Plenarprotokoll 15/56
            Abgabe einer Erklärung durch den Bun-
            deskanzler: Deutschland bewegt sich –
            mehr Dynamik für Wachstum und Be-
            schäftigung
            in Verbindung mit
            Tagesordnungspunkt 7:
            a) Erste Beratung des von den Fraktionen
            der SPD und des BÜNDNISSES 90/
            DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
            wurfs eines Gesetzes zur Förderung
            der Steuerehrlichkeit
            (Drucksache 15/1309) . . . . . . . . . . . . .
            b) Erste Beratung des von den Abgeord-
            neten Dr. Hermann Otto Solms,
            der FDP: Steuersenkung vorziehen
            (Drucksache 15/1221) . . . . . . . . . . . . .
            Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . .
            Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . .
            Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . .
            Krista Sager BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . .
            Krista Sager BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . .
            Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            4583 A
            4583 A
            4583 B
            4583 C
            4587 D
            4592 D
            4596 D
            4600 A
            4603 B
            4603 C
            4603 D
            4608 A
            Deutscher B
            Stenografisc
            56. Sit
            Berlin, Donnerstag
            I n h a
            Begrüßung des Marschall des Sejm der Repu-
            blik Polen, Herrn Marek Borowski . . . . . . .
            Begrüßung des Mitgliedes der Europäischen
            Kommission, Herrn Günter Verheugen . . .
            Begrüßung des neuen Abgeordneten Michael
            Kauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Benennung des Abgeordneten Rainder
            Steenblock als stellvertretendes Mitglied im
            Programmbeirat für die Sonderpostwert-
            zeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . .
            Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . .
            Zusatztagesordnungspunkt 1:
            4621 C
            4621 D
            4581 A
            4581 B
            4582 D
            4581 B
            Dr. Andreas Pinkwart, weiteren Ab-
            geordneten und der Fraktion der FDP
            eingebrachten Entwurfs eines Geset-
            zes zur vereinfachten Nachversteue-
            undestag
            her Bericht
            zung
            , den 3. Juli 2003
            l t :
            rung als Brücke in die Steuerehr-
            lichkeit
            (Drucksache 15/470) . . . . . . . . . . . . . .
            in Verbindung mit
            Tagesordnungspunkt 19:
            a) Antrag der Abgeordneten Dr. Michael
            Meister, Friedrich Merz, weiterer Ab-
            geordneter und der Fraktion der CDU/
            CSU: Steuern: Niedriger – Einfa-
            cher – Gerechter
            (Drucksache 15/1231) . . . . . . . . . . . . .
            b) Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann
            Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            4583 A
            4583 A
            Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . .
            Anja Hajduk BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            .
            .
            4610 D
            4611 D
            II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
            Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . .
            Gabriele Frechen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . .
            Dr. Ernst Dieter Rossmann SPD . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 3:
            Zweite Beratung und Schlussabstimmung
            über den von der Bundesregierung einge-
            brachten Entwurf eines Gesetzes zu dem
            Vertrag vom 16. April 2003 über den
            Beitritt der Tschechischen Republik,
            der Republik Estland, der Republik Zy-
            pern, der Republik Lettland, der Repu-
            blik Litauen, der Republik Ungarn, der
            Republik Malta, der Republik Polen,
            der Republik Slowenien und der Slowa-
            kischen Republik zur Europäischen
            Union
            (Drucksachen 15/1100, 15/1200, 15/1300,
            15/1301) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . . . . . . .
            Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . .
            Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . .
            Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . .
            Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . .
            Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . .
            Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
            FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . .
            Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU . . . . . . . . . . .
            Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU . . . . . . . . . . .
            Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dietmar Nietan SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Michael Stübgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . .
            Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
            Erika Steinbach zur namentlichen Abstim-
            mung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . .
            Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 25:
            a) Erste Beratung des von der Bundesre-
            gierung eingebrachten Entwurfs eines
            Gesetzes zur Reform des Zulas-
            sungs- und Prüfungsverfahrens des
            4612 D
            4615 B
            4617 C
            4619 A
            4621 B
            4622 A
            4623 D
            4626 C
            4629 B
            4629 D
            4630 B
            4631 A
            4631 D
            4633 A
            4634 C
            4636 C
            4637 A
            4637 B
            4638 A
            4639 B
            4640 C
            4642 A
            4642 A
            Wirtschaftsprüfungsexamens (Wirt-
            schaftsprüfungsexamens-Reform-
            gesetz – WPRefG)
            (Drucksache 15/1241) . . . . . . . . . . . . .
            b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein-
            gebrachten Entwurfs eines Gesetzes
            zur Änderung des Bundesnatur-
            schutzgesetzes
            (Drucksache 15/776) . . . . . . . . . . . . . .
            c) Erste Beratung des von den Abgeord-
            neten Rainer Funke, Joachim Günther
            (Plauen), weiteren Abgeordneten und
            der Fraktion der FDP eingebrachten
            Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur
            Bereinigung von SED-Unrecht
            (Drittes SED-Unrechtsbereinigungs-
            gesetz – 3. SED-UnBerG)
            (Drucksache 15/1235) . . . . . . . . . . . . .
            in Verbindung mit
            Zusatztagesordnungspunkt 2:
            a) Erste Beratung des von den Fraktionen
            der SPD und des BÜNDNISSES 90/
            DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
            wurfs eines Gesetzes zur Änderung
            des Tabaksteuergesetzes und ande-
            rer Verbrauchsteuergesetze
            (Drucksache 15/1313) . . . . . . . . . . . . .
            b) Antrag der Abgeordneten Brunhilde
            Irber, Annette Faße, weiterer Abgeord-
            neter und der Fraktion der SPD sowie
            der Abgeordneten Undine Kurth
            (Quedlinburg), Dr. Reinhard Loske,
            weiterer Abgeordneter und der Frak-
            tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
            NEN: Reisen ohne Handicap – Für
            ein barrierefreies Reisen und Na-
            turerleben in unserem Land
            (Drucksache 15/1306) . . . . . . . . . . . . .
            c) Antrag der Abgeordneten Hans
            Büttner (Ingolstadt), Reinhold Hemker,
            weiterer Abgeordneter und der Frak-
            tion der SPD sowie der Abgeordneten
            Thilo Hoppe, Hans-Christian Ströbele,
            weiterer Abgeordneter und der Frak-
            tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
            NEN: Unterstützung von Landrefor-
            men zur Bekämpfung der Armut
            und der Hungerkrise im südlichen
            Afrika
            (Drucksache 15/1307) . . . . . . . . . . . . .
            d) Antrag der Abgeordneten Reinhold
            Hemker, Sören Bartol, weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion der SPD so-
            wie der Abgeordneten Thilo Hoppe,
            Volker Beck (Köln), weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion des BÜND-
            4644 B
            4644 B
            4644 D
            4644 D
            4644 D
            4645 A
            Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 III
            NISSES 90/DIE GRÜNEN: Verbesse-
            rung der Welternährungssituation
            und Verwirklichung des Rechts auf
            Nahrung
            (Drucksache 15/1316) . . . . . . . . . . . . .
            e) Antrag der Abgeordneten Gabriele
            Lösekrug-Möller, Ulrike Mehl, weite-
            rer Abgeordneter und der Fraktion der
            SPD sowie der Abgeordneten Undine
            Kurth (Quedlinburg), Volker Beck
            (Köln), weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
            GRÜNEN: Naturschutz geht alle
            an – Akzeptanz und Integration des
            Naturschutzes in andere Politikfel-
            der weiter stärken
            (Drucksache 15/1318) . . . . . . . . . . . . .
            f) Antrag der Abgeordneten Hubert
            Hüppe, Christa Nickels und weiterer
            Abgeordneter: Forschungsförderung
            der Europäischen Union unter Re-
            spektierung ethischer und verfas-
            sungsmäßiger Prinzipien der Mit-
            gliedstaaten
            (Drucksache 15/1310) . . . . . . . . . . . . .
            g) Antrag der Abgeordneten Ulrike
            Flach, Cornelia Pieper und weiterer
            Abgeordneter: Kein Ausstieg aus der
            gemeinsamen Verantwortung für die
            europäische Stammzellforschung
            (Drucksache 15/1346) . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 26:
            a) Zweite und dritte Beratung des von
            den Fraktionen der SPD und des
            BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein-
            gebrachten Entwurfs eines Vierten
            Gesetzes zur Änderung des Europa-
            wahlgesetzes und eines Neunzehnten
            Gesetzes zur Änderung des Europa-
            abgeordnetengesetzes
            (Drucksachen 15/1205, 15/1340) . . . .
            c) Zweite und dritte Beratung des von der
            Bundesregierung eingebrachten Ent-
            wurfs eines Zweiten Gesetzes zur
            Änderung des Zollverwaltungsgeset-
            zes und anderer Gesetze
            (Drucksachen 15/1060, 15/1342) . . . .
            d) Zweite und dritte Beratung des von der
            Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
            eines Gesetzes zur Durchführung
            gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften
            über die grenzüberschreitende Be-
            weisaufnahme in Zivil- oder Han-
            delssachen in den Mitgliedstaaten
            (EG-Beweisaufnahmedurchführungs-
            gesetz
            (Drucksachen 15/1062, 15/1283) . . . .
            4645 B
            4645 B
            4645 C
            4645 C
            4645 D
            4646 A
            4646 C
            f) Zweite Beratung und Schlussabstim-
            mung über den von der Bundesregie-
            rung eingebrachten Entwurf eines Ge-
            setzes zu dem Vertrag vom 27. Juni
            2001 zwischen der Bundesrepublik
            Deutschland und der Republik In-
            dien über die Auslieferung
            (Drucksachen 15/1073, 15/1285) . . . .
            g) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Rechtsausschusses zu der Unterrich-
            tung durch die Bundesregierung: Vor-
            schlag für eine Richtlinie des Euro-
            päischen Parlaments und des Rates
            zur Änderung der Richtlinien 72/
            166/EWG, 845/5/EWG und 90/232/
            EWG des Rates sowie der Richtlinie
            2000/26/EG über die Kraftfahrzeug-
            Haftpflichtversicherung
            (Drucksachen 15/103 Nr. 2.34, 15/985)
            h) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Finanzausschusses zu der Unterrich-
            tung durch die Bundesregierung: Ent-
            schließung des Europäischen Parla-
            ments zu der Mitteilung der
            Kommission an den Rat und das
            Europäische Parlament „Clearing
            und Abrechnung in der Europäi-
            schen Union. Die wichtigsten politi-
            schen Fragen und künftigen Heraus-
            forderungen“
            (Drucksachen 15/611 Nr. 1.7, 15/1169)
            i) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
            und Reaktorsicherheit zu der Verord-
            nung der Bundesregierung: Drei-
            zehnte Verordnung zur Durchfüh-
            rung des Bundes-Immissionsschutz-
            gesetzes (Verordnung über Großfeue-
            rungs- und Gasturbinenanlagen –
            13. BImSchV)
            (Drucksachen 15/1074, 15/1154 Nr. 1,
            15/1281) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            j) Beschlussempfehung und Bericht des
            Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
            und Reaktorsicherheit zu der Verord-
            nung der Bundesregierung: Verord-
            nung zur Umsetzung EG-rechtlicher
            Vorschriften, zur Novellierung der
            Zweiundzwanzigsten Verordnung zur
            Durchführung des Bundes-Immissions-
            schutzgesetzes (Verordnung über
            Immissionswerte für Schadstoffe in
            der Luft – 22. BImSchV) und zur
            Aufhebung der Dreiundzwanzigsten
            Verordnung zur Durchführung des
            Bundes-Immissionsschutzgesetzes
            (Verordnung über die Festlegung von
            Konzentrationswerten – 23. BImSchV)
            (Drucksachen 15/1178, 15/1272 Nr. 2.2,
            15/1351) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            4646 D
            4647 A
            4647 A
            4647 B
            4647 C
            IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
            k)–o)
            Beschlussempfehlungen des Petitions-
            ausschusses: Sammelübersichten 45,
            46, 47, 48 und 49 zu Petitionen
            (Drucksachen 15/1242, 15/243, 15/244,
            15/245, 15/246) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            in Verbindung mit
            Zusatztagesordnungspunkt 3:
            a)–e)
            Beschlussempfehlungen des Petitions-
            ausschusses: Sammelübersichten 50,
            51, 52, 53 und 54 zu Petitionen
            (Drucksachen 15/1335, 15/1336, 15/1337,
            15/1338, 15/1339) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Zusatztagesordnungspunkt 8:
            Beschlussempfehlung des Vermittlungs-
            ausschusses zu dem Gesetz zur Regelung
            des Urheberrechts in der Informations-
            gesellschaft
            (Drucksachen 15/38, 15/837, 15/1066,
            15/1353). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Zusatztagesordnungspunkt 9:
            Beschlussempfehlung des Vermittlungs-
            ausschusses zu dem Gesetz zur Förde-
            rung von Kleinunternehmen, zur Ein-
            dämmung der Schattenwirtschaft und
            zur Verbesserung der Untermehmens-
            finanzierung
            (Drucksachen 15/537, 15/900, 15/1042,
            15/1197, 15/1354) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Zusatztagesordnungspunkt 10:
            Beschlussempfehlung des Vermittlungs-
            ausschusses zu dem Gesetz zur Bekämp-
            fung des Missbrauchs von 0190er-/
            0900er-Mehrwertdiensterufnummern
            (Drucksachen 15/907, 15/1068, 15/1126,
            15/1198, 15/1355) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 26:
            b) Zweite und dritte Beratung des von der
            Bundesregierung eingebrachten Ent-
            wurfs eines Gesetzes zur Abwicklung
            der Bundesanstalt für vereinigungs-
            bedingte Sonderaufgaben (BvSAb-
            wicklungsgesetz – BvSAbwG)
            (Drucksachen 15/1181, 15/1352) . . . .
            e) Zweite und dritte Beratung des von der
            Bundesregierung eingebrachten Ent-
            4647 D
            4648 B
            4648 D
            4648 D
            4649 A
            4649 B
            wurfs eines Gesetzes zur Änderung
            des Gesetzes über die Tätigkeit euro-
            päischer Rechtsanwälte in Deutsch-
            land und weiterer berufsrechtlicher
            Vorschriften für Rechts- und Patent-
            anwälte, Steuerberater und Wirt-
            schaftsprüfer
            (Drucksachen 15/1072, 15/1284) . . . .
            Tagesordnungspunkt 5:
            a) Unterrichtung durch die Bundesregie-
            rung: Ernährungs- und agrarpoli-
            tischer Bericht 2003 der Bundes-
            regierung
            (Drucksache 15/405) . . . . . . . . . . . . . .
            b) – Zweite und dritte Beratung des von
            den Abgeordneten Hans-Michael
            Goldmann, Birgit Homburger, wei-
            teren Abgeordneten und der Frak-
            tion der FDP eingebrachten Ent-
            wurfs eines Gesetzes zur
            Aufhebung des Gesetzes zur Mo-
            dulation von Direktzahlungen im
            Rahmen der Gemeinsamen
            Agrarpolitik und zur Änderung
            des GAK-Gesetzes
            (Drucksachen 15/754, 15/1158)
            – Zweite und dritte Beratung des
            vom Bundesrat eingebrachten Ent-
            wurfs eines Gesetzes zur Aufhe-
            bung des Modulationsgesetzes
            und zur Änderung des GAK-
            Gesetzes
            (Drucksachen 15/948, 15/1158)
            c) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Verbraucherschutz,
            Ernährung und Landwirtschaft
            – zu dem Antrag der Abgeordneten
            Waltraud Wolff (Wolmirstedt),
            Matthias Weisheit, weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion der SPD
            sowie der Abgeordneten Ulrike
            Höfken, Volker Beck (Köln), wei-
            terer Abgeordneter und der Frak-
            tion des BÜNDNISSES 90/DIE
            GRÜNEN: EU-Agrarreform mu-
            tig angehen und ausgewogen ge-
            stalten
            – zu dem Antrag der Abgeordneten
            Peter H. Carstensen (Nordstrand),
            Gerda Hasselfeldt, weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion der
            CDU/CSU: Mit der Reform der
            Gemeinsamen Agrarpolitik die
            Landwirtschaft und die ländli-
            chen Räume in der EU stärken
            – zu dem Antrag der Abgeordne-
            ten Hans-Michael Goldmann,
            Dr. Christel Happach-Kasan, weite-
            4649 D
            4650 A
            4650 B
            4650 B
            Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 V
            rer Abgeordneter und der Fraktion
            der FDP: Marktwirtschaftliches
            Modell einer flächengebundenen
            Kulturlandschaftsprämie verwirk-
            lichen
            (Drucksachen 15/462, 15/422, 15/435,
            15/1025) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            d) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Verbraucherschutz,
            Ernährung und Landwirtschaft
            – zu dem Antrag der Abgeordneten
            Reinhold Hemker, Dr. Sascha
            Raabe, weiterer Abgeordneter und
            der Fraktion der SPD sowie der
            Abgeordneten Ulrike Höfken,
            Thilo Hoppe, weiterer Abgeordne-
            ter und der Fraktion des BÜND-
            NISSES 90/DIE GRÜNEN: Für
            eine nachhaltige Agrarpolitik
            und einen gerechten Interessen-
            ausgleich bei den laufenden
            WTO-Verhandlungen
            – zu dem Antrag der Abgeordneten
            Peter H. Carstensen (Nordstrand),
            Albert Deß, weiterer Abgeordneter
            und der Fraktion der CDU/CSU:
            WTO-Verhandlungen – Europäi-
            sches Landwirtschaftsmodell ab-
            sichern
            (Drucksachen 15/550, 15/534, 15/1133)
            e) Antrag der Abgeordneten Hans-
            Michael Goldmann, Dr. Christel
            Happach-Kasan, weiterer Abgeord-
            neter und der Fraktion der FDP:
            Agrarpolitische Herausforderungen
            der WTO und EU-Osterweiterung
            mit der Kulturlandschaftsprämie
            meistern
            (Drucksache 15/1232) . . . . . . . . . . . . .
            f) Antrag der Abgeordneten Hans-
            Michael Goldmann, Dr. Christel
            Happach-Kasan, weiterer Abgeord-
            neter und der Fraktion der FDP: Imp-
            fen statt Töten – Grundlage für den
            Einsatz von Markerimpfstoffen
            schaffen
            (Drucksache 15/1004) . . . . . . . . . . . . .
            Renate Künast, Bundesministerin BMVEL
            Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . .
            Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . .
            Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/
            CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Reinhold Hemker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Josef Miller, Staatsminister (Bayern) . . . . . . .
            Dr. Wilhelm Priesmeier SPD . . . . . . . . . . . . .
            4650 C
            4650 D
            4651 A
            4651 B
            4651 B
            4653 C
            4655 D
            4657 C
            4658 D
            4659 D
            4661 A
            4662 D
            Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 6:
            Erste Beratung des von den Abgeordneten
            Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, wei-
            teren Abgeordneten und der Fraktion der
            CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines
            Dritten Gesetzes zur Änderung des
            Achten Buches Sozialgesetzbuch (Drit-
            tes SGB VIII-Änderungsgesetz –
            3. SGB VIII-ÄndG)
            (Drucksache 15/1114) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Andreas Scheuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . .
            Christel Riemann-Hanewinckel,
            Parl. Staatssekretärin BMFSFJ . . . . . . . . . . .
            Klaus Haupt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Jutta Dümpe-Krüger BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Ingrid Fischbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . .
            Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 9:
            a) – Zweite und dritte Beratung des von
            den Fraktionen der SPD und des
            BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
            eingebrachten Entwurfs eines
            Gesetzes zur Änderung der Vor-
            schriften über die Straftaten
            gegen die sexuelle Selbstbestim-
            mung und zur Änderung anderer
            Vorschriften
            (Drucksachen 15/350, 15/1311)
            – Zweite und dritte Beratung des von
            den Abgeordneten Wolfgang
            Bosbach, Dr. Norbert Röttgen, wei-
            teren Abgeordneten und der Frak-
            tion der CDU/CSU eingebrachten
            Entwurfs eines Gesetzes zur Ver-
            besserung des Schutzes der Be-
            völkerung vor Sexualverbrechen
            und anderen schweren Straftaten
            (Drucksachen 15/29, 15/1311) . . .
            b) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Rechtsausschusses zu dem Antrag der
            Abgeordneten Wolfgang Bosbach,
            Dr. Norbert Röttgen, weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion der CDU/
            CSU: Sozialtherapeutische Maßnah-
            men für Sexualstraftäter auf den
            Prüfstand stellen
            (Drucksachen 15/31, 15/1311) . . . . . .
            4665 A
            4667 A
            4668 A
            4670 A
            4670 B
            4672 A
            4673 D
            4674 D
            4675 D
            4677 C
            4679 B
            4679 B
            4679 C
            VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
            c) Erste Beratung des vom Bundesrat ein-
            gebrachten Entwurfs eines Gesetzes
            zur Erweiterung des Einsatzes der
            DNA-Analyse bei Straftaten mit
            sexuellem Hintergrund
            (Drucksache 15/410) . . . . . . . . . . . . . .
            d) Erste Beratung des vom Bundesrat ein-
            gebrachten Entwurfs eines Gesetzes
            zur Änderung des Strafvollzugs-
            gesetzes
            (Drucksache 15/778) . . . . . . . . . . . . . .
            e) Erste Beratung des vom Bundesrat ein-
            gebrachten Entwurfs eines Gesetzes
            zum Schutz vor schweren Wiederho-
            lungstaten durch nachträgliche An-
            ordnung der Unterbringung in der
            Sicherungsverwahrung
            (Drucksache 15/899) . . . . . . . . . . . . . .
            Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . .
            Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . .
            Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)
            CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Sibylle Laurischk FDP . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Renate Gradistanac SPD . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Christean Wagner, Staatsminister (Hessen)
            Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Daniela Raab CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . .
            Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) CDU/CSU
            Tagesordnungspunkt 8:
            Antrag der Abgeordneten Günter Nooke,
            Bernd Neumann (Bremen), weiterer Ab-
            geordneter und der Fraktion der CDU/
            CSU: Umsetzung des Bundestags-
            beschlusses zur Wiedererrichtung des
            Berliner Stadtschlosses
            (Drucksache 15/1094) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . .
            Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . .
            Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Vera Lengsfeld CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . .
            Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . .
            Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . .
            Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . .
            4649 D
            4649 D
            4649 D
            4680 A
            4681 D
            4684 A
            4685 A
            4685 D
            4687 B
            4688 B
            4689 C
            4691 B
            4692 C
            4694 B
            4694 C
            4695 B
            4696 B
            4697 A
            4698 A
            4698 D
            4699 D
            4700 B
            4701 C
            4702 B
            Tagesordnungspunkt 11:
            a) Antrag der Abgeordneten Dr. Sigrid
            Skarpelis-Sperk, Doris Barnett, weite-
            rer Abgeordneter und der Fraktion
            der SPD sowie der Abgeordneten
            Michaele Hustedt, Volker Beck (Köln),
            weiterer Abgeordneter und der Frak-
            tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
            NEN: Sicherung eines fairen und
            nachhaltigen Handels durch eine
            umfassende entwicklungsorientierte
            Welthandelsrunde
            (Drucksache 15/1317) . . . . . . . . . . . . .
            b) Antrag der Abgeordneten Erich G.
            Fritz, Karl-Josef Laumann, weiterer
            Abgeordneter und der Fraktion der
            CDU/CSU: Für ein höheres Libera-
            lisierungsniveau beim Welthandel
            mit Dienstleistungen – GATS-Ver-
            handlungen zügig voranbringen
            (Drucksache 15/1008) . . . . . . . . . . . . .
            c) Antrag der Abgeordneten Katherina
            Reiche, Thomas Rachel, weiterer Ab-
            geordneter und der Fraktion der CDU/
            CSU: Qualitätssicherung im Bil-
            dungswesen und kulturelle Vielfalt
            bei GATS-Verhandlungen garan-
            tieren
            (Drucksache 15/1095) . . . . . . . . . . . . .
            d) Antrag der Abgeordneten Gudrun
            Kopp, Rainer Brüderle, weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion der FDP: In-
            ternationale Rechtssicherheit und
            transparente Regeln für den Dienst-
            leistungshandel – GATS-Verhand-
            lungen voranbringen
            (Drucksache 15/1010) . . . . . . . . . . . . .
            in Verbindung mit
            Zusatztagesordnungspunkt 4:
            Antrag der Abgeordneten Erich G. Fritz,
            Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeord-
            neter und der Fraktion der CDU/CSU:
            WTO-Doha-Runde zum Erfolg führen –
            Voraussetzungen schaffen für eine er-
            folgreiche WTO-Ministerkonferenz in
            Cancun/Mexico
            (Drucksache 15/1323) . . . . . . . . . . . . . . .
            in Verbindung mit
            Zusatztagesordnungspunkt 5:
            Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp,
            Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter
            und der Fraktion der FDP: Mehr Wohl-
            stand für alle durch mutige Marktöff-
            nung
            (Drucksache 15/1333) . . . . . . . . . . . . . . .
            4702 D
            4702 D
            4703 A
            4703A
            4703 B
            4703 B
            Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 VII
            Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD . . . . . . . . . .
            Dr. Michael Fuchs CDU/CSU . . . . . . . . . . . .
            Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Sascha Raabe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Erich G. Fritz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . .
            Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Thomas Rachel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 10:
            Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/
            CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
            NEN und der FDP: Einsetzung einer
            Enquete-Kommission „Kultur in
            Deutschland“
            (Drucksache 15/1308) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . .
            Gitta Connemann CDU/CSU . . . . . . . . . . . .
            Ursula Sowa BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
            Helga Daub FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Matthias Sehling CDU/CSU . . . . . . . . . . . . .
            Siegmund Ehrmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . .
            Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 13:
            Beschlussempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh-
            nungswesen
            – zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst
            Kranz, Wolfgang Spanier, weiterer Ab-
            geordneter und der Fraktion der SPD
            sowie der Abgeordneten Franziska
            Eichstädt-Bohlig, Volker Beck (Köln),
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion
            des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN:
            Stadtumbau Ost auf dem richtigen
            Weg
            – zu dem Antrag der Abgeordneten
            Henry Nitzsche, Dirk Fischer (Ham-
            burg), weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion der CDU/CSU: Stadtent-
            wicklung Ost – Mehr Effizienz und
            Flexibilität, weniger Regulierung
            und Bürokratie
            – zu dem Antrag der Abgeordneten
            Joachim Günther (Plauen), Horst
            Friedrich (Bayreuth), weiterer Abge-
            ordneter und der Fraktion der FDP:
            4703 C
            4705 A
            4706 B
            4707 A
            4708 B
            4709 C
            4711 B
            4713 A
            4714 A
            4715 B
            4715 C
            4717 A
            4718 A
            4719 A
            4720 A
            4721 B
            4722 C
            Stadtumbau Ost – ein wichtiger Bei-
            trag zum Aufbau Ost
            (Drucksachen 15/1091, 15/352, 15/750,
            15/1331) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Ernst Kranz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Henry Nitzsche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . .
            Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Joachim Günther (Plauen) FDP . . . . . . . . . .
            Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMVBW
            Marco Wanderwitz CDU/CSU . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 12:
            Erste Beratung des von den Abgeordneten
            Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen,
            weiteren Abgeordneten und der Fraktion
            der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs
            eines Gesetzes zur Änderung des Bür-
            gerlichen Gesetzbuches (Gesetz zur Be-
            seitigung der Rechtsunsicherheit beim
            Unternehmenskauf)
            (Drucksache 15/1096) . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 14:
            Beschlussempfehlung und Bericht des
            Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh-
            nungswesen zu dem Antrag der Abgeord-
            neten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dirk
            Fischer (Hamburg), weiterer Abgeord-
            neter und der Fraktion der CDU/CSU:
            Vorrang für die Ostseesicherheit
            (Drucksachen 15/465, 15/1194) . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 15:
            Unterrichtung durch die Bundesregierung:
            Bericht der Bundesregierung zum
            Stand der Bemühungen um Rüstungs-
            kontrolle, Abrüstung und Nichtverbrei-
            tung sowie über die Entwicklung der
            Streikräftepotenziale (Jahresabrüstungs-
            bericht 2002)
            (Drucksache 15/1104) . . . . . . . . . . . . . . .
            Tagesordnungspunkt 16:
            Beschlussempfehlung und Bericht des
            Rechtsausschusses zu der Unterrichtung
            durch die Bundesregierung: Vorschlag
            für eine Richtlinie des Europäischen
            Parlaments und des Rates zur Harmo-
            nisierung der Rechts- und Vewaltungs-
            vorschriften der Mitgliedstaaten über
            den Verbraucherkredit
            (Drucksachen 15/457 Nr. 2.2, 15/1288)
            4724 A
            4724 B
            4725 C
            4726 D
            4727 D
            4728 C
            4729 D
            4730 D
            4731 A
            4731 B
            4731 C
            VIII Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
            Tagesordnungspunkt 17:
            Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/
            CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
            NEN und der FDP: Für eine Verbesse-
            rung der privaten Vermittlung im Aupair-
            Bereich zur wirksamen Verhinderung
            von Ausbeutung und Missbrauch
            (Drucksache 15/1315) . . . . . . . . . . . . . . . .
            Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Anlage 1
            Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . .
            Anlage 2
            Neuabdruck der Antwort der Parl. Staats-
            sekretärin Dr. Uschi Eid auf die Fragen der
            Abgeordneten Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU)
            (55. Sitzung Drucksache 15/1264, Fragen 34
            und 35): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Welche Haltung wird die Bundesregierung
            auf der UN-Konferenz in Paris zur weiteren Fi-
            nanzierung des GFATM einnehmen?
            Ist die Bundesregierung prinzipiell bereit,
            zusätzliche Mittel zu den bereits zugesagten
            200 Millionen Euro innerhalb von fünf Jahren
            für den GFATM bereitzustellen?
            Anlage 3
            Neuabdruck der Antwort der Parl. Staats-
            sekretärin Dr. Uschi Eid auf die Fragen der
            Abgeordneten Conny Mayer (Baiersbronn)
            (CDU/CSU) (55. Sitzung Drucksache 15/1264,
            Fragen 38 und 39): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Trifft es zu, dass die Bundesregierung die
            europäische Zusage, den GAFTM bis Ende 2004
            mit 1 Milliarde Euro zu unterstützen, hat schei-
            tern lassen, und wenn ja, wie begründet die Bun-
            desregierung ihre Haltung?
            Inwieweit stand die Bundesregierung seit der
            Gründung des GAFTM hinter dessen Zielen, und
            ist die Bundesregierung entschlossen, an diesen
            Zielen in Zukunft festzuhalten?
            Anlage 4
            Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
            Johannes Singhammer (CDU/CSU) zur Ab-
            stimmung über den Entschließungsantrag der
            CDU/CSU zu dem Entwurf eines Gesetzes zu
            dem Vertrag vom 16. April 2003 über den
            Beitritt der Tschechischen Republik, der
            Republik Estland, der Republik Zypern, der
            Republik Lettland, der Republik Litauen,
            der Republik Ungarn, der Republik Malta,
            der Republik Polen, der Republik Slowe-
            nien und der Slowakischen Republik zur
            Europäischen Union (Tagesordnungspunkt 3)
            4731 D
            4732 C
            4733 A
            4733 B
            4733 C
            4733 D
            Anlage 5
            Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
            Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) zur Abstim-
            mung über den Entwurf eines Gesetzes zu
            dem Vertrag vom 16. April 2003 über den
            Beitritt der Tschechischen Republik, der
            Republik Estland, der Republik Zypern,
            der Republik Lettland, der Republik Li-
            tauen, der Republik Ungarn, der Repu-
            blik Malta, der Republik Polen, der Re-
            publik Slowenien und der Slowakischen
            Republik zur Europäischen Union (Tages-
            ordnungspunkt 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Anlage 6
            Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
            Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) zur
            Abstimmung über den Entwurf eines Geset-
            zes zu dem Vertrag vom 16. April 2003
            über den Beitritt der Tschechischen Repu-
            blik, der Republik Estland, der Republik
            Zypern, der Republik Lettland, der Repu-
            blik Litauen, der Republik Ungarn, der
            Republik Malta, der Republik Polen, der
            Republik Slowenien und der Slowakischen
            Republik zur Europäischen Union (Tages-
            ordnungspunkt 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Anlage 7
            Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
            Matthias Sehling und Beatrix Philipp (beide
            CDU/CSU) zur Abstimmung über den Ent-
            wurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom
            16. April 2003 über den Beitritt der Tsche-
            chischen Republik, der Republik Estland,
            der Republik Zypern, der Republik Lett-
            land, der Republik Litauen, der Republik
            Ungarn, der Republik Malta, der Republik
            Polen, der Republik Slowenien und der
            Slowakischen Republik zur Europäischen
            Union (Tagesordnungspunkt 3) . . . . . . . . . . .
            Anlage 8
            Erklärung nach § 31 GO der Abgeordne-
            ten Axel E. Fischer (Karlsruhe), Ingo
            Wellenreuther und Veronika Bellmann
            (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den
            Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom
            16. April 2003 über den Beitritt der Tsche-
            chischen Republik, der Republik Estland,
            der Republik Zypern, der Republik Lettland,
            der Republik Litauen, der Republik Un-
            garn, der Republik Malta, der Republik
            Polen, der Republik Slowenien und der
            4734 A
            4734 C
            4735 B
            Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 IX
            Slowakischen Republik zur Europäischen
            Union (Tagesordnungspunkt 3) . . . . . . . . . . .
            Anlage 9
            Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
            Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU) zur Ab-
            stimmung über den Entschließungsantrag der
            CDU/CSU zu dem Entwurf eines Gesetzes
            zu dem Vertrag vom 16. April 2003 über
            den Beitritt der Tschechischen Republik,
            der Republik Estland, der Republik Zy-
            pern, der Republik Lettland, der Republik
            Litauen, der Republik Ungarn, der Repu-
            blik Malta, der Republik Polen, der Repu-
            blik Slowenien und der Slowakischen
            Republik zur Europäischen Union (Tages-
            ordnungspunkt 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Anlage 10
            Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
            Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) zur
            Abstimmung über den Entwurf eines Geset-
            zes zu dem Vertrag vom 16. April 2003
            über den Beitritt der Tschechischen Repu-
            blik, der Republik Estland, der Republik
            Zypern, der Republik Lettland, der Repu-
            blik Litauen, der Republik Ungarn, der
            Republik Malta, der Republik Polen, der
            Republik Slowenien und der Slowakischen
            Republik zur Europäischen Union (Tages-
            ordnungspunkt 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Anlage 11
            Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
            Klaus Brähmig (CDU/CSU) zur Abstim-
            mung über den Entwurf eines Gesetzes zu
            dem Vertrag vom 16. April 2003 über den
            Beitritt der Tschechischen Republik, der
            Republik Estland, der Republik Zypern,
            der Republik Lettland, der Republik Li-
            tauen, der Republik Ungarn, der Republik
            Malta, der Republik Polen, der Republik
            Slowenien und der Slowakischen Republik
            zur Europäischen Union (Tagesordnungs-
            punkt 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Anlage 12
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            über den Entwurf eines Gesetzes zur Än-
            derung des Bürgerlichen Gesetzbuches
            (Gesetz zur Beseitigung der Rechtsun-
            sicherheit beim Unternehmensverkauf)
            (Tagesordnungspunkt 12) . . . . . . . . . . . . . . . .
            4735 C
            4736 A
            4736 B
            4736 C
            4737 C
            Christine Lambrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Günter Krings CDU/CSU . . . . . . . . . . . .
            Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . .
            Jerzy Montag BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Alfred Hartenbach SPD . . . . . . . . . . . . . . . .
            Anlage 13
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            über den Antrag: Vorrang für die Ostsee-
            sicherheit (Tagesordnungspunkt 14) . . . . . . .
            Dr. Christine Lucyga SPD . . . . . . . . . . . . . . .
            Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
            CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Enak Ferlemann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . .
            Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . .
            Angelika Mertens SPD . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Anlage 14
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            über die Unterrichtung: Bericht der Bun-
            desregierung zum Stand der Bemühungen
            um Rüstungskontrolle, Abrüstung und
            Nichtverbreitung sowie über die Entwick-
            lung der Streitkräftepotenziale (Jahres-
            abrüstungsbericht 2002) (Tagesordnungs-
            punkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dr. Rolf Mützenich SPD . . . . . . . . . . . . . . . .
            Karl-Theodor Freiherr von und
            zu Guttenberg CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . .
            Harald Leibrecht FDP . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Kerstin Müller, Staatsministerin AA . . . . . . . .
            Anlage 15
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            über die Beschlussempfehlung und den Be-
            richt: Vorschlag für eine Richtlinie des Euro-
            päischen Parlamemts und des Rates zur
            Harmonisierung der Rechts- und Verwal-
            tungsvorschriften der Mitgliedstaaten über
            den Verbraucherkredit (Tagesordnungs-
            punkt 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Michael Grosse-Brömer CDU/CSU . . . . . . .
            Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            4737 C
            4738 B
            4739 B
            4740 B
            4741 B
            4741 D
            4742 C
            4742 C
            4743 B
            4744 D
            4745 D
            4746 D
            4747 C
            4749 B
            4749 B
            4751 A
            4752 C
            4753 A
            4754 A
            4754 A
            4755 D
            X Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
            Sibylle Laurischk FDP . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Alfred Hartenbach SPD . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Anlage 16
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            über den Antrag: Für eine Verbesserung
            der privaten Vermittlung im Aupair-
            bereich zur wirksamen Verhinderung von
            Ausbeutung und Missbrauch (Tagesord-
            nungspunkt 17) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Angelika Krüger-Leißner SPD . . . . . . . . . . .
            Rita Pawelski CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . .
            Jutta Dümpe-Krüger BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
            4757 B
            4757 C 4758 C
            4758 C
            4760 C
            4762 A
            4762 C
            Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4581
            (A) (C)
            (B) (D)
            56. Sit
            Berlin, Donnerstag
            Beginn: 9
        
        
        
        
          
          
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4733
        (A) (C)
        (B) (D)
        beit des GFATM für einen wichtigen Baustein im Ge-
        samtgefüge ihrer Maßnahmen zur Bekämpfung von
        ßungsantrag der CDU/CSU zu dem Entwurf
        eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 16. April 2003
        16. Juli 2003 in Paris deutlich machen, dass sie die Ar-
        CSU) zur Abstimmung über den Entschlie-
        Anlage 1
        Liste der entschuldigten Abgeordneten
        * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-
        lung der NATO
        Anlage 2
        Neuabdruck der Antwort
        der Parl. Staatssekretärin Dr. Uschi Eid auf die Fragen
        der Abgeordneten Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) (55. Sit-
        zung, Drucksache 15/1264, Fragen 34 und 35):
        Welche Haltung wird die Bundesregierung auf der UN-
        Konferenz in Paris zur weiteren Finanzierung des GFATM
        einnehmen?
        Ist die Bundesregierung prinzipiell bereit, zusätzliche Mit-
        tel zu den bereits zugesagten 200 Millionen Euro innerhalb
        von fünf Jahren für den GFATM bereitzustellen?
        Zu Frage 34:
        Die Bundesregierung wird auf der Konferenz am
        Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
        Borchert, Jochen CDU/CSU 03.07.2003
        Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 03.07.2003
        Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 03.07.2003
        *
        Lamp, Helmut CDU/CSU 03.07.2003
        Nickels, Christa BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 03.07.2003
        Otto (Godern), Eberhard FDP 03.07.2003
        Polenz, Ruprecht CDU/CSU 03.07.2003
        Raidel, Hans CDU/CSU 03.07.2003*
        Schindler, Norbert CDU/CSU 03.07.2003
        Schmidt (Ingolstadt), Albert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 03.07.2003
        Schösser, Fritz SPD 03.07.2003
        Seib, Marion CDU/CSU 03.07.2003
        Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 03.07.2003
        Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 03.07.2003
        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria hält und dass sie
        den Fonds daher auch weiterhin im Rahmen der finan-
        ziellen Möglichkeiten unterstützen wird.
        Zu Frage 35:
        Es wird auf die Antwort zu Frage 28 verwiesen.
        Anlage 3
        Neuabdruck der Antwort
        der Parl. Staatssekretärin Dr. Uschi Eid auf die Fragen
        der Abgeordneten Conny Mayer (Baiersbronn) (CDU/
        CSU) (55. Sitzung, Drucksache 15/1264, Fragen 38 und
        39):
        Trifft es zu, dass die Bundesregierung die europäische Zu-
        sage, den GFATM bis Ende 2004 mit einer Milliarde Euro zu
        unterstützen, hat scheitern lassen, und wenn ja, wie begründet
        die Bundesregierung ihre Haltung?
        Inwieweit stand die Bundesregierung seit der Gründung
        des GFATM hinter dessen Zielen, und ist die Bundesregierung
        entschlossen, an diesen Zielen in Zukunft festzuhalten?
        Zu Frage 38:
        Es wird auf die Antwort zu Frage 28 verwiesen.
        Zu Frage 39:
        Die Bundesregierung hat die vom GFATM verfolgten
        Ziele zur Bekämpfung der drei Krankheiten HIV/Aids,
        Tuberkulose und Malaria von Anfang an unterstützt. Sie
        sieht in dem Fonds jedoch nur ein Instrument, um diese
        Ziele zu erreichen. Wesentliche Beiträge zur Unterstüt-
        zung der Entwicklung bei der Bewältigung der dramati-
        schen Ausbreitung übertragbarer Krankheiten und zur
        Stärkung nationaler Gesundheitssysteme in Partnerlän-
        dern leistet die Bundesregierung über ihre bilaterale
        finanzielle und technische Zusammenarbeit, durch Un-
        terstützung von Initiativen der Privatwirtschaft und
        nichtstaatlicher Organisationen. Die Bundesrepublik
        Deutschland ist das Land, das seit 1999 über seine bila-
        terale und multilaterale Entwicklungszusammenarbeit
        einen besonderen Schwerpunkt auf die Bekämpfung von
        HIV/Aids setzt. So konnte mit sechzehn Partnerländern
        der Bereich HIV/Aids als besonderer Schwerpunkt der
        Kooperation vereinbart werden. Darüber hinaus finan-
        ziert sie in großem Umfang Programme internationaler
        Organisationen wie WHO, Weltbank und anderer Regio-
        naler Entwicklungsbanken sowie die in jüngster Zeit
        stark ausgeweiteten EU-Aktivitäten auf diesem Gebiet.
        Anlage 4
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Johannes Singhammer (CDU/
        4734 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        über den Beitritt der Tschechischen Republik,
        der Republik Estland, der Republik Zypern,
        der Republik Lettland, der Republik Litauen,
        der Republik Ungarn, der Republik Malta, der
        Republik Polen, der Republik Slowenien und
        der Slowakischen Republik zur Europäischen
        Union (Tagesordnungspunkt 3)
        Ich erkläre, dass ich dem Entschließungsantrag der
        CDU/CSU-Fraktion, Drucksache 15/1359, zur Schluss-
        abstimmung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung
        – Drucksache 15/1100, 15/1200,15/1300 – völlig zu-
        stimme.
        Anlage 5
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU)
        zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset-
        zes zu dem Vertrag vom 16. April 2003 über den
        Beitritt der Tschechischen Republik, der Repu-
        blik Estland, der Republik Zypern, der Repu-
        blik Lettland, der Republik Litauen, der Repu-
        blik Ungarn, der Republik Malta, der Republik
        Polen, der Republik Slowenien und der Slowa-
        kischen Republik zur Europäischen Union (Ta-
        gesordnungspunkt 3)
        Ich begrüße die Erweiterung der Europäischen Union
        und sehe darin vor allem einen bedeutenden Schritt zur
        Verständigung und Aussöhnung mit Deutschlands östli-
        chen Nachbarstaaten sowie zur langfristigen Stabilisie-
        rung des Friedens in Europa.
        Ich bedauere deshalb das im Deutschen Bundestag
        angewandte Abstimmungsverfahren, das mir nur die
        Möglichkeit lässt, ein Gesamtvotum über alle Länder ab-
        zugeben, anstatt über jedes Land einzeln abstimmen zu
        können. Da ich einerseits nicht gegen die Aufnahme je-
        ner Länder stimmen möchte, deren Beitritt ich befür-
        worte, es andererseits aber nicht mit meinem Gewissen
        vereinbaren kann, der Aufnahme der Tschechischen Re-
        publik zuzustimmen, stimme ich mit Enthaltung.
        Die tschechische Regierung hat es versäumt, noch vor
        dem Beschluss über ihre Aufnahme in die Europäische
        Union die diskriminierenden, völkerrechts- und men-
        schenrechtswidrigen Benes-Dekrete aufzuheben. Die
        Regierung der Tschechischen Republik ist nach wie vor
        nicht bereit, die kollektive Entrechtung, die entschädi-
        gungslose Enteignung und die Vertreibung von dreiein-
        halb Millionen Sudetendeutschen klar und unmissver-
        ständlich als völkerrechtswidrig anzuerkennen, den
        Sudetendeutschen, deren Vorfahren jahrhundertelang in
        Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien ansässig waren,
        das Recht auf Heimat zuzugestehen, das Amnestiegesetz
        vom 8. Mai 1946 mit seiner Ex-tunc-Straffreistellung für
        an Deutschen begangene Verbrechen aufzuheben, sich
        unzweideutig von denjenigen Benes-Dekreten zu distan-
        zieren, die zu den völkerrechtswidrigen Enteignungen
        Sudetendeutscher geführt haben.
        Die Benes-Dekrete sind mit der Rechts- und Wertege-
        meinschaft der Europäischen Union nicht vereinbar.
        Umso unverständlicher ist es, dass weder die Europäi-
        sche Kommission noch die deutsche Bundesregierung
        ernsthafte Anstrengungen unternommen hat, auf der
        Grundlage der Kopenhagener Kriterien die Tschechische
        Republik dazu zu bewegen, die Benes-Dekrete vor einer
        Entscheidung über die Aufnahme des Landes in die Eu-
        ropäische Union aufzuheben. Die Europäische Kommis-
        sion hat entgegen ihren eigenen Vorgaben darauf ver-
        zichtet, in den Verhandlungen mit der Tschechischen
        Republik auf der uneingeschränkten Erfüllung der von
        der Europäischen Union selbst gesetzten moralischen
        und politischen Prinzipien zu bestehen. Mit der Auf-
        nahme der Tschechischen Republik in die Europäische
        Union verstößt die Gemeinschaft eklatant gegen Grund-
        prinzipien, die sie selbst in der Kopenhagener Erklärung
        festgelegt hat.
        Die weiterhin gültigen, Vertreibung und ethnische
        Säuberung rechtfertigenden Unrechtsdekrete der Tsche-
        chischen Republik sind mit dem europäischen Rechts-
        und Menschenrechtsstandard nicht vereinbar. Sie dürfen
        deshalb in der bestehenden Rechtsordnung eines Mit-
        gliedstaates keinen Bestand haben. Wenn nämlich künf-
        tig völkerrechtswidrige Dekrete in der Rechtsordnung
        eines zur Europäischen Union gehörenden Landes fort-
        bestehen, dann ist das gesamte Fundament Europas ge-
        fährdet.
        Anlage 6
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Jochen-Konrad Fromme
        (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf
        eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 16. April
        2003 über den Beitritt der Tschechischen Repu-
        blik, der Republik Estland, der Republik Zy-
        pern, der Republik Lettland, der Republik Li-
        tauen, der Republik Ungarn, der Republik
        Malta, der Republik Polen, der Republik Slowe-
        nien und der Slowakischen Republik zur Euro-
        päischen Union (Tagesordnungspunkt 3)
        Mit der Osterweiterung der Europäischen Union er-
        öffnet sich nach den bitteren Erfahrungen vor allem in
        der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die historische
        Chance, Frieden, Freiheit und Sicherheit in ganz Europa
        nachhaltig zu stärken. Die Einigung Europas ist das
        wertvollste Erbe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun-
        derts. Die Europäische Union als Rechts- und Wertege-
        meinschaft bietet dabei die Chance einer dauerhaften
        Verständigung und Aussöhnung zwischen Deutschland
        und seinen östlichen Nachbarstaaten. Die CDU/CSU-
        Bundestagsfraktion begrüßt daher die Aufnahme aller
        zehn Beitrittsstaaten zur Europäischen Union zum
        1. Mai 2004. Dieser Beitritt ist eine zukunftsgerichtete
        Weiterentwicklung einer jahrhundertealten gemeinsa-
        men Wertegemeinschaft auf der Grundlage gemeinsa-
        men Glaubens, gemeinsamer Kultur und gemeinsamer
        Geschichte.
        Maßgeblich für einen Erfolg der Europäischen Union
        als Rechts- und Wertegemeinschaft ist die Einhaltung
        der vom Europäischen Rat 1993 beschlossenen Kopen-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4735
        (A) (C)
        (B) (D)
        hagener Kriterien. Darin werden von den Mitgliedstaa-
        ten unter anderem eine stabile Demokratie, der Schutz
        von Minderheiten und die Achtung der Menschenrechte
        gefordert. Die Kopenhagener Kriterien waren richtungs-
        weisend für den Reformprozess, den die Bewerberländer
        eingeleitet und vorangebracht haben, um die Bedingun-
        gen für eine von allen Seiten gewünschte Mitgliedschaft
        in der EU zu erfüllen.
        Es bestehen jedoch insbesondere in der Tschechi-
        schen Republik Dekrete fort, die entgegen dem Völker-
        recht als Rechtfertigungen für Tötungen, Vertreibungen
        und Entrechtungen gedient haben.
        Nicht nur ich meine, dass diese Dekrete und deren po-
        litische Bestätigungen den Weg verschließen könnten,
        die Vergangenheit aufzuarbeiten und zu überwinden, um
        die Zukunft von Nachbarn zum Wohle ihrer Bürger zu
        meistern. Und deswegen sage ich: Vertreibungsdekrete,
        Vertreibungsgesetze sowie so genannte Straffreistel-
        lungsgesetze sind Unrecht und stehen im Gegensatz zum
        Völkerrecht. Sie dürfen nirgendwo Bestandteil einer be-
        stehenden Rechtsordnung sein. Daher sind diese Dekrete
        abzuschaffen bzw. für nichtig zu erklären.
        Ich begrüße in diesem Zusammenhang die Erklärun-
        gen der tschechischen Regierung vom 19. Juni 2003 in
        Prag und vom 29. Juni 2003 in Göttweig, in denen auf
        die „unannehmbaren Taten und Ereignisse“ in der Zeit
        unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg hingewiesen
        und ein Bekenntnis der moralischen Verantwortung ab-
        gelegt wird, als einen wichtigen Schritt in die richtige
        Richtung.
        In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Auffor-
        derung des Europäischen Parlaments aus dem Jahre
        1999, „fortbestehende Gesetze und Dekrete aus den Jah-
        ren 1945 und 46 aufzuheben, soweit sie sich auf die Ver-
        treibung von einzelnen Volksgruppen in der ehemaligen
        Tschechoslowakei beziehen“, sowie an den deutsch-
        tschechischen Nachbarschaftsvertrag von 1992 und die
        deutsch-tschechische Erklärung von 1997, in der sich
        beide Seiten zu ihrer historischen Verantwortung be-
        kannt haben.
        Ich fordere die Bundesregierung auf, insbesondere
        mit der Tschechischen Republik über die Aufhebung der
        Vertreibungs- und Entrechtungsdekrete sowie Straffrei-
        stellungsgesetze zu verhandeln.
        Anlage 7
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Matthias Sehling und
        Beatrix Philipp (beide CDU/CSU) zur Abstim-
        mung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem
        Vertrag vom 16. April 2003 über den Beitritt
        der Tschechischen Republik, der Republik Est-
        land, der Republik Zypern, der Republik Lett-
        land, der Republik Litauen, der Republik Un-
        garn, der Republik Malta, der Republik Polen,
        der Republik Slowenien und der Slowakischen
        Republik zur Europäischen Union (Tagesord-
        nungspunkt 3)
        Wir schließen uns der mündlichen Erklärung nach
        § 31 GO der Abgeordneten Erika Steinbach an.
        Anlage 8
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Axel E. Fischer (Karlsruhe-
        Land), Ingo Wellenreuther und Veronika
        Bellmann (alle CDU/CSU) zur Abstimmung
        über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Ver-
        trag vom 16. April 2003 über den Beitritt der
        Tschechischen Republik, der Republik Estland,
        der Republik Zypern, der Republik Lettland,
        der Republik Litauen, der Republik Ungarn,
        der Republik Malta, der Republik Polen, der
        Republik Slowenien und der Slowakischen Re-
        publik zur Europäischen Union (Tagesord-
        nungspunkt 3)
        Wir stimmen dem Gesetz zu und erklären hierzu:
        Mit der Osterweiterung der Europäischen Union er-
        öffnet sich nach den bitteren Erfahrungen vor allem in
        der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die historische
        Chance, Frieden, Freiheit und Sicherheit in ganz Europa
        nachhaltig zu stärken. Die Einigung Europas ist das
        wertvollste Erbe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun-
        derts. Die Europäische Union als Rechts- und Wertege-
        meinschaft bietet dabei die Chance einer dauerhaften
        Verständigung und Aussöhnung zwischen Deutschland
        und seinen östlichen Nachbarstaaten.
        Maßgeblich für einen Erfolg der Europäischen Union
        als Rechts- und Wertegemeinschaft ist die Einhaltung
        der vom Europäischen Rat 1993 beschlossenen Kopen-
        hagener Kriterien. Darin werden von den Mitgliedstaa-
        ten unter anderem eine stabile Demokratie, der Schutz
        von Minderheiten und die Achtung der Menschenrechte
        gefordert. Die Kopenhagener Kriterien waren richtungs-
        weisend für den Reformprozess, den die Bewerberländer
        eingeleitet und vorangebracht haben, um die Bedingun-
        gen für eine von allen Seiten gewünschte Mitgliedschaft
        in der EU zu erfüllen.
        Es bestehen jedoch insbesondere in der Tschechi-
        schen Republik Dekrete fort, die entgegen dem Völker-
        recht als Rechtfertigungen für Tötungen, Vertreibungen
        und Entrechtungen gedient haben.
        Nicht nur wir meinen, dass diese Dekrete und deren
        politische Bestätigungen den Weg verschließen könnten,
        die Vergangenheit aufzuarbeiten und zu überwinden, um
        die Zukunft von Nachbarn zum Wohle ihrer Bürger zu
        meistern. Und deswegen sagen wir: Vertreibungsdekrete,
        Vertreibungsgesetze sowie so genannte Straffreistel-
        lungsgesetze sind Unrecht und stehen im Gegensatz zum
        Völkerrecht. Sie dürfen nirgendwo Bestandteil einer be-
        stehenden Rechtsordnung sein. Daher sind diese Dekrete
        abzuschaffen bzw. für nichtig zu erklären.
        Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die Erklä-
        rungen der tschechischen Regierung vom 19. Juni 2003
        4736 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        in Prag und vom 29. Juni 2003 in Göttweig, in denen auf
        die „unannehmbaren Taten und Ereignisse“ in der Zeit
        unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg hingewiesen
        und ein Bekenntnis der moralischen Verantwortung ab-
        gelegt wird, als einen wichtigen Schritt in die richtige
        Richtung.
        In diesem Zusammenhang erinnern wir an die Auffor-
        derung des Europäischen Parlaments aus dem Jahre
        1999, „fortbestehende Gesetze und Dekrete aus den Jah-
        ren 1945 und 1946 aufzuheben, soweit sie sich auf die
        Vertreibung von einzelnen Volksgruppen in der ehemali-
        gen Tschechoslowakei beziehen“, sowie an den deutsch-
        tschechischen Nachbarschaftsvertrag von 1992 und die
        deutsch-tschechische Erklärung von 1997, in der sich
        beide Seiten zu ihrer historischen Verantwortung be-
        kannt haben.
        Anlage 9
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Dr. Wolfgang Götzer (CDU/
        CSU) zur Abstimmung über den Entschlie-
        ßungsantrag der CDU/CSU zu dem Entwurf ei-
        nes Gesetzes zu dem Vertrag vom 16. April 2003
        über den Beitritt der Tschechischen Republik,
        der Republik Estland, der Republik Zypern,
        der Republik Lettland, der Republik Litauen,
        der Republik Ungarn, der Republik Malta, der
        Republik Polen, der Republik Slowenien und
        der Slowakischen Republik zur Europäischen
        Union (Tagesordnungspunkt 3)
        Hiermit erkläre ich, dass ich mit dem Entschließungs-
        antrag der CDU/CSU-Fraktion (Drucksache 15/1359)
        vollinhaltlich übereinstimme.
        Anlage 10
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Albert Rupprecht (CDU/
        CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines
        Gesetzes zu dem Vertrag vom 16. April 2003
        über den Beitritt der Tschechischen Republik,
        der Republik Estland, der Republik Zypern,
        der Republik Lettland, der Republik Litauen,
        der Republik Ungarn, der Republik Malta, der
        Republik Polen, der Republik Slowenien und
        der Slowakischen Republik zur Europäischen
        Union (Tagesordnungspunkt 3)
        Mit seiner Zustimmung zu dem Vertrag für die Auf-
        nahme zehn neuer Mitgliedstaaten zur Europäischen
        Union gibt der Deutsche Bundestag dem Willen Aus-
        druck, die Europäische Union zu einem Bund der Frei-
        heit und des Friedens wieder zu vereinen. Ich stimme
        dem Antrag aus übergeordneten Gründen zu, wenngleich
        ich erhebliche Bedenken anmelden möchte:
        Ich sehe mit großer Sorge, dass viele Voraussetzungen
        noch nicht erfüllt sind, die bei dieser Erweiterung zwin-
        gend erfüllt sein müssten. Die Erweiterung findet statt,
        bevor die Reformdiskussion in der Europäischen Union
        einen erfolgreichen Abschluss gefunden hat. Es ist weder
        absehbar, ob das noch zu verhandelnde institutionelle
        Gefüge der EU effektiv arbeiten kann, noch ob es von
        den Staaten überhaupt akzeptiert wird. Eine klare Ab-
        grenzung der Kompetenzen in der Union ist noch nicht
        gegeben. Wir wissen momentan nicht, in welchen Berei-
        chen wir soziale und wirtschaftliche Belange gemein-
        sam, koordiniert oder einzelstaatlich regeln. Wir stim-
        men der Erweiterung zu, bevor uns ein schlüssiges und
        mehrheitsfähiges Konzept Sicherheit darüber gibt, wie
        mittel- und langfristig die erweiterte Union und ihre Ak-
        tivitäten finanziert werden. Deutschlands Grenzregionen
        wurde zur Vorbereitung auf die Erweiterung von Vertre-
        tern der Regierungspartei SPD ein geschlossenes Grenz-
        gürtelprogramm versprochen, welches bis heute noch
        nicht existiert. Nach den Plänen der Bundesregierung
        wird Deutschland in Zukunft aus den EU-Töpfen keine
        Zuwendungen mehr für Strukturmaßnahmen erhalten.
        Den Grenzregionen bleibt gleichzeitig auch kein Hand-
        lungsspielraum, eigene Unternehmen entsprechend
        schützen oder fördern zu können. Nach wie vor gibt es
        auf tschechischer Seite keine Außerkraftsetzung der
        tschechischen Vertreibungsdekrete. Mit der Erweiterung
        wird somit der EU als Rechtsgemeinschaft ein zweifel-
        haftes Erbe übertragen. In der EU und in Deutschland
        wurden notwendige Maßnahmen im Vorfeld der Erwei-
        terung nicht getroffen, wenngleich die Maßnahmen auf
        beiden Ebenen wiederholt als notwendig angesehen wur-
        den. Insbesondere die Bundesregierung ist in der Ge-
        samtbetrachtung hier ihrer Fürsorgepflicht gegenüber
        der deutschen Bevölkerung – insbesondere in den Grenz-
        regionen zu den Beitrittsstaaten – nicht ausreichend
        nachgekommen.
        Anlage 11
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Klaus Brähmig (CDU/CSU)
        zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset-
        zes zu dem Vertrag vom 16. April 2003 über den
        Beitritt der Tschechischen Republik, der Repu-
        blik Estland, der Republik Zypern, der Repu-
        blik Lettland, der Republik Litauen, der Repu-
        blik Ungarn, der Republik Malta, der Republik
        Polen, der Republik Slowenien und der Slowa-
        kischen Republik zur Europäischen Union (Ta-
        gesordnungspunkt 3)
        Mit der Osterweiterung der Europäischen Union er-
        öffnet sich nach den bitteren Erfahrungen vor allem in
        der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die historische
        Chance, Frieden, Freiheit und Sicherheit in ganz Europa
        nachhaltig zu stärken.
        Die Einigung Europas ist das wertvollste Erbe der
        zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Europäische
        Union als Rechts- und Wertegemeinschaft bietet dabei
        die Chance einer dauerhaften Verständigung und Aus-
        söhnung zwischen Deutschland und seinen östlichen
        Nachbarstaaten. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion be-
        grüßt daher die Aufnahme aller zehn Beitrittsstaaten zur
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4737
        (A) (C)
        (B) (D)
        Europäischen Union zum 1. Mai 2004. Dieser Beitritt ist
        eine zukunftsgerichtete Weiterentwicklung einer Jahr-
        hunderte alten gemeinsamen Wertegemeinschaft auf der
        Grundlage gemeinsamen Glaubens, gemeinsamer Kultur
        und gemeinsamer Geschichte.
        Maßgeblich für einen Erfolg der Europäischen Union
        als Rechts- und Wertegemeinschaft ist die Einhaltung
        der vom Europäischen Rat 1993 beschlossenen Kopen-
        hagener Kriterien. Darin werden von den Mitgliedstaa-
        ten unter anderem eine stabile Demokratie, der Schutz
        von Minderheiten und die Achtung der Menschenrechte
        gefordert. Die Kopenhagener Kriterien waren richtungs-
        weisend für den Reformprozess, den die Bewerberländer
        eingeleitet und vorangebracht haben, um die Bedingun-
        gen für eine von uns gewünschte Mitgliedschaft in der
        EU zu erfüllen.
        Ich sehe jedoch, dass offensichtlich nicht alle Bei-
        trittsländer – aus welchen Gründen auch immer – sich
        vor dem Beitritt in die Rechts- und Wertegemeinschaft
        der Europäischen Union von Dekreten getrennt haben,
        die völkerrechtswidrig so genannte Rechtfertigungen für
        die Vertreibungen der Deutschen aus ihrer Heimat am
        Ende des Zweiten Weltkrieges und danach waren. So
        schmerzt es mich, dass zum Beispiel die Tschechische
        Republik an den Benes-Dekreten festhält, was wieder-
        holt in den Äußerungen führender Regierungsvertreter,
        aber auch in der Resolution des tschechischen Parlamen-
        tes vom 23. April 2002 zum Ausdruck gekommen ist.
        Daran hat auch die bedeutende Erklärung der Regierung
        der Tschechischen Republik vom 18. Juni 2003, in der
        auf die „unannehmbaren Taten und Ereignisse“ in der
        unmittelbaren Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hinge-
        wiesen wird, in der Substanz nichts geändert, zumal die
        tschechische Regierung gerade in jüngster Zeit ein Fest-
        halten an den Benes-Dekreten als den rechtlichen
        Grundlagen der Vertreibung politisch bekräftigt hat.
        Nicht nur ich meine, dass diese wiederholten politi-
        schen Bekräftigungen den Weg verschließen könnten,
        die Vergangenheit aufzuarbeiten und zu überwinden, um
        die Zukunft von Nachbarn zum Wohle ihrer Bürger zu
        meistern. Denn dazu gehört auch ein Bekenntnis zur
        Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit wie auch ein
        Bekenntnis zum Recht auf die Heimat für die deutschen
        Vertriebenen, die wie die tschechische Bevölkerung
        Schlimmstes erleiden mussten.
        Deswegen sage ich: Vertreibungsdekrete und Vertrei-
        bungsgesetze sind Unrecht und stehen im Gegensatz
        zum Völkerrecht. Daher unsere Bitte, unser nachbar-
        schaftliches Verlangen: Vertreibungen und ethnische
        Säuberungen dürfen nirgendwo Bestandteil einer beste-
        henden Rechtsordnung sein und besonders nicht bleiben.
        Deshalb fordere ich: Die Vertreibungs- und Enteig-
        nungsdekrete sind in den Beitrittsstaaten, in denen sie
        noch bestehen, abzuschaffen, für nichtig zu erklären.
        Ich halte daher an der Forderung einer Abschaffung
        der Vertreibungsdekrete und Vertreibungsgesetze fest, so
        wie es in der „Entschließung des Europäischen Parla-
        mentes vom 15. April 1999 zum regelmäßigen Bericht
        der Kommission über die Fortschritte der Tschechischen
        Republik“ auf dem Weg zum Beitritt zum Ausdruck ge-
        kommen ist.
        Anlage 12
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung über den Entwurf eines Gesetzes
        zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches
        (Gesetz zur Beseitigung der Rechtsunsicherheit
        beim Unternehmensverkauf) (Tagesordnungs-
        punkt 12)
        Christine Lambrecht (SPD): Der Gesetzentwurf der
        CDU/CSU will ein angeblich bestehendes Auslegungs-
        problem des § 444 BGB lösen. Eine unterstellte Rechts-
        unsicherheit im Haftungsrecht bei Unternehmenskäufen
        soll beseitigt werden. Wenn diese Rechtsunsicherheit in
        der Beratungspraxis tatsächlich besteht, dann werden
        wir darüber reden müssen.
        Ihr Entwurf geht aber weit darüber hinaus, indem er
        die gesetzliche Regelung auf den Verbrauchsgüterkauf
        beschränkt, entgegen der eindeutigen Intention des Ge-
        setzgebers, der die Regelung in allen Kauf- und Werk-
        verträgen angewendet wissen wollte.
        Kaum eine Vorschrift des neuen Schuldrechts hat so
        heftige Diskussionen ausgelöst wie § 444 BGB, nach
        dessen Wortlaut eine Verbindung von Garantie und Haf-
        tungsbeschränkung nicht mehr möglich erscheint. Der
        Umfang der einschlägigen Publikationen ist eindrucks-
        voll.
        Der Grund für diese Diskussion liegt in § 444 Alt. 2 BGB.
        Nach dieser Bestimmung kann sich der Verkäufer auf
        eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers
        wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt
        werden, dann nicht berufen, wenn er eine Garantie für
        die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
        Diese Regelung wirft folgendes Problem auf:
        Einerseits spielen Garantien im kaufmännischen Ge-
        schäftsverkehr eine bedeutsame Rolle. Man denke nur
        an Maschinenbau- und Anlagenverträge, wo Garantien
        etwa im Hinblick auf Kapazität, Leistungsdaten und Ver-
        brauch absolut üblich und wohl auch unverzichtbar sind.
        Andererseits sollen auch in diesen Fällen nicht über
        Jahre hinweg und unbegrenzt Einstandspflichten über-
        nommen werden. Deshalb werden Garantien und die ge-
        setzliche Gewährleistung summenmäßig, zeitlich oder
        auch hinsichtlich der Rechtsfolgen beschränkt.
        Gerade beim Unternehmenskauf wird das gesetzliche
        Gewährleistungssystem in der Regel durch ein umfas-
        sendes, in sich geschlossenes System vertraglicher Haf-
        tungen des Verkäufers ersetzt, in denen Garantien für die
        Richtigkeit von Jahresabschlüssen, Umsätzen oder Er-
        trägen übernommen werden.
        Dies sei nun wegen der Regelung des § 444 BGB al-
        les nicht mehr möglich, wurde und wird gewarnt. Zwi-
        schenzeitlich überwiegen aber die Stimmen im Schrift-
        tum, die eine einschränkende Auslegung der Norm im
        4738 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        Hinblick darauf fordern, dass der Gesetzgeber die alte
        Vertragspraxis nicht habe ändern wollen.
        Unterschiedliche Auffassungen werden vertreten,
        verschiedene Lösungsansätze werden vorgeschlagen:
        Nach einer Auffassung erfasst § 444 BGB nur den
        Bereich der so genannten unselbstständigen Garantie,
        nicht aber die selbstständige Garantie, die ein eigenstän-
        diges Haftungssystem nach § 311 BGB darstellt.
        Andere subsumieren unter § 444 auch die selbststän-
        dige Garantie und fordern mit unterschiedlichen Argu-
        mentationen eine einschränkende Auslegung der Norm
        oder schlagen angesichts einer nach ihrer Auffassung
        verbleibenden Rechtsunsicherheit Beschaffenheitsver-
        einbarungen (gegebenfalls verschuldensunabhängig)
        vor, die dann zeitlich oder summenmäßig beschränkt
        werden könnten.
        Auch wird erwogen, einen selbstständigen Garantie-
        vertrag im Sinne des § 311 BGB abzuschließen, bei dem
        klargestellt werden soll, dass er nicht dem § 444 BGB
        unterfalle.
        Schließlich wird eine Gesetzesänderung zur Beseiti-
        gung der Unklarheiten angeregt.
        Auch wenn ich persönlich der Ansicht bin, dass
        § 444 BGB bei sachgerechter Auslegung der bisherigen
        Vertragspraxis nichts entgegensteht, werden wir uns mit
        dieser Problematik ohne Scheuklappen befassen.
        Dies ist auch angebracht, immerhin handelt es sich
        um eine Sachfrage ohne parteipolitischen Hintergrund.
        Dr. Günter Krings (CDU/CSU): Manchmal können
        einige wenige Paragraphen ein Beben in den betroffenen
        Kreisen auslösen. Das habe ich zuletzt als Berichterstat-
        ter im Rahmen der Novelle zum Urheberrecht erfahren,
        als es um einen neuen § 52 a UrhG ging. Ein ähnliches
        Echo in der Fachwelt hat der neu gefasste § 444 BGB
        hervorgerufen, der eine der Grundlagen für den Unter-
        nehmenskauf bildet und in seiner geltenden Fassung ein
        Ergebnis der Reform des Schuldrechts ist.
        Anlass für die Reform des Schuldrechts war die Um-
        setzung der EG-Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten
        Aspekten des Verbrauchergüterkaufs und der Garantien
        für Verbrauchsgüter vom 25. Mai 1999. Wesenselement
        dieser Richtlinie ist eine Verbesserung des Verbraucher-
        schutzes.
        Wie bei so vielen anderen Richtlinien hat die Bundes-
        regierung auch diese Richtlinie der Europäischen Union
        seinerzeit mit eigenen, zum Teil nur halb ausgegorenen
        Ideen befrachtet. Am Ende wundert man sich dann, dass
        Umsetzungsfristen versäumt werden, eine EU-rechts-
        konforme Umsetzung scheitert oder wir im Ergebnis
        eine verschlimmbesserte deutsche Rechtslage erhalten,
        die nicht nur den Juristen ein Ärgernis ist, sondern auch
        der Rechtssicherheit und damit dem Wirtschaftsstandort
        Deutschland schadet.
        Leider hat ausgerechnet der § 444, eine zentrale Be-
        stimmung des Kaufrechts, zu großer Verunsicherung ge-
        führt.
        Mit der Schuldrechtsreform hat der Gesetzgeber erst-
        mals den Begriff der Garantie in das BGB eingeführt.
        Dabei wurde allerdings das Ziel, nämlich eine Klarstel-
        lung zu erreichen, verfehlt.
        Das ist natürlich ein gefundenes Fressen für wissen-
        schaftliche Abhandlungen und Berichte der Fachpresse,
        die inzwischen ganze Aktenordner füllen. Der Gesetzge-
        ber hat der Praxis des Unternehmenskaufs den Boden
        unter den Füßen weggezogen. Es muss nun wieder ein-
        mal auf die Rechtsprechung gewartet werden, die für
        den Gesetzgeber in die Bresche springen muss, um
        Rechtssicherheit zu schaffen.
        Der Begriff der Garantie findet sich in den §§ 276 I,
        442 I, 443, 444, 477 BGB. § 444 BGB erregte dabei be-
        sonderes Aufsehen. Der Verkäufer kann sich danach auf
        eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers
        ausgeschlossen oder beschränkt werden, nicht berufen,
        wenn er eine Garantie für die Beschaffenheit übernom-
        men hat.
        Es stellt sich die Frage, ob nun die Garantie bisheriger
        Unternehmenskaufverträge hierunter fällt oder nicht. So-
        lange diese Frage nicht beantwortet ist, schwimmt die
        Vertragspraxis steuerlos in unbekannten Gewässern.
        Inzwischen hat erfreulicherweise auch das Bundes-
        justizministerium dieses Problem erkannt. Man sah sich
        sogar herausgefordert, dem Bundesverband der Deut-
        schen Industrie eine entsprechende – rechtlich allerdings
        unverbindliche – Interpretationshilfe zukommen zu las-
        sen. Nur gesetzgeberischen Handlungsbedarf mochte
        man nicht anerkennen. Das ist für mich eine inkonse-
        quente Haltung, die die eingetretene Rechtsunsicherheit
        nicht zu beseitigen vermag.
        Der Unternehmenskauf ist für eine Volkswirtschaft
        von immenser Bedeutung. Jede Verzögerung bedeutet
        die Gefährdung von Arbeitsplätzen, die Verschiebung
        von Investitionen und möglicherweise sogar die Ver-
        nichtung der Existenzgrundlage eines Unternehmens.
        Führt man sich diese Punkte vor Augen, dann stößt es
        auf Unverständnis, dass bislang gesetzgeberisch nicht
        gehandelt wurde.
        Betrachtet man die bisherige umfangreich erschie-
        nene Literatur zu dem von der CDU/CSU-Fraktion in die
        politische Diskussion eingebrachten Thema, so findet
        man – das erstaunt uns nicht – verschiedene Ansichten
        über die rechtliche Einordnung der Problematik. Dass so
        viel darüber diskutiert wird, unterstreicht einmal mehr,
        wie unklar die derzeitige Situation ist.
        Unternehmen auf eine höchstrichterliche Rechtspre-
        chung zu vertrösten oder möglicherweise sogar zu emp-
        fehlen, auf angloamerikanisches Recht auszuweichen,
        verbietet sich aus meiner Sicht schlichtweg. Als Union
        wollen wir, dass der Bundestag schnellstmöglich seine
        gesetzgeberische Pflicht erfüllt, damit der derzeit danie-
        derliegende Markt für Unternehmenskäufe wieder in
        Schwung kommt und internationale Investoren keinen
        Bogen um Deutschland machen.
        Kernelement der Umsetzung der entsprechenden
        Brüsseler Vorgaben ist ein verbesserter Verbraucher-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4739
        (A) (C)
        (B) (D)
        schutz. Die bereits zitierte EU-Richtlinie hebt in ihren
        Erwägungsgründen hervor, dass ein Hauptziel der Ver-
        träge die Erreichung eines hohen Verbraucherschutzni-
        veaus ist.
        Man kann dem Gesetzgeber nicht vorwerfen, dass er
        europäisches Recht nicht richtlinienkonform umgesetzt
        habe. Aber warum muss der deutsche Gesetzgeber wie-
        der einmal über das Ziel hinausschießen und eine Rege-
        lung einführen, die die Richtlinie gar nicht verlangt?
        Wollen wir nicht deregulieren, statt immer weitere Ge-
        setze und Verordnungen zu erlassen? Wenn der Gesetz-
        geber und auch das Bundesjustizministerium die Schief-
        lage erkennen, muss man sich weiter fragen, warum
        denn nicht eine Korrektur erfolgt. Der Bund ist nicht
        dazu aufgerufen, kluge Interpretationshilfen für
        schlechte Gesetze zu formulieren, sondern einfach gute
        Gesetze zu verabschieden. Alle Interpretationshilfen
        werden überflüssig, wenn wir den klaren Unionsvor-
        schlag Gesetz werden lassen und damit lediglich das
        richtlinienkonform umsetzen, was die EU-Richtlinie
        verlangt. Damit ist dem Ziel eines verbesserten Verbrau-
        cherschutzes am besten gedient. Werden Unternehmens-
        käufe erschwert oder teilweise vielleicht sogar ver-
        hindert, weil man eigentlich im Sinn hatte, Verbraucher-
        rechte zu stärken, dann hat kein Verbraucher etwas da-
        von.
        Die Richtlinie selbst unterstreicht diese Position. Nir-
        gends ist der Unternehmenskauf in der Richtlinie ge-
        nannt. Es wird fast ausschließlich vom Verbraucher ge-
        sprochen; allein das zeigt die Zielsetzung. Die Richtlinie
        erlaubt zwar in ihrem Art. 8 Abs. 2, dass ein „Mehr“ an
        gesetzlichen Regeln möglich ist. Die Richtlinie hebt da-
        bei aber hervor, dass ihre Bestimmungen einen Mindest-
        schutz darstellen und dass strengere Bestimmungen er-
        lassen oder aufrechterhalten werden können, „um ein
        höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustel-
        len“. Der Durchschnittsverbraucher interessiert sich aber
        relativ selten für den Kauf eines Unternehmens.
        Der Unionsentwurf beschränkt das Verbot, die Haf-
        tung für Garantieerklärungen einzuschränken oder aus-
        zuschließen, im Einklang mit der EU-Richtlinie auf den
        Bereich des Verbrauchergüterkaufs entsprechend der
        nach früherer Rechtslage in § 11 Nr. 11 AGBG geregel-
        ten Sachverhalte und auf den konkret vereinbarten Inhalt
        der Garantie. Das Verbot, die Haftung wegen arglistig
        verschwiegener Mängel zu beschränken oder auszu-
        schließen, bleibt davon unberührt.
        Die Rechtsunsicherheit, die dem Standort und der An-
        wendung des deutschen Rechts schadet, wäre mit dem
        Unionsantrag beendet. Unserem Entwurf gelingt daher,
        was der Schuldrechtsreform der Regierung nicht gelang.
        Wir fordern die Regierungsmehrheit daher auf: Stimmen
        Sie unserem Antrag zu, damit den Vorgaben der Richtli-
        nie endlich Genüge getan wird. Geben Sie mit uns wie-
        der klare Signale für die Praxis des Unternehmenskauf-
        vertrages, damit sie sich wieder auf sicherem Kurs in
        jedem Gewässer bewegen kann.
        Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Die Verfasser des
        Bürgerlichen Gesetzbuches konnten gegen Ende des
        19. Jahrhunderts noch nicht damit rechnen, dass das Ge-
        setz eines Tages auch für komplizierte Unternehmenstrans-
        aktionen taugen müsste. Übernahmen, Verschmelzungen,
        Anteilskäufe, sogar im internationalen Wettbewerb – all
        dies war damals allenfalls die Ausnahme. Dass sich das
        inzwischen geändert hat, weiß nicht nur der interessierte
        Leser der Wirtschaftspresse. Dennoch wurde diese Ent-
        wicklung 100 Jahre nach In-Kraft-Treten des BGB wie-
        derum ignoriert, als das Schuldrecht reformiert wurde.
        Weil die EG-Richtlinie zum Gebrauchsgüterkauf im In-
        teresse eines verbesserten Verbraucherschutzes umzuset-
        zen war, wurde übersehen, dass damit in einem Rund-
        umschlag der wirtschaftlich wichtige Bereich des Unter-
        nehmenskaufs kaputtgeregelt wurde, in dem es gerade
        nicht um Gebrauchsgegenstände wie Kühlschränke oder
        Computer und damit dem erforderlichen Schutz der Ver-
        braucher geht.
        Umstritten war und ist vor allem der Paragraph mit
        der leicht zu merkenden Ziffer 444. Professoren und
        Wirtschaftsanwälte weisen immer wieder darauf hin,
        dass dieser Paragraph das Haftungssystem bei Unterneh-
        menskäufen infrage stellt. Es hat sich in jahrelanger Pra-
        xis entwickelt und als sachgerecht erwiesen. Nun jedoch
        verbietet der neue Paragraph 444 BGB die Beschrän-
        kung oder den Ausschluss der Haftung in den Fällen, in
        denen der Verkäufer eine Garantie für die Beschaffenheit
        einer Sache übernommen hat. In Unternehmenskaufver-
        trägen schließt der Verkäufer aber häufig die Haftung für
        Sachmängel des verkauften Unternehmens aus, über-
        nimmt stattdessen Garantien für bestimmte Umstände
        – die eben gerade die Beschaffenheit des Unternehmens
        betreffen – und beschränkt gleichzeitig die Haftung da-
        für, zum Beispiel durch finanzielle Höchstgrenzen. Ob
        das geltende Recht solche Haftungsbeschränkungen
        überhaupt noch erlaubt und Unternehmenskaufverträge
        bei unrichtigen Garantien möglicherweise rückabgewi-
        ckelt werden müssen, ist höchst umstritten. Die Schuld-
        rechtsreform hat im Bereich des Unternehmenskaufs
        Rechtsunsicherheit geschaffen, anstatt sie zu beseitigen.
        Diesen Fehler korrigiert der Gesetzentwurf der CDU/
        CSU-Fraktion. Schon geringfügige Änderungen in drei
        Bestimmungen des BGB reichen dafür aus. Sie stellen
        eindeutig klar, dass sich das Verbot, die Haftung des Ver-
        käufers auszuschließen oder zu beschränken, auf den
        konkret vereinbarten Inhalt einer Garantie bezieht. Der
        Gesetzentwurf sieht zudem einen noch über die Vorga-
        ben der EG-Richtlinie zum Gebrauchsgüterkauf hinaus-
        gehenden Schutz der Verbraucher vor, weil er ausdrück-
        lich Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
        verbietet, die die Haftung für Beschaffenheitsgarantien
        beschränken oder verbieten. Mit anderen Worten: Dies
        ist ein Gesetzentwurf, der allen Interessengruppen nützt
        und niemandem weh tut – außer vielleicht der Eitelkeit
        der Regierungskoalition, weil die Initiative mal wieder
        von der Opposition kam.
        Nach vernünftigen Erwägungen sollte man eigentlich
        davon ausgehen, dass der Entwurf die ungeteilte Zustim-
        mung des Parlaments und auch der Bundesregierung fin-
        det. Denn die Änderungen sind lediglich eine Kodifizie-
        rung dessen, was das Bundesjustizministerium im Januar
        dieses Jahres selbst in einem – rechtlich allerdings völlig
        4740 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        unverbindlichen – Schreiben an den Bundesverband der
        Deutschen Industrie als Auslegungsregel für den verun-
        glückten Paragraphen 444 ausgab.
        Wie man hört, wird auch im Bundesjustizministerium
        an einer Änderung des Paragraphen 444 gearbeitet. Das
        Parlament könnte und sollte das Ministerium entlasten
        und unseren Gesetzentwurf beschließen. Das hätte mög-
        licherweise – neben der Beseitigung der Rechtsunsicher-
        heit im Unternehmenskauf – zusätzlich den Effekt, dass
        man sich im BMJ verstärkt den vielen anderen rechtspo-
        litischen Baustellen widmen könnte.
        Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Klarstellung
        liegt auf der Hand. Die Rechtspraxis des Unternehmens-
        kaufs hat erst nach Jahren durch höchstrichterliche
        Rechtsprechung ein einigermaßen gesichertes rechtli-
        ches Fundament bekommen. Die Schuldrechtsreform hat
        dem Unternehmenskauf dieses Fundament entzogen,
        und nun muten wir den Unternehmen zu, erneut Jahre
        darauf zu warten, dass Gerichte das Fundament wieder
        aufbauen.
        Wir brauchen eine klare gesetzliche Regelung, die
        den Unternehmenskauf fördert, statt ihn zu gefährden.
        Ich muss an dieser Stelle nicht erklären, dass ein Schrei-
        ben des Bundesjustizministeriums an den Bundesver-
        band der Deutschen Industrie rechtlich unverbindlich ist
        und eine klare Regelung nicht ersetzen kann. Es ist aller-
        dings nicht nur rechtlich unverbindlich, sondern auch
        höchst unsicher: Noch vor einem Jahr hat das Ministe-
        rium in einem ähnlichen Schreiben eine ganz andere Po-
        sition vertreten. Wer garantiert uns – und den Unterneh-
        men –, dass sich die Haltung des Ministeriums nicht
        demnächst erneut ändert, je nachdem, welchen Einflüs-
        terungen es dann erliegt?
        Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es wichtig,
        die Rechtsunsicherheiten beim Unternehmenskauf zu
        beseitigen. Denn gerade in Zeiten schwacher Konjunktur
        ist der Verkauf oft die letzte Möglichkeit, Unternehmen
        oder Unternehmensteile und damit auch Arbeitsplätze zu
        retten. Besteht jedoch wegen der unsicheren Rechtslage
        die Gefahr, dass ein Unternehmenskauf wegen unrichti-
        ger Garantien rückabgewickelt oder Schadensersatz ge-
        zahlt werden muss, wird sich ein potenzieller Käufer
        gründlich überlegen, ob er ein Unternehmen kauft. Denn
        er muss langfristig wirtschaftlich und unternehmerisch
        planen und kalkulieren können und darf dabei keine Ri-
        siken eingehen.
        Unternehmenstransaktionen sind ein internationales
        Geschäft. Unsicherheiten im deutschen Kaufrecht brin-
        gen in doppelter Hinsicht einen Wettbewerbsnachteil:
        Für die Unternehmen, die ihren internationalen Ge-
        schäftspartnern bei Vertragsverhandlungen verlässliche
        Rechtsgrundlagen zusichern müssen. Und für Deutsch-
        land, das vor allem vor dem Hintergrund der Überlegun-
        gen zu einem europäischen Vertragsrecht aufpassen
        muss, dass es mit einem konsistenten Zivilrecht auch
        weiterhin eine Vorreiterrolle spielt.
        Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer
        mit kühlem Kopf und dem gebotenen Abstand zu den
        Streitenden in der Fachliteratur den Gesetzentwurf der
        Opposition zum Unternehmenskauf durchdenkt – und
        zwar das von Ihnen angesprochene, mehr jedoch noch
        das von Ihnen überhaupt erst geschaffene Problem –, der
        kann Ihnen einen Vorwurf nicht ersparen: Sie blasen eine
        sehr eng begrenzte Fachdebatte zu angeblichen Unge-
        reimtheiten des neuen § 444 BGB erst richtig auf, um
        sich dann mit dem selbst geschaffenen Scheinproblem
        wichtigtuerisch zu beschäftigen. Statt echte Probleme
        anzupacken, wollen Sie zudem mit Ihrer Beschränkung
        des Sinngehalts von § 444 BGB auf den Verbrauchsgü-
        terkauf den beteiligten Kreisen im Bereich des Unter-
        nehmenskaufs richtig dicke Probleme bescheren.
        Konkret: Zum Ersten geht es um das Verhältnis von
        Verkäufergarantien zu vonseiten des Verkäufers durch-
        gesetzten Haftungsausschlüssen beim so genannten Un-
        ternehmenskauf.
        Sie wollen nach Ihren Worten Rechtssicherheit beim
        Unternehmenskauf herstellen. Dies ist ein löbliches An-
        sinnen. Hier gilt das Wort des Bundesjustizministeriums:
        Das Ministerium wird sofort tätig werden, wenn die be-
        hauptete Rechtsunsicherheit tatsächlich und praktisch
        eintreten sollte. Das ist bisher nicht der Fall. Weder von-
        seiten der Wirtschaft und der Banken noch vonseiten der
        Rechtsprechung ist die angebliche Rechtsunsicherheit
        problematisiert worden. Ich bin überaus zuversichtlich,
        dass die von Ihnen aufgegriffene eng begrenzte Fachde-
        batte die Gerichte nicht verunsichern wird.
        Die Rechtsprechung legt in bester Tradition und ge-
        festigter Übung Rechsnormen nicht an den bloßen Wor-
        ten klebend, sondern nach Sinn und Zweck der jeweili-
        gen Norm aus.
        § 444 BGB soll ein widersprüchliches Verhalten des
        einen Vertragspartners und eine überraschende und ver-
        klausulierte Übervorteilung des anderen Partners verhin-
        dern. Zwingend unwirksam ist daher ein Haftungsaus-
        schluss nur, wenn er – und das heißt: soweit er – im
        Sachzusammenhang und Widerspruch zur abgegebenen
        Garantie steht. Denn nur in diesem Fall zerstört oder hin-
        tergeht der Verkäufer von ihm zuvor geschaffenes Ver-
        trauen beim Käufer. Der neue § 444 BGB, liest man ihn
        richtig, macht Haftungsausschlüsse und -beschränkun-
        gen nicht per se und generell unwirksam. Es bleibt sehr
        wohl eine Haftungsbeschränkung oder ihr Ausschluss
        möglich, wenn die abgegebene Garantie insoweit keinen
        Vertrauenstatbestand geschaffen hat.
        Auch für den Unternehmenskauf führt also der neue
        § 444 BGB zu klaren Ergebnissen: Wer bei einem Unter-
        nehmensverkauf für den Bestand an Maschinen eine Be-
        schaffenheitsgarantie übernimmt, kann hinsichtlich der
        gestellten Geschäftsprognosen auch weiterhin einen
        Haftungsausschluss vereinbaren. Wer für zu erwartende
        Umsatzzahlen eines Unternehmens die Gewähr über-
        nimmt, kann diese Haftung auch künftig summenmäßig
        beschränken.
        Wir könnten gleichwohl zur Klarstellung auch für den
        Rechtsanwender, der am Buchstaben des Gesetzes kle-
        ben bleibt, das Wort „wenn“ durch das Wort „soweit“ er-
        setzen. Das für Juristen und die Rechtsprechung offen-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4741
        (A) (C)
        (B) (D)
        kundig Gemeinte und Gewollte wäre dann auch
        sprachlich klarer in Worte gefasst.
        Sie von der Opposition aber, wollen mit ihrem Gesetz
        zum Unternehmenskauf viel mehr. Sie wollen den
        Grundgedanken, wonach es gesetzlich untersagt ist, ge-
        gebene Garantien durch geschickte Haftungsausschlüsse
        zu unterlaufen, auf den Verbrauchsgüterkauf beschrän-
        ken.
        Das ist sachwidrig und im Ergebnis eine Einladung an
        die jeweils garantiegebende Partei des Unternehmens-
        veräußerungsvertrages, gegebene Garantien in Bezug
        auf das zu verkaufende Unternehmen durch möglichst
        raffinierte und undurchschaubar formulierte Haftungs-
        ausschlüsse auszuhebeln. Wenn es nicht nur ein un-
        durchdachter Fehler Ihres Gesetzentwurfes ist, frage ich
        mich, wo der Sinn eines solchen Regelungsvorschlags
        liegen mag.
        Warum soll es möglich sein, dass der Unternehmens-
        verkäufer für einen Umstand eine Garantieerklärung ab-
        gibt, damit er den Kaufpreis erhöhen kann, sich dann
        aber über einen Haftungsausschluss dieser übernomme-
        nen Garantie wieder entziehen kann?
        Ich kann einen Unterschied in den Interessenlagen
        beim Unternehmensveräußerungsvertrag und beim Ver-
        brauchsgütervertrag nicht erkennen. Wer nicht hinter die
        Kulissen gucken kann, muss sich auf Garantien seines
        Vertragspartners verlassen. Dies gilt für Unternehmens-
        käufer ebenso wie für Verbraucher. Allein der Verkäufer
        kann einschätzen, ob seine Garantie die realen Zustände
        widerspiegelt oder dem Käufer etwas vorgaukelt. Der
        Verkäufer profitiert davon, dass er die Garantie abgibt.
        Die Garantie erhöht nämlich die Kaufwilligkeit des Käu-
        fers oder – bestenfalls – sogar den Kaufpreis. Warum
        soll der Verkäufer diese Vorteile haben, ohne zugleich
        das Haftungsrisiko für seine Äußerungen zu überneh-
        men?
        Zusammenfassend will ich deshalb festhalten: Eine
        Hälfte Ihres Vorschlags ist brauchbar, aber nicht wirklich
        notwendig. Die andere Hälfte ist schädlich und daher un-
        brauchbar. Wir können uns deshalb mit Ihrem Gesetzent-
        wurf zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulas-
        ten von Unternehmenskäufern nicht anfreunden.
        Rainer Funke (FDP): Das, was hier zur ersten Bera-
        tung auf dem Tisch des Hauses liegt, lässt sich in eine
        Reihe stellen mit vielen anderen Vorschlägen, das gerade
        erst in Kraft getretene neue Schuldrecht zu überarbeiten
        oder – um in der Diktion der Bundesregierung zu bleiben –
        „nachzubessern“.
        Inhalt und verfahrensmäßige Umsetzung des Gesetz-
        entwurfs für das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz
        waren schon zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens
        umstritten. Insbesondere in Bezug auf den allgemeinen
        Teil des Schuldrechts und das Kaufrecht kann man sa-
        gen: Die Reform hat eine über 2000 Jahre gewachsene
        Rechtskultur zerstört. Sie hat, wie selbst gut meinende
        Kommentatoren feststellen mussten, ihr eigentliches
        Ziel, nämlich Rechtsvereinfachung, nicht erreicht. Im
        Gegenteil – wie wir gerade am Beispiel des vorliegenden
        Gesetzentwurfs sehen: Die „Reform“ hat mehr neue Fra-
        gen aufgeworfen, als alte Probleme gelöst.
        Für das Anliegen der Union hat die FDP-Fraktion
        grundsätzlich Verständnis. Doch kann man bezweifeln,
        ob es sinnvoll ist, gerade eineinhalb Jahre nach In-Kraft-
        Treten der Schuldrechtsreform mit den Reparaturarbei-
        ten zu beginnen. Sollten wir dem Gesetz nicht erst zu-
        nächst eine Bewährungszeit belassen, um dann – etwa
        zum Ende dieser Wahlperiode – in einer „großen Re-
        form“ all die vielen, zum Teil nur kleinen Fehler zu kor-
        rigieren, die jetzt nach und nach ans Tageslicht treten?
        Wenn jedoch tatsächlich die von der CDU/CSU behaup-
        teten Mängel vorhanden sind, muss nachgebessert wer-
        den. Ich selbst kann aus der Praxis und aus der Recht-
        sprechung diese Mängel noch nicht erkennen.
        Wir werden im Ausschuss verifizieren müssen, ob
        und wo die von der Union behauptete Rechtsunsicher-
        heit im Haftungsrecht bei Unternehmenskäufen tatsäch-
        lich zu verzeichnen ist. Die FDP wird deshalb im Aus-
        schuss eine Anhörung zu dieser Thematik beantragen.
        Wir alle wollen, dass der Unternehmenskauf nach fai-
        ren Regeln vonstatten geht. Dies dient auch dem Finanz-
        und Wirtschaftsstandort Deutschland. Darüber dürfen
        wir aber nicht vergessen, dass wir Unternehmenskäufe
        überhaupt erleichtern müssen. Denn globales Wirtschaf-
        ten und Wachsen ist unmittelbar mit der Möglichkeit der
        Übernahme anderer Unternehmen verbunden. Wer Fir-
        menkäufe, wer M & As, erschweren will, will die Wirt-
        schaft in Deutschland weiter kaputt regulieren. Das kön-
        nen wir uns und kann sich Deutschland zurzeit am
        wenigsten leisten.
        Alfred Hartenbach, Parlamentarischer Staatssekre-
        tär bei der Bundesministerin für Justiz: Der Gesetzent-
        wurf, den Sie uns hier präsentieren, will ein Auslegungs-
        problem bei der Vorschrift des § 444 BGB lösen.
        Hierüber könnte man reden. Einigermaßen abwegig ist
        es allerdings, die Klarstellung auf Verbrauchsgüterkäufe
        zu beschränken. Eine derartige Teilregelung könnte
        leicht so verstanden werden, dass außerhalb des Ver-
        brauchsgüterkaufs Haftungsausschlüsse und Beschrän-
        kungen uneingeschränkt zulässig sein sollen. Das würde
        dann auch für undurchschaubare oder widersprüchliche
        Klauseln gelten, mit denen sich der Verkäufer etwa bei
        einem Unternehmenskaufs einer Haftung entzieht.
        Ich glaube kaum, dass Sie tatsächlich so weit über das
        Ziel hinausschießen wollten. Es ist ja richtig, dass kaum
        eine Vorschrift des neuen Schuldrechts so heftige Dis-
        kussionen ausgelöst hat, wie der § 444 BGB. Es wurde
        tatsächlich vereinzelt eine ausschließlich grammatische
        Auslegung vertreten, die Sinn und Zweck der Regelung
        ausblendet und so zu dem Ergebnis gekommen ist, eine
        Verbindung von Garantie und Haftungsbeschränkung sei
        nicht mehr möglich. Das hat natürlich die Praxis gerade
        im kaufmännischen Geschäftsverkehr zunächst irritiert.
        In der Praxis werden – insbesondere bei Unternehmens-
        käufen – Garantien vereinbart, die den Verkäufer treffen.
        Gleichzeitig beschränkt die Praxis diese Garantien sum-
        menmäßig, zeitlich oder hinsichtlich der Rechtsfolgen.
        Das wäre mit dieser Auslegung nicht mehr möglich.
        4742 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        Die Unruhe ist aber vollkommen unbegründet: Bei
        sachgerechter, nicht am Wortlaut haftender Auslegung
        steht § 444 BGB der gängigen Vertragspraxis nicht im
        Wege, sondern verbietet lediglich – und dies mit allem
        Recht – intransparente und widersprüchliche Garantie-
        beschränkungen. Schon die Gesetzesbegründung zu
        § 444 BGB stellt klar, dass sich an der früheren positiven
        Rechtsprechung zur bewährten kaufmännischen Praxis
        beim Unternehmenskauf nichts ändern soll. Danach war
        es zulässig, Eigenschaftszusicherungen oder Garantien
        von vornherein zu beschränken, und so soll es auch blei-
        ben. In der Literatur hat sich sehr schnell die Auffassung
        durchgesetzt, dass auch der neue § 444 BGB der gängi-
        gen Vertragspraxis nicht entgegensteht.
        Sinn und Zweck des § 444 in seiner hier maßgebli-
        chen Alternative ist es allein, widersprüchliches Verhal-
        ten zu unterbinden. Der Verkäufer, also auch der Unter-
        nehmensverkäufer, soll nicht Garantien, die er zunächst
        übernommen hat, nachträglich auf überraschende oder
        undurchschaubare Art und Weise ausschließen oder be-
        schränken können. Etwas anderes ist es, wenn Inhalt und
        Umfang einer Garantie von vornherein eingeschränkt
        werden und der Verkäufer erkennbar eine Haftung nur in
        einem begrenzten Rahmen übernimmt. Solchen vertrag-
        lichen Regelungen steht § 444 BGB überhaupt nicht ent-
        gegen.
        Ich zitiere die Vorschrift:
        „Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte
        des Käufers … ausgeschlossen oder beschränkt
        werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen,
        wenn er … eine Garantie für die Beschaffenheit der
        Sache übernommen hat.“
        Nur soweit der Verkäufer eine entsprechende Garan-
        tie abgegeben hat, ist ihm der Rückgriff auf die Haf-
        tungsbegrenzung verwehrt. Dieses Auslegungsergebnis
        kann inzwischen wohl mit Recht als herrschende Mei-
        nung bezeichnet werden.
        Natürlich könnten wir trotzdem über eine redaktio-
        nelle Klarstellung in § 444 BGB reden, wenn es der
        Rechtssicherheit dient. Das BMJ beobachtet die weitere
        Entwicklung unter diesem Aspekt aufmerksam.
        Der CDU/CSU-Entwurf geht jedoch über die Klärung
        dieser Auslegungsfrage weit hinaus. Er ersetzt nicht nur
        das kritisierte Wort „wenn“ durch ein „soweit“, sondern
        beschränkt das Verbot intransparenter und widersprüch-
        licher Einschränkungen von Garantien zugleich auf den
        Verbrauchsgüterkauf. Das legt den Schluss nahe – mög-
        licherweise ist dieser Schluss sogar so gewollt –, dass
        außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs, also zum Beispiel
        beim Unternehmenskauf, auch intransparente und wider-
        sprüchliche Garantiebeschränkungen uneingeschränkt
        zulässig sein sollen.
        Das widerspricht eindeutig dem Willen des Gesetzge-
        bers, der aus guten Gründen die Fortgeltung der existie-
        renden Rechtsprechung und Rechtspraxis wollte, nach
        der sich beschränkte Garantiehaftungen am Maßstab der
        Transparenz, dem Verbot der Widersprüchlichkeit und
        Verständlichkeit messen lassen müssen – und dieses
        eben nicht nur beim Verbrauchsgüterkauf. Hierbei soll-
        ten wir es belassen.
        Anlage 13
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung über den Antrag: Vorrang für die
        Ostseesicherheit (Tagesordnungspunkt 14)
        Dr. Christine Lucyga (SPD): Die verheerenden
        Seeunfälle der jüngsten Zeit – wie der Untergang der
        „Prestige“ in der Biskaya und auch des Frachters „Fu
        Shan Hai“ in der Ostsee – haben das Problembewusst-
        sein in Politik und Öffentlichkeit dafür geschärft, dass
        die Seesicherheit zu einer der Schlüsselfragen des Mee-
        res- und Umweltschutzes geworden ist. Der Schutz der
        Meere ist eine internationale Aufgabe und Herausforde-
        rung.
        Das Problem der Seesicherheit hat uns in diesem
        Hause in den vergangenen Wochen und Monaten mehr-
        fach beschäftigt, aber auch internationale Organisatio-
        nen, die nationalen Parlamente unserer europäischen
        Nachbarn und der Europarat greifen immer öfter die
        Thematik von Schiffssicherheit und Schutz der Meere
        auf. Die heutige Debatte ist ebenfalls ein Beitrag in die-
        sem Sinne und sie zeigt, gemessen an den vorangegan-
        genen Aussprachen zur Seesicherheit, dass wir inzwi-
        schen – wenn auch in kleinen Schritten – jeweils ein
        Stück weitergekommen sind. So standen auf der interna-
        tionalen Ministerkonferenz von Nord- und Ostseeanrai-
        nern am 25./26. Juni dieses Jahres erneut die Schifffahrt
        und der Meeresschutz im Mittelpunkt und wir alle kön-
        nen uns über wichtige Schritte in die richtige Richtung
        freuen. In einer Reihe von bislang strittigen Fragen wur-
        den Kompromisse gefunden, auf die Deutschland an
        maßgeblicher Stelle Einfluss genommen hat. Als wich-
        tigster Erfolg ist zu werten, dass es nach schwierigen
        Verhandlungen endlich gelungen ist, Russland von sei-
        ner bisherigen strikten Ablehnung der Lotsenpflicht ab-
        zubringen.
        Angesichts der deutlichen Zunahme von Öltranspor-
        ten durch die Ostsee und unter dem Eindruck zahlreicher
        Havarien von Tankern in europäischen Gewässern einig-
        ten sich die Staaten auf gemeinsame Maßnahmen zur
        Einführung einer Lotsenpflicht in engen und verkehrsbe-
        schränkten Gewässern. Dies betrifft vor allem die Ostsee
        – und dort wiederum vor allem die Kadetrinne zwischen
        Deutschland und Dänemark, die bislang eines unserer
        größten schiffssicherheitspolitischen Sorgenkinder ist.
        Damit kann eine ganz exponierte Forderung aus dem
        Antrag der CDU/CSU „Vorrang für die Ostseesicher-
        heit“ als erfüllt angesehen werden, so wie auch in ande-
        ren Zielsetzungen bereits Ergebnisse vorliegen. Insbe-
        sondere in der HELCOM konnte Deutschland vieles von
        dem erreichen, was in Ihrem Antrag noch vorkommt,
        aber bereits auf den Weg gebracht wurde. Die Bremer
        Konferenz vom Juni hat aber auch gezeigt, dass nur ein
        gemeinsam abgestimmtes Vorgehen in Fragen, die – wie
        etwa die Lotsenannahmepflicht in der Kadetrinne oder
        die Ausweisung der Ostsee als PSSA-Gebiet – internatio-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4743
        (A) (C)
        (B) (D)
        nales Völkerrecht berühren, zum Erfolg führen. Voran-
        gekommen ist auch die Verständigung über eine zügi-
        gere Anpassung von Einhüllentankern vor 2015, über
        die Verbesserung der Hafenstaatenkontrollen und über
        die Ausweisung besonderer Verkehrstrennungsgebiete,
        darunter Ostsee als Verkehrstrennungsgebiet.
        An dieser Stelle möchte ich auf das Achtpunktepro-
        gramm der Bundesregierung zum Schutz der Meeresum-
        welt und der Küstenregionen verweisen.
        Mit dem Sicherheits- und Notfallkonzept hat
        Deutschland eine Vorreiterrolle in Europa übernommen.
        Das deutsche Notfallkonzept ist europaweit führend und
        mit der Einrichtung eines gemeinsamen Havariekom-
        mandos ist eine handlungsfähige Einheit geschaffen
        worden, in der Kompetenzen gebündelt werden. Dies
        muss auch Wirkungen auf andere europäische Staaten
        haben, die noch nachziehen müssen.
        Richtig ist der Hinweis auf eine schwieriger wer-
        dende Sicherheitslage durch terroristische Bedrohung
        und es wird zu klären sein, inwiefern hier auch neue
        Aufgaben für das Havariekommando entstehen. Aber
        auch in diesem Punkt sehe ich keinen Dissens unserer
        Ziele – wie ein im Vergleich zu unseren einschlägigen
        Anträgen zur Ostseesicherheit zeigt, die – bis auf den
        Prüfauftrag für das Weitbereichsradar im Bereich der
        Kadetrinne – als erfüllt gelten können. Bereits erfüllte
        Auflagen kann man nicht noch einmal beschließen –
        eine Zustimmung zu Ihrem Antrag entfällt also.
        Es bleibt noch die offene Frage der Europäischen See-
        agentur. Auch wir wünschen uns natürlich eine solche
        Institution in Deutschland, wissen aber andererseits, dass
        die Entscheidung letztendlich beim Europäischen Rat
        liegt, der wiederum eine faire Berücksichtigung solcher
        Mitgliedstaaten anstrebt, die noch nicht Sitz einer euro-
        päischen Institution sind. Selbstverständlich setzt sich
        die Bundesregierung dennoch für eine Berücksichtigung
        deutscher Standortangebote ein und kann dabei auf
        Kompetenz und eine gute Seesicherheitsbilanz im euro-
        päischen Maßstab verweisen.
        Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Erst
        am 8. Mai stand die Seesicherheit auf unsere Initiative
        hin auf der Tagesordnung in diesem Hause. Seitdem ist
        mit dem chinesischen Frachter „Fu Shan Hai“ ein weite-
        res Schiff mit Ölaustritt in der Ostsee untergegangen, in
        Lübeck die dritte nationale maritime Konferenz ohne
        konkrete Ergebnisse verstrichen, und am letzten Don-
        nerstag in Bremen die internationale Meeresschutzkon-
        ferenz ohne Einigung auf ein gemeinsames Sicherheits-
        konzept der Ostseeanrainer beendet worden. Im
        Redeprotokoll meiner Kollegin Christine Lucyga vom
        8. Mai ist nachzulesen, dass der Antrag der Union ei-
        gentlich keinen Dissens zu den Zielen der Koalition ent-
        hält. Trotzdem hat die rot-grüne Mehrheit den Antrag am
        23. Juni im Ausschuss abgelehnt.
        Begründung: Die mit dem Antrag verfolgten Ziele
        sind von der Regierung bereits auf den Weg gebracht.
        Drei Tage später ist Umweltminister Trittin in Bremen
        restlos gescheitert, so die Einschätzung der Umweltstif-
        tung WWF, und Greenpeace sprach von „einem Offen-
        barungseid der Umweltminister“.
        Die Ostsee wird nicht als besonders geschütztes Mee-
        resgebiet – PSSA – ausgewiesen, eine Missachtung der
        Risikolage; es wird keine Radarüberwachung geben und
        auch die Lotsenannahmepflicht konnte nur für den klei-
        nen Bereich der Kadetrinne durchgesetzt werden.
        Zur Erinnerung: Die „Fu Shan Hai“ ist wenige See-
        meilen vor der Kadetrinne untergegangen. Ein gemein-
        sames Votum von Opposition und Koalition hätte die
        Verhandlungsposition des Ministers gestärkt. Ich fordere
        Sie auf, dieses Votum heute zu korrigieren. Dann besteht
        im Herbst auf der HELCOM-Konferenz die Chance, die
        gemeinsamen Ziele doch noch umzusetzen.
        Realität ist, die Seesicherheit auf der Ostsee hat nicht
        zu, sondern in den letzten Jahren Zug um Zug abgenom-
        men. Die Gefahr nicht mehr beherrschbarer Umweltka-
        tastrophen steigt. Dieser Trend muss gestoppt, muss in
        sein Gegenteil verkehrt werden! Wir brauchen eine Si-
        cherheitswende für die Ostsee, die Nordsee und die an-
        deren Meere.
        Das verheerende Öltankerunglück der „Prestige“ vor
        Spaniens Küste sollte als anhaltende Mahnung verstan-
        den werden. Ich verkenne nicht, dass die EU und auch
        die Bundesregierung aus eigenem Antrieb, aber auch
        aufgeschreckt durch anklagende Bilder schrecklicher Öl-
        verschmutzung durch die „Prestige“, Maßnahmen zur
        Risikominimierung getroffen haben. Doch wenn diese
        erst, wie bei dem Doppelhüllen-Gebot für Großtanker, in
        10 Jahren greifen und nicht internationaler Standard
        werden, schaffen sie eine Scheinsicherheit, keinen tat-
        sächlichen Sicherheitsgewinn. Wenn die EU eine neue
        Altersbegrenzung für Schiffe einführen will, Russland
        sich jedoch knallhart weigert, andere Flaggenstaaten der
        IMO die kalte Schulter zeigen, bleibt das Gefährdungs-
        potenzial für die Ostsee auf Jahrzehnte erhalten.
        Aus Sach- und Zeitgründen muss die Seesicherheit
        Chefsache werden. Fachminister-Kontakte der Ostseean-
        rainer sind notwendig, ein Spitzentreffen der Regierungs-
        chefs zu dieser Problematik jedoch erforderlich. Es gilt,
        zu verbindlichen nationalen und internationalen Abkom-
        men für die Ostsee zu kommen. Darauf dringen wir!
        Und es darf keine Zeit verstreichen! Die Ostsee ist ein
        Fast-Binnenmeer.
        Eine Öl- oder Chemikalienkatastrophe bewirkt hier
        eine ungleich größere Umweltzerstörung als in jedem
        Ozean. Mensch und Natur, Fauna und Flora, Küsten und
        Strande würden dauerhaft belastet, beschädigt. Dazu
        darf es nicht kommen!
        Doch fast täglich schrammen wir in der Ostsee an ei-
        ner Katastrophe vorbei. Das gilt für die Kadetrinne, in
        der es auf engstem Raum bis zu 65 000 Schiffsbewegun-
        gen jährlich gibt. Die am letzten Donnerstag beschlos-
        sene Lotsenannahmepflicht allein reicht nicht aus. Ohne
        flächendeckende Radarüberwachung zur technischen
        Unterstützung bleibt sie ein Torso.
        Eine Lotsenannahmepflicht für die nördliche Tanker-
        route wird es auch in Zukunft nicht geben. Doch hier
        4744 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        wird verstärkt Öl aus Rußland transportiert, teilweise auf
        Schiffen, die nicht nur als Seelenverkäufer bezeichnet
        werden, sondern eine Boardwandstärke haben, die für
        Eisgang völlig ungeeignet ist.
        Seit 1995 haben sich die Öltransporte verdoppelt.
        Greenpeace dokumentierte es: Durchschnittlich einmal
        am Tag passiert ein Ölfrachter von der „Güteklasse“ der
        26 Jahre alten gesunkenen „Prestige“ die risikoreiche
        Kadetrinne.
        Allein drei dramatische Situationen hat die finnische
        Regierung im vergangenen Winter durch festsitzende
        Öltanker ausgemacht. In keinem Fall war Russlands Re-
        gierung bereit zu handeln.
        Wer so die Sicherheit aller missachtet und nicht bereit
        zur Kooperation ist, hat weder Kredite verdient noch
        verdient, als Bündnispartner ernst genommen zu werden.
        Hier müssen die Ostseeregierungen endlich knallhart
        handeln und Russland zur Kooperation führen.
        Doch die Beinahe-Unglücke umfassen nicht nur zu
        alte und ungeeignete Schiffe, sondern nach Experten-
        Auffassung auch die Doppelhüllen-Tanker der l. Genera-
        tion. Auch wenn die Doppelwand eine deutliche Sicher-
        heitsverbesserung bei Havarien oder Grundberührung
        bedeutet, so sind Schiffe dieser Bauart in den ersten Jah-
        ren vor dem Inkrafttreten der MARPOL-Vorschriften
        1992 mit einer Konstruktion aus hochfestem Stahl aus-
        gestattet worden, die als problematisch angesehen wer-
        den, wo die Gefahr des Auseinanderbrechens besteht.
        Bei Bulk-Carriern dieser Bauart hat es entsprechende
        Unglücke bereits gegeben.
        Hier sind tickende Zeitbomben unterwegs, die mehr
        internationale Kontrolle notwendig machen. Das Ziel in
        Europa muss sein, dass nicht nur ein Ausphasen der al-
        ten Tanker erreicht wird, sondern dass die Ersatztonnage
        auch in Europa gebaut wird.
        Denn der europäische Qualitätsstandard gilt nicht
        weltweit. Bei der IMO häufen sich Beschwerden über
        schwerwiegende Qualitätsmängel bei Schiffsneubauten.
        Es werden international verbindliche Bauvorschriften
        gefordert. Wir schließen uns dem an! Der enorme Kos-
        tendruck durch subventionierte Dumpingpreise im Welt-
        schiffbau verhindert Sicherheit, so argumentieren Schiff-
        bauer und Reeder.
        Und noch ein Risiko-Aspekt bleibt oft unerwähnt,
        deshalb wiederhole ich ihn hier an dieser Stelle: Große
        Pötte, die zum Beispiel Container transportieren, sind in
        der Regel Einwandboote, bunkern jedoch allein an
        Treibstoff bis zu 12 000 Tonnen Öl; das ist das Doppelte
        von dem, was kleinere Tanker geladen haben. Verun-
        glückt ein solches Schiff in der Ostsee, ist ein unermess-
        licher Schaden gegeben. Bei Tankerneubauten gilt schon
        heute die Doppelwandpflicht bei einer Ladung ab
        5 000 Tonnen. Hier müssen gleiche Standards für alle
        Schiffstypen geschaffen werden. Und auch für Tanker
        unter 5 000 Tonnen muss die Doppelwand Pflicht sein!
        Gerade sie bedeuten eine besondere Gefahr für Mensch
        und Natur, denn sie werden hauptsächlich im Küstenver-
        kehr eingesetzt.
        Allein die hier genannten Beobachtungen zeigen den
        Umfang der Risiko-Spanne für die Ostsee. Hinzu
        kommt: Der Schiffsverkehr im baltischen Meer nimmt
        Jahr um Jahr zu, leider auch das Alter der Boote. Außer-
        dem: Die Öltanker werden immer größer. Auch damit
        steigt das Risiko. Noch immer gibt es mehr Ein- als
        Doppelwandschiffe im baltischen Meer. Und nach den
        geltenden Bestimmungen wird sich erst in gut zehn Jah-
        ren dieser Sachverhalt ändern. Zehn Jahre weitere halb-
        herzige Sicherheit auf der Ostsee sind nicht vertretbar!
        Wir erwarten, dass die Ostsee zu einem PSSA-Sonderge-
        biet erklärt wird, es besondere Kontrollen für Risiko-
        boote gibt und gleiche Sicherheitsauflagen für alle Ost-
        seeanrainer – Russland eingeschlossen. Wenn Rußland
        und die IMU nicht mitziehen, muss Europa ein eigenes
        Sicherheitsnetz schaffen.
        Unser Appell zur Optimierung der Seesicherheit rich-
        tet sich aber zugleich an die Schiffsbetreiber und Billig-
        flaggenstaaten. Wenn vorrangig nach der Devise verfah-
        ren wird: Erst der Gewinn – dann die Sicherheit, ist zu
        prüfen, ob der Landweg mit Öl-Pipelines eine Risikomi-
        nimierung bedeutet.
        Der weitaus überwiegende Teil der deutschen und
        europäischen Reeder handelt überaus verantwortungsbe-
        wußt und ist an Sicherheit orientiert. Es sind die schwar-
        zen Schafe, die die Seesicherheit durch mangelnde Tech-
        nik und unvertretbare Behandlung des Boardpersonals
        gefährden. Hier setzt die Eigenverantwortung der Ver-
        bände an. Unabhängig davon wiederhole ich noch ein-
        mal: Der Ostsee fehlt immer noch ein verbindliches See-
        sicherheitskonzept. Eine Richtungsänderung ist dringend
        geboten! Deshalb fordere ich Sie noch einmal auf, unse-
        rem Antrag heute zuzustimmen.
        Die Menschen nicht nur an der Küste sind voller
        Sorge, daß ein Unglück wie das der „Prestige“ auch bei
        uns passieren könnte. Diese Bedenken müssen wir ernst
        nehmen. Die USA haben gehandelt. Bereits lange vor
        dem Untergang des Öltankers vor Spaniens Küste gab es
        ein Verbot für Einhüllentanker und weitere Sicherheits-
        auflagen in den USA. Das zögerliche und bedenkenrei-
        che Brüssel und auch Berlin sollten sich an den Ameri-
        kanern ein Beispiel nehmen.
        Enak Ferleman (CDU/CSU): Im rot-grünen Sprach-
        gebrauch steht die Nachhaltigkeit ganz oben auf der
        Liste der am häufigsten verwendeten Begriffe. Nachhal-
        tigkeit soll signalisieren, dass politische Zielsetzung,
        Konzeptionierung und Umsetzungsplanung verfolgt
        werden und langfristig orientiert sind. Auf jedem der
        von Rot-Grün bewegten Themenfelder hat die Nachhal-
        tigkeit als Begriff inzwischen ihre Heimat gefunden, lei-
        der vielfach nur als Worthülse. Denn auf vielen politi-
        schen Feldern kann die Bundesregierung gerade nicht
        vorweisen, dass sie tatsächlich eine nachhaltige Politik
        betreibt. Auch die Hilfestellung durch viele Kommissio-
        nen und Expertenrunden hat relativ wenig dazu beitra-
        gen können, dass sich im fünften Jahr der Regierungs-
        verantwortung tatsächlich auch einmal eine nachhaltige
        Wirkung zeigt bzw. entwickelt. Ganz im Gegenteil: Rot-
        Grün wird noch nicht einmal aus Fehlern klug. Wider
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4745
        (A) (C)
        (B) (D)
        besseres Wissen, werden die Dinge nicht zu Ende ge-
        dacht, geschweige zu Ende gebracht. Auf dem Papier
        scheint es zwar so, als sei das Havariekommando in
        Cuxhaven, das endlich vier Jahre nach dem Unglück der
        „Pallas“ eingerichtet worden ist, befähigt, effektiv im
        Falle einer Havarie an Nord- und Ostsee tätig zu werden.
        Unterstrichen wird der falsche Eindruck durch die Si-
        cherheitsankündigungen des Bundesverkehrsministers,
        die er als Aktivitäten bezeichnet. Bei näherer Betrach-
        tung sieht man aber, dass hier nur Sicherheit suggeriert
        wird und sich in Wahrheit ein ganz anderes Bild zeigt.
        Ausgerechnet bei einem ökologischen Thema, bei
        dem man von einer rot-grünen Bundesregierung einen
        gekonnten Umgang mit einer nachhaltiger Vorgehens-
        weise erwarten sollte, stößt man auf zögerliche Halbher-
        zigkeiten, die am Verantwortungsbewusstsein des Ver-
        kehrsministers für die Sicherheit auf See berechtigte
        Zweifel aufkommen lassen. Die schrecklichen Folgen
        der Meeresverschmutzung vor den Küsten Frankreichs,
        Spaniens und Portugals für Mensch und Umwelt haben
        wir alle gesehen. Die finanziellen Schäden, die in den
        betroffenen Küstenregionen entstanden sind, haben wir
        in ihrer ökönomischen Auswirkung zur Kenntnis ge-
        nommen. Und deshalb gehört nun auch endlich auf die
        Agenda, beim Havariekommando in Cuxhaven – anstatt
        zu reden – Strukturen zu schaffen, die ein reibungsloses
        Vorgehen im Falle einer Havarie an Ost- oder Nordsee
        sicherstellen.
        Ich fordere die Bundesregierung auf, Festlegungen zu
        treffen und Strukturen zu schaffen, die dem Havarie-
        kommando in Cuxhaven die Möglichkeiten für eine ef-
        fektive Aufgabenerledigung geben. Davon sind Sie weit
        entfernt. Der Bundesverkehrsminister hat sich bis heute
        außerstande gesehen, dafür zu sorgen, dass die räumli-
        chen Voraussetzungen als Bedingung für eine gut orga-
        nisierte Zusammenarbeit der verantwortlichen Kräfte ge-
        schaffen werden. Man muss sich mal vorstellen, dass die
        Mitarbeiter bis heute an verschiedenen Stellen unterge-
        bracht sind. Nach über einem Jahr ist noch nicht über
        eine taugliche Immobilie entschieden, obwohl es Ange-
        bote gibt – ein Armutszeugnis!
        Bis heute sind keine Notliegeplätze an den Küsten
        und in den Häfen ausgewiesen. Wollen Sie das diskutie-
        ren, wenn die Katastrophe da ist? Lösen Sie dieses Pro-
        blem! Oder glaubt jemand ernsthaft, dass Hafenämter im
        Schadensfalle begeistert sein werden, im Hafen Plätze
        für havarierte Schiffe zur Verfügung zu stellen? Da muss
        vorher Klarheit geschaffen werden. Allein das jüngste
        Beispiel vor Cuxhaven, die Havarie der „Lindholm“, hat
        deutlich gezeigt, dass angesichts einer zu erwartenden
        Ölverseuchung im Hafen nur eines versucht wird: den
        Havaristen loszuwerden und auf See zu schleppen. In
        den Hafenämtern will sich doch keiner mit tonnenweise
        ausgelaufenem Öl herumärgern oder mit Versicherern
        herumschlagen, die die Schäden der Ölbeseitigung be-
        gleichen sollen und dazu keine Neigung verspüren. Da-
        bei war die Havarie der „Lindholm" vergleichsweise ein-
        fach. Der lecke Kümo hatte auch nur 10 Tonnen Öl an
        Bord. Für den Badebetrieb in Cuxhaven aber wäre auch
        diese Menge schon Gift gewesen. Eine zentrale Stelle,
        die mit bindender Wirkung entschieden hätte, was zu
        passieren hat, nämlich unser Havariekommando in Cux-
        haven, wäre schön gewesen. Aber Fehlanzeige! Von dort
        wurden die Probleme nicht gelöst. Hier hat sich bereits
        im Kleinen gezeigt, was im Großen schief gehen wird.
        Bis heute ist kein klares Notschleppkonzept auf dem
        Tisch. Dies ist eine Problematik, die nur durch Vorpla-
        nung zu regeln ist. Und es muss ein Gesamtkonzept für
        Nord- und Ostsee auf den Tisch, was die Sache nicht ein-
        facher macht. Ohne entsprechende Regelungen ist alles
        andere, was für die Schiffssicherheit getan wird, nur die
        Hälfte wert. Notschlepperkapazitäten erst dann zu orga-
        nisieren, wenn die Havarie da ist, ist zu spät.
        Es müssen Kompetenzen festgelegt werden. Das Ha-
        variekommando muss auch diejenige Einrichtung sein,
        die das Letztentscheidungsrecht hat. Wenn, wie bei der
        Havarie der „Lindholm“, Schlimmeres verhindert
        wurde, weil der Kollege Zufall genügend Einsehen hatte,
        dann darf das nicht dazu verlocken, die Hände in den
        Schoß zu legen.
        Viele Fragen stehen unbeantwortet im Raum. Ich for-
        dere die Bundesregierung auf, endlich Antworten zu ge-
        ben, anstatt auf irgendwelche ungeeigneten Aktivitäten
        zu verweisen. Lösen Sie die vordringlichen Probleme an
        der Ostsee und übertragen Sie sie auf die Nordsee! Wir
        werden Sie immer wieder mit unseren Forderungen kon-
        frontieren. Handeln Sie freiwillig, bevor die erste große
        Katastrophe vor der deutschen Küste Sie dazu zwingt!
        Damit erfüllen Sie dann auch den Anspruch, den der von
        Ihnen gerne verwendete Begriff der Nachhaltigkeit an
        Sie stellt.
        In diesem Sinne fordere ich alle, insbesondere aber
        die Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen
        nachdrücklich auf, dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion
        zuzustimmen.
        Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        NEN): Vorrang für die Ostseesicherheit! Dieses Ziel
        kann ich voll und ganz unterstützen. Leider mussten wir
        in der letzten Woche bei diesem Kampf eine herbe Nie-
        derlage hinnehmen. Die Ostsee wird vorerst nicht als be-
        sonders schutzwürdiges Gebiet (PSSA) ausgewiesen.
        Russland hatte dagegen sein Veto eingelegt. Denn Russ-
        land gibt der Ostseesicherheit keinen Vorrang. Vorrang
        haben vielmehr wirtschaftliche Interessen. Russland will
        seine Ölexporte bis 2010 nahezu verdoppeln. Dafür wer-
        den die russischen Ölhäfen mit Hochdruck ausgebaut.
        Fachleute rechnen mit einer Verdreifachung der Öl-
        menge, die über die Ostsee transportiert wird. Aber nicht
        nur die Ausweisung der Ostsee als PSSA-Gebiet lehnt
        Russland ab. Russland hält auch nichts von einem Ver-
        bot von einwandigen Öltankern, wie es kürzlich von der
        EU beschlossen wurde. Einwandige Tanker sind bereits
        bei normalen Witterungsbedingungen unverantwortlich.
        Aber im Winter werden sie zu einer Zeitbombe. Einwan-
        dige Öltanker fräsen sich im Nadelöhr vor Sankt Peters-
        burg ihren Weg durch eine dicke Eisschicht. Da ist es nur
        eine Frage der Zeit, wann es zu einer großen Katastrophe
        kommt.
        Da Russland kein Mitglied der Europäischen Union
        (EU) ist, gelten die strengeren europäischen Sicherheits-
        4746 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        standards dort auch nicht. Gerade deshalb ist es wichtig,
        dass auf Russland politischer Druck ausgeübt wird. In
        diesem Sinne begrüße ich grundsätzlich den Antrag der
        CDU/CSU, auch wenn ich in der Sache in einigen Punk-
        ten deutliche Differenzen zu den vorgelegten Forderun-
        gen habe.
        Auf nationaler und europäischer Ebene wurden viele
        vernünftige Initiativen ergriffen, die für mehr Sicherheit
        auf den Meeren und in den Küstengewässern sorgen. Ich
        nenne hier nur die beiden „Erika“-Maßnahmenpakete
        der EU und die Schaffung eines Havarie-Kommandos in
        Cuxhaven. Aber damit ist noch nicht alles getan, um die
        Sicherheit der Meere nachhaltig zu gewährleisten. Von
        besonderer Brisanz ist die Situation in der Kadetrinne.
        Angesichts der enorm steigenden Schiffsdurchfahrten ist
        das nicht mehr zu verantworten. Deshalb ist die Forde-
        rung richtig, umgehend mit den Ostseenachbarn eine
        Lotsenannahmepflicht und eine Meldepflicht zu verein-
        baren. Dies gilt auch für ein ostseeweites Netz von Not-
        liegeplätzen und Nothäfen und für den Ausbau der Ra-
        darüberwachung.
        In all diesen Fragen sind wir, meine sehr verehrten
        Kolleginnen und Kollegen, praktisch einer Meinung und
        die sollten wir auch im Interesse unseres Landes, der Si-
        cherheit der Meere und unserer Küsten gemeinsam ver-
        treten. In zwei Punkten stimme ich mit Ihnen jedoch
        nicht überein.
        Zum einen erscheint mir in Ihrem Antrag der Hinweis
        auf Malta und Zypern unverständlich. Sie deuten an,
        dass diesen beiden Staaten im Beitrittsvertrag eine Son-
        derbehandlung zugestanden wurde. Das ist nicht der
        Fall. Auch nach nochmaliger Lektüre des Beitrittsvertra-
        ges konnte ich keine Sonderbehandlung für diese Staaten
        erkennen. Mit dem Beitritt Maltas und Zyperns gelten
        alle diesbezüglichen Regeln der EU ab dem ersten Tag
        ihrer Mitgliedschaft.
        Zum anderen scheinen sie eine Grundgesetzänderung
        durch die Hintertür anzustreben. Dafür werden sie die
        Unterstützung von Bündnis 90/Die Grünen nicht bekom-
        men. Die Regelung, die Sie für eine künftige Küstenwa-
        che vorschlagen, ist mit der grundgesetzlichen Trennung
        von polizeilicher und militärischer Gewalt nicht verein-
        bar und auch völlig unnötig. Der Einsatz der Bundes-
        wehr in Katastrophenfällen ist eindeutig geregelt. Den
        Versuch der CDU/CSU, Bundeswehreinsätze im Inneren
        durch immer neue trickreiche Varianten durchzusetzen,
        werden wir entschieden und beharrlich zurückweisen.
        Allerdings halten auch wir die Weiterentwicklung des
        Havarie-Kommandos in Cuxhaven zu einer noch schlag-
        kräftigeren Organisation für geboten. Parallele Struktu-
        ren und unterschiedliche, sich teilweise gegenseitig be-
        hindernde Kompetenzhierarchien müssen konsequent
        abgebaut werden. Nur dann werden wir über eine
        schlagkräftige Küstenwache verfügen, die im Notfall
        schnell und effektiv reagieren kann. Zu prüfen ist auch
        die Schaffung einer europäischen Küstenwache. Auch
        wenn es sich hier nur um einen ersten Gedanken handelt,
        sollten wir ihn nicht von vornherein ablehnen. Umwelt-
        kriminalität und der Seeverkehr machen natürlich nicht
        an den Staatsgrenzen Halt. Deshalb müssen wir mutige
        europäische Lösungen finden. Denn wenn es so weiter-
        geht, wird die Ostsee bald ein von Ölteppichen überzo-
        genes schwarzes Meer sein.
        In diesem Zusammenhang möchte ich noch ein ande-
        res internationales Problem ansprechen, das mich mit
        großer Sorge erfüllt. Weltweit laufen 1 500 Schiffe unter
        der Flagge Liberias. Davon sind mehr als ein Viertel
        deutsche Schiffe. Damit unterstützen deutsche Reeder
        maßgeblich das diktatorische Regime von Charles
        Taylor. Denn die Einnahmen aus dem Verkauf der Lan-
        desflagge tragen bis zu 25 Prozent zum liberianischen
        Haushalt bei und sind seit dem UN-Embargo gegen Tro-
        penholz, Waffen und Diamanten die Hauptfinanzie-
        rungsquelle des Taylor-Regimes. Dieses Regime befin-
        det sich seit Jahren in einem grausamen Bürgerkrieg, in
        dem brutal gegen die Zivilbevölkerung vorgegangen
        wird. Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht,
        Kriegsverbrechen sowie schwere Menschenrechtsver-
        stöße werden ihr angelastet. Wie Sie wissen, zerbrach
        auch der jüngste Waffenstillstand. Deshalb möchte ich
        diese Gelegenheit nutzen, die deutschen Reeder dazu
        aufzufordern, ihre Schiffe nicht mehr unter liberiani-
        scher Flagge fahren zu lassen. Denn durch den Kauf der
        liberianischen Flagge unterstützen sie das menschenver-
        achtende Regime des Diktators Charles Taylor. Wenn
        Sie weiterhin auf ein UN-Embargo gegen das offene Re-
        gister Liberias warten, helfen sie dem Taylor-Regime,
        den Bürgerkrieg fortzuführen.
        Abschließend möchte ich zum Thema Vorrang für die
        Ostseesicherheit noch auf etwas hinweisen, was an sich
        zwar offensichtlich ist, aber dennoch oft übersehen wird.
        Die Vermeidung von Gefahren ist die beste Sicherheits-
        strategie von allen. Das heißt, jeder Tropfen Öl, der nicht
        über die Weltmeere nach Deutschland gebracht wird,
        sondern durch Energieeinsparung oder regenerative
        Energien ersetzt wird, ist die beste aller Sicherheitsvor-
        kehrungen überhaupt.
        Hans-Michael Goldmann (FDP): Als Opposition
        sollten wir dort, wo es geboten ist, auch einmal die Re-
        gierung loben. Im Fall der Sicherheit auf der Ostsee hat
        die Regierung in der Tat einige richtige Schritte unter-
        nommen und der CDU/CSU-Antrag ist in einigen Punk-
        ten schlicht überholt.
        Ein Punkt macht mir allerdings Sorgen. Bei der Hava-
        rie des chinesischen Frachters „Fu Shan Hai“ haben sich
        die Dänen wie damals bei der „Pallas“ nicht gerade ko-
        operativ verhalten. Die schwedische Verkehrsministerin
        Ulrika Messing warf ihrem dänischen Kollegen vor, dass
        der Untergang an der ungünstigen Stelle auf das zögerli-
        che Verhalten der dänischen Behörden zurückzuführen
        sei weil das schwedische Hilfsangebot drei Stunden un-
        beantwortet blieb. Die Dänen scheinen seit dem „Pal-
        las“-Unglück nichts dazugelernt zu haben. Hier ist die
        Bundesregierung dringend aufgefordert, in Gespräche
        mit der dänischen Regierung einzutreten. Es ist ja schön
        und gut, dass die Dänen ebenfalls eine Lotsannahme-
        pflicht für die Kadetrinne fordern, doch mindestens
        ebenso wichtig ist, dass sie im Falle einer Havarie voll-
        ständig mit ihren Nachbarländern kooperieren.
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4747
        (A) (C)
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        Nach dem Lob der Regierung müssen wir uns aber
        natürlich auch mit den Themen beschäftigen, die die Re-
        gierung noch immer nicht vernünftig abgearbeitet hat,
        wo sie völlig konzeptionslos erscheint.
        Sehr kritisch fällt die Bilanz zum Havariekommando
        aus. Noch immer gibt es keinen endgültigen Organisati-
        onserlass. Allen anderslautenden Ankündigungen zum
        Trotz, schwebt das Havariekommando im Ministerium
        immer noch in der Luft. Es ist sogar von ernsthaften Ver-
        stimmungen in der Verwaltung und bei den Personalräten
        zu hören. So schafft man kein Vertrauen in neue Sicher-
        heitsstrukturen. Im Gegensatz zu den Verlautbarungen des
        Ministeriums gibt es auch nach wie vor kein Durch-
        griffsrecht für das Havariekommando. Noch immer ist
        es auf den Goodwill möglicher Beteiligter angewiesen.
        Am grünen Tisch mögen die Erklärungen zur Zusam-
        menarbeit ja nett klingen, aber ob dies eine krisensichere
        und belastbare Basis für die Arbeit des Havariekomman-
        dos darstellt, bezweifle ich.
        Den größten Vogel hat unser Bundesverkehrsminister
        allerdings mit seinem „Notliegeplatz-Konzept“ abge-
        schossen. In der aktuellen Ausgabe der Waterkant heißt
        es hierzu sogar: „Gäbe es einen Preis für das schönste
        Polit-Märchen, wäre der deutsche Bundesverkehrsminis-
        ter Stolpe ein Spitzenkandidat.“ Noch im Januar dieses
        Jahres erklärte er, dass Deutschland ein ganzes Netzwerk
        von Nothäfen bereitstellen würde. Doch was ist daraus
        geworden? Kein einziges europäisches Küstenland hat
        bislang Notliegeplätze ausgewiesen. Herr Stolpe hat eine
        geheime Liste der deutschen Häfen und Reeden an das
        Havariekommando übergeben, die würden es schon rich-
        ten. Das Hafenhandbuch hätte das Havariekommando in
        jeder Buchhandlung kaufen können. Die Hafenliste ist
        aber deshalb ein großes Staatsgeheimnis, weil öffentlich
        ausgewiesene Nothäfen die Bevölkerung beunruhigen
        würden. Wir Küstenbewohner wissen, dass wir Nothäfen
        und Notliegeplätze benötigen, um größere Gefahren von
        der Küste abzuwenden. Wir wollen endlich wissen,
        wann, bei welcher Havarieart, bei welcher Ladung und
        welcher Gefährdung ein Havarist welchen Nothafen
        oder Notliegeplatz anlaufen soll. Wir brauchen Ver-
        trauen in die Sicherheitskonzepte der Regierung. Wir
        brauchen einen Minister, der uns keine Märchen erzählt.
        Ich komme nicht umhin, diese Gelegenheit zu nutzen,
        um abermals auf das widersprüchliche Verhalten der
        Bundesregierung in Sachen Schadstoffunfall-Bekämp-
        fungsschiff hinzuweisen. In der Pressemitteilung
        Nr. 207/03 des BMVBW teilt die Parlamentarische
        Staatssekretärin Frau Mertens mit, dass das Ministerium
        die Kooperation zwischen Staat und Privatwirtschaft su-
        che. Das ist ja durchaus erfreulich. Doch warum lassen
        Sie Ihren Worten denn nicht auch endlich einmal Taten
        folgen? Stattdessen halten Sie trotz leerer öffentlicher
        Kassen an einem öffentlich gebauten und öffentlich be-
        reederten Schadstoffunfall-Bekämpfungsschiff fest. Das
        SUBS für die Ostsee könnte wirtschaftlicher von priva-
        ter Seite bereedert werden und ich bin überzeugt, dass
        wir damit auch gutes Know-how einkaufen würden. Die
        Erfahrungen mit der „Oceanic“ und der „Fairplay 26“
        zeigen doch eindrucksvoll, dass die Privaten höchsten
        Anforderungen an die Ausbildung der Besatzungen ge-
        recht werden. Privaten wäre dann wohl auch nicht der
        Fehler unterlaufen, das SUBS mit einem veralteten Saug-
        entöler auszustatten, der die Ölbekämpfungsfähigkeit
        des Neubaus fraglich erscheinen lässt.
        Doch nicht nur das BMVBW scheint es mit der Ko-
        operation mit der Privatwirtschaft nicht besonders ernst
        zu nehmen. Auch das Verteidigungsministerium rechnet
        sich die öffentliche Bereederung des Forschungsschiffes
        „Planet“ schön. Angesichts dieser Beispiele sind solche
        hehren Erklärungen wie die von Frau Mertens nichts
        wert.
        Als Fazit bleibt wieder einmal festzustellen, dass in
        vielen Fällen unsere Regierung uns mit Versprechungen
        und Märchen ruhig stellen will und nicht die Absicht hat,
        ihre Ankündigungen auch in die Tat umzusetzen.
        Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
        desminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Wir
        untersuchen zurzeit für bestimmte Teile der Ostsee, wel-
        che Seegebiete und welche zusätzlichen Maßnahmen
        zum Schutz der Meeresumwelt und der Küstenregionen
        sich am besten für eine Ausweisung als PSSA eignen.
        Schweden, Dänemark, Finnland und die baltischen Staa-
        ten beabsichtigen, bei der Internationalen Seeschiff-
        fahrts-Organisation (IMO) einen Antrag zu stellen, wo-
        nach die gesamte Ostsee als PSSA ausgewiesen werden
        soll. Es könnten dann für ein solches Gebiet strengere
        Regelungen zur Erhöhung der Sicherheit des Schiffsver-
        kehrs getroffen werden.
        Auf dem G-8-Gipfel von Evian im Juni 2003 haben
        die Partnerstaaten einem Aktionsplan zur Tankersicher-
        heit zugestimmt, der unter anderem eine Lotsenpflicht
        für enge, gefährliche und viel befahrene Schifffahrtsstra-
        ßen vorsieht.
        Die Einführung einer Pflicht zur Lotsenannahme für
        bestimmte Schiffe und Fahrtgebiete speziell in der Ost-
        see wäre ein wichtiger Faktor für die Sicherheit des
        Schiffsverkehrs und den Schutz der Meeresumwelt. Da
        es sich um internationale Gewässer handelt, sind ent-
        sprechende Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit
        des Schiffsverkehrs nur im Rahmen der Internationalen
        Seeschifffahrts-Organisation (IMO) möglich. Zunächst
        ist eine Verständigung aller Ostseeanrainerstaaten erfor-
        derlich, um eine wirksame Initiative bei der IMO zu ent-
        wickeln.
        Die Bundesregierung hat bereits Schritte unternom-
        men, um mit Russland in Fragen der Schiffssicherheit
        und der Lotsenannahmepflicht in der Ostsee ins Ge-
        spräch zu kommen. Beide Seiten haben sich darauf ver-
        ständigt, die Möglichkeiten zur Verbesserung der Sicher-
        heit in der Ostsee-Schifffahrt von einer gemeinsamen
        Arbeitsgruppe analysieren zu lassen.
        Das Thema war auch Gegenstand der Gespräche beim
        HELCOM-Workshop in Rostock im März 2003; im Er-
        gebnis wird eine Lotsenannahmepflicht auch in interna-
        tionalen Gewässern grundsätzlich als positiver Ansatz
        zur Erhöhung der Schiffssicherheit angesehen. Auf Fach-
        ebene soll in einer Expertengruppe (Dänemark, Deutsch-
        land, Finnland, Lettland, Polen, Russland, Schweden)
        4748 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        das System einer Lotsenannahmepflicht im Einzelnen
        diskutiert werden. Eine erste Sitzung der Arbeitsgruppe
        hat bereits im Mai 2003 stattgefunden, die Fortsetzung
        erfolgt im September 2003.
        Die Bundesregierung setzt bei der Überwachung des
        Seegebietes Ostsee anstelle der technisch unzureichen-
        den Weitbereichsradaranlagen auf das präzisere automa-
        tische Schiffsidentifizierungssystem (AIS). Für den Be-
        reich der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) in
        Deutschland wird eine funktechnische Abdeckung zur
        Erfassung aller von den AIS-Bordgeräten zur Verfügung
        gestellten Daten und eine entsprechende Landinfrastruk-
        tur zurzeit aufgebaut.
        Mit dem automatischen Schiffsidentifizierungssystem
        (AIS) ist eine vollständige Erfassung aller ausgerüsteten
        Schiffe möglich; umfangreiche Detailinformationen
        werden verfügbar. Unter maßgeblicher deutscher Mit-
        wirkung wurde erreicht, dass eine weltweite Ausrüs-
        tungspflicht für alle Schiffe größer 300 BRZ mit AIS
        verbindlich durchgesetzt ist. Die Ausrüstung erfolgt jetzt
        schrittweise nach Schiffstypen und Schiffsgrößen gestaf-
        felt und wird nach einer Entscheidung der IMO vom De-
        zember letzten Jahres im Dezember 2004 international ab-
        geschlossen sein. Risikoschiffe – zum Beispiel Tanker –
        müssen bereits heute mit AIS ausgerüstet sein. Eine EU-
        Richtlinie setzt diese IMO-Vorschrift für die Mitglied-
        staaten verbindlich um. Die Befürchtung, dass so ge-
        nannte Sub-Standard-Schiffe einer langzeitigen Beob-
        achtung zum Beispiel durch Abschalten der AIS-Geräte
        entgehen könnten, ist nicht begründet, da eine Unterbre-
        chung der AIS-Aussendungen an Land in den entspre-
        chenden Verkehrszentralen einen so genannten „Lost
        Target“-Alarm auslösen würde. Darüber hinaus ist beab-
        sichtigt, die AIS-Informationen europaweit untereinan-
        der auszutauschen. Da auf den Flüssen und in den An-
        steuerungsbereichen zu deutschen Häfen zusätzlich eine
        Radarabdeckung vorhanden ist, ist mit großer Sicherheit
        auszuschließen, dass ein ausrüstungspflichtiges Fahr-
        zeug, ohne AIS in Betrieb zu nehmen, einen Hafen ver-
        lässt.
        Die Nutzung von AIS macht die Einführung einer
        Meldepflicht entbehrlich, da alle verkehrsrelevanten In-
        formationen ständig automatisch den entsprechend ein-
        gerichteten Landstationen zur Verfügung stehen. Die
        AIS-Informationsnutzung ist darüber hinaus nicht von
        der Einführung einer Meldepflicht abhängig.
        Erfahrungen aus jüngsten Schiffshavarien auch vor
        der deutschen Küste und eine geänderte Gefahrenlage
        erfordern angemessene Reaktionen im Bereich des Ha-
        variemanagements und der polizeilichen Gefahrenab-
        wehr. Mit dem Havariekommando wurde in beispielhaf-
        ter Kooperation zwischen dem Bund und allen fünf
        Küstenländern eine gemeinsame Einrichtung geschaffen,
        die ein einheitliches und damit effektives Unfallmanage-
        ment bei schweren Havarien gewährleistet. Mit den
        Nachbarstaaten Dänemark, Niederlande, Schweden und
        Polen bestehen Kooperationsvereinbarungen.
        Sowohl die Havarie der „Prestige“, als auch das Un-
        glück der „Erika“ – 1999 – haben gezeigt, dass Schiffen
        in Problemsituationen geholfen werden muss. Eine mög-
        liche Hilfe kann es sein, dass Schiffe in Not unverzüg-
        lich einen Hafen oder einen sicheren Liegeplatz anlaufen
        können. Deshalb hat die Internationale Seeschifffahrts-
        Organisation (IMO) – nicht zuletzt auf Initiative
        Deutschlands – das Thema als einen Programmschwer-
        punkt in das Arbeitsprogramm der IMO aufgenommen.
        Der Entwurf einer Richtlinie zur Erfassung und Ein-
        richtung von Notliegeplätzen ist im Mai dieses Jahres in
        London angenommen worden und wird in einem be-
        schleunigten Verfahren voraussichtlich noch in diesem
        Herbst von der IMO-Vollversammlung verabschiedet
        werden. Das deutsche Notliegeplatzkonzept, wie auch
        das Konzept aller anderen EU-Mitgliedstaaten, sieht
        keine ausdrückliche Ausweisung von Notliegeplätzen
        vor. Entsprechend dem deutschen Notliegeplatzkonzept
        wird eine umfassende Datensammlung mit den Eigen-
        schaften aller infrage kommenden Liegeplätze für
        Schiffe in komplexer Schadenslage angelegt und vom
        Havariekommando gepflegt.
        Die Zuweisung eines Notliegeplatzes für Schiffe – ein-
        schließlich Tanker – in einer unmittelbar bevorstehenden
        oder bereits eingetretenen komplexen Schadenslage er-
        folgt durch das Havariekommando aufgrund einer Ein-
        zelfallentscheidung, die zum einen das konkrete Gefähr-
        dungspotenzial und zum anderen die für den speziellen
        Fall geeigneten infrage kommenden Notliegeplätze im
        Hinblick auf ihre Zweckmäßigkeit berücksichtigt. Dabei
        werden alle örtlich zuständigen Stellen in den Entschei-
        dungsprozess durch Beteiligung einbezogen.
        Eine Anhörung der EU-Kommission am 31. Januar
        2003 in Brüssel hat ergeben, dass ebenso wie Deutsch-
        land auch die anderen Mitgliedstaaten der EU nicht be-
        absichtigen, bestimmte Häfen als Notliegeplätze auszu-
        weisen und bekannt zu machen, sondern immer von Fall
        zu Fall zu entscheiden.
        Entsprechend dem europäischen Notliegeplatz-Kon-
        zept ist beabsichtigt, regional die Informationen über
        mögliche Notliegeplätze mit den Nachbarstaaten intern
        auszutauschen, damit diese in die Entscheidung der je-
        weils zuständigen kompetenten Stelle einbezogen wer-
        den können.
        Deutschland hat ein Notschleppkonzept entwickelt
        und weitgehend umgesetzt, das auch international kei-
        nen Vergleich zu scheuen braucht. Für Notschleppaufga-
        ben stehen in der Nordsee drei Fahrzeuge (Mehrzweck-
        fahrzeuge „Neuwerk“, „Mellum“, und Schlepper
        „Oceanic“) und derzeit in der Ostsee vier Fahrzeuge
        (Mehrzweckfahrzeug „Scharhörn“, Schlepper „Bülk“,
        „Fairplay 25“, „Fairplay 22“) in Einsatzbereitschaft, ein
        weiteres Mehrzweckfahrzeug ist in Bau und wird 2004
        in Dienst gestellt. Damit werden Eingreifzeiten von ma-
        ximal zwei Stunden erreicht.
        Dänemark, Schweden und Polen stimmen mit
        Deutschland in der Zielsetzung überein, eine Transit-
        route für Tanker durch die gesamte Ostsee zur Erhöhung
        der Verkehrssicherheit festzulegen. Darin eingeschlos-
        sen ist die Festlegung eines in der Seekarte eingetrage-
        nen Tiefwasserweges durch die deutsche bzw. dänische
        ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) ohne separate
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4749
        (A) (C)
        (B) (D)
        Betonnung, der Tankern und Schiffen mit anderer ge-
        fährlicher Ladung einer bestimmten Größe von der IMO
        empfohlen werden soll. Sie sind zu dem Schluss gekom-
        men, dass dieses jedoch noch weiterer Untersuchungen
        bedarf.
        Die Bundesregierung hat gemeinsam mit den übrigen
        EU-Mitgliedstaaten in der Internationalen Seeschifffahrts-
        Organisation (IMO) in London eine Initiative zur weiteren
        Beschleunigung der Ausphasung von Einhüllen-Öltank-
        schiffen gestartet. Die Ausphasungsfristen sollen ent-
        sprechend der vom Ministerrat (Verkehr) am 17. März
        2003 beschlossenen Verordnung zur Änderung der Ver-
        ordnung (EG) Nr. 417/2002 zur beschleunigten Einfüh-
        rung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstrukt-
        ionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe und zur
        Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2978/94 des Rates
        auf 2005 bzw. 2010 verkürzt werden. Die Initiative der
        europäischen Staaten wird im Maritime Environment
        Protection Committee (MEPC) der IMO Mitte Juli 2003
        beraten werden. In der geänderten EG-Verordnung ist
        außerdem ein sofortiges Anlaufverbot für Einhüllen-Öl-
        tankschiffe enthalten, die Schweröl transportieren und
        europäische Häfen ansteuern. Tanker in der Transitfahrt
        sind von diesem Verbot nicht betroffen.
        Um auch die Transitverkehre in der Ostsee sicherer zu
        machen, bemüht sich die Bundesregierung bei HELCOM,
        einer Konferenz, die alle Ostseeanrainer einbindet, um
        verbindliche Wegeführung und Lotsenannahmepflich-
        ten für Tanker.
        Angesichts der eingeleiteten Initiativen der EG-Ver-
        ordnung und der IMO wird für die Ostsee die Einfüh-
        rung weitergehender Regelungen zurzeit nicht verfolgt.
        Ein sofortiges Verbot von Einhüllentankern in der Ostsee
        müsste ebenfalls von der IMO beschlossen werden,
        wenn man eine wirksame Regelung anstrebt, die Schiffe
        aller Nationen einbezieht.
        Übergangsregelungen in Bezug auf Schiffsicherheits-
        anforderungen für die der EU in Kürze beitretenden
        Staaten sind nicht bekannt und würden von der Bundes-
        regierung auch nicht unterstützt.
        Anlage 14
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung über die Unterrichtung: Bericht
        der Bundesregierung zum Stand der Bemühun-
        gen um Rüstungskontrolle, Abrüstung und
        Nichtverbreitung sowie über die Entwicklung
        der Streitkräftepotenziale (Jahresabrüstungs-
        bericht 2002) (Tagesordnungspunkt 15)
        Dr. Rolf Mützenich (SPD): Der jetzt vorgelegte Jah-
        resabrüstungsbericht 2002 rückt wichtige Themen der
        Außenpolitik in den Blickpunkt. Abrüstung, Rüstungs-
        kontrolle und Nichtverbreitung sind für die SPD-Bun-
        destagsfraktion unverzichtbare Bestandteile einer multi-
        lateralen Weltordnung. Diese Elemente wollen wir
        stärken.
        Mit dem Jahresabrüstungsbericht 2002 haben wir ei-
        nen guten Überblick über den Stand und die Erfolge der
        Rüstungssteuerung. Zugleich weist uns der Bericht auf
        Defizite und Handlungsbedarf hin. Ich danke der Bun-
        desregierung und den Autorinnen und Autoren für ihre
        wertvolle Arbeit und ihre Hinweise. Damit können wir
        im Unterausschuss für Abrüstung, Rüstungskontrolle
        und Nichtverbreitung unsere Beratungen konzentriert
        und fachkundig weiterführen – und an einem Ziel wei-
        terarbeiten, das fraktionsübergreifend geteilt wird: Wir
        wollen gemeinsam Rüstung in Europa kontrollieren und
        beschränken sowie vergleichbare Möglichkeiten für re-
        gionale Konflikte erörtern und anregen.
        Rüstungskontrollverträge haben während des Ost-
        West-Konflikts zur Vertrauensbildung und Kooperation
        beigetragen. Auch wenn sie das Sicherheitsdilemma
        nicht auflösen konnten, haben diese Verträge Verläss-
        lichkeit hergestellt. Abrüstung und Rüstungskontrolle
        waren ein Grundpfeiler der damaligen Sicherheitsarchi-
        tektur – und sie haben auch heute Zukunft. Abrüstung
        und Rüstungskontrolle müssen zu einem unverkennba-
        ren Merkmal der europäischen Integration werden. Die
        Voraussetzungen sind günstig: Kriege sind in der Euro-
        päischen Union undenkbar geworden. Militär und Rüs-
        tung dienen heute dazu, potenzielle Angreifer abzu-
        schrecken und im Auftrag der Vereinten Nationen und
        seiner Organisationen außerhalb der Gemeinschaftsgren-
        zen zu handeln.
        Die rüstungskontrollpolitische Bilanz ist trotz dieser
        günstigen Voraussetzungen widersprüchlich: Einerseits
        sind in den vergangenen Wochen wichtige Verabredun-
        gen zugunsten neuer Abrüstungsinitiativen getroffen
        worden. Die USA und die EU haben sich auf gemein-
        same Schritte verständigt, um die Verbreitung von Mas-
        senvernichtungswaffen zu unterbinden. Die Staats- und
        Regierungschefs der EU haben am 20. Juni 2003 be-
        schlossen, bestehende Nichtverbreitungsverträge zu stär-
        ken, Exportkontrollen zu intensivieren, die internatio-
        nale Zusammenarbeit auszubauen und den politischen
        Dialog mit anderen Ländern zu vertiefen. Die G8 haben
        eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, worin die
        Verträge gegen die Verbreitung von Atom-, Chemie- und
        Bio-Waffen ausdrücklich gewürdigt werden.
        Andererseits ist die Dekade der Abrüstung vorbei:
        Nach einem Bericht des Stockholmer Friedensfor-
        schungsinstituts SIPRI sind die Rüstungsausgaben kräf-
        tig gestiegen, allein im letzten Jahr weltweit um 6 Pro-
        zent. Wirksame Abrüstungsverträge wurden in den
        letzten Jahren nicht geschlossen. Die Blockade der Gen-
        fer Abrüstungskonferenz geht mittlerweile ins siebte
        Jahr. Die Verhandlungen über ein Verifikationsprotokoll
        zur Biowaffenkonvention sind gescheitert. Zwar haben
        die Präsidenten Bush und Putin am 24. Mai 2002 einen
        Vertrag über die Reduzierung der strategischen Offen-
        sivwaffen unterzeichnet. Allerdings beinhaltet der Text
        keine Verifikation und die Sprengköpfe und Trägersys-
        teme müssen nicht vernichtet werden. Zudem ist die
        Gültigkeit des Vertrages begrenzt.
        Am Ende des vergangenen Jahrzehnts sind Indien und
        Pakistan Atomwaffenmächte geworden. In diesem Jahr-
        4750 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        zehnt streben weitere Länder nach der Atombombe.
        Nordkorea will nicht nur im Besitz von atomaren
        Sprengköpfen sein. Das Land hat sich ebenso zu einem
        wichtigen Exporteur entsprechender Trägermittel entwi-
        ckelt. Der Iran geht einen Weg, der ebenfalls Nachfragen
        provoziert. Anzumerken bleibt hier, dass die Verantwort-
        lichen in Teheran nach wie vor mit der Internationalen
        Atomenergieorganisation kooperieren. Diesen Weg müs-
        sen wir unterstützen. Der Iran darf nicht aus dem Nicht-
        verbreitungsvertrag aussteigen. Die Bundesregierung hat
        zusammen mit anderen europäischen Regierungen inten-
        sive Gespräche geführt, damit der Iran ein Zusatzproto-
        koll mit der Internationalen Atomorganisation zeichnet.
        Dies wäre ein wichtiger und richtiger Schritt.
        Die schlechten Nachrichten werden zudem von Ent-
        wicklungen begleitet, die das Konzept der Abrüstung,
        Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung grundsätzlich
        infrage stellen:
        Erstens. Das Militär wird immer häufiger zu einem
        Mittel der Politik. Die USA haben den Krieg gegen den
        Irak auch damit begründet, die – bis heute nicht gefunde-
        nen – Waffen, die den Weltfrieden gefährden, zerstören
        zu wollen. Die Europäische Union ist ebenfalls bereit,
        als letztes Mittel militärische Gewalt gegen Proliferato-
        ren einzusetzen, wenn zuvor alle anderen friedlichen
        Mittel zur Abrüstung und Rüstungskontrolle versagt ha-
        ben. Im Gegensatz zur US-Militärdoktrin will man in
        Europa eine solche Entscheidung zwar nur im „Einklang
        mit internationalem Recht“ treffen. Ob eine solche Stra-
        tegie aber Proliferatoren zum Einlenken bewegen kann,
        ist mehr als zweifelhaft. Zugleich ist zu befürchten, dass
        Despoten vor diesem Hintergrund noch zielstrebiger den
        Griff zur Bombe wagen, gewissermaßen als Vorbeugung
        vor gewaltsamen Schlägen. Für diese Annahme spricht,
        dass ursprünglich als defensive Maßnahmen gedachte
        Entscheidungen, wie der Aufbau einer regionalen Rake-
        tenabwehr in Japan und Taiwan, die VR China, Russland
        und Nordkorea ihrerseits veranlassen, die eigenen Offen-
        sivfähigkeiten zu stärken. Diese Reaktionsmuster ken-
        nen wir als Sicherheitsdilemma aus dem Ost-West-Kon-
        flikt. Gerade bei neuen Rüstungsprojekten müssen die
        Auswirkungen auf das Umfeld bedacht werden.
        Zweitens. Mit dem Entwurf für eine gemeinsame
        europäische Verfassung sind wir auf dem Weg zu einem
        europäischen Friedensbund. Die Artikel zur Außen-, Si-
        cherheits- und Verteidigungspolitik können die multila-
        terale Weltordnung stärken. Allerdings ist es ungewöhn-
        lich, dass ein „Amt für Rüstung, Forschung und
        militärische Fähigkeiten“ Verfassungsrang erhalten soll.
        Eine Abrüstungsbehörde hätte den zivilen Charakter der
        Gemeinschaftspolitik meines Erachtens besser gefördert.
        Ich hoffe, dass sich hinter dieser Entscheidung nicht
        eine allgemeine Abkehr vom Bild der Zivilmacht Europa
        verbirgt. Leider gibt es dafür einige Anzeichen: Die
        Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
        (ESVP) beinhaltet eine militärische und eine nicht mili-
        tärische Komponente. Letztere umfasst dabei die Bereit-
        stellung von Polizei, Rechts- und Verwaltungsexperten
        sowie von Mitgliedern aus dem Bereich des Katastro-
        phenschutzes. Während der militärische Aufbau im Rah-
        men der ESVP – wie jetzt im Kongo – rasch voran-
        schreitet, ist die Entwicklung eines breit gefächerten
        zivilen Ansatzes in den Hintergrund getreten. Zivile Kri-
        senbewältigung muss zumindest gleichberechtigt neben
        den militärischen Aspekten der europäischen Außenpoli-
        tik stehen.
        Ich teile auch nicht die Auffassung, dass eine gemein-
        same Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Lack-
        mustest für Partnerschaftsfähigkeit in Europa ist. Part-
        nerschaft unter demokratischen Staaten beweist sich
        nicht in erster Linie durch militärische Integration, son-
        dern zuerst durch eine verstärkte zivile Zusammenarbeit.
        Die Kultur der Mäßigung muss ein Markenzeichen euro-
        päischer Außenpolitik bleiben. Ich wünsche mir, dass
        Rüstungskontrolle ein wesentlicher Bestandteil der
        neuen europäischen Sicherheitsstrategie wird. Wir haben
        gesehen, dass erst mit der Abrüstungsvereinbarung im
        Vertrag von Dayton langfristig Bedrohungsvorstellungen
        im ehemaligen Jugoslawien aufgebrochen werden konn-
        ten. So genannte Abrüstungskriege werden niemals das
        Verhalten von Staaten zugunsten eines friedlichen Aus-
        gleichs anregen.
        Drittens. Demokratien führen keine Kriege gegenei-
        nander. Das ist fast schon ein empirisches Gesetz. Des-
        halb sind eigenständige Schritte zugunsten von Demo-
        kratie, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und sozialer
        Gerechtigkeit nicht nur Strategien für einen innerstaatli-
        chen Friedensprozess, sondern auch für eine friedliche
        Welt. Der demokratische Friede hat allerdings eine
        Schattenseite: Demokratien intervenieren zunehmend
        militärisch in innerstaatliche oder zwischenstaatliche
        Konflikte. Der Gewaltverzicht von Demokratien ist da-
        her nur relativ. Dabei war es nicht immer einfach, einen
        gesellschaftlichen Konsens zugunsten eines Eingreifens
        herzustellen. Die Menschen scheuen die Risiken des
        Krieges. Wie aber werden sich demokratische Gesell-
        schaften verhalten, wenn die neueste Entwicklung der
        Militärtechnik die Risiken und Kosten von Kriegen dras-
        tisch mindert? Das militärische Eingreifen ist dabei nicht
        mehr nur eine Antwort auf die Gewalt in Konflikten,
        sondern auch eine Reaktion auf den normativen Wandel
        der internationalen Ordnung. Der Gewalteinsatz wird
        billigend in Kauf genommen, um autoritäre Führungen
        zu beseitigen. Was passiert, wenn der Zusammenhang
        von Demokratie und relativem Gewaltverzicht sich
        durch normativen Druck in sein Gegenteil verkehrt?
        Rüstungskontrolle muss als Strategie zur Kriegsverhü-
        tung diesem Trend entgegen wirken.
        Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung
        haben nur eine Zukunft, wenn sich auch die USA dieses
        Mittels wieder bedienen. Ich bin der festen Über-
        zeugung, dass wir mit den Entscheidungsträgern in
        Washington dann wieder über solche Regelwerke ins
        Gespräch kommen, wenn wir eine robuste Rüstungskon-
        trolle etablieren können. Dazu gehören insbesondere
        wirksame Verifikations- und Sanktionsmechanismen.
        Die Inspektions- und Kontrollregime müssen gestärkt
        werden, unangemeldete Vor-Ort-Inspektionen gehören
        dazu ebenso wie der Aufbau eines qualifizierten unpartei-
        ischen Inspektorenteams. Wie Stand-by-Truppen brau-
        chen wir den Aufbau von Stand-by-Inspektionsteams.
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4751
        (A) (C)
        (B) (D)
        Wir müssen weiterhin ein weltweites Regime für den
        Besitz von Trägermitteln schaffen. Abrüstung muss auch
        in der NATO wieder Thema werden. Die Organisation
        bietet sich als Konsultationsgremium für den Abbau der
        substrategischen, nuklearen Kurzstreckenraketen an.
        Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung
        sind Bestandteile einer klugen Außenpolitik. Deutsch-
        land kann diese Mittel umso überzeugender in der inter-
        nationalen Politik vertreten, weil wir selbst von ihnen
        profitiert haben. Abrüstung, Rüstungskontrolle und
        Nichtverbreitung machen die Welt nicht nur sicherer. Sie
        können auch die regionale Zusammenarbeit stärken.
        Und vor allem: Die Prävention durch Rüstungskontrolle
        ist der Prävention durch Entwaffnungskriege allemal
        vorzuziehen.
        Ich bitte, der Überweisung des Berichts zuzustimmen.
        Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
        (CDU/CSU): Spätestens mit den Anschlägen des
        11. September wurde deutlich, dass wir uns in Intensität
        und Auswirkung mit kaum vorstellbaren Formen der Be-
        drohung unserer Sicherheit auseinander zu setzen haben.
        Die neue Herausforderung manifestiert sich in der Kon-
        frontation mit in ihrer Gefährdung unabsehbaren Fakten:
        internationaler Terrorismus, „gescheiterte Staaten“ und
        Massenvernichtungswaffen im Einzelnen wie in der fa-
        talen Kombination. Eine mit aller Entschlossenheit ver-
        folgte Nichtverbreitungspolitik muss daher im Verbund
        mit konsequenter Rüstungskontrolle und Abrüstung
        Leitprinzip einer neuen Sicherheitspolitik sein.
        Die verschiedenen internationalen Abrüstungs- und
        Rüstungskontrollverträge sowie -abkommen bilden in
        ihrer Gesamtheit ein vordergründig eindrucksvolles si-
        cherheitspolitisches Netzwerk. Allerdings ist jeder ge-
        scheiterte oder nicht implementierte Vertrag eine Lücke
        in jenem „Netz“ und kann somit zur Gefährdung der in-
        ternationalen, also auch unserer Sicherheit führen. In
        vielen Fällen sind die nationalen Handlungsmöglichkei-
        ten beschränkt und reduzieren sich auf den politischen
        Dialog mit den eigentlichen Vertragspartnern, etwa den
        USA und Russland, mit dem Ziel einer positiven Ein-
        flussnahme. Darüber hinaus gehendes konkretes politi-
        sches Handeln ist für Deutschland allerdings überall dort
        gefordert, wo die regionale Anwendung der Verträge
        und Abkommen im Schwerpunkt auf Europa ausgerich-
        tet ist.
        Nichtverbreitung, Abrüstung und Rüstungskontrolle
        muss daher verstärkt in einem europäischen Kontext,
        also als Bestandteil einer gemeinsamen europäischen Si-
        cherheitspolitik, verstanden und ausgestaltet werden, je-
        doch nicht in Konkurrenz zu den Vereinigten Staaten,
        sondern mit komplementärem Charakter. Zur Bekämp-
        fung der neuen sicherheitspolitischen Herausforderun-
        gen brauchen wir ein geschlossenes Vorgehen von Euro-
        päern und Amerikanern. Eine solche Kooperation ist in
        beiderseitigem Interesse: 90 Prozent des Kampfes gegen
        den global vernetzten Terror wird mit Mitteln geführt,
        die nicht militärisch sind. Die amerikanische Übermacht
        auf letzterem Gebiet kann also allein keine Sicherheit
        garantieren. Umgekehrt aber kann Europa als Regional-
        macht ohne transatlantische Zusammenarbeit sich nicht
        wirksam gegen die neuen disparaten Bedrohungen
        schützen. Angesichts der neuen globalen sicherheitspoli-
        tischen Herausforderungen ist die Notwendigkeit der
        transatlantischen Zusammenarbeit – gerade, aber nicht
        lediglich in den Bereichen Rüstungskontrolle und Nicht-
        verbreitung – dringlicher denn je.
        Die erstrebte Funktionsfähigkeit zukünftiger sicher-
        heitspolitischer Zusammenarbeit erfordert eine gemein-
        same transatlantische Sicherheitsstrategie. Die Vorstel-
        lungen Washingtons liegen in Form der National
        Security Strategy seit dem letzten Herbst vor. Die Regie-
        rung Bush drängte bekanntlich zügig auf die Umsetzung
        dieser Strategie. Wesentliche, gerade emotionale Ge-
        sichtspunkte der transatlantischen Krise in der Irakfrage
        hätten vermieden werden können, wenn die europäische
        Seite in der Lage gewesen wäre, frühzeitig eigene Kon-
        zepte erkennen zu lassen, die den neuen sicherheitspoli-
        tischen Herausforderungen gerecht werden würden.
        Stattdessen beschränkte sich insbesondere der französi-
        sche und deutsche Beitrag allzu oft auf abschätzige, bes-
        tenfalls akademische Kritik, während man politische und
        praktische Antworten weitgehend schuldig blieb. So war
        der Weg in die Krise vorprogrammiert. Angesichts aller
        neuen wie bisherigen Bedrohungen, die auch im Bericht
        der Bundesregierung ausführlich benannt werden, kön-
        nen und dürfen wir uns solche Verwerfungen nicht ein-
        mal im Ansatz leisten.
        Die auf dem Gipfel von Thessaloniki verabschiedeten
        Vorschläge der EU waren daher überfällig und sind
        umso mehr zu begrüßen. Europa ist nun, was die Debatte
        um eine Sicherheitsstrategie angesichts der globalen Be-
        drohungen durch Terror und der Verbreitung von Mas-
        senvernichtungswaffen wieder annähernd auf Augen-
        höhe mit den Vereinigten Staaten, wenngleich noch
        schwankend auf den Zehenspitzen balancierend. Die EU
        spricht wieder mit einer Stimme, gelegentlich heiser, zu-
        weilen im Tonfall noch unstet, jedoch gegenüber Wa-
        shington mit dem Anspruch von substanziellen Beiträgen
        und Gegenvorschlägen. Dies ist die Grundvoraussetzung
        für eine nun zu initiierende Debatte zwischen der ameri-
        kanischen Regierung und der EU, deren Ergebnis sich
        nicht mehr wie in den vergangenen Monaten in der Fest-
        stellung der Ausweglosigkeit von Einzelfragen erschöp-
        fen darf, sondern konkret in die stabile Ummantelung ei-
        ner transatlantischen Sicherheitsstrategie münden muss.
        Dies wiederum ist die Prämisse für ein geschlossenes
        transatlantisches Vorgehen in Fragen der Nichtverbrei-
        tung und Abrüstungspolitik, ohne das wiederum die ver-
        schiedenen Kontroll- und Abrüstungsregime kaum ef-
        fektiv arbeiten können. Nur vor dem Hintergrund
        abgestimmter sicherheitspolitischer Vorstellungen und
        Prioritäten kann eine weitgehende Deckungsgleichheit
        bezüglich der Einschätzung gegebener Gefahren erreicht
        werden und damit wirksames Handeln gegenüber den
        neuen Formen der Bedrohung sichergestellt werden.
        Noch einmal: Wir haben bedauerlicherweise erfahren
        müssen, dass während der Irakkrise kein gemeinsames
        Vorgehen mit den USA erreicht werden konnte. Die Ge-
        nugtuung, die nun verschiedentlich bezüglich der bisher
        4752 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        erfolglosen Suche nach den Massenvernichtungswaffen
        des Irak geäußert wird, stimmt für künftige konkrete Be-
        drohungsanalysen nicht hoffnungsfroh. Dabei widerlegt
        gerade der Bericht dieser Bundesregierung eine solche
        Legendenbildung: Es ist begrüßenswert, dass ausdrück-
        lich die für die Zeit nach 1998 vorliegenden nachrichten-
        dienstlichen Erkenntnisse erwähnt werden, die immerhin
        Vermutungen auf irakische Massenvernichtungswaffen
        beinhalten.
        Beunruhigend ist allerdings, dass unter dem Punkt
        „Länderspezifische Bedrohungen“ ein Land keine Er-
        wähnung findet, bezüglich dessen eine einheitliche trans-
        atlantische Bedrohungsanalyse dringend geboten ist: der
        Iran. Der Jahresabrüstungsbericht der Bundesregierung,
        der vom 2. Juni 2003 datiert, übergeht schlicht die mög-
        lichen Gefahren, die vom iranischen Atomprogramm
        ausgehen können und die sich bereits im Berichtszeit-
        raum abzeichneten.
        Dies wiegt umso schwerer, als im Fall Iran die neue
        Sicherheitsdoktrin der Europäischen Union, die Javier
        Solana vor zwei Wochen vorgestellt hat, eine sofortige
        Anwendung findet. Die EU kann in diesem konkreten Fall
        vor dem Hintergrund ihrer neuen sicherheitspolitischen
        Ausrichtung gemeinsam mit Washington Alternativen
        vorgeben und damit bereits in der politischen Praxis die
        Richtung für eine transatlantische Sicherheitsstrategie
        aufzeigen. So könnte Teheran etwa im Fall der Übertre-
        tung legaler und unserer Sicherheit dienender „nuklearer
        Schwellen“ mit der Nichtgewährung oder dem Abbruch
        von Assoziationsverträgen und ausgebauten Wirtschafts-
        beziehungen, die von der EU Teheran zurzeit in Aussicht
        gestellt werden, gedroht werden. Gleichzeitig würde es
        dem europäischen Alternativkonzept der „präventiven
        Diplomatie“ entsprechen, dem Iran ebenso etwa die Inte-
        gration in eine regionale Sicherheitsarchitektur anzubie-
        ten. Allerdings bedarf es diesbezüglich auch seitens un-
        serer Außenpolitik noch erheblicher Präzisierungen.
        Der Fall Iran könnte somit zu einer Art Transmis-
        sinsriemen für eine gemeinsame transatlantische Sicher-
        heitsstrategie werden, da die nun vorliegenden europäi-
        schen und amerikanischen Vorstellungen durch diesen
        „Praxisbezug“ aufeinander abgestimmt werden könn-
        ten. Europa kann im konkreten Fall viel versprechende
        Gedanken in die Diskussion mit einbringen, die deshalb
        bereits Gewicht entfalten, weil sie angesichts der durch-
        aus diskussionswürdigen amerikanischen Vorgehens-
        weise gegenüber dem Iran als echte Alternative dienen
        könnten. In der Auseinandersetzung um die richtige
        Iranpolitik könnte somit eine transatlantische Sicher-
        heitsstrategie festgeschrieben werden, die im Fall eines
        etwaigen Erfolges auch eine europäische Handschrift
        tragen würde.
        Es ist zu hoffen, dass die in dem Jahresabrüstungsbe-
        richt der Bundesregierung darüber hinaus hervorgehobe-
        nen Problemkreise vor dem Hintergrund eines transatlanti-
        schen sicherheitspolitischen Konsenses einer Lösung
        zugeführt werden können. Hier ist nicht zuletzt die bedrü-
        ckende Fragestellung Nordkorea zu nennen – ein Land,
        das möglicherweise bereits über Atomwaffen verfügt.
        Diese erschreckende Tatsache fordert uns beispielhaft zu
        einer mit Nachdruck zu verfolgenden Abrüstungs- und
        Nichtverbreitungspolitik auf – auch schon bei sich ledig-
        lich abzeichnenden Bedrohungen. Unabdingbare Voraus-
        setzung ist ein transatlantischer sicherheitspolitischer
        Schulterschluss. Abrüstungspolitik ist Sicherheitspolitik.
        Letzere dient unser aller Freiheit.
        Harald Leibrecht (FDP): Mit dem Fall der Mauer
        endete Schritt für Schritt der Kalte Krieg. Aus ehemali-
        gen Feinden wurden Verbündete. Neun Staaten des ehe-
        maligen Warschauer Paktes werden im Mai 2004 in die
        NATO formell aufgenommen sein. Die Teilung Europas
        ist damit auch militärisch überwunden. Diese Entwick-
        lung macht mich zuversichtlich, dass wir in Europa dau-
        erhaft in Frieden miteinander leben können. In der Welt
        sieht es leider noch anders aus.
        Neue Gefahren kommen auf uns zu. Bisher besitzen
        Israel, Indien und Pakistan Nuklearwaffen. Die Tendenz
        in weiteren Staaten ist steigend und alarmierend. Nord-
        korea und Iran streben ebenfalls welche an. Nordkorea
        besitzt sie nach eigenen Aussagen schon. Syrien forscht
        ebenfalls an Atomwaffen, wie ich dem Abrüstungsbe-
        richt entnehmen konnte. Noch gravierender sind die
        Meldungen, dass Terroristen Nuklearmaterial für
        schmutzige Bomben erwerben wollen.
        Insbesondere in den Ländern der ehemaligen Sowjet-
        union kam es zu Diebstählen von Nuklearmaterial. Mit
        circa 170 Millionen Euro engagieren wir uns aus diesem
        Grund für den physischen Schutz von russischem Nukle-
        armaterial. Mit circa 300 Millionen Euro entsorgen wir
        die verstrahlten Reaktorkomponenten von russischen
        Atom-U-Booten aus der Saida-Bucht. Mit circa 300 Mil-
        lionen Euro sorgen wir für die Vernichtung der chemi-
        schen Waffen in Russland. Für mich ist dies viel Geld,
        was sinnvoll angelegt ist, hätte es nicht einen bitteren
        Nachgeschmack. Mit unserem Geld entsorgt Russland
        seine veralteten Rüstungsgüter, um gleichzeitig ein
        neues atomangetriebenes U-Boot und neue Kampfflug-
        zeuge zu entwickeln. Russland rüstet auf und lässt uns
        seinen Schrott wieder abrüsten. Für mich ist dies ein
        Skandal, den ich den Menschen hier im Land schwer
        vermitteln kann.
        Bei aller Gefahr, die von Nuklearwaffen ausgehen, dür-
        fen wir nicht die Bedeutung der chemischen und biologi-
        schen vernachlässigen. Während wir bei Meldungen über
        geplante Atombomben mit Sorge genau hinhören – zu
        Recht –, sind B- und C-Waffen aus der Tagesaktualität
        verschwunden. Für mich sind diese viel gefährlicher,
        weil sie einfacher zu entwickeln und einzusetzen sind,
        weil sie nicht sichtbar sind, weil sie erst nach Tagen oder
        Wochen wirken, und weil sie sich in der Zwischenzeit
        schnell und lautlos verbreiten. Eine terroristische oder
        feindliche Vereinigung braucht nur das Grundwasser mit
        Viren zu verseuchen.
        Ich begrüße, dass die gegenwärtige Bundesregierung
        die Politik im Bereich der Abrüstung, Rüstungskontrolle
        und Nichtverbreitung der CDU/CSU-FDP-Regierung
        fortsetzt. Die FDP unterstützt sie gerne dabei. Jedoch
        weisen wir darauf hin, dass insbesondere Staaten in
        Konfliktregionen wie dem Nahen Osten ABC-Abkom-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4753
        (A) (C)
        (B) (D)
        men nicht ratifiziert haben. Folglich sind zwar Ihre Be-
        mühungen, Kolleginnen und Kollegen der Bundesregie-
        rung, richtig und ehrenwert, werden aber nicht zum
        erforderlichen Durchbruch zur Nichtverbreitung von
        Massenvernichtungswaffen beitragen.
        Trotz der vielen Erfolge in den letzten Jahren zeigt
        mir der vorliegende Bericht, dass wir noch weit von ei-
        ner friedvollen Welt entfernt sind, in der wir uns sicher
        fühlen können. Aber wir sind auf einem guten Weg.
        Meine Damen und Herren von der Bundesregierung,
        setzen Sie sich dafür ein, dass weitere Staaten die ver-
        schiedenen Abkommen zur Nichtverbreitung von Mas-
        senvernichtungswaffen unterzeichnen, ratifizieren und
        einhalten.
        Setzen Sie sich dafür ein, dass wir im nächsten Abrüs-
        tungsbericht lesen können, dass der Stillstand bei der
        Genfer Abrüstungskonferenz aufgehoben wurde.
        In Ihrem vorliegenden Bericht schreiben Sie – ich zi-
        tiere –: „die einst nuklear extrem hochgerüsteten Super-
        mächte müssen an ihre Verantwortung erinnert werden.“
        Tun Sie es!
        Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
        Amt: Der vorliegende Jahresabrüstungsbericht 2002 do-
        kumentiert das klare Bekenntnis der Bundesregierung zu
        einer aktiven Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungs-
        politik.
        Spätestens seit den Terroranschlägen in New York, in
        Casablanca, auf Bali und Djerba ist deutlich geworden,
        dass diese neue Art von internationalem Terrorismus die
        Stabilität und Sicherheit unserer Gesellschaften gefähr-
        det. Die Risiken der Verbreitung von Massenvernich-
        tungswaffen haben damit eine völlig neue Dimension er-
        halten. Neben klassischen Gefahren, die von einzelnen
        Staaten mit Zugang zu Massenvernichtungswaffen aus-
        gehen, ist nun das Risiko eines möglichen Zugriffs von
        Terroristen und nicht staatlichen Akteuren auf solche
        Waffen getreten. Hinzu kommen die Gefahren, die von
        regionalen Krisenherden in Südasien, Ostasien und dem
        Nahen und Mittleren Osten ausgehen.
        Wir haben bereits unmittelbar nach dem 11. Septem-
        ber 2001 in der EU die Initiative ergriffen, nicht staatli-
        chen Akteuren den Zugriff auf Massenvemichtungs-
        waffen zu verwehren. Auf dieser Grundlage erstellt die
        EU derzeit eine langfristige Strategie zur Bekämpfung
        der Proliferation dieser Waffen, deren Eckpunkte der
        Europäische Rat jüngst in der Nichtverbreitungserklä-
        rung von Thessaloniki festlegte. Darüber hinaus ver-
        folgt die EU aber auch ein breiter angelegtes Sicher-
        heitskonzept und erarbeitet eine umfassende EU-
        Sicherheitsstrategie.
        Um die genannten Gefahren erfolgreich zu bekämp-
        fen, brauchen wir mehr denn je eine internationale Ord-
        nungspolitik, die sich auf internationale Solidarität,
        wirksame Kooperation und gemeinsame Regeln gründet.
        Die Bundesregierung ist der festen Überzeugung, dass in
        erster Linie die Vereinten Nationen der geeignete Rah-
        men für eine solche kollektive Sicherheitsordnung dar-
        stellen.
        Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung
        sind der beste Ansatz für friedliche Losungen auf globa-
        ler wie regionaler Ebene. Denn Abrüstungskriege kön-
        nen doch nicht der richtige Weg zur Bekämpfung der
        neuen Bedrohungen sein. Wir müssen vielmehr die vor-
        handenen Abrüstung- und Nichtverbreitungsinstru-
        mente stärken und schärfen. Gleichzeitig sollten wir aber
        auch ernsthaft daran arbeiten, die Einhaltung dieser
        Kontrollregimc besser zu überprüfen und effiziente
        Sanktionsmechanismnen bei Vertragsverletzungen zu
        entwickeln.
        Von großer Bedeutung ist auch die praktische Abrüs-
        tungszusammenarbeit, insbesondere mit Russland. Deutsch-
        land wird in den nächsten zehn Jahren bis zu 1,5 Milliar-
        den Euro für Projekte im Rahmen der auf dem G8-Gipfel
        im Kananaskis beschlossenen Initiative „Globale Part-
        nerschaft gegen die Verbreitung von Massenvernich-
        tungswaffen und Materialien“ beitragen. Schwerpunkte
        sind dabei die Chemiewaffenvernichtung, die Sicherung
        von Nuklearmatcrial und die Entsorgung von nuklearge-
        triebenen U-Booten.
        Die Abrüstung im Bereich der konventionellen Waf-
        fen ist nicht minder wichtig, wie mir bei meiner jüngsten
        Reise nach Afrika einmal mehr vor Augen geführt
        wurde. Der erschreckende Anblick von Kalaschnikows
        in den Händen von unter Drogen gesetzten Kindern und
        die Bilder von Minenopfern, die für ihr ganzes Leben
        gezeichnet sind, haben mich tief erschüttert.
        Wir müssen deshalb die erfolgreich verlaufende Im-
        plementierung des Ottawa-Übereinkommens zum Ver-
        bot von Anti-Personen-Minen konsequent fortsetzen und
        das substanzielle Aktionsprogramm der Vereinten Natio-
        nen zu Kleinwaffen und leichten Waffen weiterentwi-
        ckeln. Dafür werden wir uns auf dem New Yorker Folge-
        treffen zur Kleinwaffenkonferenz in der kommenden
        Woche aktiv einsetzen.
        Außerdem ist es der Bundesregierung ein besonderes
        Anliegen, dass die humanitären Probleme von Blindgän-
        gern, zurückgelassener Munition und anderen explosi-
        ven Kampftmittelrückständen völkerrechtlich verbind-
        lich geregelt werden. Wir sind hier einen wichtigen
        Schritt weitergekommen; denn die Vertragsstaaten des
        VN-Waffenübereinkommens verhandeln seit Ende letz-
        ten Jahres über ein entsprechendes Rechtsinstrument.
        Der Jahresabrüstungsbericht vermittelt ein umfassen-
        des Bild über die Leistungen der Bundesregierung auf
        dem Gebiet der Abrüstung, Rüstungskontrolle und
        Nichtverbreitung, aber auch über die vielfältigen und
        komplexen rüstungskontrollpolitischen Herausforderun-
        gen, die noch vor uns liegen. Um diese zu bewältigen,
        brauchen wir auch künftig die Unterstützung des Bun-
        destages. Ich hoffe, dass wir weiterhin mit Rückhalt
        rechnen können, denn wir dürfen gerade angesichts der
        Gefahren des Terrorismus, regionaler Instabilität und der
        fortgesetzten Gefahr der Verbreitung von Massenver-
        nichtungswaffen und ihren Trägermitteln in unseren An-
        strengungen nicht nachlassen.
        4754 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        Anlage 15
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung über die Beschlussempfehlung
        und den Bericht: Vorschlag für eine Richtlinie
        des Europäischen Parlaments und des Rates zur
        Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungs-
        vorschriften der Mitgliedstaaten über den Ver-
        braucherkredit (Tagesordnungspunkt 16)
        Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Die heute zu
        debattierende Überarbeitung der Verbraucherkreditricht-
        linie aus dem Jahr 1987 hat eine große Tragweite für Kre-
        ditverträge in Europa. Millionen Menschen in Europa
        kaufen Tag für Tag Millionen von Waren auf Kredit.
        Mit der Verbraucherkreditrichtlinie wurde 1987 erst-
        mals auf Gemeinschaftsebene ein Rechtsrahmen für
        Konsumentenkredite geschaffen. Sie sollte zugleich ein
        Beitrag zur Schaffung eines gemeinsamen Marktes für
        das Kreditwesen sein. Doch die Möglichkeiten der Ver-
        braucher, Kredite gerade auch außerhalb ihres Heimat-
        landes aufzunehmen, blieben bislang weitgehend unge-
        nutzt. Die von den Mitgliedstaaten zur Umsetzung
        verabschiedeten nationalen Rechtsvorschriften weisen
        nämlich teilweise erhebliche Unterschiede auf.
        Mit dem jetzt vorliegenden Vorschlag will die Kom-
        mission die Voraussetzungen für einen transparenten
        grenzüberschreitenden Markt schaffen, der ein hohes
        Verbraucherschutzniveau garantiert. Kreditangebote sol-
        len unter den bestmöglichen Bedingungen für Anbieter
        wie Kreditnehmer verhandelt werden können und der zu-
        nehmenden Verschuldung privater Haushalte in Europa
        soll entgegenwirkt werden. Diese Motive sind grund-
        sätzlich zu begrüßen.
        Der vorliegende Richtlinienvorschlag begegnet jedoch
        im Detail auch erheblichen, zum Teil grundsätzlichen Be-
        denken. An vielen Stellen bedarf es einer grundlegenden
        Überarbeitung. Der heute vorgelegte Entschließungsan-
        trag enthält dazu eine Reihe ganz konkreter Empfehlun-
        gen an die Bundesregierung.
        Lassen Sie mich an vier Beispielen aufzeigen, wo im
        Verlaufe der weiteren Beratungen konkreter Änderungs-
        bedarf besteht:
        Erstens. Zunächst geht es um den Anwendungsbe-
        reich der Richtlinie.
        Die Verbraucherkreditrichtlinie hatte bereits einen
        sehr weiten Anwendungsbereich. Sie betraf nicht nur den
        klassischen Kreditsektor, sondern auch den Einzelhandel.
        Mit dem nun eingebrachten Richtlinienvorschlag wird
        der Anwendungsbereich erneut ausgeweitet. Leider wird
        auf die bislang vorgesehenen Ausnahmetatbestände weit-
        gehend verzichtet. Fragwürdig erscheint dies insbeson-
        dere in Bezug auf notariell oder gerichtlich beurkundete
        Kreditverträge und Gerichtsvergleiche mit Stundungs-
        vereinbarungen. Bei diesen Verträgen ist zweifellos hin-
        reichend sichergestellt, dass die Verbraucherinteressen
        gewahrt bleiben. Aber auch Kleinkredite – insoweit galt
        bislang ein Schwellenwert von 200 Euro – sollten in Zu-
        kunft vom Anwendungsbereich ausgenommen bleiben.
        Hier besteht für einen mündigen Verbraucher ebenfalls
        keinerlei Schutzbedürfnis. Die Bundesregierung muss
        deshalb bei den Beratungen darauf hinwirken, den An-
        wendungsbereich der Richtlinie im Sinne einer Begren-
        zung zu überarbeiten.
        Zweitens. Bedarf zur Änderung besteht auch beim
        Verbot von Haustürgeschäften.
        Nach Art. 5 des Richtlinienvorschlags soll jede Aus-
        handlung von Kredit- oder Sicherungsverträgen außer-
        halb von Geschäftsräumen verboten sein. Der Europäi-
        sche Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 13. Dezember
        2001 in der Rechtssache Heininger ausdrücklich klar ge-
        stellt, dass die Schutzbestimmungen der Haustürge-
        schäfte-Richtlinie grundsätzlich auf alle Rechtsgeschäfte,
        das heißt auch auf Kredit- und Sicherungsverträge, An-
        wendung finden. Hier existiert der Verbraucherschutz
        also bereits und muss nicht verdoppelt werden. Wir for-
        dern die Bundesregierung deshalb auf, zu überprüfen, ob
        ein absolutes Verbot von Haustürkreditgeschäften tat-
        sächlich erforderlich ist.
        Drittens. Zu verändern ist auch die beabsichtigte Art
        der Verantwortungsverlagerung.
        Dem Richtlinienvorschlag liegt ein neuartiges Ver-
        braucherschutzkonzept zugrunde: Insgesamt wird die
        Verantwortlichkeit für die Kreditaufnahme vom Kredit-
        nehmer auf den Kreditgeber verlagert. Nach Art. 6 des
        Richtlinienvorschlags werden dem Kreditgeber zusätz-
        lich umfangreiche Unterrichtungs- und Beratungspflich-
        ten auferlegt. Der Kreditgeber muss „genaue und voll-
        ständige Auskünfte über alles erteilen“, was der
        Verbraucher über den in Aussicht genommenen Kredit-
        vertrag wissen muss. Darüber hinaus soll der Kreditge-
        ber auch noch denjenigen Kredittyp aussuchen, der sich
        „in Anbetracht der finanziellen Situation des Verbrau-
        chers, der Vorteile und Nachteile des vorgeschlagenen
        Produkts und des Zwecks, dem der Kredit dient, für den
        Verbraucher am besten eignet“. Falsch verstandener Ver-
        braucherschutz kann auch zur Entmündigung des Ver-
        brauchers führen. Wir fordern die Bundesregierung des-
        halb auf, bei den Beratungen der Eigenverantwortlichkeit
        des Verbrauchers angemessen Rechnung zu tragen. Der
        Kreditgeber soll seinen Kunden klug und umfangreich
        beraten, aber nicht bevormunden. Der Verbraucher soll
        seinen Kredittyp nach unserer Ansicht aber weiterhin
        selbst aussuchen können.
        Art. 9 des Richtlinienvorschlags bestimmt schließ-
        lich, dass der Kreditgeber einen Kredit- oder Siche-
        rungsvertrag nur dann abschließen bzw. erhöhen darf,
        wenn er „unter Ausnutzung aller ihm zu Gebote stehen-
        den Mittel“ zu der Überzeugung gelangt ist, dass der
        Verbraucher vernünftigerweise in der Lage sein werde,
        den vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen. Ich
        habe mir bei dieser Formulierung die Frage gestellt, wie
        der Bankangestellte das wohl praktisch macht. Was
        macht er, wenn der Kunde unerkannt unvernünftig ist?
        Keiner kann etwas gegen eine umfassende Prüfungs-
        pflicht des Kreditgebers in Bezug auf die wirtschaftliche
        Leistungsfähigkeit des Verbrauchers haben. Aufgrund
        seines Eigeninteresses daran, dass der Kredit zurückge-
        zahlt wird, wird er ohnehin genau hinterfragen, wie leis-
        tungsfähig der Kreditnehmer ist. Wir fordern die Bun-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4755
        (A) (C)
        (B) (D)
        desregierung folglich auf, bei den Beratungen darauf
        hinzuwirken, dass dem Kreditgeber keine unzumutbaren
        und überflüssigen Erkundigungs- und Kontrollpflichten
        auferlegt werden. Auch die anzuwendenden Mittel müs-
        sen in der Richtlinie deshalb ausdrücklich bestimmt wer-
        den. Wir haben genug Bürokratie in Deutschland und
        Europa.
        Die vorgeschlagene Regelung führt außerdem dazu,
        dass an die Bonität potenzieller Kreditnehmer zukünftig
        deutlich höhere Anforderungen gestellt werden müssten.
        Damit würde die Kreditvergabe gerade an einkommens-
        schwächere Bevölkerungsteile, die in besonderer Weise
        auf Kredite angewiesen sind, nachhaltig erschwert. Für
        den Verbraucher wäre nichts gewonnen, wenn ihm am
        Schalter ein Kredit mit dem Hinweis auf EU-Regeln ver-
        weigert würde.
        Die Regelungen in der Richtlinie übersehen auch die
        Ursachen der Überschuldung zahlreicher privater Haus-
        halte. Mangelhafte Haushaltsführung und Budgetpla-
        nung führen in aller Regel erst bei Eintritt kritischer Le-
        bensverhältnisse wie Arbeitsplatzverlust, Scheidung
        oder Krankheit in die Überschuldung. Diese Ereignisse
        sind aber im Zeitpunkt der Kreditvergabe naturgemäß
        gerade nicht vorhersehbar.
        Nach Ansicht der CDU/CSU ist es im Hinblick auf
        die Art. 6 und 9 des Richtlinienvorschlags wichtig, das
        Prinzip der Eigenverantwortung des Verbrauchers beizu-
        behalten. Wie weit das neuartige Verbraucherschutzkon-
        zept der Kommission dabei in die falsche Richtung geht,
        wird augenfällig, wenn man die Konzeption auf andere
        Vertragstypen überträgt. Stellen wir uns vor, ein Auto-
        händler müsste das für den Verbraucher am besten geeig-
        nete Produkt auswählen. Das soll er tun, aber würde man
        ihn später für einen Unfall bei Glatteis verantwortlich
        machen?
        Verbraucherkreditverträge weisen zugegebenerma-
        ßen einen vergleichsweise hohen Grad der Abstraktion
        auf und dem Verbraucher ist häufig nicht immer sofort
        deutlich, wie massiv hier seine Entscheidungs- und
        Handlungsfreiheit beschnitten wird. Deshalb ist der Ver-
        such, hier in bestimmten Fällen Hilfe zu leisten, grund-
        sätzlich richtig. Es erscheint aber völlig verfehlt, in ei-
        nem zentralen Teilbereich des Privatrechts das Leitbild
        eines unmündigen Verbrauchers festzuschreiben, wäh-
        rend heute an anderer Stelle, namentlich im Zusammen-
        hang mit der Gesundheits- oder Altersvorsorge, Eigen-
        verantwortung verstärkt eingefordert wird.
        Viertens. Anzusprechen ist letztlich die Absicht in der
        Richtlinie die so genannte Maximalharmonisierung fest-
        zuschreiben.
        Nach Art. 30 des Richtlinienvorschlags ist es den Mit-
        gliedstaaten untersagt, andere als die in der Richtlinie
        festgelegten Bestimmungen vorzusehen. Durch diesen
        Ansatz der Maximalharmonisierung unterscheidet sich
        der Richtlinienvorschlag von den geltenden europäi-
        schen Richtlinien auf dem Gebiet des Verbraucher-
        schutzrechts.
        Den Mitgliedstaaten wird damit verboten, weiterge-
        hende Vorschriften zum Verbraucherschutz zu erlassen
        bzw. aufrechtzuerhalten. Damit müsste der bestehende
        Verbraucherschutz in Deutschland aber in großem Um-
        fang reduziert werden. Es kann doch nicht sein, dass wir
        in Zukunft das Schriftformerfordernis des BGB für Ver-
        braucherdarlehensverträge und die Abgabe von Bürg-
        schaftserklärungen abschaffen müssen. Gerade hier ist
        die Beweis- und Warnfunktion für den Verbraucher von
        besonderer Bedeutung. Ein solcher Abbau des Verbrau-
        cherschutzes in Deutschland muss verhindert werden.
        Ich habe darüber hinaus erhebliche Zweifel, dass die von
        der Kommission favorisierte maximale Harmonisierung
        der nationalen Rechtsvorschriften in der Zukunft tat-
        sächlich die Bereitschaft der Verbraucher erhöht, Kredit-
        verträge mit Anbietern in anderen europäischen Mit-
        gliedstaaten abzuschließen. Die geringe Zahl der
        grenzüberschreitenden Verbraucherkredite in Europa ist
        in erster Linie nicht auf die Unterschiede zwischen den
        einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften zurückzu-
        führen, sondern auf die besondere Beziehung zur jewei-
        ligen Hausbank, auf die örtliche Nähe und Sprachbarrie-
        ren im Ausland.
        Die Europäische Zentralbank führt in einem aktuellen
        Bericht über die europäischen Finanzmarktstrukturen
        aus, dass sich an der lokalen Prägung der Retailmärkte
        für Finanzdienstleistungen auch in Zukunft kaum etwas
        ändern werde und kleinere, vor Ort vertretene Institute
        auch weiterhin eine dominierende Rolle spielen dürften.
        Wir fordern die Bundesregierung deshalb auf, bei den
        Beratungen darauf hinzuwirken, dass es nicht zu der vor-
        geschlagenen Maximalharmonisierung kommt. Ein Ab-
        bau des Verbraucherschutzes in Deutschland muss ver-
        hindert werden.
        Als Parlamentarier haben wir darauf zu achten, dass
        Kredite weiterhin in vielen Formen, zu günstigen Kondi-
        tionen und unbürokratisch für den dafür auch verantwort-
        lichen Verbraucher zu erhalten sind. Dies ermöglicht vie-
        len Bürgern den Erwerb hochwertiger Konsumgüter und
        das eröffnet neue Chancen für die Wirtschaft in unserem
        Land, die wir aufgrund der katastrophalen Regierungspo-
        litik dringend brauchen.
        Der Bundestag sollte deshalb heute im Interesse der
        Verbraucher in Deutschland beschließen, den vorgeleg-
        ten fraktionsübergreifenden Entschließungsantrag zur
        Novellierung der Verbraucherkreditrichtlinie anzuneh-
        men. Der Bundesregierung ist viel Erfolg zu wünschen
        bei der Durchsetzung der im Antrag genannten notwen-
        digen Änderungen.
        Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der
        Vorschlag der EU für eine Verbraucherkreditrichtlinie ist
        grundsätzlich zu begrüßen. Um der zunehmenden Ver-
        schuldung der Verbraucher in Europa entgegenzuwirken,
        sind unternehmerische Grundsätze zur verantwortlichen
        Kreditvergabe zu entwickeln. Die Feststellung der Kre-
        ditauskunftei Schufa, dass immer mehr junge Menschen
        unter anderem durch offene Handyrechnungen in die
        Verschuldung geraten, ist ein alarmierendes Signal. Vor
        allem bei den 20- bis 24-Jährigen ist die Zahl der eides-
        stattlichen Versicherungen und Privatinsolvenzen zwi-
        schen 1999 und 2002 um fast ein Drittel auf die Zahl von
        4756 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        rund 174 000 gestiegen. Hier gibt der Richtlinienvor-
        schlag einen wichtigen Impuls an die Banken, sich ver-
        antwortungsvoll an der Aufgabe der Schuldenprävention
        zu beteiligen. Die Vorstellungen im Richtlininentwurf
        müssen aber noch in umsetzbare Vorschriften verbessert
        werden. Die Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Die
        Grünen, SPD und CDU haben auch an anderen Punkten
        noch Bedenken, die sie in ihrem Antrag zur Beschluss-
        empfehlung deutlich gemacht haben.
        Die Verbraucherkreditrichtlinie ist wichtig zur An-
        gleichung unterschiedlicher Rechts- und Verwaltungs-
        vorschriften in der Europäischen Union. Die national
        sehr verschiedenen Regelungen in den EU-Mitgliedstaa-
        ten sind für den Verbraucher verwirrend. Die unüber-
        sichtliche Lage hält Verbraucher davon ab, einen Kredit
        auch in europäischen Nachbarländern und dort gegebe-
        nenfalls zu günstigeren Konditionen in Anspruch zu
        nehmen.
        Der gemeinsame europäische Wirtschaftsraum soll
        aber auch den privaten Kunden offen stehen und Vorteile
        bringen. Grenzüberschreitende Kreditgeschäfte sollen
        keine Angelegenheit nur von internationalen Wirt-
        schaftsunternehmen bleiben, sondern auch für den priva-
        ten Kunden attraktiv und durchschaubar werden. Des-
        halb wollen die Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/
        Die Grünen, SPD und CDU die Voraussetzungen für ei-
        nen transparenten, grenzüberschreitenden Markt schaf-
        fen und die bestehenden Verbraucherschutzstandards
        europaweit angleichen.
        Einheitliche Begriffe und Vertragsbedingungen zur
        Angabe von Zinssätzen, Fälligkeit, vorzeitiger Rückzah-
        lung, missbräuchliche Klauseln, Widerrufsrechte und
        andere werden für mehr Klarheit beim Kunden sorgen.
        Die Inanspruchnahme von Darlehen über die Grenzen
        hinweg wird damit leichter.
        Die geplante Anwendung auf möglichst viele Kredit-
        produkte sehen wir positiv. Auch, dass Sicherheiten wie
        Bürgschaften und Garantien erfasst werden, befürworten
        wir. Die bisherigen Bestimmungen weisen in vielen
        europäischen Ländern insbesondere für neue Kreditpro-
        dukte Lücken auf, die mit dem Richtlinienvorschlag ge-
        schlossen werden sollen. Allerdings sehen wir in unse-
        rem Antrag auch Grenzen für die Anwendung der EU-
        Richtlinie. Unentgeltliche Kredite, Überziehungskredite
        und Kleindarlehen bis 400 Euro sollen möglichst unbü-
        rokratisch für kurzfristige finanzielle Engpässe zur Ver-
        fügung stehen. Hier darf der komplette Pflichtenkatalog
        nicht wie eine Mauer vor einer kundenfreundlichen Kre-
        ditvergabe stehen.
        Bündnis 90/Die Grünen werden sich bei den einzel-
        nen Vorschriften für verbraucherfreundliche Regelungen
        einsetzen. Die drei Bundestagsfraktionen fordern, dass
        die in Deutschland bestehenden Regeln für verbundene
        Geschäfte erhalten bleiben. So werden Verträge genannt,
        bei denen zwischen dem Kreditvertrag und dem damit fi-
        nanzierten Kauf eine Einheit besteht. Hier muss weiter-
        hin die Regelung gelten, dass der Verbraucher bei Wi-
        derruf des Kredits an den Kaufvertrag ebenfalls nicht
        mehr gebunden ist.
        Datenschutzrechtliche Bedenken haben wir noch bei
        dem in Art. 8 vorgesehenen Schuldnerregister. Bei die-
        sen Datenbanken sind noch viele Fragen offen. Unklar
        ist beispielsweise, wie sich der Verbraucher vor fehler-
        haften Eintragungen schützen kann. Im Antrag haben
        wir die Bundesregierung aufgefordert, das Datenregister
        erst dann einzuführen, wenn die Inhalte der zentralen
        Datenbank genau definiert und datenschutzrechtlich ge-
        prüft sind.
        Das absolute Verbot von Haustürgeschäften für die in
        der Richtlinie erwähnten Darlehensverträge ist ein inte-
        ressanter Vorschlag. Den Einwand, dass damit der Di-
        rektverkauf von Waren an der Haustür unmöglich würde,
        teile ich nicht. Das wird auch weiterhin möglich sein.
        Was aber durchaus bedenkenswert ist, ist ein sehr hohes
        Schutzniveau der Individualsphäre des Verbrauchers.
        Der Kauf besonders hochpreisiger Ware, die sich der
        Verbraucher eigentlich nicht leisten kann – zum Beispiel
        einen Staubsauger für 1 000 Euro –, sollte auf neutralem
        Boden erfolgen. Der Verbraucher sollte hier nicht aus
        Höflichkeit oder um einen lästigen unangemeldeten
        Besucher wieder zu verabschieden zu einer Unterschrift
        unter einen Kreditvertrag gedrängt werden können. Die
        Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, SPD
        und CDU wollen, dass das Verbot noch einmal auf die
        Vereinbarkeit mit dem bestehenden Widerrufsrecht hin
        überprüft wird. Einerseits hat der Verbraucher mit dem
        Widerrufsrecht bereits ein Instrument an der Hand, um
        sich aus einem unerwünschten Vertrag wieder zu lösen.
        Angesichts der zunehmenden Belästigungen und den
        vielfältigen Erscheinungsformen aufgedrängter Wer-
        bung haben sich andererseits die anstößigen Handlungen
        zu einer solchen Intensität verdichtet, dass wir über bes-
        seren Verbraucherschutz in diesem Bereich nachdenken
        müssen.
        Die Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grü-
        nen, SPD und CDU fordern die Bundesregierung auf,
        dass in den Verhandlungen zur Verbraucherkreditrichtli-
        nie diese Punkte noch verbessert werden. Die geplante
        maximale Harmonisierung soll nicht beibehalten wer-
        den. Eine Maximalharmonisierung schränkt den Hand-
        lungsspielraum des nationalen Gesetzgebers ein, etwa
        auch einen höheren Schutz des Verbrauchers zu be-
        schließen, wie wir das etwa beim Widerrufsrecht mit ei-
        ner verbraucherfreundlichen Anpassung des BGB für
        Immobiliendarlehensverträge getan haben.
        Insgesamt wird das Thema Kreditwürdigkeit einen
        höheren Stellenwert bei Kreditgeschäften bekommen.
        Mit den neuen Bankenregeln zur Eigenkapitaldeckung
        müssen auch die Banken umdenken. Der Begriff Basel II
        steht hier für neue Kreditrichtlinien der Banken. Zur Sta-
        bilisierung des Bankensystems wird ab Ende 2006 die
        Kreditwürdigkeit eines Kunden noch stärker über den
        gewährten Kreditzins entscheiden. Bei Firmenkunden
        haben schon heute viele mittelständische Unternehmen
        Probleme, einen Kredit zu erhalten. Durch ein schlechtes
        Rating werden sie in Zukunft noch höhere Zinsen zahlen
        müssen.
        Auch Verbraucherverbände befürchten bereits, dass
        Kredite künftig deutlich teurer oder unerreichbar wer-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4757
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        den. Betroffen seien vor allem Kunden, die nicht so zah-
        lungskräftig sind, also Familien und Singles. Wir fordern
        die Kreditgeber auf, auch weiterhin eine kundenfreundli-
        che und kooperative Kreditvergabepraxis zu verfolgen.
        Es muss sichergestellt werden, dass es nicht zu willkürli-
        chen Einstufungen von Verbrauchern hinsichtlich ihrer
        Bonität kommt. Der Zugang zu Bankkrediten darf nicht
        unnötig erschwert werden und die von den Banken vor-
        genommenen Verbraucherbewertungen müssen transpa-
        rent und einsehbar sein.
        Ein bekanntes Problem bei Kreditgeschäften sind un-
        zureichende Beratungen durch Kreditvermittler. Der
        Richtlinienvorschlag zum Verbraucherkredit sieht hier
        neue Regelungen für Kreditvermittler vor. In Kapitel XI
        sind Meldepflichten, Rechtsstellung und Kontrolle so-
        wie Pflichten von Kreditvermittlern festgeschrieben.
        Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Ver-
        bände führt jedes Jahr eine Aktionswoche zur Schuld-
        nerberatung durch. Am 5. Juni fand in diesem Zusam-
        menhang die Fachtagung „Geschäfte mit der Armut –
        Vom (richtigen) Umgang mit gewerblichen Schuldenre-
        gulierern und Kreditvermittlern“ in Berlin statt. Der
        erste Armutsbericht der Bundesregierung hatte festge-
        stellt, dass derzeit nur eine Minderheit der überschulde-
        ten Haushalte – 10 bis 15 Prozent – beraten werden
        kann. Dies hat auch zur Folge, dass im gesamten Bun-
        desgebiet immer mehr unseriöse Anbieter auftreten, wel-
        che die verzweifelte Situation überschuldeter Menschen
        sozialschädlich ausnutzen. Schuldner werden zusätzlich
        finanziell geschädigt, die versprochenen Kreditlösungen
        kommen nicht zustande.
        Bündnis 90/Die Grünen begrüßen die Vorschläge im
        Richtlinienentwurf, dass die vorvertraglichen Informa-
        tionen und Beratungen möglichst umfassend erfolgen
        sollen. Vor Abschluss des Kreditvertrags sollen dem
        Verbraucher die Bedingungen und Kosten sowie die Ver-
        pflichtungen, die •er mit dem Vertrag eingeht, klar und
        verständlich dargestellt werden. Die Beratung muss so
        gestaltet sein, dass der Verbraucher aus der Palette der
        vom Kreditgeber oder Vermittler gewöhnlich angebote-
        nen Kreditformen den für ihn günstigsten Kredit aus-
        wählen kann. Der Berater muss dabei insbesondere auf
        die Rückzahlungsmöglichkeiten des Verbrauchers und
        die damit verbundenen Risiken eingehen.
        Sibylle Laurischk (FDP): Das Zusammenwachsen
        der Europäischen Union führt zu einer Internationalisie-
        rung auch von Verbraucherkrediten. Da nicht nur in der
        Bundesrepublik, sondern auch in der gesamten Europäi-
        schen Union eine zunehmende Verbraucherverschuldung
        festzustellen ist, zeigt sich die Notwendigkeit, auch den
        Verbraucherschutz europaweit zu gestalten. Ein transpa-
        renter, grenzüberschreitender Markt ist nur dann erreich-
        bar, wenn Verbraucher wie Kreditwirtschaft europaweit
        kalkulierbare Rahmenbedingungen finden können.
        Im Zuge der Beratungen hat sich offensichtlich für
        alle Fraktionen die Frage einer Maximalharmonisierung
        bzw. die Schaffung von Mindeststandards gestellt. Dabei
        hat sich die Einschätzung herauskristallisiert, dass ein-
        zelstaatliche Regelungen im Falle einer Maximalharmo-
        nisierung ausgeschlossen werden, was nicht im Interesse
        der Verstärkung des Verbraucherschutzes wäre. Stattdes-
        sen bieten Mindeststandards eher die Möglichkeit, auch
        mit im Einzelfall günstigen nationalen Regelungen die
        Verbraucherrechte zu stärken. Unter dieser Vorausset-
        zung scheint es aber auch nicht sinnvoll, einzelne Kre-
        dit- und Versicherungsverträge aus dem Geltungsbereich
        der Richtlinie auszuschließen. Bestimmte Bereiche, die
        in der Ausführung zu Art. 3 dargestellt sind, sollten den-
        noch als Ausnahme gehandelt werden. Im Interesse des
        Verbraucherschutzes ist es außerdem sinnvoll, von der
        Erstellung eines Schuldnerregisters abzusehen, dessen
        Praktikabilität im Übrigen sehr fragwürdig ist.
        Ein überzogener Verbraucherschutz sollte jedenfalls
        nicht Ergebnis der Verbraucherkreditrichtlinie sein, da
        die FDP-Fraktion grundsätzlich die Eigenverantwortung
        des Bürgers als vorrangig betrachtet und eine zu starke
        Handlungseinschränkung durch eine EU-Richtlinie nicht
        sinnvoll sein kann. Im Gegenzug würde dies zu einer so
        erheblichen Einschränkung des Kreditgewerbes führen,
        dass letztendlich eine Kostenbelastung zu erwarten
        wäre, die gerade für Einkommensschwache die Auf-
        nahme von Krediten unmöglich machen würde.
        Im Rahmen von Verhandlungen eine ausgewogene
        EU-Richtlinie zu erreichen, ist Aufgabe der Bundesre-
        gierung, was erfreulicherweise von allen Fraktionen des
        Bundestages so unterstützt wird.
        Alfred Hartenbach (Parlamentarischer Staatssekre-
        tär bei der Bundesministerin der Justiz): Die EU-Kom-
        mission hat im September des letzten Jahres den Vor-
        schlag für eine neue Verbraucherkreditrichtlinie
        beschlossen, die die Richtlinie von 1986 mit Folgeände-
        rungen deutlich überarbeitet.
        Die Bundesregierung begrüßt die Zielrichtung des
        Vorschlags; denn es ist unabdingbar, dass wir der zuneh-
        menden Verbraucherverschuldung in Europa entgegen-
        wirken. Die Richtlinie will mehr Transparenz und Si-
        cherheit bei Verbraucherkrediten schaffen, sie will den
        Wettbewerb verstärken und den Belangen des Verbrau-
        cherschutzes Rechnung tragen. Sie will schließlich ein
        Verbraucherschutzniveau erreichen, bei dem Kreditan-
        gebote unter den bestmöglichen Bedingungen für Anbie-
        ter wie für Darlehensnehmer verhandelt werden können.
        All das sind gute und erstrebenswerte Ziele.
        Ich stimme auch mit dem Entschließungsantrag über-
        ein, der heute dem Deutschen Bundestag zur Beschluss-
        fassung vorliegt. Wie die Bundesregierung halten die
        Verfasserinnen und Verfasser des Antrags wesentliche
        Elemente des Richtlinienvorschlags grundsätzlich für
        geeignet, die geschilderten Ziele zu erreichen. Dies gilt
        für die Einbeziehung von Personalsicherheiten, also die
        Erstreckung der Vorschriften der Richtlinie auf Bürg-
        schaft und Garantie. Ich begrüße auch die Ausdehnung
        der Informations- und Beratungspflichten für Kreditge-
        ber sowie im Prinzip den neuen Grundsatz der verant-
        wortlichen Kreditvergabe.
        Ungeachtet dieser grundsätzlichen Zustimmung sehen
        wir aber auch Probleme, die wir bei den Beratungen in
        4758 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
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        Brüssel geltend gemacht haben. Dies gilt zunächst für
        den in der Richtlinie vorgesehenen Maximalharmonisie-
        rungsansatz für alle Bestimmungen der Richtlinie. Maxi-
        malharmonisierung bedeutet, dass einzelstaatliche Rege-
        lungen ausgeschlossen sind. Ein solches einheitliches
        Recht kann zwar im Interesse eines freien Waren- und
        Dienstleistungsverkehrs sein, im Interesse einer Stärkung
        des Verbraucherschutzes ist es jedoch nicht in allen Fäl-
        len. Die Bundesregierung hält es deshalb nicht für erstre-
        benswert, den Spielraum für strengere einzelstaatliche
        Verbraucherschutzregelungen in allen Regelungsberei-
        chen auszuschließen. Der Verbraucherschutz in Deutsch-
        land müsste bei einer Maximalharmonisierung in erheb-
        lichem Umfang reduziert werden. Das wollen wir nicht
        und ich begrüße es deshalb sehr, dass der Entschlie-
        ßungsantrag diesen Gesichtspunkt aufgreift.
        Auch die von der Kommission vorgeschlagenen Än-
        derungen des Anwendungsbereichs der Richtlinie sind
        nach unserer Überzeugung nicht alle zielführend. Dies
        gilt aber nicht nur dann, wenn es zur Maximalharmoni-
        sierung kommt. Es ist ja an sich gut, dass die Richtlinie
        auf Kreditvermittler und Personalsicherheiten erstreckt
        werden soll. Der Anwendungsbereich darf aber auch
        nicht zu sehr ausgedehnt werden. So müssen Ausnah-
        men für notariell und insbesondere gerichtlich beurkun-
        dete Vergleiche gemacht werden. Andernfalls unterfielen
        gerichtliche Vergleiche mit Stundungsvereinbarungen
        der Richtlinie und könnten praktisch kaum mehr verein-
        bart werden. Auch Ausnahmen für Überziehungskredite
        und Kleinkredite finde ich im Verbraucherinteresse sinn-
        voll. Sollte es wirklich zu einer Maximalharmonisierung
        kommen, müssten wir ferner zur Aufrechterhaltung un-
        seres hohen Verbraucherschutzniveaus erreichen, dass
        alle grundpfandrechtlich gesicherten Kredite, unabhän-
        gig vom Verwendungszweck, vom Anwendungsbereich
        der Richtlinie ausgenommen werden. So fordert es auch
        der Entschließungsantrag.
        Die Bundesregierung wird sich auch dafür einsetzen,
        dass der im Ansatz gute Grundsatz der verantwortungs-
        vollen Kreditvergabe und die entsprechenden Unterrich-
        tungs- und Beratungspflichten nicht zu einer unnötigen
        Bürokratisierung und damit Verteuerung der Kreditver-
        gabe führen. Bei der Ausgestaltung muss die Richtlinie
        auch der Eigenverantwortlichkeit des mündigen Ver-
        brauchers Rechnung tragen. Die Entscheidung, welcher
        Kredittyp für ihn am besten geeignet ist, muss dem um-
        fassend informierten Verbraucher selbst verbleiben,
        wenn man ihn nicht entmündigen will.
        Lassen Sie mich abschließend noch auf das vorgese-
        hene Schuldnerregister zu sprechen kommen. Daten-
        schutz, Eignung und Praktikabilität – das sind Aspekte,
        die wir hier äußert kritisch prüfen müssen. Ist die Rich-
        tigkeit der Daten sichergestellt? Welchen Schutz gibt es
        gegen fehlerhafte Eintragungen? Auch das sind wichtige,
        vom Richtlinienentwurf nicht beantwortete Fragen. Einen
        „gläsernen Verbraucher“ darf es jedenfalls nicht geben.
        Verbraucherschutz ist wichtig, auch und gerade im
        gemeinsamen Binnenmarkt und beim sensiblen Thema
        des Verbraucherkredits. Wir müssen ihn sachgerecht ge-
        stalten. Ich freue mich deshalb, dass der vorliegende
        Entschließungsantrag die von mir genannten Gesichts-
        punkte aufgreift.
        Anlage 16
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung über den Antrag: Für eine Ver-
        besserung der privaten Arbeitsvermittlung im
        Aupairbereich zur wirksamen Verhinderung
        von Ausbeutung und Missbrauch (Tagesord-
        nungspunkt 17)
        Angelika Krüger-Leißner (SPD): Zunächst einmal
        möchte ich sagen, dass ich froh bin, dass der Antrag zur
        besseren Vermittlung im Aupairbereich, den wir heute
        behandeln, ein interfraktioneller ist. Dies zeigt, dass wir
        alle in der Lage sind, Themen auch gemeinschaftlich zu
        behandeln und umzusetzen, und das über die Fraktions-
        grenzen hinweg. Das wird und soll nicht bei allen politi-
        schen Entscheidungen so sein. Dazu sind die Unter-
        schiede zu groß. Aber es nährt die Hoffnung, dass wir
        bei den wichtigen Reformvorhaben, die die Bundesre-
        gierung vorlegt und bei denen wir die Zustimmung des
        Bundesrates brauchen, auch zu einer Einigung kommen
        werden. Für unser Land wäre das unendlich wichtig.
        Nun aber zu vorliegendem Antrag: Aupairverhält-
        nisse dienen in erster Linie dazu, jungen Menschen die
        Möglichkeit zu bieten, andere Kulturen und Sprachen
        kennenzulernen. Sie sind nicht primär als Arbeitsver-
        mittlung im eigentlichen Sinne zu verstehen. Dennoch
        ist der Aspekt der häuslichen Arbeit und insbesondere
        der Hilfe bei der Kinderbetreuung ein wichtiger Teil von
        Aupairprogrammen und muss daher auch arbeitsrecht-
        lich behandelt werden. Aupairs betreuen Kinder, helfen
        im Haushalt und erhalten im Gegenzug ein Zimmer bei
        der Gastfamilie, Verpflegung und Taschengeld. Die Ver-
        mittlung von Aupair ist rechtlich damit auch eine Ar-
        beitsvermittlung.
        Es gibt sicherlich viele andere Möglichkeiten des
        Kulturaustausches als das klassische Aupairprogramm.
        Aber für viele junge Leute, insbesondere für viele junge
        Frauen, die circa 90 Prozent der Teilnehmer an Aupair-
        verhältnissen ausmachen, spielt diese klassische Form
        des Kulturaustausches eine immer noch relevante Rolle.
        In früheren Zeiten war der Aupairbereich – wie die ge-
        samte Arbeitsvermittlung – sehr geschützt und wurde
        durch kirchliche Träger, die diese Aufgabe von der Bun-
        desanstalt für Arbeit übertragen bekommen hatten, über-
        nommen.
        Die Liberalisierung der Arbeitsvermittlung in den
        Jahren 1994 und 2002 hat bestimmte Schutzmechanis-
        men bei der Vermittlung aufgehoben. So ist seit 1994 das
        Alleinvermittlungsrecht für die Bundesanstalt für Arbeit
        aufgehoben. Seit dem 27. März 2002 ist zudem die Er-
        laubnispflicht für private Arbeitsvermittler sowie das
        Verbot von Anwerbung von Ausländern außerhalb der
        EU aufgehoben worden. Damit ist es nunmehr privaten
        Vermittlern und auch Privatpersonen möglich, Aupairs
        anzuwerben.
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4759
        (A) (C)
        (B) (D)
        Dennoch sind damit natürlich nicht alle Schutzmaß-
        nahmen außer Kraft gesetzt worden. Die Schutzvor-
        schriften im SGB III über Aupairverhältnisse sind wei-
        terhin gültig und müssen von der Bundesanstalt für
        Arbeit überwacht werden. Bei der Bundesanstalt muss
        immer noch überprüft werden, ob die Gastfamilien die
        Voraussetzungen für eine Aupairtätigkeit erfüllen. Ähn-
        liches gilt für die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigun-
        gen, die die deutschen Vertretungen ausstellen, und die
        Prüfungen durch die Ausländerbehörden.
        Es war ein Bericht im „Spiegel“ vom 27. Januar 2003
        über den tragischen Tod eines rumänischen Aupairmäd-
        chens, der hier die Möglichkeiten eines Missbrauchs
        durch die Gesetzesänderung zu erkennen meinte.
        Tatsächlich ist es aber so, dass, wenn das geltende
        Recht hier Beachtung gefunden hätte, es wohl nicht zum
        Selbstmord der jungen Frau gekommen wäre. In dem
        Fall ist die junge Frau zwar regulär von einer Arbeitsver-
        mittlung vermittelt worden. Allerdings war keine Auf-
        enthaltsgenehmigung beantragt worden, womit auch die
        Arbeitserlaubnis erloschen war. Der Aufenthalt war also
        nicht mehr erlaubt. Die Frau hätte nicht mehr in
        Deutschland sein dürfen. Hier liegt ein Versäumnis der
        zuständigen Behörden vor. Ich gebe zu: Die neue
        Rechtslage erfordert, dass die zuständigen Behörden hier
        mit größter Gewissenhaftigkeit ihrer Aufgabe nachkom-
        men. Um das zu garantieren müssen, wir als Parlament
        tätig werden. Das ist der Grund für diesen interfraktio-
        nellen Antrag.
        Jetzt könnten wir beschließen, dass wir die Arbeits-
        vermittlung im Aupairbereich wieder bei der Bundes-
        anstalt für Arbeit ansiedeln. Dies lässt der § 292 des
        SGB III ausdrücklich zu. Aber das ist weder sinnvoll
        noch angemessen. Denn die Bundesanstalt müsste damit
        die Vermittlung selber durchführen und dürfte sie nicht
        – wie in der bisherigen Praxis – an andere Organisatio-
        nen abgeben. Das wäre zum einen von der BA kaum zu
        leisten, zum anderen wäre es ein dramatischer Struktur-
        rückschritt, den wir nicht wollen. Erfahrungen, wie sie
        über Jahrzehnte gemacht wurden, müssen und sollen bei
        der Vermittlung eine Rolle spiele. Darüber hinaus würde
        eine solche Regelung die private Vermittlung auch nicht
        völlig unterbinden. Es wäre immer noch möglich, dass
        Gastfamilien selber tätig werden und sich um Aupairs
        kümmern. Eine solcher Weg ist durch die entsprechende
        Nutzung des § 292 nicht zu verhindern.
        Daher müssen wir andere Wege suchen, die einerseits
        die Liberalisierung der Arbeitsvermittlung berücksichti-
        gen, andererseits aber auch den Aupairs und den Gastfa-
        milien Sicherheit bezüglich der Qualität und Seriosität
        bei der Vermittlung garantieren. Die Absprachen auf den
        verschiedenen Ebenen bei der Beratung dieses Antrags
        haben dabei folgende Ergebnisse hervorgebracht – Er-
        gebnisse im Übrigen, die aus meiner Sicht sowohl ar-
        beitsrechtlich als auch jugend- und kulturpolitisch sinn-
        voll sind:
        So fordern wir einen Bericht über die möglichen Er-
        kenntnisse der Deutschen Botschaften und Konsulate
        über die Visaerteilung seit der Deregulierung im März
        2002. Ich halte dies für sehr wichtig.
        Bisher sind uns nur wenige Fälle bekannt, die Miss-
        handlung, Missbrauch oder Ausbeutung in Zusammen-
        hang mit Aupair darstellen. Wir müssen wissen, inwie-
        weit unsere gesetzlichen Maßnahmen überhaupt Ursache
        für solche Fälle sein können. Hierzu benötigen wir die
        entsprechenden Informationen von den Behörden.
        Weiterhin sollen die Auslandsvertretungen bei der Vi-
        saerteilung darauf achten, dass die Antragsteller eine ge-
        wisse Sprachkompetenz haben. Hierbei geht es uns nicht
        so sehr darum, dass sie in der Lage sind, mit den Gastfa-
        milien und den Kindern perfekt zu kommunizieren. Aber
        sie müssen in der Lage sein, in Deutschland bei Proble-
        men mit der Gastfamilie Hilfe zu suchen. In diesem Zu-
        sammenhang müssen Konsulate und Botschaften ent-
        sprechend darauf achten, dass diese Sprachkompetenz
        gewährleistet ist. Ebenfalls an dieser Stelle muss klarge-
        stellt werden, dass ein Besuchervisum nicht ausreichend
        ist, um einer Aupairtätigkeit nachzugehen,
        Was die rechtlichen Rahmenbedingungen, die das
        SGB III setzt, betrifft, so muss den Aupairs durch die
        Arbeitsämter ein entsprechendes Merkblatt zugeteilt
        werden, das Rechte und Pflichten während des Aufent-
        halts darstellt. Es gab Überlegungen, dieses Merkblatt in
        allen Sprachen schon an den Auslandsvertretungen aus-
        zugeben. Das ist aus meiner Sicht nicht erforderlich und
        auch kaum zu handhaben. Die Aupairs sollen ja eine
        Sprachkompetenz nachweisen. Die muss ausreichen, um
        das Merkblatt zu verstehen. Das heißt aber auch, dass die
        Behörden darauf hinwirken müssen, dieses Merkblatt
        nicht in kompliziertem Amtsdeutsch, sondern in einer
        verständlichen Sprache zu verfassen.
        Des Weiteren wollen wir die Innenminister der Län-
        der darauf hinweisen, die Ausländerbehörden aufzufor-
        dern, Fällen, in denen das Visum abgelaufen ist, nachzu-
        gehen und zu prüfen, ob die Ausreise erfolgt ist. Auch
        hier gab es Diskussionen, weil viele anmerkten, das sei
        nicht nötig. Denn das sei ja schon geltendes Recht. Aber
        es war genau ein solches Versäumnis, das zu dem ent-
        sprechenden Fall, wie ihn der „Spiegel“ beschrieben hat,
        geführt hat. Hier schadet es also nichts, die Problematik
        erneut hervorzuheben.
        Die Arbeitsämter können allerdings nicht alle Sorgen
        zu beheben helfen, die sich aus Aupairverhältnissen er-
        geben können. Sie sind nur zuständig bei Problemen, die
        sich aus dem SGB III und den darin enthaltenen Schutz-
        maßnahmen ergeben. Aber auch allgemeine Probleme
        mit der Gastfamilie treten auch immer wieder auf. Hier-
        für müssen wir eine Anlaufstelle für diejenigen jungen
        Frauen und Männer schaffen, die nicht über eine Organi-
        sation vermittelt wurden, die hier Hilfe bietet. Welche
        Art von Anlaufstelle das sein könnte, haben wir in dem
        Antrag nicht konkretisiert. Es muss nur klar sein, dass es
        sich um eine kompetente regionale Stelle handelt. Die
        Ausländerbehörden halte ich hier nicht für besonders ge-
        eignet. Sie hätten zwar fachliche Kompetenz, werden
        aber bei Problemen aus Angst davor, das Land verlassen
        zu müssen, eher nicht aufgesucht.
        Eine geeignete Möglichkeit aus meiner Sicht sind die
        neuen Job-Center, da hier sowohl arbeitsrechtliche Kom-
        petenz wie die Zuständigkeit kommunaler Einrichtun-
        4760 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        gen, beispielsweise der Jugendämter, versammelt sein
        werden. Zudem sind diese Stellen flächendeckend vor-
        handen. Diese Frage muss aber die Bundesregierung
        prüfen und die bestmögliche Anlaufstelle für Aupairs
        einrichten.
        Der letzte Punkt unseres Antrages betrifft die Frage
        nach den Qualitätsstandards bei privaten Arbeitsvermitt-
        lern im Aupairbereich. Hier gibt es viele Organisationen
        mit Erfahrungen, die zum Teil über viele Jahrzehnte ge-
        hen. Aber es gibt auch viele neue Organisationen, die die
        Deregulierung hervorgebracht hat. In der Tat reicht es
        heute aus, einen Gewerbeschein für private Arbeitsver-
        mittlung zu besitzen, um privat Aupairs zu vermitteln.
        Nicht alle diese neuen Vermittlungsorganisationen arbei-
        ten ähnlich kompetent und seriös, wie es bisher im Au-
        pairbereich üblich war.
        Wir können, aus schon erwähnten Gründen, nicht zu
        einem Genehmigungsvorbehalt kommen, wie er auch
        schon geordert wurde. Dieser würde auch den seriösen
        Agenturen die Existenzgrundlage entziehen. Unser Ziel
        muss es also sein, eine Art Zertifizierung bzw. ein Güte-
        siegel für private Vermittlungsorganisationen zu schaf-
        fen. Eine generelle finanzielle Förderung dieser Quali-
        tätssicherung, die eine Überführung dieses Bereichs in
        die Jugendhilfe bedeutet, ist finanziell nicht darstellbar.
        Aber wir haben auch in anderen Bereichen schon gute
        Erfahrungen mit freiwilligen Selbstverpflichtungen ge-
        macht. Die Organisationen könnten ein gemeinsames
        Gütesiegel schaffen, das geprüfte und seriöse Vermitt-
        lungen erkennbar macht.
        Dieses wäre angesichts der Öffnung sowohl für die
        jungen Menschen, die gerne ein Aupairjahr machen wol-
        len, wie auch für die Familien, die auf eine kompetente
        Vermittlung setzen, eine wichtige Hilfe. Hier ist es not-
        wendig, dass sich die entsprechenden Akteure, die Ver-
        mittlungsorganisationen, die Vertreter der Jugendminis-
        terien der Länder, die kommunalen Spitzenverbände und
        die Bundesregierung an einen Tisch setzen und hierfür
        einen Fahrplan erstellen. Ein solches Treffen ist auch
        schon geplant.
        Es muss so sein, dass seriöse und kompetente Ver-
        mittlungen einen Wettbewerbsvorteil erlangen und an
        der Erstellung von Qualitätsstandards mitwirken. Eine
        daraus entstehende Selbstregulierung kann viele der Pro-
        bleme, die wir heute im Aupairbereich haben, lösen.
        Noch einmal: Die allermeisten der betroffenen circa
        50 000 Aupairverhältnisse, die wir in Deutschland ha-
        ben, sind seriös. Sie sind, neben vielen anderen Aus-
        tauschprogrammen, Kulturstipendien und ähnlichen
        Möglichkeiten – ich nenne hier nur das „Freiwillige So-
        ziale“ oder das „Freiwillige ökologische Jahr“ – ein
        wichtiger Beitrag zum Kulturaustausch und zum Erwerb
        von Sprachkenntnissen. In einer globalisierten Welt, die
        zunehmend mehr Verständnis für andere Kulturen erfor-
        dert, ist das ganz wichtig.
        Aber es ist eben auch so, dass unsere Schritte zur De-
        regulierung auch Missbrauchsmöglichkeiten eröffnet ha-
        ben können. Zum Glück ist das nur in Einzelfällen so
        und zumeist dann, wenn die entsprechenden Behörden
        ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind. Wir
        wissen das nun und haben es geschafft, in Zusammen-
        arbeit mit allen Fraktionen dem entgegenzuwirken und
        Änderungen zu fordern. Die Bundesregierung ist diesen
        Forderungen gegenüber sehr offen. Wir sind nicht ge-
        zwungen, Abstriche im Bereich der Liberalisierung der
        Arbeitsvermittlung vorzunehmen. Auch das ist wichtig.
        Es ist gut, dass wir in der Lage sind, in solchen Fällen
        über die Fraktionsgrenzen hinweg schnell und kompe-
        tent Politik umzusetzen.
        Rita Pawelski (CDU/CSU): Im März 2002 wurde
        mit der Liberalisierung des Arbeitsmarktes ein dringend
        notwendiger und gut gemeinter Schritt zur Verbesserung
        der Beschäftigungssituation getan. Hier hat sich aber
        mal wieder gezeigt: Nicht alles, was gut gemeint war,
        hat sich gut entwickelt. Denn mit der Deregulierung des
        Arbeitsmarktes wurde die Vermittlung von Aupairkräf-
        ten praktisch freigegeben mit der Folge, dass massenhaft
        schwarze Schafe auf den Agenturmarkt strömen: Das
        sind Vermittler, denen nicht das Wohl der jungen Au-
        pairkräfte am Herzen liegt, sondern die eigene Briefta-
        sche. Aupairkräfte, meine Damen und Herren, sind keine
        billigen Arbeitskräfte!
        Aupairkräfte sind junge Menschen ab 17 Jahre, oft
        Frauen, die, ausgestattet mit – meist wagen – Deutsch-
        kenntnissen, ein Jahr lang in einer deutschen Familien
        leben wollen, die für ein Taschengeld bis zu fünf Stun-
        den täglich Babysitting oder Hausarbeit übernehmen und
        nebenher die deutsche Sprache und die deutsche Kultur
        kennen lernen wollen.
        Die Bedingungen für ihre Beschäftigung sind festge-
        schrieben im europäischen Abkommen über die Aupair-
        beschäftigung, das von der Bundesrepublik Deutschland
        zwar nicht ratifiziert, aber maßgeblich anerkannt wurde.
        Somit, sollte man meinen, ist alles klar geregelt. Ist es
        aber nicht!
        Durch die Entscheidung im März 2001, die hier in
        diesem Hause einmütig getroffen wurde, hat sich einiges
        verändert: Vor der Deregulierung mussten für die Lizenz
        zum Aufbau und Betrieb einer Arbeitsvermittlungsagen-
        tur eine Gebühr von 3 000 DM gezahlt und zusätzlich
        strenge Auflagen erfüllt werden. Die 200 Agenturen, die
        vom Arbeitsamt die Genehmigung erhielten, wurden re-
        gelmäßig durch die Landesarbeitsämter kontrolliert. Es
        war also bekannt, wer vermittelte, wohin er vermittelte
        und vor allem, wen er vermittelte.
        Die Aupairvermittlung hat sich bereits in den Jahren
        vor der Deregulierung zum Wachstumsmarkt entwickelt:
        1998 kamen 17 831 nach Deutschland, 2001 waren es
        schon 24 657, davon 15 698 aus Nicht-EU-Ländern.
        Mit der Deregulierung explodierte dieser Markt im
        wahrsten Sinne des Wortes, denn den Vermittlern wurde
        es leicht gemacht: Aupairs werden nicht mehr durch
        kontrollierte Agenturen betreut, sondern jeder, der für
        schlappe 20 Euro einen Gewerbeschein mit der Auf-
        schrift „Arbeitsvermittlung“ erhält, kann diesem Job
        nachgehen. Nach Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4761
        (A) (C)
        (B) (D)
        ist es ganz einfach, einen Gewerbeschein zu erhalten,
        eine Kontrolle findet nicht statt.
        Mittlerweile gibt es weit mehr als 1 000 neue Vermitt-
        ler. Die genaue Zahl kennt niemand, weil über die örtli-
        chen Vermittlungen hinaus viele Kontakte über das In-
        ternet geknüpft werden. Und mit der Zahl der Vermittler
        steigt die Zahl der schwarzen Schafe – nur: Die Suppe
        müssen die Aupairs auslöffeln.
        Ich betone noch einmal: Der Aupairmarkt hat sich
        zum Tummelplatz für skrupellose Abzocker entwickelt,
        die aus dem Schicksal der Mädchen Profit schlagen wol-
        len. Lassen Sie mich einige Beispiele nennen, einige von
        den Hunderten, die mir seit Beginn der Diskussion zuge-
        tragen wurden.
        Es gibt Internetseiten, die den Benutzer mit den Wor-
        ten „Willkommen bei der Sexy-Aupairagentur“ begrü-
        ßen. Weiter geht es mit den Worten: „Wir machen den
        Unterschied, denn unsere Aupairmädchen sind heiß und
        sexy!“ Weitere Beschreibungen unterlasse ich, denn sie
        passen nicht in dieses Haus.
        Ein in Polen ansässiges Unternehmen lockt junge
        Frauen aus Osteuropa nach Deutschland, verspricht ih-
        nen Jobs als Aupairs, hat aber in Wirklichkeit nur die
        Absicht, sie auf dem Heiratsmarkt anzubieten. Ein Mäd-
        chen aus der Ukraine musste täglich bis zu 16 Stunden
        arbeiten. Neben Babysitten hatte sie Schwerstarbeit zu
        verrichten, die weit außerhalb ihres eigentlichen Aufga-
        benbereiches lag. Extrem ausgenutzt wurde eine Afrika-
        nerin, die einen Sieben-Personen-Haushalt alleine versor-
        gen musste. Inklusive waren die Betreuung des Babys
        und des 80-jährigen behinderten Großvaters, bei dem sie
        sogar die Windeln wechseln musste.
        Zudem mangelt es den Aupairs oft an ausreichendem
        Essen und geeigneten Schlafmöglichkeiten. So ist ein
        Fall bekannt, bei dem ein Aupair mit vier großen Hun-
        den gemeinsam in einem Zimmer untergebracht war.
        Unseriöse Vermittler entdeckte ein Fernsehteam, das
        spontan vier nach dem Zufallsprinzip ausgesuchte Agen-
        turen aufgesucht hat – mit versteckter Kamera. Unver-
        blümt wurde den Vermittlern klar gemacht, man suche
        eine billige Arbeitskraft: „Die muss schon richtig mit an-
        packen und Kisten schleppen, denn ich habe einen Bier-
        versand.“ Bis hin zum „Ich habe eine Tochter, die
        braucht eine Aupair – aber auch ich brauche die Aupair,
        wenn sie wissen, was ich meine.“ In allen Fällen, auch
        im letzteren, wurde eine Vermittlung zugesagt. Die Pro-
        vision wurde einfach von 400 Euro auf 800 Euro herauf-
        gesetzt. Dabei ist die Höchstgrenze für die Vermittlungs-
        gebühr der Agenturen per Gesetz festgelegt: Sie beträgt
        150 Euro.
        Liebe Bundesregierung, von diesen Beispielen gibt es
        eine Fülle und trotzdem wollen Sie davon nichts mitbe-
        kommen haben? Ihr Problembewusstsein ist erschre-
        ckend. Im April dieses Jahres stellte ich eine schriftliche
        Anfrage, in der es um die besondere Schutzbedürftigkeit
        von Aupairs ging. Staatssekretär Rezzo Schlauch ant-
        wortete, dass weibliche Aupairs mit 18 Jahren volljährig
        und damit voll geschäftsfähig seien. Daher seien beson-
        dere Schutzvorschriften für sie nicht notwendig. Zudem
        gebe es angesichts der Freizügigkeit auf dem Arbeits-
        markt für EU-Bürger keine speziellen Regelungen, um
        ihnen Schutz zu gewähren.
        Der Herr Staatssekretär bewies erschreckend seine
        Unkenntnis: Aupairs können auch 17 Jahre alt sein.
        Demnach sind sie nicht immer volljährig. Sie brauchen
        unseren Schutz, sie brauchen den Schutz des Staates!
        Noch ahnungsloser gebärdeten sich die Mitarbeiter
        der Bundesanstalt für Arbeit, als sie im Ausschuss für
        Familie, Senioren, Frauen und Jugend nach den Auswir-
        kungen der Deregulierung befragt wurden. Es tat gut,
        dass die Staatssekretärin Riemann-Hahnewinkel fach-
        kundig Hilfe versprach.
        Diese Hilfe, meine Damen und Herren, ist dringend
        geboten; denn die jungen Menschen kommen doch nach
        Deutschland, um eine Vorstellung von unserer Lebens-
        weise, Kultur und Mentalität zu bekommen Überlegen
        Sie sich mal, mit welchen Eindrücken sie wieder nach
        Hause fahren. Diese negativen Erfahrungen sind weder
        für diese jungen aufgeschlossenen Menschen noch für
        Deutschland gut. Beide leiden darunter.
        Es existiert also ein dringender Handlungsbedarf.
        Schließlich geht es hier nicht um Ware, sondern um
        Menschen. Und darum ist es gut, dass wir heute diesen
        gemeinsamen Antrag behandeln. Mit dem Antrag wird
        unter anderem eine Überprüfung gefordert, inwieweit
        durch Zusammenarbeit auf nationaler Ebene regional ge-
        eignete Institutionen als Ansprechstellen für Aupairs be-
        nannt und diese auch entsprechend bekannt gemacht
        werden können.
        Weiterhin soll sichergestellt werden, dass die Arbeits-
        ämter Antragstellern bei der Erteilung der Arbeitserlaub-
        nis das Merkblatt für Aupairs, aus dem die Rechte und
        Pflichten während des Aufenthalts in der Gastfamilie
        hervorgehen, persönlich aushändigen.
        Und es soll sichergestellt werden, dass die deutschen
        Auslandsvertretungen bei der Erteilung eines Besuchsvi-
        sums darauf hinweisen, dass eine Aupairbeschäftigung
        im Rahmen dieses Visums nicht erlaubt ist. Das ist wich-
        tig, denn nach Erkenntnissen seriöser Agenturen finden
        immer mehr Vermittlungen von Aupairs über ein von der
        Botschaft ausgestelltes Besuchervisum statt.
        Diese Mädchen arbeiten hier illegal, sie haben keinen
        Schutz und sind auf Gedeih und Verderb dem Vermittler
        ausgeliefert. Nicht wenige werden gegen ihren Willen
        zur Prostitution gezwungen, und sind dann erreichbar
        unter gewissen Telelefonnummern. Das können wir
        nicht zulassen und wir dürfen schon gar nicht weg-
        schauen.
        Noch einmal: Es ist richtig, hier heute unseren ge-
        meinsamen Entschließungsantrag zu behandeln. Persön-
        lich aber, das sage ich ganz deutlich, wäre ich gern noch
        einen Schritt weiter gegangen: Wir müssen erreichen,
        dass es den schwarzen Schafen unmöglich gemacht
        wird, unter dem Deckmäntelchen Aupair Menschenhan-
        del zu betreiben. Darum wäre ich für eine Pflichtzertifi-
        zierung. Aber hoffen wir im Interesse der jungen Men-
        schen, dass eine Zertifizierung auf freiwilliger Basis
        greift. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss!
        4762 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        (A) (C)
        (B) (D)
        Jutta Dümpe-Krüger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        NEN): Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, einen
        gemeinsamen, überfraktionellen Antrag für eine Verbes-
        serung der privaten Vermittlung im Aupairbereich hinzu-
        bekommen, der dazu beitragen soll, Ausbeutung und
        Missbrauch in diesem Bereich zu verhindern, besonders
        deshalb, weil die Mehrheit der Aupairs junge Frauen ab
        17 Jahren sind, die unseres besonderen Schutzes bedür-
        fen.
        Ein Aupairverhältnis ist die Möglichkeit für junge
        Menschen, ein Jahr lang andere Sprachen und Kulturen
        kennenzulernen und so die internationale Verständigung
        zu fördern. Rund 30 000 junge Menschen kommen pro
        Jahr nach Deutschland. Und rund 20 000 gehen pro Jahr
        aus Deutschland ins Ausland. Die überwiegende Zahl
        der Aupairverhältnisse trägt also erfolgreich zu gesell-
        schafts- und jugendpolitisch wünschenswertem, inter-
        kulturellem Lernen bei.
        Es gibt in diesem Bereich aber nicht nur eine Sonnen-
        seite, sondern es werden auch immer wieder Probleme
        sichtbar Hier ist insbesondere die illegale Beschäftigung
        und Ausbeutung bis hin zu Missbrauch zu benennen.
        Auch wenn die Ursachen für die Probleme vielschichtig
        sind: Wir wollen mit unserem gemeinsamen Antrag hier
        in erster Linie für Rechtssicherheit sorgen.
        Private Arbeitsvermittler und Arbeitsvermittlerinnen
        benötigen derzeit lediglich eine Gewerbeanmeldung, um
        anwerbend und vermittelnd tätig werden zu können.
        Gastfamilien dürfen Aupairs selbst anwerben, ohne eine
        Aupairvermittlungsagentur einschalten zu müssen. Seit-
        dem dies möglich ist, besteht die Möglichkeit, dass eine
        Grauzone entstehen könnte. Genau das möchten wir alle
        gemeinsam verhindern.
        Die meisten Aupairs benötigen – da sie aus Nicht-
        EU/EWR-Staaten kommen – eine Arbeitserlaubnis und
        eine Aufenthaltsbewilligung. Hier gilt es, die Zusam-
        menarbeit der daran beteiligten Behörden so zu verbes-
        sern, dass illegale Beschäftigung und damit die Gefahr
        der Ausbeutung vermieden werden können. Deshalb ha-
        ben wir uns entschlossen, die Bundesregierung aufzu-
        fordern, einige grundlegende Vorgehensweisen sicher zu
        stellen.
        Wir erwarten, dass die Bundesregierung bis Ende
        2004 einen Bericht über die Entwicklung im Bereich von
        Aupair vorlegt. In diesem Bericht sollen sich Informatio-
        nen darüber finden, ob es zahlenmäßige Veränderungen
        oder sonstige Auffälligkeiten gibt, die aufgrund der De-
        regulierung der privaten Arbeitsvermittlung aufgetreten
        sind. Außerdem ist es für uns besonders wichtig, dass
        junge Menschen, die zu uns kommen, über ihren Status
        umfassend informiert sind. Dieses setzt aber auch vo-
        raus, dass Aupairs über Sprachkenntnisse verfügen. Dies
        sicherzustellen ist Aufgabe der Auslandsvertretungen
        und muss im Rahmen der Erteilung von Visa festgestellt
        werden. Da die Aupairs über bestimmte Rechte und
        Pflichten während des Aufenthaltes in den Gastfamilien
        verfügen, müssen sie hierüber auch umfassend infor-
        miert sein. Darum sollen die Arbeitsämter ihnen das
        Merkblatt für Aupairs persönlich bei der Aushändigung
        der Arbeitserlaubnis überreichen.
        Die Rechte und Pflichten der Gastfamilien und der
        Aupairs sind durch die Bundesanstalt für Arbeit festge-
        legt. Dies reicht uns aber so noch nicht. Deshalb wol-
        len wir die Einführung einer selbstverpflichtenden Zer-
        tifizierung für die Vermittlungsorganisationen und auch
        ein gemeinsames Gütesiegel, und zwar deshalb, um für
        alle Interessierten erkennbar zu machen, dass es sich
        um eine geprüfte Aupairvermittlung handelt. Wir hal-
        ten das für unverzichtbar. Wir geben der Bundesregie-
        rung den Auftrag, zu prüfen, inwieweit durch Zusam-
        menarbeit auf nationaler Ebene regional geeignete
        Institutionen als Ansprechstellen für Aupairs benannt
        und dann auch entsprechend bekannt gemacht werden
        können.
        Unsere Intention ist es, negative Einzelfälle im Au-
        pair Bereich so weit wie möglich auszuschließen. Und
        dafür Sorge zu tragen, dass der Bereich Aupair auch
        weiterhin in unserer Gesellschaft einen hohen Stellen-
        wert besitzt.
        Dirk Niebel (FDP): Die FDP wollte eine Liberalisie-
        rung in der Arbeitsvermittlung, damit Arbeitslose mehr
        Chancen auf Vermittlung in Arbeit bekommen. Im Ver-
        gleich mit den staatlichen Anbietern erhofften wir uns
        von privaten Vermittlern mehr Initiative und Alternati-
        ven zur bisherigen Vermittlung. Da die Vermittlungsgut-
        scheine nicht marktgerecht ausgestattet wurden, hat die-
        ses Instrument bisher leider nicht den gewünschten
        Erfolg gehabt.
        Seit April 2002 können private Arbeitsvermittler
        ohne Einschränkung auch Aupairaufenthalte vermitteln.
        Hier hat es offensichtlich in einigen tragischen Fällen
        Missbrauch gegeben. In der Folge ist ein rumänisches
        Aupairmädchen zu Tode gekommen. Das hat große Be-
        troffenheit ausgelöst. Aupairaufenthalte sind für junge
        Menschen eine preiswerte Möglichkeit, fremde Spra-
        chen und Länder durch einen persönlichen und familiä-
        ren Kontakt kennen zu lernen. Sie erfordern als Jugend-
        austausch einen besonderen Schutz. Ein Missbrauch
        durch Ausbeutung oder – im schlimmsten Fall – durch
        Zwangsprostitution muss verhindert werden.
        Rechte und Pflichten der Gasteltern und der Aupairs
        sind durch die Bundesanstalt für Arbeit festgelegt. Die
        Caritas und der Bundesverband Aupairsociety haben
        mich sehr früh aufmerksam gemacht, dass auch für die
        Vermittlung von Aupairs eine Qualitätssicherung not-
        wendig ist. Sie haben bereits entsprechende Qualitäts-
        standards formuliert. Aupairs müssen bei Konflikten auf
        eine seriöse Beratung zugreifen können.
        Die geforderte Lizensierung der Aupairvermittlungs-
        agenturen hätte aus unserer Sicht aber wieder ein büro-
        kratisches Verfahren eingeführt, das wir gerade abge-
        schafft hatten. Sie hätte sich auch wegen der
        Freizügigkeit von Dienstleistungen in Europa und bei In-
        ternetagenturen nicht umsetzen lassen. Darüber hinaus
        wollen wir aber weiterhin den Aupairzugang aus dem fa-
        miliären Bereich durch persönliche Empfehlung und
        durch Eigensuche ermöglichen. Eine Selbstverpflich-
        tung der Vermittlungsagenturen scheint uns das passende
        Mittel zu sein, um Gastfamilien und Aupairs die aus
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003 4763
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        (B) (D)
        meiner Sicht notwendige Freiheit und Sicherheit zu ge-
        währen. Allein die vorhandenen Sprachkenntnisse soll-
        ten für die Auswahl des Aupairs kein Ausschlusskrite-
        rium sein; denn schließlich soll es die Sprache im
        Gastland lernen. Da die Mehrheit der Aupairs aus Mit-
        tel- und Osteuropa kommt, sollten alle Informationsma-
        terialien in diesen Sprachen zugänglich sein.
        Die vier Fraktionen im Bundestag haben auf die be-
        rechtigte Sorge reagiert und diesen interfraktionellen
        Antrag vorgelegt. Ich hoffe, dass uns die zügige Bera-
        tung gelingt. Hierbei sollten wir auch gleich die Vermitt-
        lungsagenturen mit ins Boot holen, damit dann sofort die
        notwendigen und passenden Maßnahmen eingeleitet
        werden können.
        56. Sitzung
        Berlin, Donnerstag, den 3. Juli 2003
        Inhalt:
        Redetext
        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        Anlage 1
        Anlage 2
        Anlage 3
        Anlage 4
        Anlage 5
        Anlage 6
        Anlage 7
        Anlage 8
        Anlage 9
        Anlage 10
        Anlage 11
        Anlage 12
        Anlage 13
        Anlage 14
        Anlage 15
        Anlage 16