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ID1501214300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 733 A Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) (Drucksache 15/150) . . . . . . . . . . . . . . 733 D b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2002 (Nach- tragshaushaltsgesetz 2002) (Drucksache 15/149) . . . . . . . . . . . . . . 733 D c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Ent- wicklung der Finanzwirtschaft des Bundes (Drucksache 15/151) . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergüns- tigungsabbaugesetz – StVergAbG) (Drucksache 15/119) . . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Weniger Staat – weniger Steuern (Drucksache 15/122) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Jürgen Koppelin, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Keine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Drucksache 15/123) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 B Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 734 C Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 745 C Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 750 D Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 754 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 758 D Walter Schöler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 762 D Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 766 A Anja Hajduk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 768 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 770 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 771 C Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773 C Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . 776 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 776 D Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . . 779 C Plenarprotokoll 15/12 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 7: a) Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem NATO- geführten Einsatz auf mazedoni- schem Territorium zur weiteren Sta- bilisierung des Friedensprozesses und zum Schutz von Beobachtern internationaler Organisationen im Rahmen der weiteren Implementie- rung des politischen Rahmenabkom- mens vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Ersuchens des maze- donischen Präsidenten Trajkovski vom 21. November 2002 und der Re- solution 1371 (2001) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen vom 26. September 2001 (Drucksache 15/127) . . . . . . . . . . . . . . 782 A b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Februar 2002 zwischen derRegie- rung der Bundesrepublik Deutsch- land und derRegierung derRepublik Polen über die Zusammenarbeit der Polizeibehörden und derGrenzschutz- behörden in den Grenzgebieten (Drucksache 15/11) . . . . . . . . . . . . . . . 782 B c) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Juli 2001 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Bau einer Grenz- brücke an der gemeinsamen Staats- grenze in Anbindung an die Bundes- straße B 20 und die Staatsstraße I/26 (Drucksache 15/12) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C d) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des inter- nationalen Insolvenzrechts (Drucksache 15/16) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren (Ergänzung zu TOP 7): Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicher- heitsunterstützungstruppe in Afghanis- tan auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002 und 1444 (2002) vom 27. November 2002 des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen (Drucksache 15/128) . . . . . . . . . . . . . . . . 782 C Tagesordnungspunkt 8: a) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 1 zu Petitionen (Drucksache 15/57) . . . . . . . . . . . . . . . 782 D b) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 2 zu Petitionen (Drucksache 15/58) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A c) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 3 zu Petitionen (Drucksache 15/59) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A d) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 4 zu Petitionen (Drucksache 15/61) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A e) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 5 zu Petitionen (Drucksache 15/62) . . . . . . . . . . . . . . . 783 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 783 B Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 784 D Elke Ferner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787 A Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 789 B Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 790 C Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 792 A René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794 B Dr. Christian Eberl FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 795 C Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker SPD . . . . . . 796 D Albrecht Feibel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 798 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 800 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 801 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 802 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 802 B Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 805 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002II Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809 C Christoph Hartmann (Homburg) FDP . . . . . 811 A Ulla Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812 B Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 815 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 817 B Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 818 C Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 819 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 820 D Ulrich Kasparick SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822 B Marion Seib CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 823 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 D Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ 826 A Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 829 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 832 B Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 A Otto Fricke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 D Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835 A Antje Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 837 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 840 A Klaus Haupt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 841 B Marlene Rupprecht (Tuchenbach) SPD . . . . 842 C Thomas Dörflinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . 844 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zurAuf- hebung des Gesetzes zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Än- derung des GAK-Gesetzes (Drucksache 15/108) . . . . . . . . . . . . . . . . 846 D Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . 847 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 848 D Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 850 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 851 C Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 852 B Gabriele Hiller-Ohm SPD . . . . . . . . . . . . . . . 853 D Ursula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 855 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 855 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 857 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 859 D Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . 860 A Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 861 C Cornelia Behm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 863 B Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 864 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 865 B Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 866 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 868 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 869 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 733 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 Beginn: 10.00 Uhr
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    (A) (C) 868 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 869 (C)(A) Adam, Ulrich CDU/CSU 03.12.2002* Borchert, Jochen CDU/CSU 03.12.2002 Bury, Hans Martin SPD 03.12.2002 Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 03.12.2002 Hartmut Dr. Däubler-Gmelin, SPD 03.12.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 03.12.2002 Gradistanac, Renate SPD 03.12.2002 Gröhe, Hermann CDU/CSU 03.12.2002 Großmann, Achim SPD 03.12.2002 Hörster, Joachim CDU/CSU 03.12.2002* Hofbauer, Klaus CDU/CSU 03.12.2002 Kubicki, Wolfgang FDP 03.12.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 03.12.2002* Dr. Lucyga, Christine SPD 03.12.2002* Möllemann, Jürgen W. FDP 03.12.2002 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 03.12.2002 Rauber, Helmut CDU/CSU 03.12.2002** Schild, Horst SPD 03.12.2002 Dr. Stadler, Max FDP 03.12.2002 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 03.12.2002 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des OSZE entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Marlene Rupprecht


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte

    zuerst gerne auf das eingehen, was Sie, Herr Haupt, ge-
    sagt haben. Ich finde es zwar gut, wenn man Zahlen aus
    dem Haushalt aufführt; denn dann kann man beweisen,
    dass man ihn gelesen hat. Aber das heißt noch lange nicht,
    dass man ihn interpretieren kann und richtig verstanden
    hat. Das, was Sie zur neuen Staatssekretärin im Fami-
    lienministerium gesagt haben, stimmt so nicht. Auch Sie
    müssten wissen, dass sie vorher dort nicht angesiedelt
    war, dass es sich also um eine Verlagerung handelt und
    dass deshalb der entsprechende Haushaltsposten von ei-
    nem Ministerium zum anderen gewandert ist. Wenn Sie
    das erwähnt hätten, hätte das zu Wahrheit und Klarheit
    beigetragen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Des Weiteren haben Sie angeführt, dass unser Haushalt
    um 5,4 Prozent gekürzt werde. Es stimmt zwar, dass es
    Kürzungen gibt. Wenn Sie sich aber genau anschauen,
    wo gekürzt wird, dann stellen Sie fest, dass zum Teil Mo-
    dellprojekte ausgelaufen sind. Sie wissen doch genau
    – Sie sind ja lange genug Mitglied des Parlaments –, dass
    es bei Modellprojekten um Einmalfinanzierungen geht,
    die nicht ewig fortgeschrieben werden. Wenn Sie das er-
    wähnt hätten, hätte auch das zu Wahrheit und Klarheit bei-
    getragen.

    Es ist angesichts der Debatten, die zurzeit geführt wer-
    den und die zum Teil von der Opposition massiv geschürt
    werden, schwierig, einen Haushalt vorzulegen. Ich frage
    mich immer, ob Sie tatsächlich Ihre eigene politische Ver-
    gangenheit im Blick haben und sich noch erinnern. Viel-
    leicht – ich möchte darüber eigentlich nicht spekulieren –
    hoffen Sie darauf, dass die Wählerinnen und Wähler ein
    kurzes Gedächtnis haben


    (Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

    und dass sich niemand mehr daran erinnert, was in den
    16 Jahren, in denen Sie regiert haben, tatsächlich im Be-


    (A)



    (B)



    (C)



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    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 843

    reich der Familien, der Kinder, der Senioren und der
    Frauen geschehen ist, nämlich nichts bzw. Vernachlässig-
    bares. Ich möchte nur an Folgendes erinnern: Wir wollten
    einen Armuts- und Reichtumsbericht. Frau Nolte hat
    ihn 1998 so kurz vor der Bundestagswahl vorgelegt, dass
    ihn niemand mehr lesen konnte. Sie hat das getan, damit
    ja keine Explosion stattfindet. Der damalige Bericht hat
    außerdem nur einen schmalen Bereich abgedeckt. Wir ha-
    ben den Ersten Armuts- und Reichtumsbericht in Auftrag
    gegeben. Er ist so rechtzeitig vorgelegt worden, dass
    Maßnahmen aus ihm abgeleitet werden konnten, die dann
    auch gegriffen haben. Meine Kolleginnen und Kollegen
    haben Ihnen ja schon vieles von dem aufgezeigt, was wir
    getan haben.

    Der jetzt vorliegende Einzelplan 17 zeichnet sich im
    Gegensatz zu früher dadurch aus, dass er zukunftsfähig
    und generationengerecht ist. Zukunftsfähigkeit und Ge-
    nerationengerechtigkeit – darauf ist schon ein paarmal
    hingewiesen worden; aber ich denke, das kann man gar
    nicht oft genug sagen – bedeuten Nachhaltigkeit – dieses
    Prinzip bestimmt unsere Politik –, das heißt, sowohl für
    die jetzt lebenden Generationen als auch für die nach-
    wachsenden zu sorgen. Deswegen legen wir einen Haus-
    halt für alle Generationen vor.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich möchte an ein paar Beispielen aufzeigen, dass das
    tatsächlich so ist.

    Wir haben den Reformstau aufgelöst. Wir hatten in
    dem zur Diskussion stehenden Bereich enorme Probleme.
    Was hat sich denn im Gegensatz zu Ihnen unter unserer
    Regierung verändert? Wir haben Kinder – damit möchte
    ich beginnen – nicht als Vorstufe von Menschen betrach-
    tet, die irgendwann erwachsen werden. Wir haben als
    Erste Kinder als eigenständige Wesen mit eigenen doku-
    mentierten Rechten ernst genommen. Ich kann mich noch
    an das Bauchgrimmen und an die Widersprüche erinnern,
    als wir nur den Satz formulierten: Kinder haben ein Recht
    auf gewaltfreie Erziehung. Das sollte eigentlich so
    selbstverständlich sein wie das Amen in der Kirche.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das war es aber nicht.
    Dass es etwas ganz Besonderes ist, dass wir diesen Satz

    rechtlich verankert haben, ist uns auf der Weltkonferenz
    gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugend-
    lichen bestätigt worden. In der Schlussrede wurde ganz
    besonders hervorgehoben, dass es der Deutsche Bundes-
    tag mit der Mehrheit der rot-grünen Koalition geschafft
    hat, ein Gesetz zu verabschieden, das einen solchen Satz
    enthält. Kinder sind nun nicht mehr Objekte, sondern
    Rechtssubjekte. Daraus leiten wir alles ab, was wir tun.
    Deshalb wollen wir, dass Kinder an Entscheidungen im
    gesellschaftlichen Leben beteiligt werden. Wir haben in
    erheblichem Maße Mittel für die Beteiligungsbewegung,
    das heißt für die Verwirklichung des Prinzips der Partizi-
    pation eingestellt; denn nur von demjenigen Menschen,
    der sich aktiv beteiligt und der tatsächlich – und zwar im-
    mer altersbezogen – gefragt wird, wenn es um die eigenen

    Anliegen geht, kann man erwarten, dass er ein engagier-
    ter Bürger wird, das heißt, dass er sich in unsere Gesell-
    schaft einbringt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Shell-Jugendstudie belegt, dass viele junge Menschen
    ehrenamtlich tätig sind. Ich hätte mir auch gewünscht,
    liebe Kollegin von der Opposition, Frau Tillmann, wenn
    Sie deutlich gesagt hätten, dass wir das Ehrenamt durch
    die Erhöhung der so genannten Übungsleiterpauschale
    um 50 Prozent gestärkt haben.

    Wenn Sie sich den Etat ansehen, dann müssen Sie ehr-
    lich sagen, dass der Etat so gestaltet ist, dass die dort ent-
    haltenen Mehrkosten für das Jahr des Ehrenamtes be-
    stimmt waren. Das alles waren Modelle und Projekte, die
    wir in dieser Zeit gefördert haben. Wir halten den Haus-
    haltstitel für das Ehrenamt auch weiterhin vor, weil er not-
    wendig ist, um das Ehrenamt zu fördern.

    Ehrenamtlich Tätige sind auch bereit, Freiwilligen-
    dienste zu leisten; diese haben wir im letzten Jahr refor-
    miert. Dafür haben wir beachtliche zusätzliche Mittel in
    den Haushalt eingestellt. Auf diesem hohen Niveau ver-
    stetigen wir das Ganze. Wir haben es so gestaltet, dass
    junge Menschen sozialversicherungsrechtlich abgesichert
    sind, sodass nicht nur reiche Kinder ein freiwilliges so-
    ziales Jahr machen können, weil Mama und Papa eine pri-
    vate Krankenversicherung haben und für das Alter und ei-
    nen Unfall vorsorgen. Wir sind der Meinung, dass, wenn
    jemand einen Dienst für die Gesellschaft leistet, die Ge-
    sellschaft auch dafür aufkommen muss. Wir glauben
    auch, dass es eine gute Möglichkeit zum Erlernen von To-
    leranz ist, wenn man Kinder und Jugendliche ins Ausland
    gehen lässt. Deshalb haben wir das auf das außereuropä-
    ische Ausland ausgedehnt.

    Ein weiterer Aspekt ist, dass nicht nur Gymnasiasten
    diese Möglichkeit in Anspruch nehmen sollen, sondern
    auch Kinder und Jugendliche, die aus Familien mit weni-
    ger Geld kommen, sodass sie direkt nach der Schulpflicht
    in diesen Dienst gehen können. Diese Zeit können sie sich
    auf die Zivildienstzeit anrechnen lassen. – Das sind die
    Dinge, die in diesem Bereich für Kinder und Jugendliche
    geschehen sind.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Auch für die Chancengleichheit und den sozialen
    Ausgleich wurden Mittel eingestellt; als Beispiele nenne
    ich die Programme „E & C“, „Soziale Stadt“ und JUMP.
    Diese sind für die Integration von jungen Menschen wirk-
    lich notwendig. Nur wer sich integriert fühlt, wer wirklich
    das Gefühl hat, dass er auf Augenhöhe mit dem anderen
    ist, wird den anderen auf Augenhöhe aushalten und mit
    ihm kommunizieren. Das haben wir mit unseren Pro-
    grammen im Bereich Chancengleichheit auf den Weg
    gebracht.

    Ich hätte mir auch gewünscht, Sie hätten sich die im
    Bereich Gewalt und Intoleranz eingesetzten Mittel ge-
    nauer angesehen. Dann hätten Sie festgestellt, dass der
    Mitteleinsatz zum größten Teil in Absprache mit den Län-
    dern vorgenommen worden ist. In Bayern zum Beispiel

    Marlene Rupprecht (Tuchenbach)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Marlene Rupprecht (Tuchenbach)

    sind die gesamten Mittel an den Landesjugendring gege-
    ben worden; der hat die Mittel auf die Projekte verteilt.
    Wenn es also nicht funktioniert hat, dann müssen wir prü-
    fen, ob es dort nicht funktioniert hat. Ansonsten wurden
    die Mittel so kanalisiert, dass sie sinnvoll eingesetzt wer-
    den konnten. Damit gewinnen wir Respekt vor ethni-
    schen, kulturellen und sozialen Minderheiten. Niemand
    wird aufgrund seiner Herkunft ausgegrenzt.


    (Beifall bei der SPD)

    Wir werden die drei in diesem Bereich aufgelegten Pro-
    gramme ENTIMON, CIVITAS und XENOS fortschrei-
    ben.

    Im Zuge der Generationengerechtigkeit führen wir
    Jung und Alt zusammen. Die heutige Jugend erhält in ei-
    nem hohen Maße Unterstützung und Solidarität. Wir hof-
    fen natürlich, dass sie dies bewusst wahrnimmt und es,
    wenn sie später die ältere Generation ist, weitergibt. Das
    entspricht dem Generationenvertrag und der Generatio-
    nengerechtigkeit. Denn nur gemeinsam und nicht gegen-
    einander können wir die Herausforderungen des demo-
    graphischen Wandels bewältigen.

    Wir haben in der Seniorenpolitik die Forschungsmit-
    tel auf dem gleichen Niveau wie bisher weitergeführt, um
    die Probleme des demographischen Wandels bewältigen
    zu können und ältere Menschen aktiv einzubinden. Wir
    müssen endlich wegkommen von der Einspurigkeit in der
    Wahrnehmung von Alter und um das ganze Spektrum ent-
    decken, das im Alter steckt, nämlich von „Fit wie ein
    Turnschuh“ und „Alle Berge erklimmen“ bis hin zur Mor-
    bidität, das heißt bis zur Hinfälligkeit und völligen Hilflo-
    sigkeit. Dem werden wir gerecht. Ich möchte nicht alles,
    was vorhin schon gesagt wurde, wiederholen. Frau
    Schewe-Gerigk hat bereits das Pflegegesetz und das
    Heimgesetz angesprochen. Ein weiteres Projekt ist das
    modellhafte Bauprojekt derAltenhilfe.Darüber wollen
    wir feststellen, wie das Wohnen gestaltet sein muss, damit
    ältere Menschen menschen- und wirklich seniorengerecht
    leben können. Das sind Zukunftsprojekte für moderne
    Wohn- und Siedlungspolitik.

    Der Weltaltenplan wird im kommenden Jahr in einen
    nationalen Aktionsplan umgesetzt. Wenn wir das ge-
    schafft haben, können wir wirklich sagen: Wir handeln
    und wir gestalten damit die Zukunft für uns, unsere Kin-
    der und unsere Enkel.

    Ich bin in einer Familie groß geworden, die Zusam-
    menhalt und Geborgenheit vermittelt hat, und deshalb
    habe ich auch die Fähigkeit, mit anderen zusammenzuar-
    beiten. Ich wünsche mir, dass es in diesem Saale viele
    gibt, die das erfahren durften.

    Ich fordere Sie auf, mit uns gemeinsam an dieser Welt
    und an dieser Bundesrepublik weiter zu arbeiten, damit
    sie zukunftsfähig ist. Ich glaube, dieses Modellprojekt
    „Zukunft Deutschland“ hat wirklich eine Chance. Ich for-
    dere Sie auf – und ich wünsche mir das –: Machen Sie da-
    bei mit!

    Danke schön.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich erteile dem Kollegen Thomas Dörflinger von der

CDU/CSU-Fraktion das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Thomas Dörflinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr veehrten Damen und Her-

    ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde etwas
    sonderbar, wenn bei einer Debatte zu einem Einzelplan
    des Bundeshaushaltes von den Rednerinnen und Rednern
    der Koalition und der Bundesregierung kaum eine Zahl
    fällt.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Dann muss etwas faul sein. Deswegen will ich ein paar

    Zahlen nennen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Sie haben ihn hoffentlich gelesen!)


    – Im Gegensatz zu Ihnen schon. Das werde ich Ihnen
    gleich beweisen.

    Es zeigt sich im Einzelplan 17 wie im Übrigen auch in
    anderen Einzelplänen, dass die Prinzipien von Haushalts-
    wahrheit und Haushaltsklarheit – nicht erst bei diesem
    Haushaltsplan zum ersten Mal – nicht als oberstes Prinzip
    angesehen wurden.

    Da findet sich bei näherem Durchlesen – darauf wurde
    dankenswerterweise schon hingewiesen – eine globale
    Minderausgabe in Höhe von immerhin 91 Millionen
    Euro beim Bundesamt für den Zivildienst. Es wäre ei-
    gentlich Sinn und Zweck dieser Debatte gewesen, wenn
    wenigstens ein Hinweis darauf gegeben worden wäre, wie
    das Ministerium gedenkt, diese globale Minderausgabe
    zu erwirtschaften.

    Frau Ministerin, Sie haben wenigstens gesagt, dass
    die Privatfrau Renate Schmidt für die Abschaffung der
    Wehrpflicht und damit auch für die Abschaffung des
    Zivildienstes ist. Damit sind wir einen Schritt weiter.
    Diese Erkenntnis hatten wir gestern noch nicht.

    Aber es hätte uns schon interessiert, wie innerhalb des
    Bundesamtes für Zivildienst diese 91 Millionen Euro ge-
    neriert werden sollen, und zwar ohne dass wir dann
    schlussendlich bei dem Punkt sind, uns generell über die
    Abschaffung der Wehrpflicht unterhalten zu müssen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich finde es auch bemerkenswert – das nur am Rande –,

    dass immerhin 10 Prozent des Ausgabevolumens dieses
    Einzelplanes durch Verpflichtungsermächtigungen ge-
    deckt sind. Das heißt, sie ziehen einen Wechsel auf die
    Haushalte 2004 fortfolgende. Das hat nach meiner Über-
    zeugung auch nicht unbedingt sehr viel mit seriöserer Fi-
    nanzpolitik zu tun.

    Ich greife noch den Gedanken von Klaus Haupt auf,
    der etwas über das Personal im Ministerium gesagt hat.
    Im Stellenplan findet sich der Vermerk, dass 14 neue Be-
    amtinnen und Beamte im Ministerium eingestellt werden.

    Ich will mich jetzt nicht darüber verbreiten, was zu die-
    ser Finanzmisere geführt hat; das war das Thema der De-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    844


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 845

    batte heute Morgen. Wir sind uns aber wohl alle darüber
    einig, dass das Geld knapp ist. Wie das Ministerium dann
    auf die Idee kommt, 14 neue Planstellen allein im Beam-
    tenbereich zu schaffen, ist mir völlig rätselhaft.


    (Nicolette Kressl [SPD]: Sie haben nicht zugehört! Sie haben wieder nichts kapiert! – Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Das habe ich gerade erklärt!)


    Frau Rupprecht, ich sage Ihnen, weil Sie das auch bei
    Herrn Haupt schon kritisiert haben, Folgendes: Die Mehr-
    ausgaben personeller Natur im Zuständigkeitsbereich Mi-
    gration von Frau Beck belaufen sich auf 380 000 Euro.
    Wenn Sie das einmal durch die 14 neuen Stellen und dann
    noch einmal durch die 13 Monatsgehälter eines Beamten
    teilen, dann kommen Sie zu einem Monatsgehalt inklu-
    sive der Lohnnebenkosten von 1 900 Euro. Das wäre das
    Niveau eines Beamten in der Besoldungsgruppe A 9 mit
    fünf Dienstjahren. Das kann nicht stimmen.


    (Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Das wird auch durch Wiederholen nicht besser, was Sie sagen!)


    Deswegen hat Herr Haupt Recht und Sie haben Unrecht,
    meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Schauen Sie sich den Haushaltsvermerk auf Seite 35 des
    Einzelplans 17 an! Ich freue mich auf Ihre Begründung,
    die Sie in den Ausschussberatungen dafür geben, dass der
    derzeitige Stelleninhaber aufgrund einer besonderen Ver-
    wendung nach der Besoldungsgruppe B 5 bezahlt wird,
    obwohl er in der Besoldungsgruppe B 3 angestellt ist. Ich
    freue mich, zu erfahren, welche besondere Vereinbarung
    dieser Regelung zugrunde liegt. Wenn wir kein Geld ha-
    ben, insbesondere für Familien, dann sollte sich das auch
    bei den Ausgaben für den Personalbereich des Ministe-
    riums zeigen.

    Anstatt die finanzielle Situation dort deutlich zu ma-
    chen, tun Sie genau das Gegenteil: In drei der vier Kapi-
    tel des Einzelplans 17 des Bundeshaushaltsplans für das
    Haushaltsjahr 2003 ist ein Rückgang der Mittel verzeich-
    net. Allein im Kapitel „Bundesministerium“ ist ein Auf-
    wuchs enthalten. Das lässt tief blicken.


    (Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Die Familienpolitik ist natürlich eine Querschnitts-

    aufgabe; deswegen sind die Familien auch davon betrof-
    fen, wie die anderen Einzelpläne des von der Bundesre-
    gierung aufgestellten Bundeshaushaltsplans aussehen.
    Lassen Sie mich dazu ein paar Punkte sagen.

    Erstens: Kinderbetreuung. Wir sind uns einig, dass
    auf diesem Gebiet ein Nachholbedarf herrscht. Frau
    Humme, wenn wir zukünftig als Maxime ausgeben, dass
    wir uns gegenseitig nicht die Versäumnisse vorhalten,
    dann findet das meine Zustimmung. Wenn Sie allerdings
    darauf hinweisen, dass der Bund einen Einstieg in die Fi-
    nanzierung der Kinderbetreuung vollzogen hat, dann ist
    das nur die Hälfte der Wahrheit. Die andere Hälfte der
    Wahrheit ist, dass sich der Bund an der Folgefinanzierung
    nicht beteiligt und dass die Kosten an den eigentlich Zu-
    ständigen hängen bleiben, beispielsweise an den Kom-
    munen.

    Schauen Sie sich einmal die Gemeinderäte und die
    Kreistage an! Schauen Sie sich einmal an, wie die dorti-
    gen Mitarbeiter mit rauchenden Köpfen versuchen, ihre
    Etats irgendwie auf die Reihe zu bringen, was teilweise
    mit massiven Belastungen für die Bürgerinnen und Bür-
    ger verbunden ist! Die Konzentration auf die kommuna-
    len Finanzen führt am Ende dazu, dass die Familien, de-
    nen Sie eigentlich etwas Gutes tun wollen, schlussendlich
    ihre Betreuung selbst bezahlen. Das kann nicht Sinn und
    Zweck der Übung sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Zweitens – die Kollegin Tillmann hat schon darauf hin-

    gewiesen –: Eigenheimzulage. Sie wurde ursprünglich
    wirklich einmal als ein Instrument der Familienförderung
    konzipiert. Jetzt soll ihre Zahlung auf Familien konzen-
    triert werden. Interessant finde ich – da greife ich den Ge-
    danken von Herrn Fricke auf –, dass einem kinderlosen
    Ehepaar zukünftig vorgeschrieben wird, wann es Kinder
    in die Welt zu setzen hat, damit es anschließend in den Ge-
    nuss einer staatlichen Förderung kommt.


    (Christel Humme [SPD]: In welcher Welt leben Sie denn?)


    So weit sind wir mittlerweile gekommen. Ich lasse mir als
    Bürger dieses Landes wirklich viel vorschreiben; ich bin
    da sehr geduldig. Aber man möge mir bitte nicht auch
    noch vorschreiben, wann meine Frau Kinder zu bekom-
    men hat. Das geht zu weit.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da zwingt Sie doch keiner zu!)


    Bringen Sie bitte das, was Sie im Zusammenhang mit
    der Änderung der Eigenheimzulage tun, in einen Zusam-
    menhang mit dem, was Sie sonst noch mit diesem merk-
    würdigen Steuervergünstigungsabbaugesetz vorsehen.
    Ich erinnere beispielsweise an § 21 des Einkommensteu-
    ergesetzes, in dem es um die Anrechnung der Werbungs-
    kosten bei nicht selbst genutztem, vermietetem Wohn-
    eigentum und um die degressive Gebäude-AfA geht.
    Lassen Sie einmal von Fachleuten durchrechnen, welchen
    Einfluss diese Änderungen auf das Mietniveau in den
    Städten und Gemeinden hat! Die Mieten werden nicht von
    Generaldirektoren und Millionenerben bezahlt, sondern
    von den Familien mit Kindern in diesem Lande. Auch in
    diesem Fall sind die Familien die Zahlmeister der Nation.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Sollen wir mal gucken, was Baden-Württemberg beim Wohnungsbau zusammengestrichen hat, Herr Dörflinger? Sollen wir einmal nach Baden-Württemberg gucken?)


    – Ich werde am Freitag in Baden-Württemberg sein und
    ich kenne die Situation dort sehr gut. Wenn Sie den Fi-
    nanzminister des Landes Baden-Württemberg fragen,
    warum er diese Kürzungen vorgenommen hat, dann wird
    er Ihnen antworten: Die entsprechenden Notwendigkeiten
    sind nicht vom Himmel gefallen, sondern sie kamen per
    Post aus Berlin.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Thomas Dörflinger

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Thomas Dörflinger

    Lassen Sie mich auf die Rentenpolitik zu sprechen
    kommen. Wir waren uns wenigstens darin einig, dass die
    verstärkte staatliche Förderung der privaten Altersvor-
    sorge richtig ist. Das fand unsere Unterstützung. Ich lasse
    einmal außen vor, dass sowohl uns als auch den Kollegen
    von der FDP die Ausgestaltung des Instrumentariums der
    Riester-Rente nicht gepasst hat.

    Sie sagen den Menschen: Baut eine private Altersvor-
    sorge auf, beispielsweise durch den Kauf von Anteilen ei-
    nes Aktienfonds oder eines Investmentfonds! Nun wollen
    Sie eine steuerrechtliche Regelung schaffen, durch die der
    fiktive Wertzuwachs, der innerhalb eines Kalenderjahres
    entstanden ist, besteuert wird. Ich lasse es mir noch gefal-
    len, dass nach der Veräußerung eines Papiers der Erlös be-
    steuert wird; aber man kann doch nicht einen fiktiven
    Wertzuwachs, also einen Wertzuwachs, den der Besitzer
    eines Papiers überhaupt nicht in Anspruch nimmt, von
    Staats wegen besteuern.
    Sie tun das genaue Gegenteil von dem, was Sie mit
    der Riester-Rente ursprünglich beabsichtigt hatten. Das
    macht schlichtweg keinen Sinn.

    Dazu passt, dass Sie sich mit Vorschlägen, durch die
    wirklich täglich ein neues Borstenvieh durchs Dorf ge-
    trieben wird, in der gesetzlichen Rentenversicherung um-
    tun. Ich will Ihnen nicht verheimlichen: Der beste Beitrag
    in dieser Diskussion über die Zukunft der gesetzlichen
    Rentenversicherung kam heute vom stellvertretenden
    SPD-Fraktionsvorsitzenden Ludwig Stiegler. Man kann
    sich ja über den Sinn und Unsinn der Rürup-Kommission
    durchaus unterhalten. Ich bin aber schon der Meinung,
    dass der Ton die Musik macht.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ausgerechnet Sie!)


    Nun sagt Herr Stiegler über die Rürup-Kommission, er
    habe die Schnauze voll davon, dass wir vor unseren Mit-
    gliedern und Wählern täglich den Kopf hinhalten müssen
    für dieses Professorengeschwätz. Dann setzt er noch eins
    drauf und sagt über eine Kommission, die von der Bun-
    desregierung eingesetzt wurde: Ich erwarte, dass die Pro-
    fessoren wie Herr Rürup uns nicht länger mit ihrer Ejacu-
    latio praecox beglücken. Ich verzichte darauf, das zu
    übersetzen,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Davon verstehen wir nichts!)


    und setze einmal das kleine Latinum beim einen oder an-
    deren voraus.

    Meine Damen und Herren, die Leute erwarten, dass wir
    uns wenigstens einigermaßen ernsthaft um ihre Zukunft
    beispielsweise in der gesetzlichen Rentenversicherung
    kümmern. Das, was Sie hier tun – ständig eine neue Sau
    durchs Dorf zu treiben –, ist dazu kein Beitrag. Ich sage
    an die Adresse von Frau Deligöz und von Frau Schewe-
    Gerigk: Es reicht nicht, über Generationengerechtigkeit
    nur zu reden. Vor Kraft kaum laufen könnend ins Kanz-
    leramt zu gehen und anschließend so klein wieder he-
    rauszukommen, dass man unter dem Teppich Fallschirm
    springen kann – das reicht nicht.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Man muss auch etwas durchsetzen können beim Thema
    Generationengerechtigkeit. Da haben Sie uns auf Ihrer
    Seite.

    Es zeigt sich, dass Sie meilenweit von der Realität in
    diesem Lande entfernt sind – aus welchen Gründen auch
    immer. Da sagt der Fraktionsvorsitzende der SPD – übri-
    gens passt das drei Wochen vor dem Weihnachtsfest sehr
    gut –, man solle das Geld nicht in den Konsum stecken,
    sondern an den Staat geben, damit der es verwenden kann.
    Das passt wirklich in diese Zeit. Gleichzeitig freut sich der
    Bundeskanzler bei einem Einkaufsbummel in der Hanno-
    veraner Innenstadt, dass dort die Schlangen vor den Ge-
    schäften lang sind. Sie sind wahrscheinlich nicht deswe-
    gen lang, weil die Leute ganz versessen darauf sind, ihr
    vieles Geld endlich loszuwerden, sondern deswegen, weil
    es dem Handel mittlerweile so schlecht geht, dass er im
    Stile eines vorgezogenen Winterschlussverkaufs schon
    jetzt mit Preisnachlässen lockt, um das Weihnachtsge-
    schäft wenigstens ein bisschen anzukurbeln, damit die
    Umsätze nicht völlig in den Keller fallen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ihr Grundproblem liegt in zwei Dingen. Erstens: Sie

    sind ganz offensichtlich nicht in der Lage, in volkswirt-
    schaftlichen Zusammenhängen zu denken. Sie denken
    vielmehr nur in Haushaltsstellen.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ausgerechnet von Ihnen, Herr Dörflinger! – Weiterer Zuruf von der SPD: Seien Sie vorsichtig, was Sie sagen!)


    Sie führen eine Haushaltsstellenkorrektur durch, ohne
    dass Sie die volkswirtschaftliche Wirkung, die anschlie-
    ßend entsteht, bedenken.

    Den zweiten Fehler, den Sie begehen, halte ich noch
    für wesentlich drastischer: Sie trauen dem einzelnen Men-
    schen nichts zu. Sie sind grundsätzlich der Auffassung,
    dass der Staat immer besser in der Lage sei, zu beurteilen,
    was für den Einzelnen gut ist und was nicht. Wir sind der
    umgekehrten Auffassung, nämlich dass der Einzelne,
    wenn er denn will, Hilfe vom Staat anfordern kann, aber
    nicht, dass der Staat so allwissend ist, zu bestimmen,
    wann der Einzelne die Hilfe braucht oder nicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Stellen Sie endlich den Menschen in den Mittelpunkt

    Ihrer Politik. Dann haben Sie uns auf Ihrer Seite. Ich freue
    mich auf spannende Ausschussberatungen.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)