Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-
ren! Die Erfahrungen mit dem vor vier Jahren neu ge-
schaffenen Amt der Kultur- und Medienbeauftragten der
Bundesregierung und nicht zuletzt auch die Erfolge bele-
gen, dass die Übernahme der nationalen Verantwortung
des Bundes für die Kulturentwicklung in Deutschland und
die Schaffung des Amtes der Staatsministerin für Kultur
und Medien nicht mehr gerechtfertigt werden müssen. Im
Gegenteil: Zu lange fehlte den Kulturschaffenden ein An-
sprechpartner auf Bundesebene, ein Ideengeber, ein Inte-
ressenvertreter der Kultur und Medien, der in Deutschland
und in Europa anerkannt wird. Diese Funktion – da bin ich
mir sicher – wird sich auch in der kommenden Legisla-
turperiode festigen.
Lassen Sie mich die Grundideen einer nachhaltigen
Kulturpolitik an wenigen prominenten Beispielen erläu-
tern, allen voran an der Kulturstiftung des Bundes, die
die Regierung Anfang dieses Jahres ins Leben rief. Mit
Antje Hermenau
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002
Staatsministerin Dr. Christina Weiss
dieser Stiftung haben wir eine Institution geschaffen, die
dabei ist, zu einem geistigen Zentrum der Bundesrepublik
zu werden, und die sich viel mehr der Initiative als der Ali-
mentation verpflichtet fühlt,
eine Institution, die Debatten anstoßen kann, die Debatten
organisieren kann und die allen Unkenrufen zum Trotz die
Vorteile föderaler Verfasstheit mit der Aufwertung zentra-
ler Vorhaben durch den Bund auch vereinen kann. Die
KSB wird das Engagement der Bürgerinnen und Bürger
für die Belange von Kunst und Kultur fördern, die
Kraftzentren kreativer und geistiger Entwicklung stärken
und nicht zuletzt auf der europäischen Ebene sichtbar
agieren.
Zur Stärkung dieser Zukunftsaufgabe sieht der vorlie-
gende Haushaltsentwurf vor, die Mittel für die Bundes-
kulturstiftung auf 25,6 Millionen Euro zu verdoppeln,
womit die Stiftung in ihre zweite Entwicklungsstufe ein-
treten kann. Ab dem Jahr 2004 sind dann in der Endstufe
38,3 Millionen Euro jährlich geplant.
Doch wir haben noch eine weitere Stiftung, die wie die
KSB prädestiniert ist, das Miteinander von Bund und
Ländern in der Frage von Kunst und Kultur zu repräsen-
tieren, nämlich die Stiftung PreußischerKulturbesitz in
Berlin.
Noch vor einem Jahr wollten die Länder die SPK gern
verlassen. Jetzt wollen sie sich weiter an der Finanzierung
der SPK beteiligen. Das ist eine gute Entwicklung, für die
mein Haus lange gekämpft hat.
Diese Entwicklung ist zugleich ein gutes Zeichen für den
Fortgang der Gespräche zur Systematisierung der Kultur-
förderung, in denen wir inzwischen auch weit vorange-
kommen sind.
Eines der wichtigsten Projekte der SPK, vielleicht das
wichtigste Projekt, ist die Sanierung der Berliner Mu-
seumsinsel. Sie haben Recht: Der Bund hat die Finanzie-
rung dieser symbolträchtigen Aufgabe übernommen;
denn sie besitzt wie kaum eine zweite wirklich nationalen
Rang. Die Museumsinsel lässt sich nur noch mit dem
Louvre oder dem British Museum vergleichen.
Deshalb stellt der Bund auch 100 Millionen Euro zur Er-
haltung dieses Weltkulturerbes zur Verfügung.
Gerade in Zeiten, in denen, wie wir es heute wieder
gehört haben, immer wieder von Abschwung, von Krise,
gar von Depression die Rede ist, in Zeiten, in denen Men-
schen glauben, die Orientierung zu verlieren, brauchen
wir eine große Vision wie dieses Museumsbauprojekt, das
die Kraft der Kultur versinnbildlicht. Es ist nur die kultu-
relle Identität, die uns aufrichten kann.
Ohne sie ist das geistige, seelische und soziale Überleben
in unserer Gesellschaft immanent gefährdet. Die Größe
und Vielfalt der Kunst gibt uns Richtung und Maßstab vor.
Sie hilft dem Einzelnen, sich zu orientieren und zu posi-
tionieren. Sie hilft der Gesellschaft, die Gegenwart auch
als Chance zu begreifen, um die Ecke zu denken, flexibel
und kreativ zu sein.
Wie in einem Brennspiegel konzentrieren sich diese Auf-
gaben und Chancen von Kunst und Kultur auf der Berli-
ner Museumsinsel.
Im vergangenen Jahr hat der Bund mit dem Land Ber-
lin einen Vertrag zur Kulturfinanzierung in der Bundes-
hauptstadt geschlossen. Das bis dahin gültige System der
pauschalen Förderung von Berliner Kultureinrichtungen
wurde abgeschafft. Eindeutige Zuständigkeiten wurden
definiert. Dieses Prinzip hat sich bewährt. Wir führen mit
dem Land Berlin auch bereits die ersten Gespräche zur
Fortsetzung unserer Förderung nach dem Jahr 2004.
Dabei kann und will sich der Bund nicht als Retter des
Berliner Haushalts etablieren, im Gegenteil: Mein Haus
versteht sich gegenüber Berlin, wie gegenüber allen an-
deren Bundesländern, als Vermittler und Moderator, der
davon überzeugt ist, dass eine Hilfe zur Selbsthilfe noch
immer die beste Unterstützung ist.
Ganz anders ist dieses Selbstverständnis dagegen mit
Blick auf die verheerende Flut, die uns, besonders Sach-
sen und Sachsen-Anhalt, letzten Sommer heimgesucht
hat, eine Flut, die für uns alle ein großer Schock war, ein
Kulturschock. Jedem sind die Bilder von den überflute-
ten Kulturstätten in Dresden oder Dessau oder Wörlitz
noch vor Augen. Es ist wichtig, dass für die Wiederher-
stellung der schwer getroffenen Kulturstätten auf Initia-
tive meines Hauses das „Kulturelle Fluthilfeprogramm“
eingerichtet wurde. Dafür stehen insgesamt 100 Milli-
onen Euro zur Verfügung. Ich bin stolz darauf, dass da-
rüber hinaus aus dem Budget meines Hauses kurzfristig
3 Millionen Euro und von der KSB 2 Millionen Euro an
Soforthilfe zur Verfügung gestellt werden konnten.
Außerdem hat vor wenigen Tagen eine Auktion 3,4 Milli-
onen Euro für die Gemäldesammlung in Dresden er-
bracht.
Erlauben Sie mir noch ein Wort zum Investitionspro-
gramm „Kultur in den Neuen Ländern“. Zukünftig werden
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 915
wir uns nicht nur darum bemühen, die vielen kleinen und
großen kulturellen Leuchttürme in den neuen Ländern
baulich zu erhalten; vielmehr wollen wir dazu übergehen,
ihre Strahlkraft zu erhöhen, und wir wollen sie in eine Kul-
turlandschaft einbetten, die Ost und West verbindet.
Ganz kurz zur Medienpolitik. Zu diesem Bereich
werde ich Ihnen in dieser Legislaturperiode zwei Gesetz-
entwürfe zur Beratung vorlegen. Uns werden hier die Re-
organisation der Deutschen Welle und die Novellierung
der Filmförderung beschäftigen.
Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Hause eine gute
Kooperation haben werden. Ich würde mich freuen, wenn
der Ausschuss für Kultur und Medien dieses Hauses ein
ähnlich gestärktes Mitspracherecht erhielte, wie ich es
durch das Kulturverträglichkeitsvorhaben der Bundesre-
gierung erhalten habe.
In diesem Sinne: Wagen Sie, meine sehr verehrten Da-
men und Herren, gemeinsam mit mir und mit dieser Re-
gierung mehr Kultur, eine Kultur jenseits elitärer Hinter-
zimmer, eine Kultur für unser Land: parteiübergreifend,
länderübergreifend und nicht zuletzt – das richtet sich be-
sonders an den Kollegen Gauweiler – stämmeübergrei-
fend.
Vielen Dank.