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ID1502200500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag des Bundesministers Dr. Peter Struck sowie des Abgeordneten Norbert Königshofen . . . . 1665 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Wolfgang Spanier . . . . . . . . . . . . . . . . 1665 A Erweiterung der Mitgliederzahl im Ausschuss für Kultur und Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1665 A Wiederwahl der Abgeordneten Ulrike Poppe als Mitglied des Beirats nach § 39 des Stasi- Unterlagen-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1665 B Festlegung der Zahl der Mitglieder des Euro- päischen Parlaments, die an den Sitzungen des Ausschusses für die Angelegenheiten der Euro- päischen Union teilnehmen können . . . . . . . . 1665 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . 1665 B Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 1666 A Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Offen- sive für den Mittelstand (Drucksache 15/351) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Grundsätzliche Kehrtwende in derWirt- schaftspolitik statt neuer Sonderregeln – Mittelstand umfassend stärken (Drucksache 15/349) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Neue Chancen für den Mittelstand – Rahmen- bedingungen verbessern statt Förder- dschungel ausweiten (Drucksache 15/357) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666 C Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA 1666 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1670 C Fritz Kuhn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 1674 A Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1677 A Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1679 B Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1681 D Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1684 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1685 D Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 1687 B Christian Lange (Backnang) SPD . . . . . . . . . 1688 A Laurenz Meyer (Hamm) CDU/CSU . . . . . . . 1690 A Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD . . . . . . . . . . . 1692 A Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1694 B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 1696 D Alexander Dobrindt CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1698 D Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum optimalen Fördern und Fordern in Vermittlungsagenturen (OFFENSIV-Gesetz) (Drucksache 15/273) . . . . . . . . . . . . . . 1700 B Plenarprotokoll 15/22 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 22. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 I n h a l t : b) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Fördern und Fordern arbeits- fähiger Sozialhilfeempfänger und Ar- beitslosenhilfebezieher (Fördern-und- Fordern-Gesetz) (Drucksache 15/309) . . . . . . . . . . . . . . 1700 C c) Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Das Sozialhilferecht gerechter gestal- ten–HilfebedürftigeBürgereffizienter fördern und fordern (Drucksache 15/358) . . . . . . . . . . . . . . 1700 C Silke Lautenschläger, Staatsministerin (Hessen) 1700 D Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMWA . . . 1703 A Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1705 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1706 B Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1708 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1709 B Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . 1710 B Thomas Sauer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1712 A Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . . 1713 D Walter Hoffmann (Darmstadt) SPD . . . . . . . . 1715 B Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . 1716 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . 1717 A Karin Roth (Esslingen) SPD . . . . . . . . . . . . . 1719 D Tagesordnungspunkt 12: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren Antrag der Abgeordneten Markus Löning, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Westsahara- konflikt beilegen – UN-Friedensplan durchsetzen (Drucksache 15/316) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1721 D Tagesordnungspunkt 13: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Juli 2001 zwi- schen der Bundesrepublik Deutsch- land und derTschechischen Republik über den Bau einer Grenzbrücke an der gemeinsamen Staatsgrenze in An- bindung an die Bundesstraße B 20 und die Staatsstraße I/26 (Drucksachen 15/12, 15/272) . . . . . . . . 1722 A b)–d) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 8, 9, 10 zu Petitionen (Drucksachen 15/320, 15/321, 15/322) 1722 A e) Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP: Erneute Über- weisung von Vorlagen aus früheren Wahlperioden (Drucksache 15/345) . . . . . . . . . . . . . . 1722 C Tagesordnungspunkt 5: Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP für die vom Deut- schen Bundestag zu entsendenden Mitglie- der des Beirats bei der Regulierungs- behörde für Telekommunikation und Post gemäß § 67 Abs. 1 des Telekommu- nikationsgesetzes (Drucksache 15/356) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1722 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbst- bestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften (Drucksache 15/350) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1722 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 1722 D Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 1724 D Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . 1725 A Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1726 D Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1729 A Michaela Noll CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 1730 A Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1731 D Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) CDU/CSU 1733 D Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Transrapid-Projekt Berlin–Ham- burg unverzüglich wieder aufnehmen (Drucksache 15/300) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1735 D Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . . 1736 A Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1738 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003II Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . . 1739 D Albert Schmidt (Ingolstadt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1740 D Norbert Königshofen CDU/CSU . . . . . . . . . . 1742 B Reinhard Weis (Stendal) SPD . . . . . . . . . . . . 1743 B Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . 1744 A Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 1746 A Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: EU-Richtlinie zur Haltung von Nutztieren in nationales Recht umsetzen (Drucksache 15/226) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1747 A Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 1747 B Uwe Bartels, Minister (Niedersachsen) . . . . . 1748 C Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . 1750 A Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 1751 A Gitta Connemann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 1751 D Friedrich Ostendorff BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1753 B Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 1755 A Friedrich Ostendorff BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1755 D Georg Schirmbeck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 1756 A Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Norbert Röttgen, Cajus Caesar, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetz- buches – Graffiti-Bekämpfungsgesetz (Drucksache 15/302) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1757 B Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 1757 C Hermann Bachmaier SPD . . . . . . . . . . . . . . . 1759 A Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1760 C Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1761 B Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 1762 C Dr. Christoph Bergner CDU/CSU . . . . . . . . . 1763 A Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1763 D Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ 1764 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1766 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 1767 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 1665 22. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 Beginn: 9.00 Uhr
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    (A) (C) 1766 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 22. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. Januar 2003 1767 (C) (D) (A) (B) Berninger, Matthias BÜNDNIS 90/ 30.01.2003 DIE GRÜNEN Bindig, Rudolf SPD 30.01.2003* Burchardt, Ulla SPD 30.01.2003 Deittert, Hubert CDU/CSU 30.01.2003* Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 30.01.2003* Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 30.01.2003 Göppel, Josef CDU/CSU 30.01.2003 Granold, Ute CDU/CSU 30.01.2003 Haack (Extertal), Karl SPD 30.01.2003* Hermann Höfer, Gerd SPD 30.01.2003* Hoffmann (Chemnitz), SPD 30.01.2003* Jelena Jäger, Renate SPD 30.01.2003* Jonas, Klaus Werner SPD 30.01.2003* Kelber, Ulrich SPD 30.01.2003* Lanzinger, Barbara CDU/CSU 30.01.2003 Leibrecht, Harald FDP 30.01.2003* Lintner, Eduard CDU/CSU 30.01.2003* Dr. Lucyga, Christine SPD 30.01.2003* Möllemann, Jürgen W. FDP 30.01.2003 Müller (Düsseldorf), SPD 30.01.2003 Michael Rauber, Helmut CDU/CSU 30.01.2003* Rauen, Peter CDU/CSU 30.01.2003 Riester, Walter SPD 30.01.2003* Robbe, Reinhold SPD 30.01.2003 Rupprecht SPD 30.01.2003* (Tuchenbach), Marlene Dr. Scheer, Hermann SPD 30.01.2003* Schmidt (Fürth), CDU/CSU 30.01.2003 Christian Schröter, Gisela SPD 30.01.2003 Siebert, Bernd CDU/CSU 30.01.2003* Simm, Erika SPD 30.01.2003 Steenblock, Rainder BÜNDNIS 90/ 30.01.2003* DIE GRÜNEN Dr. Thomae, Dieter FDP 30.01.2003 Tritz, Marianne BÜNDNIS 90/ 30.01.2003* DIE GRÜNEN Volquartz, Angelika CDU/CSU 30.01.2003 Wegener, Hedi SPD 30.01.2003* Wicklein, Andrea SPD 30.01.2003 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 30.01.2003* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Fritz Kuhn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Herr Merz, die Lebenserfahrung lehrt, dass die
    Welt nicht so einfach ist, wie Sie sie gerade dargestellt
    haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ihre Rede hatte ja eine einfache Grundaussage: Für alles
    Positive in Deutschland ist die Union zuständig und für al-
    les Negative in Deutschland ist die Regierung zuständig.
    Wenn Sie mit diesem einfachen Weltbild leben wollen,
    wünsche ich viel Vergnügen.

    Sie haben gesagt: Wir kommen nur weiter, wenn wir
    mit kleinkariertem Parteiengezänk und Hickhack auf-
    hören. Ihre Rede war aber nichts anderes.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich will dies ganz konkret an den Punkten, die Sie genannt
    haben, darstellen. Es weiß doch nun inzwischen jeder, der
    über Wirtschaftspolitik und Arbeitslosigkeit diskutiert,
    dass die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland, die wir
    bekämpfen müssen, zwei Ursachen hat und nicht eine,
    wie Sie es darstellen.

    Die eine ist tatsächlich die Entwicklung der Welt-
    konjunktur mit dem Börsencrash, den wir erlebt haben.
    Damit das Gerede, Außenfaktoren hätten keine Wirkung,
    aufhört, will ich eine Zahl nennen: Der Börsencrash seit
    August 2000 hat allein in der Euro-Zone Börsenwerte in
    Höhe von 2 900 Milliarden Euro vernichtet. Dass dies
    Auswirkungen auf die Investitionen, auf das Konsum-
    klima, auf die allgemeine Stimmung und auf die Arbeits-
    losigkeit hat, ist doch vollkommen logisch. Wenn Sie das
    bestreiten, indem Sie sagen, an allem sei die Bundesre-
    gierung schuld, dann zeigen Sie damit, dass Sie makro-
    ökonomisch – das war ja Ihr Anspruch – keine Ahnung ha-
    ben und Ihre Betrachtung der Wirklichkeit falsch ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Michael Glos [CDU/CSU]: Sie haben die Leute angeschmiert! Was ist mit der Telekom-Aktie?)


    Am zweiten Punkt, Herr Merz, treffen wir uns. Die der-
    zeitige Situation hat natürlich auch hausgemachte Ursa-
    chen. Es gibt Strukturprobleme am Standort Deutsch-
    land, die wir zusammen bekämpfen müssen. Ich will die
    wichtigsten nennen.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sie sind nicht auf dem Grünen-Parteitag! Bleiben Sie bei der Wahrheit!)


    Wir haben die deutsche Einheit falsch finanziert, darunter
    leiden die Sozialversicherungssysteme. Dazu haben Sie
    nichts gesagt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    30 Milliarden Euro jährlich fehlen uns, weil wir die deut-
    sche Einheit aus Kassen finanzieren, die dafür nicht vor-
    gesehen sind.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Dafür habt ihr den Kohl immer beschimpft!)


    Auch aus diesem Grund steigen die Lohnnebenkosten und
    die Arbeitslosen sind diejenigen, die darunter zu leiden
    haben.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Gehen Sie doch auf Ihren Parteitag! Da können Sie den Unfug vortragen!)


    Wir finanzieren die sozialen Sicherungssysteme nach
    wie vor falsch, wir koppeln die Beiträge zu stark an die
    Löhne.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Ein typischer Parteitagsredner!)


    Hier müssen wir gründliche Veränderungen schaffen, und
    zwar zunächst aus demographischen Gründen, aber auch
    deshalb, weil in einer sozialen Marktwirtschaft, die die so-
    zialen Transferleistungen in den Bereichen Gesundheit,
    Rente und Pflegeversicherung ausschließlich aus Beiträgen
    finanziert, die Arbeitslosen die Verlierer sein werden. So-
    ziale Sicherung zulasten der Arbeitslosen ist in der sozia-
    len Marktwirtschaft nicht wirklich eine soziale Sicherung.
    Deswegen werden wir da umbauen müssen. Das sagen wir
    gerade in Bezug auf den Mittelstand, der unter den hohen
    Lohnnebenkosten ja viel mehr leidet als die Großbetriebe,
    die mit Produktivitätssteigerungen hohe Lohnnebenkosten
    in mittlere Lohnstückkosten verwandeln können, was vie-
    len kleinen Handwerksbetrieben nicht möglich ist.


    (Dirk Niebel [FDP]: Wer regiert hier denn? Dann macht es doch!)


    Deswegen ist das Jahr 2003 das Jahr der Reformen. Die
    Grundlagen der sozialen Sicherungssysteme müssen bis
    zum Ende dieses Jahres reformiert werden.

    Wir haben Probleme mit den Banken. Es ist wahr, dass
    sich vor allem die Großbanken und die privaten Banken,
    anders als die öffentlich-rechtlichen Banken und die Ge-
    nossenschaftsbanken, aus dem Kreditgeschäft für den
    Mittelstand verabschiedet haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1674


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Das muss sich ändern, weil in der sozialen Marktwirt-
    schaft auch hier Verantwortung übernommen werden
    muss.

    Herr Merz, ein weiteres Problem ist die Bürokratie,
    über die wir im Zusammenhang mit der Entbürokrati-
    sierungsoffensive der Regierung ausführlich zu sprechen
    haben werden. Ich komme in meiner Rede auf diesen
    Punkt noch zurück.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Eine Drohung! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber nicht in der Jungfernrede!)


    Ich sehe noch ein Problem, das Sie angehen müssen,
    Herr Merz. Die Opposition in Deutschland redet die Qua-
    lität des Standortes und die Qualität der Wirtschaft in
    Deutschland schlecht, weil Sie daraus politischen Nutzen
    ziehen will.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


    Dieses Jammern, dieses Schlechtreden und dieses Mies-
    machen ist ein Teil der deutschen Krankheit, die Sie be-
    klagt haben. Wenn das nicht aufhört, wird genau das ein-
    treten, was Sie bejammern, aber das hilft den Menschen
    nicht.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie sagen, Sie wollen mitarbeiten und als Opposition hel-
    fen, dass es besser wird. Voraussetzung dafür ist, dass die-
    ses Mobbing des Standorts Deutschland, das die Union
    systematisch als Parteistrategie betreibt, unterbleibt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Michael Glos [CDU/CSU]: So ein Witzbold! Schämen Sie sich! Herr Präsident, kann hier jeder jeden Unsinn reden?)


    – Aber was machen Sie denn anderes, als Deutschland
    schlechtzureden, Herr Glos? Das ist alles, was Sie in den
    vergangenen Monaten in politischer Hinsicht angepackt
    haben. Das müssen Sie sich einmal anhören, auch wenn
    es wehtut. Ich kann allerdings verstehen, dass es wehtut.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Eines war auffällig, Herr Merz. Da wir uns in einer
    Konjunkturkrise befinden, können Sie nicht in Abrede
    stellen, dass zum Beispiel im Jahr 2003 – in diesem
    Fall durch den Bund – 18 Milliarden Euro für die Sanie-
    rung der öffentlichen Haushalte aufgebracht werden
    müssen.

    Sie haben zum wiederholten Male festgestellt, was Sie
    nicht wollen. Sie wollen keine Steuererhöhungen, wobei
    Sie übrigens wieder den kleinen logischen Fehler began-
    gen haben, den Abbau von Steuervergünstigungen als
    Steuererhöhung zu bezeichnen. Das ist aber nicht richtig;
    dabei handelt es sich um verschiedene Maßnahmen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sind wirklich ein Witzbold!)


    Sie sind gegen die Sparvorschläge, die die Regierung
    zum Beispiel bei der Eigenheimzulage unterbreitet hat.
    Sie sind auch gegen eine Neuverschuldung, zumindest be-
    treiben Sie eine heftige Polemik dagegen.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Was habt ihr denn anders gemacht?)


    Ist also alles wunderbar? Führt Herr Merz in seiner
    Rede alle Möglichkeiten aus, wie der Haushalt mit
    18 Milliarden Euro saniert werden kann? Nein, und das ist
    die große Katastrophe! Nach Monaten der öffentlichen
    Diskussion macht er noch immer keine einzige Aussage
    dazu, wie er die Krise meistern will.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Dann haben Sie nicht zugehört!)


    Wir befinden uns, wie gesagt, in einer Konjunkturkrise,
    aber er äußert sich nicht dazu, was in Deutschland zu tun
    ist. Stattdessen delektiert er sich fröhlich daran, der Re-
    gierung die Schuld zuzuweisen.

    Sie versteigen sich in die absolute Staatsgläubigkeit,
    wenn Sie die Auffassung vertreten, der Kanzler sei an den
    Konkursen schuld. Soweit kommt es noch, dass an jedem
    einzelnen Konkurs in der freien sozialen Marktwirtschaft
    der Bundeskanzler persönlich schuld sein soll! Die Staats-
    gläubigkeit, die Sie hier vertreten, ist doch absurd!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)


    Deswegen wird in den nächsten Wochen und Monaten
    im Bundesrat die Stunde der Wahrheit kommen, Herr
    Merz. Da muss sich die Union – für die FDP gilt im
    Grunde das Gleiche – dazu äußern, was sie konkret tun
    will. Sie müssen zum Beispiel dazu Stellung nehmen, ob
    Ihre Aussage vom Sommer, die Körperschaftsteuer müsse
    verstetigt und Einnahme des Staates werden, noch gilt.
    Sie müssen der Öffentlichkeit klar machen, ob Sie dafür
    sind, dass die Steuerguthaben der Betriebe, die noch aus
    Ihrer Regierungszeit stammen, anders verrechnet werden,
    und ob Sie die von uns vorgeschlagene Mindestbesteue-
    rung befürworten. Ich will an dieser Stelle – weil wir gerade
    über den Mittelstand reden – betonen, dass die Mindest-
    besteuerung in Deutschland nur mit einem vernünftigen
    Sockelbetrag erfolgen kann. Nur so werden Investitionen
    der kleinen und mittleren Betriebe möglich und diese sind
    die Grundlage für das Wachstum in unserem Land.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das steht aber nicht im Gesetz!)


    Für meine Fraktion möchte ich eines klarstellen: Nur
    wenn in Deutschland Reformen angepackt werden – und
    zwar nicht nur hier und dort ein Progrämmchen, sondern
    auch elementare Reformen zum Beispiel bei den sozialen
    Sicherungssystemen –,


    (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: 19,5 Prozent Krankenversicherungsbeitrag!)


    können wir in Deutschland die Krise überwinden. Ich
    sage das auch an die Adresse unseres Koalitionspartners
    gerichtet, Herr Stiegler. Wir haben uns zwar nicht an der

    Fritz Kuhn




    Fritz Kuhn
    Diskussion zu beteiligen, welche Rolle Oskar Lafontaine
    spielen wird,


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Ich auch nicht!)

    aber ich möchte eines festhalten: Die Vorstellung, die
    Reichen sollten mehr zahlen, dann würde in Deutschland
    strukturell alles besser werden, die Oskar Lafontaine in
    der „Bild-Zeitung“ verbreitet hat, bildet nicht die Basis
    unserer Koalition.


    (Lachen bei der CDU/CSU – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das ist ja stark!)


    Richtig ist – damit wende ich mich an Sie, Herr Merz –,
    dass zwar überall Reformen notwendig sind,


    (Horst Seehofer [CDU/CSU]: Weiter so!)

    trotzdem möchte ich auf einen Punkt Ihrer Rede eingehen,
    der nicht richtig ist. Wir haben in Deutschland nicht ir-
    gendeine Marktwirtschaft, sondern eine soziale Markt-
    wirtschaft. Das, was Sie getan haben – zum Beispiel die
    Kürzungen bei der Arbeitslosenhilfe durchzuwinken, die
    den Empfängern von Arbeitslosenhilfe wehtun,


    (Dirk Niebel [FDP]: Aber Sie haben es doch vorgemacht!)


    aber im Hinblick auf Maßnahmen, die die Besserverdie-
    nenden bzw. den Mittelstand unserer Gesellschaft treffen,
    zu erklären, damit hätten Sie nichts zu tun –, entspricht
    nicht der sozialen Gerechtigkeit, wie wir sie uns vorstel-
    len und wie wir sie in Deutschland brauchen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich möchte zum Abschluss auf einige Punkte der Mit-

    telstandsoffensive unseres Wirtschaftsministers eingehen.
    Herr Minister, wir Grüne sind Teil der von Ihnen vorge-
    stellten Reformallianz für den Mittelstand. Einen zentra-
    len Punkt stellt die Entbürokratisierung dar. Im Gespräch
    mit mittelständischen Betrieben ist festzustellen, dass vor
    allem die mangelnde Motivation aufgrund zu vieler büro-
    kratischer Auflagen eines der Hauptprobleme der Be-
    triebe darstellt.

    Dabei ist Folgendes zu unterscheiden: Für einen Be-
    trieb mit 400 Beschäftigten sind die Auflagen kein großes
    Problem, weil er viele staatliche Auflagen mit eigenem
    Personal bearbeiten kann. In einem Betrieb mit sechs oder
    acht Angestellten ist es aber Chefsache, diese Bürokratie
    zu übernehmen. Dies hindert die Betreiber der Betriebe
    daran, das eigentliche Geschäft voranzutreiben. Deswe-
    gen brauchen wir die Entbürokratisierung.

    Ich glaube nicht, dass wir dies schaffen, wenn wir
    sagen: Wir sammeln einmal ein paar Vorschläge. Wir
    müssen unser Staatsverständnis überdenken. Nur
    wenn wir als Staat bereit sind, im Rahmen einer Aufga-
    benkritik wirklich zu überlegen, was wir permanent kon-
    trollieren müssen und was dokumentiert werden muss,
    und bereit sind, die eine oder andere Kontrollaufgabe
    zu verringern, haben wir die Chance, dass die Entbüro-
    kratisierung ein wirklich breites Programm wird und
    nicht einfach eine Forderung, die man in den Raum
    stellt. Wer die Politik im Bund und in den Ländern
    kennt, der weiß, dass es seit vielen Jahren überall große

    Entbürokratisierungskommissionen gibt, die wenig um-
    gesetzt haben.

    Ich will es noch einmal sagen: Unser Staatsverständnis
    und die Frage, ob vom Staat alles Gute, das es bei uns gibt,
    permanent überwacht und kontrolliert werden muss und
    ob die damit verbundenen Dokumentationspflichten, zum
    Beispiel beim Handwerk, aufrechterhalten werden müs-
    sen, gehören auf den Prüfstand, wenn wir die Entbüro-
    kratisierung in Deutschland wirklich ernst nehmen.

    Ein weiteres Problem für viele Betriebe ist die Liqui-
    dität. Den Rückzug der Privatbanken aus der Verantwor-
    tung habe ich angesprochen. Es kommt darauf an, was ge-
    nau die neue Mittelstandsbank tun wird. Ich glaube, dass
    ein wesentliches Element sein muss, die vielen Förder-
    programme in Deutschland zu vereinfachen. Hier muss
    eine Interaktion, eine Zusammenarbeit mit den Landes-
    banken und deren Programmen stattfinden; sonst kann
    das nicht funktionieren. Wir müssen uns vor allem fragen
    – das halte ich für einen wichtigen Punkt –, ob die neue
    Mittelstandsbank auch Innovationen des Mittelstands fi-
    nanzieren kann, soweit sie von Hausbanken nicht über-
    nommen werden können.

    Ich komme zum Schluss und will für meine Fraktion
    feststellen: Wir glauben, dass man in Deutschland sehr
    viel für den Mittelstand tun kann.


    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist wohl wahr!)


    Strukturreformen sind dabei entscheidend. Ich fordere Sie
    auf, dabei nicht die Haltung, die Bundesregierung sei
    schuld, an den Tag zu legen, sondern in den nächsten Mo-
    naten mit eigenen machbaren Vorschlägen, zum Beispiel
    in Bezug auf die Steuerpolitik und die Haushaltskonsoli-
    dierung,


    (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Sie müssen einmal die Unterlagen lesen!)


    in Erscheinung zu treten. Dies sind Sie nämlich bisher
    nicht.

    Wir Grüne haben Lust, diesen Reformprozess mitzu-
    betreiben.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Lust allein reicht nicht!)


    Wir gehören zu der Allianz, die Sie, Herr Minister, einge-
    fordert haben. Ich kann nur betonen: Alle Menschen in
    Deutschland, die etwas unternehmen, die Risiken einge-
    hen wollen, haben in meiner Partei bzw. in meiner Frak-
    tion einen Bündnispartner. Denn wir wollen einen Prozess
    in Gang setzen, der dazu führt, dass in Deutschland Re-
    formen stattfinden und wir nicht den Status quo verteidi-
    gen oder uns einfach in Wolkenkuckucksheimdiskussio-
    nen, wie das Herr Merz getan hat, vergnügen. Ihre Rede,
    Herr Merz, war zwar vergnüglich; aber Vorschläge der
    Union sind nicht auf den Tisch gelegt worden. Diese hät-
    ten heute kommen müssen, damit man sieht, was Sie vor-
    haben.

    Ich danke Ihnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1676


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)








Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich erteile das Wort dem Kollegen Rainer Brüderle,

FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rainer Brüderle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

    lege Kuhn, Sie haben heute eine Wutrede gehalten. Ich er-
    laube mir den Hinweis: Wir können nichts dafür, dass Sie
    nicht mehr Vorsitzender der Grünen sind und jetzt Herrn
    Schulz, einen geschätzten Kollegen, aus der Wirtschafts-
    politik verdrängen.


    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ihre permanenten Hinweise auf die Weltwirtschaft
    als Ursache der aktuellen Situation sind unerträglich. Es
    gibt nicht zwei Typen von Weltwirtschaft: eine, die eine
    böse Verschwörung gegen uns Deutsche ist und in der
    wir arbeiten müssen, und eine wohl gesonnene Welt-
    wirtschaft, in der die Engländer, die Holländer, die
    Schweden und die Amerikaner arbeiten. Es gibt nur eine
    Weltwirtschaft. Wenn wir in dieser einen Weltwirt-
    schaft, wie sie sich heute darstellt, schlechter dastehen
    als alle anderen, dann ist dies hausgemacht und dann
    liegt dies an den Problemen in Deutschland und nicht
    am Ausland.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ihre Ausflüchte, die Opposition rede, wenn sie ihre
    Aufgabe wahrnimmt, auf Fehlentwicklungen hinzuwei-
    sen und Alternativen aufzuzeigen, das Land schlecht, sind
    eine Unverschämtheit.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Noch dürfen wir hier frei reden und unsere Meinung
    äußern. Sie sollten nicht mit einer Attitüde auftreten, als
    ob dieses Land Ihr Eigentum wäre. Verwechseln Sie nicht
    Ihre Aufgabe; dieser Staat ist nicht das Eigentum von
    Grün-Rot, sondern des ganzen Landes.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Nach fünf Jahren Regierungszeit wird es allmählich
    unerträglich, dass Sie ständig auf die Vergangenheit ver-
    weisen. Wirtschaftsgeschichte ist zwar ein interessantes
    Thema, aber wer beim Autofahren ständig in den Rück-
    spiegel schaut, Herr Kollege Kuhn, fährt an die Wand.
    Schauen Sie einmal durch die Frontscheibe! Dann sehen
    Sie die reale Lage in der Republik.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich erlaube mir auch folgenden Hinweis, Herr Kuhn:

    Wir haben keine Konjunkturkrise, wie Sie sagten, sondern
    eine Strukturkrise, weil die Struktur in diesem Land nicht
    stimmt, weil wir falsch aufgestellt sind. Deshalb wirken
    sich die Veränderungen in der Welt in Deutschland un-

    gleich stärker als in benachbarten europäischen Ländern
    aus. Dafür sind Sie verantwortlich,


    (Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Was ist das für ein Mist!)


    weil Sie seit fünf Jahren die falsche Politik machen. Die
    größte Fessel für den Mittelstand in Deutschland ist diese
    grün-rote Regierung.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Jetzt, kurz vor zwei wichtigen Landtagswahlen, ent-
    deckt Grün-Rot den Mittelstand. Ich habe heute etwas
    über den Masterplan und den Small-Business-Act gelernt;
    jeden Tag gibt es einen neuen bunten Luftballon, Herr
    Clement, aber entscheidend sind Taten, nicht das Design
    von Worten und ein Wortgeklingel. Reden Sie nicht nur
    vom Kündigungsschutz, sondern verändern Sie etwas.
    Geben Sie denen, die draußen stehen, eine Chance; wei-
    chen Sie nicht zurück, wenn Ihre Betonfraktion nicht be-
    reit ist, über neue Ansätze nachzudenken.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ein Bundeswirtschaftsministerium muss ein ord-
    nungspolitisches Gewissen sein. Es muss von einem ganz-
    heitlichen Ansatz ausgehen und darf keine Propagandama-
    schine sein, die jeden Tag einen neuen Spruch erfindet,
    neue Offensiven verkündet und Nebelkerzen wie den Jah-
    reswirtschaftsbericht wirft. Der Minister hat bis vor weni-
    gen Tagen noch von 1,5 Prozent Wachstum und 4Millionen
    Arbeitslosen gesprochen. Jetzt wird das zurückgenommen;
    mit einem voraussichtlichen Wachstum von 1 Prozent lie-
    gen Sie immer noch am oberen Rand sämtlicher Prognosen
    aller Wirtschaftsforscher und aller Bankinstitute, die sich
    mit Wirtschaftsentwicklung beschäftigen. Sie können
    glücklich sein, wenn dies eintritt, aber auch das werden Sie
    nicht schaffen. Die Arbeitslosigkeit steigt.

    Der Zusammenhang ist ganz klar: Die Steuern und Ab-
    gaben steigen, die Arbeitslosigkeit steigt und das Wachs-
    tum sinkt. Es gibt einen Sektor in Deutschland, der zulegt:
    Das ist die Schwarzarbeit. Schwarzarbeit ist die Aus-
    weichreaktion vieler, weil Sie ihnen mit unerträglichen
    Belastungen, mit Abgaben und Steuern die Chance neh-
    men, durch anständige, tüchtige Arbeit das zu verdienen,
    was möglich wäre, wenn man entsprechende Rahmenbe-
    dingungen gewährleistete.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das, was Sie im Jahreswirtschaftsbericht ansprechen,
    nennen Sie Allianz für Erneuerung. Das ist schon ein
    dreister Begriff. Diese grün-rote Regierung ist keine Al-
    lianz der Erneuerung, sondern eine Allianz der Verteue-
    rung und der Verschlechterung der Bedingungen für den
    Mittelstand in Deutschland.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ihr Steuervergünstigungsabbaugesetz, das ein Steuer-
    erhöhungsgesetz ist – es bringt 17 Milliarden Euro Zusatz-
    belastungen –, zeigt doch, dass es in die falsche Richtung




    Rainer Brüderle
    geht. Ich frage mich immer wieder: Was hat der deutsche
    Mittelstand dieser grün-roten Regierung getan, weswegen
    er so mies behandelt wird? Irgendwo müssen Sie doch
    eine psychologische Sperre haben; anderenfalls würden
    Sie nicht permanent in die falsche Richtung gehen.

    Die selbst ernannte Mittelstandsexpertin Frau Scheel
    spricht von Mehrwertsteuererhöhung; anschließend wird
    es weich dementiert. Ein anderer fordert die Vermögen-
    steuer bzw. die Erhöhung der Erbschaftsteuer. Ihr wich-
    tigster Koalitionspartner, der DGB, fordert in Person von
    Herrn Sommer eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um
    2 Prozentpunkte. Sie schaffen ein Klima, in dem die Men-
    schen verzweifeln müssen und als Konsumenten ihr Geld
    in einem Eichhörncheneffekt zurückhalten, weil sie nicht
    wissen, ob sie ihren Job behalten oder, wenn sie ihn ver-
    lieren, wieder einen bekommen. Diejenigen, die investie-
    ren würden und auch müssten, sagen: Wir warten einmal
    ab, was denen noch Neues einfällt, welche weitere Sau
    durchs Dorf getrieben wird, welche neuen Belastungen
    nach den beiden Landtagswahlen von der Regierung
    kommen. – Ich ahne da nichts Gutes. Wahrscheinlich be-
    treiben Sie schon die Vorbereitungen für eine Mehrwert-
    steuererhöhung.


    (Beifall bei der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Weltuntergang!)


    Unter dem Stichwort Mittelstandinitiative kündigen
    Sie an, für Betriebe mit einem Umsatz von bis zu
    17 000 Euro Steuererleichterungen zu gewähren.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: 17 500!)

    – 17 500. – Selbst wenn man Umsatz mit Gewinn ver-
    wechselt – Umsatz gleich Gewinn ist absurd –, käme man
    auf monatlich nur etwas mehr als 1 000 Euro.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Almosen!)

    Wo ist da der Appeal, der Anreiz, in die Existenzgründung
    zu gehen, zumal ständig neue Verschlechterungen eintre-
    ten?

    Die Kammerbeiträge sollen für die kleinen Betriebe
    abgeschafft werden. Die Realität ist, dass die meisten
    Kammern in Deutschland das schon längst getan haben,
    ohne dass es dazu einen Appell der Bundesregierung ge-
    geben hätte.


    (Beifall bei der FDP)

    Zum Thema Ladenschluss. Sie kündigen an, die La-

    denöffnungszeit am Samstag um vier Stunden zu verlän-
    gern. Geben Sie den Ladenschluss doch in der Woche frei!


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

    Auch das geschieht nicht. Seien Sie doch konsequent!

    Sie betreiben folgende Politik: Sie verschlechtern die
    Bedingungen. Sie verschärfen den Kündigungsschutz. Sie
    verstärken die Mitbestimmung. Sie erhöhen die Sozialab-
    gaben. Dann nehmen Sie die Mehrbelastung um ein klei-
    nes Stückchen zurück und sagen, das sei eine Großtat, mit
    der Sie die Bedingungen in Deutschland verbesserten.
    Das ist ungeheuerlich! Machen Sie es doch gleich richtig!


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Im Kern macht die Bundesregierung zwei Dinge
    falsch. Sie hat erstens nicht verstanden, dass die soziale
    Marktwirtschaft ein ganzheitliches System ist. Man muss
    wissen, dass jede einzelne Maßnahme Auswirkungen hat.
    Schon die Gründungsväter haben vor punktuellem Han-
    deln und vor Interventionismus – das ist die alte indus-
    triepolitische Denke – gewarnt. Sie müssen klare Rah-
    menbedingungen schaffen. Die Politik muss berechenbar
    sein und Vertrauen auslösen. In der Wirtschaft geht es
    immer um das Rechnen. Wenn die Entwicklung nicht be-
    rechenbar ist, kann man keine Entscheidung treffen. Wenn
    man dennoch entscheidet, trifft man die falsche Entschei-
    dung. Deshalb muss eine klare Linie erkennbar sein. Das
    ist nicht der Fall, weil Sie durch hektischen Aktionismus
    nur von eigenen Fehlentscheidungen ablenken wollen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Zweitens. Im Kern verweigern Sie dem deutschen Mit-
    telstand Freiheit. Das Steuerthema ist im Kern ein Frei-
    heitsthema; denn entscheidend ist: In welchem Umfang
    können die Menschen, seien es Handwerksmeister oder
    auch Arbeitnehmer, selbst über die Verwendung dessen
    entscheiden, was sie sich hart erarbeitet haben? Bei einer
    Staatsquote von fast 50 Prozent nehmen Sie ihnen die
    Freiheit. In der Tat ist die Frage: Ist es noch eine soziale
    Marktwirtschaft, wenn die Hälfte dessen, was erwirt-
    schaftet wird, über den Staat gelenkt wird? Ludwig Erhard
    würde aus dem Grab steigen, wenn er so einen Quatsch
    hörte wie den, bei einer sozialen Marktwirtschaft könnte
    man einen Staatsanteil von 50 Prozent haben.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Bürokratieabbau – ein wunderschöner Ladenhüter;
    davon reden wir alle schon lange. Weshalb geben Sie
    Kommunen und Ländern nicht über Experimentierklau-
    seln die Möglichkeit, Gesetze befristet außer Kraft zu set-
    zen?


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Wir haben es beim Planungsbeschleunigungsgesetz ja ge-
    habt, und zwar mit großem Erfolg. Geben Sie ihnen doch
    diese Möglichkeit! Viele werden gar nicht merken, wenn
    Gesetze sozusagen verschwinden, weil sie eh Unsinn sind
    und weil sie nur diejenigen, die damit arbeiten müssen,
    zusätzlich verunsichern.

    Weshalb gehen Sie nicht konsequent an die Reform der
    sozialen Sicherung heran? Die Riester-Rente ist im Kern
    ein Schritt in die richtige Richtung, aber sie ist zu kom-
    pliziert und reicht nicht aus. Sie müssen die Lohnneben-
    kosten senken. Sie reden im Jahreswirtschaftsbericht da-
    von, dass sie auf 40 Prozent gesenkt werden. Das wären
    13 Milliarden Euro weniger. Machen Sie es! Ich sehe nir-
    gends einen Ansatzpunkt dafür, dass Sie bei den Sozial-
    beiträgen eine konkrete Entlastung in Höhe von 13 Mil-
    liarden Euro, sprich: 26 Milliarden DM, vornehmen; im
    Gegenteil: Die Sozialbeiträge steigen weiter. Die Quote
    liegt bei dicken 42 Prozent.

    Das Tarifkartell ist überholt. Sie wissen wie wir, dass
    im Osten Deutschlands, aus der Not heraus, fast 70 Pro-
    zent aller Arbeitsplätze außerhalb des geltenden Tarif-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    1678


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    vertragsrechts sind. Die alle sind, wenn Sie so wollen,
    rechtswidrig. Niemand geht daran – aus gutem Grund. Je-
    der, der darangehen würde, würde die Arbeitslosigkeit im
    Osten verdoppeln oder verdreifachen. Weshalb lernen Sie
    daraus nicht, dass wir mehr Spielräume in den Betrieben
    und auch mehr Entscheidungsmöglichkeiten der betroffe-
    nen Arbeitnehmer brauchen? Es ist ihr Job. Es ist ihre Le-
    bensperspektive. Geben Sie ihnen doch die Freiheit, über
    ihr Schicksal ein Stück weit zu entscheiden, statt einer
    Funktionärsfremdbestimmung unterworfen zu sein!


    (Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP])


    Zu vieles ist noch in Beton gegossen. Was wir brauchen,
    sind Luft und Freiheit, damit wir uns entfalten können.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Der Mittelstand ist viel besser, als Sie denken. Lassen Sie
    die Leute doch endlich arbeiten, damit sie Erfolg haben
    können, und legen Sie nicht ständig Handschellen an! Wir
    müssen in Deutschland tausend Handschellen abnehmen.
    Die Lösung heißt Freiheit und die verweigern Sie.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ludwig Stiegler [SPD]: Frische Luft!)