Rede von
Franz
Müntefering
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Sehr geehrter Kollege, wenn ich hier Herrn Merz in
Person kritisiere, meine ich nicht die ganze Fraktion der
CDU/CSU. Wenn ich Herrn Rogowski kritisiere, meine
ich nicht die ganze Wirtschaft in Deutschland.
Dass wir in Deutschland tüchtige Unternehmer haben,
müssen Sie uns nicht sagen. Dass Unternehmen schwarze
Zahlen schreiben müssen, wissen auch wir Sozialdemo-
kraten. In diesem Zusammenhang ist Schwarz ausnahms-
weise einmal eine schöne Farbe. Dazu wollen wir auch
gern unseren Teil beitragen.
Unsere Wirtschaft ist global tätig und das ist gut für
uns; denn wir gewinnen durch die Globalisierung, das ist
überhaupt keine Frage. Wir haben der deutschen Wirt-
schaft in den vergangenen Jahren geholfen, wettbewerbs-
fähig zu werden.
– Es kann sein, dass Herr Merz Ihnen immer etwas ande-
res erzählt, aber hören Sie einfach mal zu.
Wir haben in den vergangen Jahren dafür gesorgt, dass
ein Großteil dieser Unternehmen keine oder fast keine
Steuern mehr zahlen musste. Sprechen Sie einmal mit
Herrn Hinsken, er wird Ihnen das bestätigen!
Die Handwerksbetriebe sowie die kleinen und mittleren
Unternehmen beklagen doch, dass wir die großen Unter-
nehmen in solcher Weise hofieren und die kleinen Unter-
nehmen im Grunde angeblich verkümmern lassen.
Herr Kollege, wir haben kein Problem damit, eine ver-
nünftige Industriepolitik zu machen. Wir bleiben Indus-
trieland. Die großen Industriebetriebe bleiben die Lokomo-
tive für unsere Wirtschaft. Hier machen wir keine Abstriche.
An dieser Stelle muss man aber auch klipp und klar sagen:
Vorwürfe aus dieser Richtung an uns und den Versuch, die
Handlungsmöglichkeiten der Gewerkschaften zu zerschla-
gen, halte ich für nicht vernünftig. Wir wenden uns dagegen;
denn dies kann keine vernünftige Entwicklung sein.
Nun zu Ihrer Anmerkung zur Staatsquote: Sie können
es wenden, wie Sie wollen, aber die Zinsen in Höhe von
circa 40 Milliarden Euro, die wir pro Jahr auf Bundes-
ebene zahlen müssen, stellen eine Belastung für den Staat
dar. Jedes Prozent Staatsquote macht ungefähr 20 Milliar-
den Euro aus. Unsere Zinsschuld macht also allein 2 Pro-
zent der Staatsquote aus. Ich habe nicht behauptet – keiner
von uns sagt das –, dass wir die Schulden gesenkt haben.
– Das ist doch billig, hört doch auf! Ihr wisst doch ganz
genau, dass es anders ist.
Es geht nicht darum, ob die Schulden gesenkt worden
sind. Es geht darum, dass die Nettokreditaufnahme redu-
ziert worden ist. Das ist geschehen und darauf sind wir
stolz. Das war schon schwer genug.
Die Leistung, die Hans Eichel in den letzten vier Jahren
erbracht hat
– die Schulden sind immer in Relation zu den Einnahmen
zu sehen, Herr Kauder –,
ist die: 1998 wurden von jeder Mark, die an Steuern ein-
genommen wurde, 22 Prozent für Zinszahlungen aufge-
wandt. Heute beträgt diese Quote 19 Prozent. 19 Prozent
sind deutlich weniger als 22 Prozent. Wir haben die Hand-
lungsfähigkeit des Staates verbessert. Darauf sind wir
stolz und diesen Weg gehen wir weiter.