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ID1502200700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag des Bundesministers Dr. Peter Struck sowie des Abgeordneten Norbert Königshofen . . . . 1665 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Wolfgang Spanier . . . . . . . . . . . . . . . . 1665 A Erweiterung der Mitgliederzahl im Ausschuss für Kultur und Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1665 A Wiederwahl der Abgeordneten Ulrike Poppe als Mitglied des Beirats nach § 39 des Stasi- Unterlagen-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1665 B Festlegung der Zahl der Mitglieder des Euro- päischen Parlaments, die an den Sitzungen des Ausschusses für die Angelegenheiten der Euro- päischen Union teilnehmen können . . . . . . . . 1665 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . 1665 B Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 1666 A Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Offen- sive für den Mittelstand (Drucksache 15/351) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Grundsätzliche Kehrtwende in derWirt- schaftspolitik statt neuer Sonderregeln – Mittelstand umfassend stärken (Drucksache 15/349) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Neue Chancen für den Mittelstand – Rahmen- bedingungen verbessern statt Förder- dschungel ausweiten (Drucksache 15/357) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666 C Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA 1666 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1670 C Fritz Kuhn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 1674 A Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1677 A Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1679 B Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1681 D Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1684 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1685 D Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 1687 B Christian Lange (Backnang) SPD . . . . . . . . . 1688 A Laurenz Meyer (Hamm) CDU/CSU . . . . . . . 1690 A Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD . . . . . . . . . . . 1692 A Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1694 B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 1696 D Alexander Dobrindt CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1698 D Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum optimalen Fördern und Fordern in Vermittlungsagenturen (OFFENSIV-Gesetz) (Drucksache 15/273) . . . . . . . . . . . . . . 1700 B Plenarprotokoll 15/22 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 22. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 I n h a l t : b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Fördern und Fordern arbeits- fähiger Sozialhilfeempfänger und Ar- beitslosenhilfebezieher (Fördern-und- Fordern-Gesetz) (Drucksache 15/309) . . . . . . . . . . . . . . 1700 C c) Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Das Sozialhilferecht gerechter gestal- ten–HilfebedürftigeBürgereffizienter fördern und fordern (Drucksache 15/358) . . . . . . . . . . . . . . 1700 C Silke Lautenschläger, Staatsministerin (Hessen) 1700 D Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMWA . . . 1703 A Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1705 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1706 B Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1708 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1709 B Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . 1710 B Thomas Sauer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1712 A Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . . 1713 D Walter Hoffmann (Darmstadt) SPD . . . . . . . . 1715 B Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . 1716 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . 1717 A Karin Roth (Esslingen) SPD . . . . . . . . . . . . . 1719 D Tagesordnungspunkt 12: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren Antrag der Abgeordneten Markus Löning, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Westsahara- konflikt beilegen – UN-Friedensplan durchsetzen (Drucksache 15/316) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1721 D Tagesordnungspunkt 13: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Juli 2001 zwi- schen der Bundesrepublik Deutsch- land und derTschechischen Republik über den Bau einer Grenzbrücke an der gemeinsamen Staatsgrenze in An- bindung an die Bundesstraße B 20 und die Staatsstraße I/26 (Drucksachen 15/12, 15/272) . . . . . . . . 1722 A b)–d) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 8, 9, 10 zu Petitionen (Drucksachen 15/320, 15/321, 15/322) 1722 A e) Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP: Erneute Über- weisung von Vorlagen aus früheren Wahlperioden (Drucksache 15/345) . . . . . . . . . . . . . . 1722 C Tagesordnungspunkt 5: Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP für die vom Deut- schen Bundestag zu entsendenden Mitglie- der des Beirats bei der Regulierungs- behörde für Telekommunikation und Post gemäß § 67 Abs. 1 des Telekommu- nikationsgesetzes (Drucksache 15/356) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1722 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbst- bestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften (Drucksache 15/350) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1722 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 1722 D Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1724 D Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . 1725 A Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1726 D Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1729 A Michaela Noll CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1730 A Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1731 D Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) CDU/CSU 1733 D Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Transrapid-Projekt Berlin–Ham- burg unverzüglich wieder aufnehmen (Drucksache 15/300) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1735 D Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . . 1736 A Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1738 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003II Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . . 1739 D Albert Schmidt (Ingolstadt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1740 D Norbert Königshofen CDU/CSU . . . . . . . . . . 1742 B Reinhard Weis (Stendal) SPD . . . . . . . . . . . . 1743 B Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . 1744 A Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 1746 A Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: EU-Richtlinie zur Haltung von Nutztieren in nationales Recht umsetzen (Drucksache 15/226) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1747 A Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 1747 B Uwe Bartels, Minister (Niedersachsen) . . . . . 1748 C Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . 1750 A Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 1751 A Gitta Connemann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 1751 D Friedrich Ostendorff BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1753 B Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 1755 A Friedrich Ostendorff BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1755 D Georg Schirmbeck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1756 A Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Norbert Röttgen, Cajus Caesar, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetz- buches – Graffiti-Bekämpfungsgesetz (Drucksache 15/302) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1757 B Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 1757 C Hermann Bachmaier SPD . . . . . . . . . . . . . . . 1759 A Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1760 C Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1761 B Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 1762 C Dr. Christoph Bergner CDU/CSU . . . . . . . . . 1763 A Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1763 D Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ 1764 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1766 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 1767 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 1665 22. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (C) 1766 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 1767 (C) (D) (A) (B) Berninger, Matthias BÜNDNIS 90/ 30.01.2003 DIE GRÜNEN Bindig, Rudolf SPD 30.01.2003* Burchardt, Ulla SPD 30.01.2003 Deittert, Hubert CDU/CSU 30.01.2003* Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 30.01.2003* Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 30.01.2003 Göppel, Josef CDU/CSU 30.01.2003 Granold, Ute CDU/CSU 30.01.2003 Haack (Extertal), Karl SPD 30.01.2003* Hermann Höfer, Gerd SPD 30.01.2003* Hoffmann (Chemnitz), SPD 30.01.2003* Jelena Jäger, Renate SPD 30.01.2003* Jonas, Klaus Werner SPD 30.01.2003* Kelber, Ulrich SPD 30.01.2003* Lanzinger, Barbara CDU/CSU 30.01.2003 Leibrecht, Harald FDP 30.01.2003* Lintner, Eduard CDU/CSU 30.01.2003* Dr. Lucyga, Christine SPD 30.01.2003* Möllemann, Jürgen W. FDP 30.01.2003 Müller (Düsseldorf), SPD 30.01.2003 Michael Rauber, Helmut CDU/CSU 30.01.2003* Rauen, Peter CDU/CSU 30.01.2003 Riester, Walter SPD 30.01.2003* Robbe, Reinhold SPD 30.01.2003 Rupprecht SPD 30.01.2003* (Tuchenbach), Marlene Dr. Scheer, Hermann SPD 30.01.2003* Schmidt (Fürth), CDU/CSU 30.01.2003 Christian Schröter, Gisela SPD 30.01.2003 Siebert, Bernd CDU/CSU 30.01.2003* Simm, Erika SPD 30.01.2003 Steenblock, Rainder BÜNDNIS 90/ 30.01.2003* DIE GRÜNEN Dr. Thomae, Dieter FDP 30.01.2003 Tritz, Marianne BÜNDNIS 90/ 30.01.2003* DIE GRÜNEN Volquartz, Angelika CDU/CSU 30.01.2003 Wegener, Hedi SPD 30.01.2003* Wicklein, Andrea SPD 30.01.2003 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 30.01.2003* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rainer Brüderle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

    lege Kuhn, Sie haben heute eine Wutrede gehalten. Ich er-
    laube mir den Hinweis: Wir können nichts dafür, dass Sie
    nicht mehr Vorsitzender der Grünen sind und jetzt Herrn
    Schulz, einen geschätzten Kollegen, aus der Wirtschafts-
    politik verdrängen.


    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ihre permanenten Hinweise auf die Weltwirtschaft
    als Ursache der aktuellen Situation sind unerträglich. Es
    gibt nicht zwei Typen von Weltwirtschaft: eine, die eine
    böse Verschwörung gegen uns Deutsche ist und in der
    wir arbeiten müssen, und eine wohl gesonnene Welt-
    wirtschaft, in der die Engländer, die Holländer, die
    Schweden und die Amerikaner arbeiten. Es gibt nur eine
    Weltwirtschaft. Wenn wir in dieser einen Weltwirt-
    schaft, wie sie sich heute darstellt, schlechter dastehen
    als alle anderen, dann ist dies hausgemacht und dann
    liegt dies an den Problemen in Deutschland und nicht
    am Ausland.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ihre Ausflüchte, die Opposition rede, wenn sie ihre
    Aufgabe wahrnimmt, auf Fehlentwicklungen hinzuwei-
    sen und Alternativen aufzuzeigen, das Land schlecht, sind
    eine Unverschämtheit.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Noch dürfen wir hier frei reden und unsere Meinung
    äußern. Sie sollten nicht mit einer Attitüde auftreten, als
    ob dieses Land Ihr Eigentum wäre. Verwechseln Sie nicht
    Ihre Aufgabe; dieser Staat ist nicht das Eigentum von
    Grün-Rot, sondern des ganzen Landes.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Nach fünf Jahren Regierungszeit wird es allmählich
    unerträglich, dass Sie ständig auf die Vergangenheit ver-
    weisen. Wirtschaftsgeschichte ist zwar ein interessantes
    Thema, aber wer beim Autofahren ständig in den Rück-
    spiegel schaut, Herr Kollege Kuhn, fährt an die Wand.
    Schauen Sie einmal durch die Frontscheibe! Dann sehen
    Sie die reale Lage in der Republik.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich erlaube mir auch folgenden Hinweis, Herr Kuhn:

    Wir haben keine Konjunkturkrise, wie Sie sagten, sondern
    eine Strukturkrise, weil die Struktur in diesem Land nicht
    stimmt, weil wir falsch aufgestellt sind. Deshalb wirken
    sich die Veränderungen in der Welt in Deutschland un-

    gleich stärker als in benachbarten europäischen Ländern
    aus. Dafür sind Sie verantwortlich,


    (Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Was ist das für ein Mist!)


    weil Sie seit fünf Jahren die falsche Politik machen. Die
    größte Fessel für den Mittelstand in Deutschland ist diese
    grün-rote Regierung.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Jetzt, kurz vor zwei wichtigen Landtagswahlen, ent-
    deckt Grün-Rot den Mittelstand. Ich habe heute etwas
    über den Masterplan und den Small-Business-Act gelernt;
    jeden Tag gibt es einen neuen bunten Luftballon, Herr
    Clement, aber entscheidend sind Taten, nicht das Design
    von Worten und ein Wortgeklingel. Reden Sie nicht nur
    vom Kündigungsschutz, sondern verändern Sie etwas.
    Geben Sie denen, die draußen stehen, eine Chance; wei-
    chen Sie nicht zurück, wenn Ihre Betonfraktion nicht be-
    reit ist, über neue Ansätze nachzudenken.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ein Bundeswirtschaftsministerium muss ein ord-
    nungspolitisches Gewissen sein. Es muss von einem ganz-
    heitlichen Ansatz ausgehen und darf keine Propagandama-
    schine sein, die jeden Tag einen neuen Spruch erfindet,
    neue Offensiven verkündet und Nebelkerzen wie den Jah-
    reswirtschaftsbericht wirft. Der Minister hat bis vor weni-
    gen Tagen noch von 1,5 Prozent Wachstum und 4Millionen
    Arbeitslosen gesprochen. Jetzt wird das zurückgenommen;
    mit einem voraussichtlichen Wachstum von 1 Prozent lie-
    gen Sie immer noch am oberen Rand sämtlicher Prognosen
    aller Wirtschaftsforscher und aller Bankinstitute, die sich
    mit Wirtschaftsentwicklung beschäftigen. Sie können
    glücklich sein, wenn dies eintritt, aber auch das werden Sie
    nicht schaffen. Die Arbeitslosigkeit steigt.

    Der Zusammenhang ist ganz klar: Die Steuern und Ab-
    gaben steigen, die Arbeitslosigkeit steigt und das Wachs-
    tum sinkt. Es gibt einen Sektor in Deutschland, der zulegt:
    Das ist die Schwarzarbeit. Schwarzarbeit ist die Aus-
    weichreaktion vieler, weil Sie ihnen mit unerträglichen
    Belastungen, mit Abgaben und Steuern die Chance neh-
    men, durch anständige, tüchtige Arbeit das zu verdienen,
    was möglich wäre, wenn man entsprechende Rahmenbe-
    dingungen gewährleistete.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das, was Sie im Jahreswirtschaftsbericht ansprechen,
    nennen Sie Allianz für Erneuerung. Das ist schon ein
    dreister Begriff. Diese grün-rote Regierung ist keine Al-
    lianz der Erneuerung, sondern eine Allianz der Verteue-
    rung und der Verschlechterung der Bedingungen für den
    Mittelstand in Deutschland.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ihr Steuervergünstigungsabbaugesetz, das ein Steuer-
    erhöhungsgesetz ist – es bringt 17 Milliarden Euro Zusatz-
    belastungen –, zeigt doch, dass es in die falsche Richtung




    Rainer Brüderle
    geht. Ich frage mich immer wieder: Was hat der deutsche
    Mittelstand dieser grün-roten Regierung getan, weswegen
    er so mies behandelt wird? Irgendwo müssen Sie doch
    eine psychologische Sperre haben; anderenfalls würden
    Sie nicht permanent in die falsche Richtung gehen.

    Die selbst ernannte Mittelstandsexpertin Frau Scheel
    spricht von Mehrwertsteuererhöhung; anschließend wird
    es weich dementiert. Ein anderer fordert die Vermögen-
    steuer bzw. die Erhöhung der Erbschaftsteuer. Ihr wich-
    tigster Koalitionspartner, der DGB, fordert in Person von
    Herrn Sommer eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um
    2 Prozentpunkte. Sie schaffen ein Klima, in dem die Men-
    schen verzweifeln müssen und als Konsumenten ihr Geld
    in einem Eichhörncheneffekt zurückhalten, weil sie nicht
    wissen, ob sie ihren Job behalten oder, wenn sie ihn ver-
    lieren, wieder einen bekommen. Diejenigen, die investie-
    ren würden und auch müssten, sagen: Wir warten einmal
    ab, was denen noch Neues einfällt, welche weitere Sau
    durchs Dorf getrieben wird, welche neuen Belastungen
    nach den beiden Landtagswahlen von der Regierung
    kommen. – Ich ahne da nichts Gutes. Wahrscheinlich be-
    treiben Sie schon die Vorbereitungen für eine Mehrwert-
    steuererhöhung.


    (Beifall bei der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Weltuntergang!)


    Unter dem Stichwort Mittelstandinitiative kündigen
    Sie an, für Betriebe mit einem Umsatz von bis zu
    17 000 Euro Steuererleichterungen zu gewähren.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: 17 500!)

    – 17 500. – Selbst wenn man Umsatz mit Gewinn ver-
    wechselt – Umsatz gleich Gewinn ist absurd –, käme man
    auf monatlich nur etwas mehr als 1 000 Euro.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Almosen!)

    Wo ist da der Appeal, der Anreiz, in die Existenzgründung
    zu gehen, zumal ständig neue Verschlechterungen eintre-
    ten?

    Die Kammerbeiträge sollen für die kleinen Betriebe
    abgeschafft werden. Die Realität ist, dass die meisten
    Kammern in Deutschland das schon längst getan haben,
    ohne dass es dazu einen Appell der Bundesregierung ge-
    geben hätte.


    (Beifall bei der FDP)

    Zum Thema Ladenschluss. Sie kündigen an, die La-

    denöffnungszeit am Samstag um vier Stunden zu verlän-
    gern. Geben Sie den Ladenschluss doch in der Woche frei!


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

    Auch das geschieht nicht. Seien Sie doch konsequent!

    Sie betreiben folgende Politik: Sie verschlechtern die
    Bedingungen. Sie verschärfen den Kündigungsschutz. Sie
    verstärken die Mitbestimmung. Sie erhöhen die Sozialab-
    gaben. Dann nehmen Sie die Mehrbelastung um ein klei-
    nes Stückchen zurück und sagen, das sei eine Großtat, mit
    der Sie die Bedingungen in Deutschland verbesserten.
    Das ist ungeheuerlich! Machen Sie es doch gleich richtig!


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Im Kern macht die Bundesregierung zwei Dinge
    falsch. Sie hat erstens nicht verstanden, dass die soziale
    Marktwirtschaft ein ganzheitliches System ist. Man muss
    wissen, dass jede einzelne Maßnahme Auswirkungen hat.
    Schon die Gründungsväter haben vor punktuellem Han-
    deln und vor Interventionismus – das ist die alte indus-
    triepolitische Denke – gewarnt. Sie müssen klare Rah-
    menbedingungen schaffen. Die Politik muss berechenbar
    sein und Vertrauen auslösen. In der Wirtschaft geht es
    immer um das Rechnen. Wenn die Entwicklung nicht be-
    rechenbar ist, kann man keine Entscheidung treffen. Wenn
    man dennoch entscheidet, trifft man die falsche Entschei-
    dung. Deshalb muss eine klare Linie erkennbar sein. Das
    ist nicht der Fall, weil Sie durch hektischen Aktionismus
    nur von eigenen Fehlentscheidungen ablenken wollen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Zweitens. Im Kern verweigern Sie dem deutschen Mit-
    telstand Freiheit. Das Steuerthema ist im Kern ein Frei-
    heitsthema; denn entscheidend ist: In welchem Umfang
    können die Menschen, seien es Handwerksmeister oder
    auch Arbeitnehmer, selbst über die Verwendung dessen
    entscheiden, was sie sich hart erarbeitet haben? Bei einer
    Staatsquote von fast 50 Prozent nehmen Sie ihnen die
    Freiheit. In der Tat ist die Frage: Ist es noch eine soziale
    Marktwirtschaft, wenn die Hälfte dessen, was erwirt-
    schaftet wird, über den Staat gelenkt wird? Ludwig Erhard
    würde aus dem Grab steigen, wenn er so einen Quatsch
    hörte wie den, bei einer sozialen Marktwirtschaft könnte
    man einen Staatsanteil von 50 Prozent haben.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Bürokratieabbau – ein wunderschöner Ladenhüter;
    davon reden wir alle schon lange. Weshalb geben Sie
    Kommunen und Ländern nicht über Experimentierklau-
    seln die Möglichkeit, Gesetze befristet außer Kraft zu set-
    zen?


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Wir haben es beim Planungsbeschleunigungsgesetz ja ge-
    habt, und zwar mit großem Erfolg. Geben Sie ihnen doch
    diese Möglichkeit! Viele werden gar nicht merken, wenn
    Gesetze sozusagen verschwinden, weil sie eh Unsinn sind
    und weil sie nur diejenigen, die damit arbeiten müssen,
    zusätzlich verunsichern.

    Weshalb gehen Sie nicht konsequent an die Reform der
    sozialen Sicherung heran? Die Riester-Rente ist im Kern
    ein Schritt in die richtige Richtung, aber sie ist zu kom-
    pliziert und reicht nicht aus. Sie müssen die Lohnneben-
    kosten senken. Sie reden im Jahreswirtschaftsbericht da-
    von, dass sie auf 40 Prozent gesenkt werden. Das wären
    13 Milliarden Euro weniger. Machen Sie es! Ich sehe nir-
    gends einen Ansatzpunkt dafür, dass Sie bei den Sozial-
    beiträgen eine konkrete Entlastung in Höhe von 13 Mil-
    liarden Euro, sprich: 26 Milliarden DM, vornehmen; im
    Gegenteil: Die Sozialbeiträge steigen weiter. Die Quote
    liegt bei dicken 42 Prozent.

    Das Tarifkartell ist überholt. Sie wissen wie wir, dass
    im Osten Deutschlands, aus der Not heraus, fast 70 Pro-
    zent aller Arbeitsplätze außerhalb des geltenden Tarif-


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    (C)



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    vertragsrechts sind. Die alle sind, wenn Sie so wollen,
    rechtswidrig. Niemand geht daran – aus gutem Grund. Je-
    der, der darangehen würde, würde die Arbeitslosigkeit im
    Osten verdoppeln oder verdreifachen. Weshalb lernen Sie
    daraus nicht, dass wir mehr Spielräume in den Betrieben
    und auch mehr Entscheidungsmöglichkeiten der betroffe-
    nen Arbeitnehmer brauchen? Es ist ihr Job. Es ist ihre Le-
    bensperspektive. Geben Sie ihnen doch die Freiheit, über
    ihr Schicksal ein Stück weit zu entscheiden, statt einer
    Funktionärsfremdbestimmung unterworfen zu sein!


    (Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP])


    Zu vieles ist noch in Beton gegossen. Was wir brauchen,
    sind Luft und Freiheit, damit wir uns entfalten können.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Der Mittelstand ist viel besser, als Sie denken. Lassen Sie
    die Leute doch endlich arbeiten, damit sie Erfolg haben
    können, und legen Sie nicht ständig Handschellen an! Wir
    müssen in Deutschland tausend Handschellen abnehmen.
    Die Lösung heißt Freiheit und die verweigern Sie.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ludwig Stiegler [SPD]: Frische Luft!)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich erteile das Wort dem Kollegen Klaus Brandner,

SPD-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Klaus Brandner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

    Damen und Herren! Bei dem Auftritt von Herrn Brüderle
    gerade musste man Sorge haben, dass er genügend Luft
    bekommt. Bei der Dröhnung, mit der Sie hier vorgetragen
    haben, Herr Brüderle, haben viele vermutet, dass Ihnen
    die Luft ausgeht; denn es war viel heiße Luft und Sie ha-
    ben damit sicherlich keinen Beitrag dazu geleistet, dem
    Mittelstand und den Menschen, die im Mittelstand be-
    schäftigt sind, tatsächlich zu helfen. Ich finde, das war
    kein konstruktiver Beitrag, der uns nach vorne bringt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ludwig Stiegler [SPD]: Er hat gemeint, er ist in der Bütt!)


    Es ist schon vieles in Aussicht gestellt worden, was die
    Bundesregierung heute angesprochen hat. Der Wirt-
    schaftsminister hat – meines Erachtens zu Recht – darauf
    hingewiesen, dass die Stimmung in der Wirtschaft
    – auch im Mittelstand – deutlich schlechter ist als die
    tatsächliche Lage. Ich will das alles nicht wiederholen. All
    diejenigen, die in den vergangenen Wochen und Monaten
    das Bild der Wirtschaft geradezu lustvoll grau in grau ge-
    malt haben, sollten sich fragen, ob sie ihrer Verantwortung
    für das Land und für die Menschen in diesem Land ge-
    recht geworden sind.

    Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, sind
    bei den Miesmachern in unserem Land an vorderster
    Front. Man braucht sich nur den Wortlaut Ihres Antrages
    für die heutige Debatte anzuschauen: von einer objektiven

    Analyse der Lage keine Spur. Stattdessen unentwegt Vor-
    würfe, Anklagen, Schlechtreden, Ängste Verbreiten: Das
    ist Ihr Programm. Sie haben das Mittelstandsrhetorik ge-
    nannt. Damit helfen Sie den Menschen in diesem Land
    nicht einen Millimeter weiter.


    (Beifall bei der SPD)

    Sie tun so, als ob die deutsche Volkswirtschaft, umgeben
    von blühenden Volkswirtschaften, wegen der Politik der
    rot-grünen Bundesregierung von einer Krise in die andere
    schlittert.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es ja auch!)


    Sie verlieren in Ihrem Antrag kein Wort zu der nun schon
    mehr als zwei Jahre andauernden weltweiten Wirtschafts-
    flaute. Das alles, meine Damen und Herren, ist nicht se-
    riös. Was Sie da behaupten, hilft in der Tat nicht weiter,
    Wirtschaftswachstum in diesem Land zu beflügeln.


    (Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Sehr richtig!)


    Richtig ist vielmehr: Wir haben mit der Wiederver-
    einigung finanzielle Belastungen zu tragen, die unver-
    meidlich sind.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sag nur!)

    – Sicher, Herr Schauerte. Sie sollten einmal zuhören, Sie
    können hier viel lernen.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Späte Einsicht!)


    Natürlich hat jeder vernünftige Mensch in diesem Lande
    die Belastungen mitzutragen. Er trägt sie auch gern; das
    muss immer wieder gesagt werden. Die wirtschaftliche
    Entwicklung in diesem Land wird aber durch diese Belas-
    tungen beeinflusst – und das schon seit über zwölf Jahren.

    Was haben Sie uns übergeben? Wir haben heute große
    Worte von Ihnen gehört. Herr Merz hat vergessen, dass
    Sie uns 1998 1,5 Billionen DM Schulden übergeben ha-
    ben, dass Sie höchste Steuerbelastungen übergeben haben
    und dass die höchsten Sozialversicherungsbeiträge von
    Ihnen übergeben worden sind.


    (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Alles übertroffen worden bis jetzt!)


    Wir haben die Schulden gesenkt, wir haben die Steuern
    zurückgeführt und wir haben die Sozialversicherungen
    konsolidiert.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Von gesunder Volkswirtschaft brauchen Sie uns nichts zu
    erzählen, davon haben Sie nämlich keine Ahnung.

    Lassen Sie mich klar sagen: Circa 70 Milliarden Euro
    an Nettotransfers gehen auch jetzt noch Jahr für Jahr in die
    neuen Bundesländer. Davon werden drei Viertel für den
    privaten und öffentlichen Konsum verwandt. Die Europä-
    ische Kommission hat im letzten Jahr ausgerechnet, dass
    zwei Drittel der Wachstumsschwäche Deutschlands im
    Vergleich zu den anderen EU-Ländern den direkten und in-
    direkten Auswirkungen der Belastungen aus dem Prozess

    Rainer Brüderle




    Klaus Brandner
    der Wiedervereinigung geschuldet sind. Das ist keine
    Ausrede. Vielmehr muss es uns ein Ansporn sein, das
    Reformtempo in Deutschland aufrechtzuerhalten, ja zu
    beschleunigen. Die Wiedervereinigung zwingt uns, ein
    gegenüber unseren europäischen Partnern höheres Re-
    formtempo anzuschlagen. Wir haben einen höheren Re-
    formbedarf. Diesen Reformbedarf haben Sie in den
    90er-Jahren nicht erkannt. Sie sind Ihren Ansprüchen
    nicht gerecht geworden.


    (Beifall bei der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wir sind langsamer!)


    – Sie sind langsam, das geben Sie zu. Sehr schön, Herr
    Schauerte, das ist ja schon ein Stück weit Einsicht. Es
    klingt in der Tat überzeugend, wenn das ein Signal ist und
    Sie sagen: Wir geben unsere Fehler zu. – Von dieser Ba-
    sis aus können wir gemeinsam etwas nach vorne ent-
    wickeln. Ich finde, das ist ein positives Zeichen.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Was ist das für ein törichter Mann!)


    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ein Wort zu
    den angeblich extrem hohen Abgabenbelastungen in
    Deutschland sagen. Wir wissen, über die Abgabenbelas-
    tungen kursieren viele, auch bewusst missverständliche
    Zahlen. Für den internationalen Vergleich gebräuchlich ist
    die Gesamtabgabenquote an Steuern und Sozialabgaben.

    Das Institut der deutschen Wirtschaft veröffentlichte
    in seinem Heft 2002 „Deutschland in Zahlen“ für
    Deutschland eine Abgabenquote in Höhe von 37,8 Pro-
    zent. Damit liegen wir zum Beispiel weit hinter Finnland
    mit einer Abgabenquote in Höhe von 46,5 Prozent, Däne-
    mark mit 45,5 Prozent, den Niederlanden mit 41,8 Pro-
    zent, Schweden mit 53,3 Prozent und liegen praktisch
    gleichauf mit Großbritannien mit 37,7 Prozent. Soweit die
    Fakten.

    Betrachtet man allein die steuerliche Entwicklung,
    muss auch das Institut der deutschen Wirtschaft – dies ist
    nun in der Tat kein Institut der sozialdemokratischen Par-
    tei – feststellen, dass wir die Weichen für eine konse-
    quente Steuersenkung in kalkulierbaren Stufen bis zum
    Jahre 2005 gestellt haben. Beim Grundfreibetrag, also
    dem Einkommen, für das keine Einkommensteuer gezahlt
    werden muss, verbessert Deutschland seine internationale
    Position auf eine Spitzenposition. Es nimmt Platz vier im
    internationalen Vergleich ein.

    Unabhängig davon bleibt es für uns auch in Zukunft ein
    zentrales politisches Thema, weiter auf eine allmähliche
    Abgabensenkung hinzuwirken.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ganz schön langsam!)


    – Wäre ich in Ihrer Situation, Herr Schauerte, würde ich
    nicht solche lockeren Sprüche machen. Was Sie vorzu-
    legen haben, bewirkt genau das Gegenteil.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Sie haben ganz schön schnell alles erhöht! – Franz Müntefering [SPD]: Schauerlich!)


    Hier ist auch die Steuerpolitik der Bundesregierung
    nach der Bundestagswahl angesprochen worden. Eines

    muss klar sein: Die Bundesregierung und der Gesetzgeber
    haben ein Problem zu lösen, und zwar hier und heute. Die
    Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden sind un-
    terfinanziert. Es besteht vordringlicher Handlungsbedarf;
    wir wissen das. Hier kann man sich nicht wegmogeln.
    Hier müssen Vorschläge auf den Tisch und hier müssen
    Entscheidungen für unsere Bürgerinnen und Bürger ge-
    troffen werden, schmerzliche Entscheidungen, wie jeder
    in diesem Hause weiß.

    Es ist mehr Ehrlichkeit angesagt. Es darf nicht auf der
    einen Seite Subventionsabbau gefordert werden und auf
    der anderen Seite dann, wenn es konkret wird, „Haltet den
    Dieb!“ gerufen werden, von Zusatzbelastungen geredet,
    aber nicht Ross und Reiter genannt werden. Dies ist keine
    faire, solide Politik.

    Ich denke an die Einnahmeverbesserungen der Länder.
    Das Land Hessen beispielsweise hat eine Einnahmever-
    besserung aufgrund des Steuerreformpakets in Höhe von
    140 Millionen Euro in seinen Haushalt eingestellt, obwohl
    das Bundesfinanzministerium für das Land Hessen eine
    Verbesserung der Steuereinnahmesituation in Höhe von nur
    122MillionenEuro errechnet hat. Dies zeigt nur zu gut, wie
    unsozial und unsolide der hessische Haushalt finanziert ist.
    Dies spricht nicht dafür, wie die Opposition hier antritt,
    nämlich mehr Solidität in der Steuerpolitik zu verlangen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir haben einen Mix von Ausgabenkürzungen, die im
    Übrigen alle Gruppen unserer Gesellschaft betreffen, zu-
    sätzlicher Neuverschuldung und Abbau von Steuerver-
    günstigungen vorgeschlagen. Man kann darüber diskutie-
    ren. Wenn man aber solche Vorschläge verwirft, haben der
    Bundesfinanzminister und auch die Länderfinanzminister
    sowie die Gemeindekämmerer ein Recht darauf, zu wis-
    sen, wie das Loch in ihrer Kasse gestopft werden soll.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jetzt werden Sie einmal konkret, Herr Brandner!)


    Beim Steuervergünstigungsabbaugesetz werden wir
    im Laufe der parlamentarischen Beratungen zu Änderun-
    gen kommen.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dienstwagen! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Welche denn?)


    Das ist völlig klar. Aus wirtschaftspolitischer Sicht will
    ich hier nur einige Stichworte nennen. Wir wollen sicher-
    stellen, dass die überwiegende Mehrheit der Unterneh-
    men ihre Verluste auch weiter verrechnen kann. Von der
    Mindestgewinnbesteuerung sollen daher im Wesentlichen
    nur die großen Kapitalgesellschaften betroffen sein. Wir
    wollen dafür sorgen, dass die Abzugsfähigkeit von Wer-
    begeschenken voll erhalten bleibt. Über den abzugsfähi-
    gen Betrag wird noch zu reden sein.

    Ein weiteres Stichwort ist das Lifo-Verfahren. Wir sind
    auch für die Beibehaltung des ermäßigten Umsatzsteuer-
    satzes für Kombiprodukte sowie für gartenbauliche Er-
    zeugnisse.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dienstwagen?)



    (A)



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    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Dies sind aus meiner Sicht diskussionswürdige Punkte,
    über die wir reden müssen.

    Wir machen mit unserem Antrag der mittelständischen
    Wirtschaft ein Angebot, über das wir gemeinsam reden
    sollten, weil wir damit dem Mittelstand und den Men-
    schen in diesem Land einen guten Dienst erweisen. Der
    Small-Business-Act wird zügig auf den Weg gebracht
    werden, ohne den die Ich-AGs nicht vernünftig ans Lau-
    fen kommen können. Entscheidend dabei sind die Novel-
    lierung der Umsatz- und Einkommensteuergesetze und
    die Flexibilisierung der Handwerksordnung. Dabei,
    meine Damen und Herren von der Opposition, können Sie
    kräftig mithelfen, damit genau dies möglichst bald in
    Form von Gesetzen umgesetzt werden kann.

    Wir wissen, die Finanzierungssituation kleinerer und
    mittlerer Unternehmen ist dramatisch. Banken befinden
    sich aufgrund ihrer eigenen Probleme selbst in einer sehr
    schwierigen Lage. Die Frage, ob fremd verschuldet oder
    selbst verschuldet, ist ein weites Feld. Entscheidend ist
    vielmehr: Der Staat muss mit seiner Förderpolitik, insbe-
    sondere der Steuerpolitik, helfen, die Eigenkapitalausstat-
    tung zu verbessern. Hierzu müssen Möglichkeiten ent-
    wickelt werden, wie privates Beteiligungskapital für den
    Mittelstand stärker als bisher mobilisiert werden kann.

    Mit dem Masterplan Bürokratieabbau muss ein
    flächendeckender Ansatz für den Abbau von Bürokratie
    und bürokratischen Belastungen der Wirtschaft insgesamt
    und insbesondere des Mittelstandes so schnell wie möglich
    auf den Weg gebracht werden. Dabei müssen Effizienz und
    Kostensenkung die beiden zentralen Maßstäbe sein. Büro-
    kratieabbau darf aber nicht zum puren Sozialabbau durch
    die Hintertür missbraucht werden. Auch das muss in die-
    sem Zusammenhang einmal deutlich gesagt werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Donnerwetter! Das ist aber eine Aussage, Herr Brandner!)


    Das Erste und das Zweite Gesetz für moderne Dienst-
    leistungen am Arbeitsmarkt, die wir erarbeitet haben,
    werden, Herr Hinsken, zu mehr Flexibilität am Arbeits-
    markt führen, die insbesondere dem Mittelstand zugute
    kommen wird.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie mischen doch schon wieder den Beton!)


    Das wird dem Mittelstand deshalb nutzen, weil er im Un-
    terschied zu Großunternehmen gerade keine eigenen Per-
    sonalabteilungen vorhält. Eine gute Arbeitsvermittlung
    spart dem typischen Mittelstand deshalb eine enorme
    Menge Geld und auch Zeit.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da sieht man, dass Sie vom Mittelstand keine Ahnung haben!)


    Deshalb ist es wichtig, dass wir das Netz der Personal-
    Service-Agenturen ganz schnell leistungsfähig aus-
    bauen, weil genau diese Agenturen helfen, aus dem Di-
    lemma beim Kündigungsschutz herauszukommen. Auf
    der einen Seite gibt es für das mittelständische Unterneh-
    men, also für den Entleiher, volle Flexibilität, auf der an-

    deren Seite besteht für die Arbeitnehmerinnen und Ar-
    beitnehmer, die bei einer Personal-Service-Agentur be-
    schäftigt sind, ein sozialer Schutz.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist doch Weltwirtschaft, Herr Brandner!)


    Das ist ein intelligenter Ansatz auch für Entbürokratisie-
    rung und für die notwendige Flexibilisierung, die die mit-
    telständische Wirtschaft zu Recht einfordert.

    In diesem Zusammenhang will ich ein Wort zu Herrn
    Merz sagen, der hier das Jobfloater-Modell angespro-
    chen hat. Seine Rede ist wieder ein Beispiel dafür, dass er
    nicht auf der Höhe der Zeit ist. Insgesamt liegen nämlich
    nicht nur 121, sondern über 300 Anträge vor.


    (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist enorm!)

    Über 1 000 zusätzliche Arbeitsplätze sind ein Beispiel
    dafür, dass dieses Modell funktioniert. Wir sollten es des-
    halb besser „bekanntreden“ und nicht schlechtreden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das, was Herr Merz hier vorgetragen hat, ist ein Beispiel
    für schlechtreden. Ich bin dankbar, dass ich die Gelegen-
    heit hatte, das hier noch sagen zu können.

    Lassen Sie mich zum Schluss kommen.

    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Warum darf Stiegler eigentlich nicht reden? Wegen der abschreckenden Wählerwirkung? – Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Die Bayern werden ihn vermissen! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ich bin extra wegen Stiegler gekommen!)


    Fest steht: Mit Wahlkampfreden ist dem Mittelstand nicht
    geholfen. In einer Zeit, in der Menschen Zuversicht, Mut
    und Ideen erwarten, agitieren Sie das Land, verunsichern
    Sie und reden klein. So helfen Sie dem Mittelstand und
    den Beschäftigten dort nicht. Sie haben mit Ihrer Debatte
    dem Mittelstand und den Menschen in diesem Lande
    einen Bärendienst erwiesen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)