die
    die Einführung von Plebisziten und Referenden bieten
    würde. CDU und CSU tun dies übrigens unterschiedlich
    stark. Die FDP sieht das Gott sei Dank anders. Ich hoffe,
    dass wir darüber in einem vernünftigen Ton sprechen
    können. Aber Sie wenden sich auch gegen das, was De-
    mokratie in unserer Wirtschaft ausmacht: Mitbestim-
    mung und Betriebsverfassung, Kündigungsschutz. Sie
    sagen: Kleinigkeit, es macht doch nichts, wenn der Kün-
    digungsschutz erst für Betriebe ab 20 Mitarbeitern gilt.
    Das hieße aber, in 90 Prozent aller Betriebe gäbe es
    überhaupt keinen Kündigungsschutz mehr. Das wäre das
    Ergebnis dessen, was Sie fordern – mit den Konsequen-
    zen für den Arbeitsmarkt, die Sie kennen.
    Die Mitbestimmung ist ein Teil der Kultur unseres
    Landes, sie hat uns allen genutzt. Deshalb werden wir sie
    nicht aufgeben. Das gilt für die Betriebsverfassung in
    gleicher Weise und auch für die Tarifautonomie. Wir
    wissen, dass Betriebe erfolgreich sein müssen, dass sie
    schwarze Zahlen schreiben müssen, aber wir wissen
    auch, dass die Menschen in den Betrieben – die Gewerk-
    schafter, die Betriebsräte, die Arbeitnehmerinnen und
    Arbeitnehmer – bereit und willens sind und tausendmal
    bewiesen haben, dass sie nicht die fünfte Kolonne im
    Betrieb sind, sondern dass sie mithelfen, dass der Betrieb
    einen guten und erfolgreichen Weg einschlagen kann.
    Dass wir Mitbestimmung haben, tut unserer Wirtschaft
    gut und nicht umgekehrt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ein paar Worte zu der Diskussion der letzten Tage
    über Fragen der Migration in diesem Lande; sie ist in
    erheblichem Maße von Herrn Stoiber und anderen aus-
    gelöst worden. Frau Sager hat dazu einiges gesagt. Ich
    will das ausdrücklich unterstreichen und mich dafür be-
    danken; auch für das, was der Bundeskanzler dazu ge-
    sagt hat. Heute lese ich, dass 65 Prozent der Menschen
    bei uns im Lande sagen, dass Ausländer und Deutsche in
    ihrer Gegend ein normales, nachbarschaftliches Verhält-
    nis pflegten. 22 Prozent sagen, es gibt ein sehr gutes Ver-
    hältnis zueinander. Deshalb sage ich: Wir müssen in
    Deutschland aufpassen, dass wir nicht leichtfertig eine
    Debatte beginnen und sich ausweiten lassen, die so nicht
    geführt werden sollte. Alles in allem ist das Zusammen-
    leben zwischen Deutschen und Nichtdeutschen in Ord-
    nung.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das hat etwas damit zu tun, dass viele bereit sind, sich
    einzubringen und sich gemäß unserem Grundgesetz zu
    verhalten. Da das Wort so oft auf die Kultur des Landes
    kommt, soll noch einmal an das Grundgesetz erinnert
    werden. Darin steht das, was die gemeinsame Basis für
    uns alle in diesem Land sein kann:

    Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu
    achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staat-
    lichen Gewalt.
    Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unver-
    letzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten
    als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft,
    des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

    Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner
    Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer
    verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige
    Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

    Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.







    (A) (C)



    (B) (D)


    Franz Müntefering

    Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner
    Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner
    Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner reli-
    giösen oder politischen Anschauungen benachtei-
    ligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen
    seiner Behinderung benachteiligt werden.

    Wenn wir uns fragen, was die Grundlage dafür ist,
    wie wir gemeinsam in diesem Land leben wollen – die,
    die einen deutschen Pass haben, und die, die einen ande-
    ren Pass haben –, dann ist es dieses.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir leben in diesem Land und auch in diesem Haus
    mit sehr unterschiedlichen eigenen Erfahrungen, was
    Religion angeht. Wie in der gesamten Republik gibt es
    auch hier Christen, Agnostiker und Atheisten. Viele von
    uns wissen gar nicht, wie der andere an dieser Stelle
    letztlich denkt. Das ist auch nicht schlimm,


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ist alles egal!)


    weil die Politik, die Gesellschaft und der Staat nicht die
    Aufgabe haben, die letzten Sinnfragen des Lebens zu lö-
    sen. Das ist die Sache jedes Einzelnen. Die gemeinsame
    Basis, die durch dieses Grundgesetz gelegt wurde, kann
    uns alle miteinander tragen. Das muss auch für diejeni-
    gen gelten, die mit einem anderen Ausweis hier bei uns
    im Lande leben.

    Ich glaube, dass wir hier nicht mutlos sein dürfen. Wir
    selbst haben in unserem Land über viele Jahre, Jahrzehnte
    und Jahrhunderte hinweg eine Erfahrung gemacht, die
    wir nicht beiseite schieben dürfen. Leute meiner Alters-
    klasse sind noch in eine katholische oder – zwei Straßen
    weiter – evangelische Grundschule gegangen.


    (Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Sie sind in die Schule gegangen? – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Davon merkt man aber nichts mehr!)


    In der politischen Landschaft dieses Landes wurde da-
    rüber gestritten, ob Katholiken und Evangelen zusam-
    men in eine Schule gehen können. Danach wurde da-
    rüber gestritten, ob Jungen und Mädchen gemeinsam in
    eine Schule gehen können. Das alles geschah während
    meines Lebens und wir feixen jetzt herum, wenn Men-
    schen, die aus anderen Kulturen kommen, heute noch
    solche Vorstellungen haben und sich erst an das gewöh-
    nen müssen, was wir längst gelernt haben. Warum haben
    wir nicht den Mut, die große Idee der Freiheit und des
    sozialen Fortschritts, die mit diesem Grundgesetz und
    mit dieser Republik verbunden ist, auch ihnen nahe zu
    bringen? Ich sage euch: Das werden wir miteinander
    doch schaffen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Weshalb sind Sie an dieser Stelle so defensiv?
    Abschließend bitte ich darum, sich gegenseitig ernst

    zu nehmen und Menschen nicht zu demütigen. Das
    scheint mir beim Umgang mit den Menschen anderen
    Glaubens, anderer Religion und anderer Herkunft das
    Wichtigste zu sein.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Manchmal ist das bei uns nicht so. Wir begegnen ihnen
    und sagen ihnen etwas mit der Geste eines Besserwis-
    sers. Ich weiß, dass dies leicht geschieht. Selbst das, was
    ich eben gesagt habe, strahlte aus, dass wir Recht haben
    und dass sie sich unserem Grundgesetz unterordnen sol-
    len; das ist so und das meine ich auch so. Deshalb ist es
    wichtig, dass man dies in einer Art und Weise tut, durch
    die die Menschen nicht gedemütigt werden. Das ist mir
    ganz wichtig. Manchmal klingt das aber durch.

    Wir müssen auch aufpassen, dass sich diese Debatte
    um die Integration nicht auf unselige Weise mit Terro-
    rismus und Extremismus vermischt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das sind zwei verschiedene Dinge. Die Integration und
    die Entwicklung dieses Landes mit 3,3 Millionen musli-
    misch geprägten Menschen sind etwas anderes als die
    Unterstützung des Extremismus und des Terrorismus in
    dieser Welt. Das dürfen wir nicht miteinander vermi-
    schen.

    Ich glaube, dass wir die Debatte, die im Augenblick
    geführt wird, nutzen können, um daraus etwas Gutes zu
    machen. Ich bin mir sicher, dass wir das können, wenn
    wir uns darüber bewusst sind, dass wir nicht unfehlbar
    sind – weiß Gott nicht – und dass dieses Land mit die-
    sem Grundgesetz und aufgrund der Praxis, in der wir
    miteinander leben, eine Grundlage dafür hat, das zu
    schaffen. Wir werden die, die hinzukommen, davon
    überzeugen, dass dieses Grundgesetz und die Grund-
    werte unserer Politik auch für sie den Weg in eine ge-
    meinsame gute Zukunft zeigen.

    In diesem Sinne vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Hermann Otto

Solms für die FDP-Fraktion, dem ich im Namen des
ganzen Hauses zu seinem heutigen Geburtstag herzlich
gratulieren möchte.


(Beifall)

Leider hat ihm seine Fraktion nur eine so schäbig kurze
Redezeit eingeräumt, dass sie gerade zum Dank für die
Glückwünsche reicht.


(Heiterkeit)

Ich setze Ihr Einverständnis damit voraus, dass der Prä-
sident die angemeldete Redezeit noch liberaler interpre-
tiert als seine eigene Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

    bedanke mich bei Ihnen für die Glückwünsche. – Die






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Hermann Otto Solms

    kurze Redezeit zwingt mich dazu, mich auf Wesentliches
    zu konzentrieren. Das will ich auch tun.

    Herr Müntefering hat durchaus Recht: Unsere Auf-
    gabe als Politiker, aber auch die der Bundesregierung ist
    es, alles dafür zu tun, dass die Lebensverhältnisse der
    Menschen in Deutschland verbessert werden und sie
    neue Lebenschancen bekommen. Wo drückt sich das
    besser aus als in der Arbeitslosen- und Beschäftigungs-
    statistik? Da muss ich Ihnen nun Folgendes vorhalten:
    Im Oktober 1998 waren es 3,893 Millionen Arbeitslose.
    Im Oktober dieses Jahres waren es 4,2 Millionen Ar-
    beitslose. Eine Verbesserung ist dort beim besten Willen
    nicht festzustellen. Es ist immer gut, sich an die Fakten
    zu halten.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Eine leichte Verbesserung gibt es ausschließlich bei den
    geringfügig Beschäftigten oder den in Ich-AGs Beschäf-
    tigten,


    (Franz Müntefering [SPD]: Was heißt denn „ausschließlich“?)


    von denen wir wissen, dass sie aus dem Wettbewerb
    weitgehend wieder ausscheiden werden. Es gibt also
    keine nachhaltige Verbesserung.

    Ich habe den Reden des Herrn Bundeskanzler und des
    Bundesfinanzministers sehr aufmerksam zugehört und
    habe überhaupt keine neuen strategischen Vorschläge er-
    kennen können.

    Die Schlacht um die Agenda 2010 hat die rot-grüne
    Truppe so erschöpft, dass sie jetzt für anderthalb Jahre in
    die Reha geschickt werden muss. Es soll nichts mehr ge-
    schehen – das habe ich aus den Reden herausgehört.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dabei hat Rot-Grün einige vernünftige Ansätze gehabt
    – darauf will ich noch einmal hinweisen –, aber durch
    eine schlechte Ausführung den Ansatz von vornherein
    zunichte gemacht.

    Der erste Ansatz, Herr Bundesfinanzminister, war
    Ihre Steuerreform. Sie war halbherzig und ist auf halbem
    Wege stecken geblieben, von Vereinfachung konnte
    keine Rede sein. Aber sie hatte auch vernünftige An-
    sätze. Warum hat sie keine ökonomische Wirkung er-
    zielt? Durch Steuererhöhungen an anderer Stelle und
    durch Erhöhung der Beiträge für die sozialen Siche-
    rungssysteme haben Sie den Effekt wieder zunichte ge-
    macht.

    Die Bürger und Unternehmen wurden nicht entlastet.
    Deswegen ist es kein Wunder, dass wir im vierten Jahr in
    Folge einen Rückgang der Investitionstätigkeit in
    Deutschland verspüren. Das hat zur Steigerung der Ar-
    beitslosigkeit beigetragen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir, die FDP, legen einen konkret ausformulierten
    Vorschlag für eine Steuerreform vor, der zu einer drama-
    tischen Vereinfachung des Steuerrechtes führen würde
    und in der Lage wäre, das Vertrauen von Sparern und In-
    vestoren in Deutschland zurückzugewinnen. Darauf
    kommt es an. Das muss angegangen werden; denn wenn
    wir nicht zu Entlastungen kommen, dann wird es keinen
    Investitionsprozess, keine neuen Arbeitsplätze und auch
    nicht mehr Steuer- und Beitragszahler geben. Das heißt,
    dass dann die Haushalte und die sozialen Kassen in noch
    größere Not geraten werden.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Der zweite richtige Ansatz der Regierung war, der
    Rentenversicherung eine kapitalgedeckte private Alters-
    vorsorge zur Seite zu stellen, Stichwort: Riester-Rente.
    Wir, die FDP, haben damals Walter Riester bei seinem
    Vorhaben klar unterstützt. Warum ist die Riester-Rente
    ein Flop geworden?


    (Joachim Poß [SPD]: 4 Millionen Verträge sind kein Flop!)


    Sie haben überreguliert, bürokratisiert und bestimmte
    Kriterien eingezogen – ich nenne hier beispielsweise das
    Verbot der Vererbbarkeit –, sodass die Bürger die
    Riester-Rente nicht in der notwendigen Weise angenom-
    men haben.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das Schlimme dabei ist, dass Sie ein gutes Vorhaben da-
    durch, dass Sie es schlecht ausgeführt haben, in den Au-
    gen der Öffentlichkeit diskreditiert haben. Das Ergebnis
    ist, dass ein neuer Anlauf schwerlich auf Akzeptanz sto-
    ßen wird.

    Der dritte Ansatz ist Hartz IV. Es ist richtig, arbeits-
    fähige Menschen ohne Beschäftigung wieder in Lohn
    und Brot bringen zu wollen und dabei auch Druck auszu-
    üben. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Die
    andere Seite der Medaille ist, dass Sie den Arbeitsmarkt
    zwingend öffnen und liberalisieren müssen, damit die
    Menschen überhaupt eine Chance auf Beschäftigung be-
    kommen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Genau das haben Sie nicht getan, weil die Gewerk-
    schaftsmitglieder in Ihren eigenen Reihen das verhindert
    haben. Es ist zwingend notwendig, den Arbeitsmarkt zu
    öffnen, das Kündigungsschutzrecht zu liberalisieren, die
    Tarifautonomie durch betriebliche Bündnisse für Arbeit
    zu ergänzen und ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, da-
    mit diejenigen, die jetzt weniger Geld erhalten, die
    Chance haben, durch eigene Arbeit ihr Einkommen zu
    verbessern. All das ist nicht geschehen. Auch dazu hat
    die FDP ganz konkrete, vernünftige und sofort umsetz-
    bare Vorschläge gemacht. Das wird alles in das Wahlpro-
    gramm einfließen, wenn Sie nicht bereit sind, freiwillig
    den Weg der Erkenntnis zu gehen.


    (Beifall bei der FDP)

    Schließlich noch ein Wort zur Gesundheitspolitik: Mit

    Ihrer Bürgerversicherung haben Sie sich völlig






    (A) (C)



    (B) (D)


    Dr. Hermann Otto Solms

    verrannt. Das einzig Gute daran ist der Name. Sie reden
    schon gar nicht mehr über die Inhalte,


    (Peter Dreßen [SPD]: Die Inhalte sind gut!)

    weil Sie wissen, dass das so nichts wird. Alle Berech-
    nungen gehen daneben. Das Kanzleramt dämpft die Er-
    wartungen und sagt, man solle nicht weiter darüber re-
    den. Deswegen wird vor der Wahl auch nichts passieren.
    Die CDU hat sich leider Gottes auch verrannt. Wir sind
    bereit, beiden auf die Sprünge zu helfen, um zu einem
    richtigen, wettbewerbsorientierten und bürgerorientier-
    ten Gesundheitssystem, selbstverständlich mit sozialer
    Flankierung, zu kommen.


    (Beifall bei der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Solidarität wird bei Ihnen in der Krankenversicherung abgeschafft!)


    Das wird uns auch hier aus der Not heraushelfen und ins-
    besondere die Gesundheitskosten von den Arbeitskosten
    trennen, damit die Arbeit in Deutschland wieder wettbe-
    werbsfähig wird.


    (Beifall bei der FDP)

    Wenn wir insgesamt im Ergebnis nicht zu mehr Wettbe-
    werbsfähigkeit der Arbeit in Deutschland kommen, dann
    sind alle anderen Versuche vergebens.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Da sind wir uns einig!)


    Deswegen müssen wir uns darauf konzentrieren. Dazu
    machen wir konkrete Vorschläge, die auch angegriffen
    werden können; aber das ist wenigstens eine ehrliche Po-
    litik. Wir sind bereit, von heute ab sofort mit jedem zu-
    sammenzuarbeiten, der uns hilft, so schnell wie möglich
    Verbesserungen zu erzielen.

    Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)