Weitere Wortmeldungen zu diesem Geschäftsbereich
liegen nicht vor.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung
und Landwirtschaft.
Außerdem rufe ich Zusatzpunkt 4 auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des
846
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 847
Gesetzes zur Modulation von Direktzahlungen
im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik
und zur Änderung des GAK-Gesetzes
– Drucksache 15/108 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Das Wort hat Bundesministerin Renate Künast.
Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucher-
schutz, Ernährung und Landwirtschaft:
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-
ren! Das nächste Thema oder zumindest dieser Redebei-
trag wird sicherlich weniger niedlich als der Redebeitrag
meines Vorredners.
– Wenn sich jemand, um an Staatsknete zu kommen, über-
legt, ob er nun ein Kind bekommen soll oder nicht – das
hat ja diesen jungen Herrn beschäftigt –, wird man das
doch als niedlich bezeichnen dürfen, oder?
Nun zum Thema Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft. Wir haben für diesen Bereich einen Stein
ins Wasser geworfen, der jetzt politisch und haushaltspo-
litisch Kreise zieht. Was meine ich damit? Ich will Ihnen
ein konkretes Beispiel geben von einer der letzten Mes-
sen, die ich eröffnet habe, von der „EuroTier“, die vor we-
nigen Wochen in Hannover stattgefunden hat. Das ist die
Ausstellung zum Thema Nutztiere in Europa, auf der sich
wirklich Besucher aus ganz Europa und darüber hinaus
die Türklinke in die Hand geben.
Gucken wir uns das Ergebnis an. Die Bilanz der „Eu-
roTier“ lautete: Diese Messe hat die Erwartungen der
Aussteller übertroffen. Von der Deutschen Landwirt-
schafts-Gesellschaft durchgeführte Besucherumfragen
haben gezeigt: 63 Prozent der Landwirtinnen und Land-
wirte beabsichtigen zu investieren und waren auf der „Eu-
roTier“, um sich zum Beispiel über neue Techniken zu
informieren.
Deshalb ist eines klar: Unsere Bäuerinnen und Bauern
wissen, wo es lang geht und wo es hin geht, und wollen in
genau diese Art von Politik investieren.
Es hat sich außerdem auf der „EuroTier“ etwas gezeigt,
was Sie alle nie glauben wollten. Es hat sich gezeigt, dass
Tierschutz und Landwirtschaft zueinander passen.
Artgerechte Tierhaltung und Landwirtschaft passen zu-
einander. Mir sind bei dem Rundgang viele neue Techni-
ken vorgestellt worden, übrigens – dieser Hinweis für die
Opposition – auch ausdrücklich mit dem Satz: Wir haben
ja nicht geglaubt, Frau Künast, dass mit neuen Technolo-
gien Liegeflächen für Tiere vorgehalten werden können.
Es wurden dort Liegematten für Spaltenböden vorgeführt,
die sogar nicht nur zu mehr artgerechter Tierhaltung führen,
sondern die dazu beitragen, dass sich die Tiere mehr bewe-
gen. Und siehe da: Sie geben dann plötzlich mehr Milch,
weil sie offensichtlich durch mehr Mobilität beweglicher
geworden sind. Das müsste die Leistungspartei und Partei
der Besserverdienenden, die FDP, ja richtig beglücken.
– Ich habe jetzt aber nicht von Liegematten geredet. Sie
können ja immer gut dazwischen krakeelen, aber Sie müs-
sen an der Stelle schon zur Sache krakeelen.
– Auf der Messe sind Neuheiten für den deutschen und
den internationalen Markt vorgestellt worden, deshalb
können Sie dazu noch gar keinen Zwischenruf machen.
– Nein, die meine ich eben nicht. Ich meine nicht die Lie-
gematte, sondern die Gesamtfläche. An der Stelle wird
klar: Die Tiere bewegen sich mehr, sie geben mehr Milch
und die Hygiene im Stall wird erhöht. Es wurde aus-
drücklich gesagt: Wir haben es ja nicht geglaubt, Frau
Künast, aber es geht. – Das ist natürlich ein Neidfaktor für
die FDP. Das verstehe ich sofort.
Wir haben auf der Messe übrigens auch festgestellt, dass
diese Technik aus dem Ausland nachgefragt wird, dass
also auch die Auftragsbücher gut gefüllt sind.
Das heißt: Unser Leitbild ist klar und die gesellschaftli-
chen Bereiche ziehen nach. Von Dante gibt es dazu einen
schönen Satz. Er hat gesagt: Der eine wartet, dass die Zeit
sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt.
Das ist der Unterschied.
Deshalb werden wir unsere Politik der nachhaltigen
Modernisierung in diesem Bereich fortführen. Ich kann
Ihnen nur empfehlen: Verabschieden Sie sich von der
Bremsklotzrolle. Selbst der Bauernverband macht bei die-
ser Rolle ja längst nicht mehr mit.
Präsident Wolfgang Thierse
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
Bundesministerin Renate Künast
Lassen Sie doch endlich frischen Wind zu. Geben Sie Ihre
Bemühungen auf, das Modulationsgesetz wieder rück-
gängig zu machen. Wir werden es nicht rückgängig ma-
chen.
Wir beraten stattdessen über eine Erweiterung der För-
dermittel in der nächsten PLANAK-Sitzung. Wir disku-
tieren in Brüssel im Detail längst weitere Nutzungsmög-
lichkeiten in der zweiten Säule im ländlichen Raum. Auch
da sind Sie weit hinter der Zeit. Ich bin mit meinem fran-
zösischen Kollegen Gaymard an einem Ort, an dem Sie
noch lange nicht sind. Aber wir laden Sie ein mitzuma-
chen.
– Was heißt: „Da wollen wir gar nicht hin“? Sie sind doch
immer neidisch, wenn ich mich mit den Franzosen ver-
stehe. Was ist nun wieder los?
Versuchen Sie nicht, den Bauern die Zukunft zu neh-
men. Geben Sie ihnen die Möglichkeit, die ländlichen
Räume weiterzuentwickeln. Geben Sie ihnen insbeson-
dere die Möglichkeit, im ländlichen Raum auch andere
Jobs zu entwickeln. Es werden nicht alle nur in der Ver-
edelungswirtschaft arbeiten können. Die jüngeren Leute
brauchen weitere Einkommensmöglichkeiten.
Sie brauchen echte Optionen. Deshalb haben wir auch in
unserem Haushalt für Breite gesorgt. Wir haben dafür ge-
sorgt, dass es für Ost und West Perspektiven für eine mul-
tifunktionale Landwirtschaft gibt, die auf verschiedenen
Einkommensbeinen steht.
Der Haushalt ist dementsprechend ausgestaltet. Wir
wollen und werden mit diesem Haushalt den Forschungs-
bereich weiter stärken, weil das ein wesentlicher Be-
standteil für Innovationen ist. Nur so können wir endlich
für mehr Sicherheit und Schutz der Verarbeiter, Erzeuger
und Verbraucher in der Landwirtschaft, und zwar in ihren
unterschiedlichen Ausprägungen, sorgen.
In diesem Haushalt haben wir zwei wichtige Dinge
verankert – Stichwort: Acrylamid –, nämlich den Aufbau
des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmit-
telsicherheit und des Bundesinstituts für Risikobewer-
tung. Beide Einrichtungen haben uns bei Acrylamid und
vielen anderen Dingen geholfen. Bevor Sie einen Zwi-
schenruf machen, weise ich darauf hin, dass wir Hand in
Hand mit den Bundesländern, auch mit B-Ländern wie
Baden-Württemberg und Bayern, eine gemeinsame Stra-
tegie fahren. Deshalb habe ich es nie verstanden, warum
die Opposition sich in diesem Bereich so verrennt; aber
Sie ziehen sich ja schon ein Stück weit zurück.
Wir werden ein eigenständiges Institut für Produktsi-
cherheit finanzieren und eine Bundesforschungsanstalt
für Ernährung und Lebensmittel installieren. Diese Pro-
jekte finden sich in diesem Haushalt wieder. Wir werden
also den Bereich Sicherheit fester verankern.
Wir werden aber auch das berühmte weite Feld des
wirtschaftlichen Verbraucherschutzes bearbeiten. Ein
Aktionsplan „Verbraucherschutz“ ist auf dem Weg. Mit
unserer Art der Verbraucherschutzpolitik werden wir die
Verbraucher vor Schaden durch Täuschung, zum Beispiel
in den Bereichen Telekommunikation und Finanzdienst-
leistungen, bewahren.
Zum Abschluss möchte ich daran erinnern, dass Sie
sich bei Acrylamid selbst ausgetrickst haben, indem Sie
gesagt haben, ich solle Ross und Reiter nennen. Wir sor-
gen mittels dieses Haushalts für mehr Verbraucherschutz.
Wir werden wieder ein Verbraucherinformationsgesetz
einbringen. Ich bitte Sie: Stellen Sie sich nicht wieder
selbst ein Bein, indem Sie mich auffordern, Namen zu
nennen, gleichzeitig aber den Gesetzen, die dafür die
rechtliche Grundlage schaffen, Ihre Zustimmung verwei-
gern.
Ich sage es noch einmal mit Dante: Der eine wartet,
dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an
und handelt. – In diesem Haushaltsentwurf sind die Mar-
gen für die nächsten Jahre gesetzt. Ich wünsche mir, dass
Sie sich endlich auch auf die Reise machen.