Rede von
Dr. h.c.
Dirk
Niebel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich kann mich noch ganz gut daran erinnern, wie
Ihr Bundesfinanzminister die Störung des wirtschaftli-
chen Gleichgewichts hier hat feststellen lassen.
Nun versuchen Sie immer wieder, den Menschen in die-
sem Land zu erzählen, wir würden die Situation schlecht-
reden. Aber Sie machen doch die schlechte Politik, die
dazu führt, dass es so ist, wie es nun einmal ist, dass wir
Haushaltslöcher haben, dass die sozialen Sicherungssys-
teme kaum noch finanzierbar sind
und dass die Arbeitslosigkeit stetig weiter ansteigt. Wir
haben die höchste Novemberarbeitslosigkeit seit 1997.
Dies ist das Ergebnis Ihrer Politik und nicht des Handelns
der Opposition.
Dass Sie immer wieder sagen, wir müssten Vorschläge
machen, wir sollten etwas einbringen, verwundert mich
schon sehr.
Frau Dückert, Ihnen habe ich einmal eine Auflistung un-
serer parlamentarischen Initiativen mitgebracht. In der
14. Legislaturperiode waren es 21 allein zum Arbeits-
markt und in der 15. Legislaturperiode sind es bereits vier
allein zum Arbeitsmarkt ohne den gesamten wirtschafts-
politischen Bereich. Ich kann Ihnen die Drucksachen-
nummern nachher gern geben. Wenn Sie aber in Bundes-
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 14. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 5. Dezember 2002 1049
tagsdrucksachen nicht hineinsehen, brauchen wir uns
auch nicht darüber zu wundern, dass die Politik von Rot-
Grün nicht besser wird.
– Herr Stiegler hat hier gerade eine Rede gehalten und das
Haus verlassen. Das führt natürlich dazu, dass er bessere
Vorschläge nicht hören kann. Allerdings haben wir nach
der „Bild“-Zeitung von gestern von ihm tatsächlich eine
Hardcorerede erwartet. Man muss ganz deutlich sagen:
Die Intonierung, aber auch der Wahrheitsgehalt der Rede
des Kollegen Stiegler sind Ausdruck einer fortgesetzten
chronischen Logorrhö. Für die Kolleginnen und Kolle-
gen, die nicht wissen, was das ist: Das ist verbale Diarrhö.
Als solches muss man dies bezeichnen. So kann man in
diesem Haus keine Politik machen.
Wir müssen es hinbekommen, dass die Menschen in
diesem Lande Geld zum Konsumieren und die Betriebe
Geld zum Investieren haben. Nur dies schafft Arbeits-
plätze. Da kann sich der Vorsitzende der SPD-Bundes-
tagsfraktion nicht hier hinstellen und sagen: Konsumiert
nicht mehr, gebt das Geld dem Staat! Dies ist ein typisches
Linke-Tasche-rechte-Tasche-Denken:
Vater Staat nimmt den deutschen Michel mit seiner
Schlafmütze an die Hand und führt ihn durch das Leben,
damit wir eine Taschengeldempfängergesellschaft wer-
den. Das hat doch mit der Vorstellung von mündigen Bür-
gerinnen und Bürgern überhaupt nichts mehr zu tun.
Einer Ihrer wichtigsten Punkte zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit ist angeblich die Eins-zu-eins-Umset-
zung des so genannten Hartz-Papiers. Das ist mittlerweile
ein Richard-Kimble-Papier geworden; denn Hartz befin-
det sich auf der Flucht.
Sie haben alles Mögliche gemacht, aber nicht dieses Kon-
zept eins zu eins umgesetzt. Es steht vielmehr eins zu null
für die Gewerkschaften.
Sie können mit Ihrem Konzept keinen zusätzlichen
Arbeitsplatz schaffen. Sie können auch nicht die im
Haushaltsplan vorgesehenen 5,8 Milliarden Euro ein-
sparen; denn alle Annahmen, die Sie zugrunde gelegt
haben, werden leider nicht greifen. Sie werden nicht
subventionierte, in der privaten Zeitarbeitsbranche an-
gesiedelte Arbeitsplätze mit staatlichen Geldern aus Bei-
tragsmitteln und Steuermitteln kaputtmachen. Sie wer-
den die Zeitarbeitsbranche faktisch verstaatlichen, wenn
wir im Vermittlungsausschuss keine Änderungen errei-
chen können.
Wir können Änderungen in diesem Teil aber nur errei-
chen – er ist bekanntlich nicht zustimmungspflichtig –,
wenn Sie bereit sind, beim zustimmungspflichtigen Teil
einen Handel einzugehen. Wir wollen einmal sehen, ob
Sie dazu bereit sind.
Wenn Sie dazu nicht bereit sind – das entnehme ich Ihrem
Zwischenruf von der Regierungsbank, Herr Clement –,
dann ist nicht die Opposition, sondern dann sind Sie der
Blockierer.
Dann sind Sie derjenige, der verhindert, dass Menschen in
diesem Land eine Chance haben, in den Arbeitsprozess
zurückzukehren.
Wenn Sie schon nicht bereit sind, die Vorschläge der
FDP umzusetzen – das kann ich verstehen –,
dann sollten Sie zumindest bereit sein, den Vorschlägen
Ihres Sachverständigenrates zu folgen. Diese Vorschläge
decken sich übrigens im Gegensatz zu Ihrem Hartz-Kon-
zept eins zu eins mit unseren Vorschlägen. Da Sie an-
scheinend nicht bereit sind, diesen Vorschlägen zu folgen,
weil Sie der Meinung sind, das sei parlamentarisch nicht
verankert, möchte ich Ihnen mit der Erlaubnis der Frau