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ID1501203200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 733 A Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) (Drucksache 15/150) . . . . . . . . . . . . . . 733 D b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2002 (Nach- tragshaushaltsgesetz 2002) (Drucksache 15/149) . . . . . . . . . . . . . . 733 D c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Ent- wicklung der Finanzwirtschaft des Bundes (Drucksache 15/151) . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergüns- tigungsabbaugesetz – StVergAbG) (Drucksache 15/119) . . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Weniger Staat – weniger Steuern (Drucksache 15/122) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Jürgen Koppelin, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Keine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Drucksache 15/123) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 B Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 734 C Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 745 C Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 750 D Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 754 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 758 D Walter Schöler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 762 D Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 766 A Anja Hajduk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 768 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 770 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 771 C Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773 C Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . 776 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 776 D Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . . 779 C Plenarprotokoll 15/12 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 7: a) Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem NATO- geführten Einsatz auf mazedoni- schem Territorium zur weiteren Sta- bilisierung des Friedensprozesses und zum Schutz von Beobachtern internationaler Organisationen im Rahmen der weiteren Implementie- rung des politischen Rahmenabkom- mens vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Ersuchens des maze- donischen Präsidenten Trajkovski vom 21. November 2002 und der Re- solution 1371 (2001) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen vom 26. September 2001 (Drucksache 15/127) . . . . . . . . . . . . . . 782 A b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Februar 2002 zwischen derRegie- rung der Bundesrepublik Deutsch- land und derRegierung derRepublik Polen über die Zusammenarbeit der Polizeibehörden und derGrenzschutz- behörden in den Grenzgebieten (Drucksache 15/11) . . . . . . . . . . . . . . . 782 B c) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Juli 2001 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Bau einer Grenz- brücke an der gemeinsamen Staats- grenze in Anbindung an die Bundes- straße B 20 und die Staatsstraße I/26 (Drucksache 15/12) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C d) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des inter- nationalen Insolvenzrechts (Drucksache 15/16) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren (Ergänzung zu TOP 7): Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicher- heitsunterstützungstruppe in Afghanis- tan auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002 und 1444 (2002) vom 27. November 2002 des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen (Drucksache 15/128) . . . . . . . . . . . . . . . . 782 C Tagesordnungspunkt 8: a) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 1 zu Petitionen (Drucksache 15/57) . . . . . . . . . . . . . . . 782 D b) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 2 zu Petitionen (Drucksache 15/58) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A c) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 3 zu Petitionen (Drucksache 15/59) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A d) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 4 zu Petitionen (Drucksache 15/61) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A e) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 5 zu Petitionen (Drucksache 15/62) . . . . . . . . . . . . . . . 783 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 783 B Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 784 D Elke Ferner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787 A Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 789 B Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 790 C Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 792 A René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794 B Dr. Christian Eberl FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 795 C Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker SPD . . . . . . 796 D Albrecht Feibel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 798 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 800 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 801 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 802 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 802 B Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 805 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002II Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809 C Christoph Hartmann (Homburg) FDP . . . . . 811 A Ulla Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812 B Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 815 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 817 B Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 818 C Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 819 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 820 D Ulrich Kasparick SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822 B Marion Seib CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 823 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 D Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ 826 A Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 829 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 832 B Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 A Otto Fricke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 D Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835 A Antje Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 837 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 840 A Klaus Haupt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 841 B Marlene Rupprecht (Tuchenbach) SPD . . . . 842 C Thomas Dörflinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . 844 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zurAuf- hebung des Gesetzes zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Än- derung des GAK-Gesetzes (Drucksache 15/108) . . . . . . . . . . . . . . . . 846 D Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . 847 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 848 D Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 850 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 851 C Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 852 B Gabriele Hiller-Ohm SPD . . . . . . . . . . . . . . . 853 D Ursula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 855 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 855 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 857 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 859 D Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . 860 A Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 861 C Cornelia Behm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 863 B Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 864 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 865 B Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 866 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 868 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 869 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 733 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 Beginn: 10.00 Uhr
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    (A) (C) 868 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 869 (C)(A) Adam, Ulrich CDU/CSU 03.12.2002* Borchert, Jochen CDU/CSU 03.12.2002 Bury, Hans Martin SPD 03.12.2002 Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 03.12.2002 Hartmut Dr. Däubler-Gmelin, SPD 03.12.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 03.12.2002 Gradistanac, Renate SPD 03.12.2002 Gröhe, Hermann CDU/CSU 03.12.2002 Großmann, Achim SPD 03.12.2002 Hörster, Joachim CDU/CSU 03.12.2002* Hofbauer, Klaus CDU/CSU 03.12.2002 Kubicki, Wolfgang FDP 03.12.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 03.12.2002* Dr. Lucyga, Christine SPD 03.12.2002* Möllemann, Jürgen W. FDP 03.12.2002 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 03.12.2002 Rauber, Helmut CDU/CSU 03.12.2002** Schild, Horst SPD 03.12.2002 Dr. Stadler, Max FDP 03.12.2002 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 03.12.2002 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des OSZE entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Michael Meister


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-

    ren! Was Sie als Koalition unter der Überschrift „Steuer-
    vergünstigungsabbaugesetz“ vorgelegt haben, bedeutet
    eine massive Steuererhöhung für Bürger und Unterneh-
    men.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Herr Kollege Spiller, Sie haben gesagt, das sei ein Spar-
    paket. Ich sage Ihnen: Das ist kein Sparpaket. Es handelt
    sich um Steuererhöhungen.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)

    Wenn Sie sich einmal die Briefe von Unternehmen,

    Bürgern und Arbeitnehmern anschauen, die ja nicht nur
    wir bekommen, sondern die auch Sie bekommen, dann
    stellen Sie fest, dass darin die tiefe Verzweiflung und die
    Verunsicherung der Menschen in unserem Land aufgrund
    Ihrer Politik zum Ausdruck kommt. Ich darf Ihnen einmal
    vorlesen, was ein Bürger dieses Landes, nämlich Herr
    Gerhard Peters, Konzernbetriebsrat bei Hochtief, mir ge-
    schrieben hat – vielleicht hören Sie ja ein bisschen auf die-
    jenigen aus der Gewerkschaftsecke –:

    Eine Steuerpolitik, die in der Rezession derartig kri-
    senverschärfend wirkt, wird weitere Arbeitsplätze ...
    vernichten. ... Das Engagement der Arbeitnehmer-
    vertreter und die partnerschaftliche Haltung der Un-
    ternehmensleitungen werden nun bestraft.


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    776


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 777

    Das ist die Auffassung, die ein Konzernbetriebsrat über
    Ihre Steuerpolitik zum Ausdruck bringt. Das ist kein Ge-
    schrei und das sind keine populistischen Äußerungen,
    sondern das ist die Meinung von Arbeitnehmervertretern
    und Arbeitnehmern, die Sie angeblich vertreten wollen.
    Hören Sie doch auf diese Leute!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Bauwirtschaft, Kfz-Bau, Immobilienwirtschaft, Wer-

    bemittelhersteller, Floristen, landwirtschaftlicher Han-
    del – gegen alle führt die Bundesregierung mit diesem
    Steuergesetz einen Schlag. Der gesamte Mittelstand wird
    durch dieses Steuergesetz erneut höher belastet.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Arbeitsplatzvernichtungsprogramm!)


    Als rote Linie in diesem Gesetz haben Sie allein fis-
    kalpolitische Zielsetzungen. Schauen Sie sich bitte einmal
    an, wie unausgereift Ihr eigener Gesetzentwurf, den Sie,
    Herr Spiller, gerade vertreten haben, ist. Ich nenne einmal
    das Stichwort „Investmentfonds“. In dem Entwurf ist
    eine Doppelbesteuerung vorgesehen. Gleichzeitig erklärt
    das Bundesfinanzministerium: Wir werden diese Doppel-
    besteuerung nicht machen. – Das heißt, zu dem Zeitpunkt,
    zu dem hier die erste Lesung stattfindet, erklärt das Mi-
    nisterium bereits, dass das geändert werden wird. Vor die-
    sem Hintergrund müssen Sie sich einmal fragen: Welches
    Vertrauen sollen Anleger in Deutschland haben, welches
    Vertrauen sollen Menschen am Markt überhaupt noch ha-
    ben, wenn ihnen das Finanzministerium schon bei der
    Vorlage des Gesetzentwurfs erklärt, dass das so nicht
    kommen wird? Wie soll man an diesem Finanzplatz über-
    haupt noch investieren?

    Meine Damen und Herren, Sie haben eine massive Ver-
    unsicherung der Öffentlichkeit betrieben


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Unsinn!)


    und Sie betreiben sie weiterhin. Das kostet Arbeitsplätze
    und das kostet Wachstum in diesem Land.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Quatsch!)


    In Ihrem Katalog ist zum Beispiel die Abschaffung des
    Lifo-Verfahrens vorgesehen. Das ist viel zu kompliziert,
    als dass es die Menschen im Lande verstehen. Wenn Sie
    das Lifo-Verfahren tatsächlich abschaffen, bedeutet das,
    dass die Lagerhaltung nicht mehr in Lagerhäusern, son-
    dern auf der Landstraße oder außerhalb Deutschlands
    stattfindet. Die rot-grüne Regierung ist doch aber gerade
    angetreten, die Lagerhaltung von den Straßen in die La-
    gerhäuser zu bekommen und nicht noch mehr Lagerhal-
    tung auf die Straßen zu bringen. Wenn Sie das, was Sie
    verkünden, nämlich die Zahl der Transporte auf der Straße
    zu verringern, tatsächlich ernst meinen, dann müssen Sie
    den Punkt, der die Lifo-Verfahren betrifft, dringend aus
    Ihrem Gesetzentwurf streichen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Angesichts der Beispiele, die ich eben genannt habe,

    hoffe ich, dass es in Ihren Fraktionen noch den einen oder
    anderen Fachkundigen gibt, der in den Anhörungen zu
    diesem Gesetzentwurf zuhören wird – es werden dazu si-

    cherlich noch Anhörungen stattfinden –, dass die Mei-
    nungen der Sachverständigen aufgegriffen werden und
    dass das, was von der Regierungsseite vorgegeben ist,
    nicht einfach mit dem Abstimmungshammer durchge-
    bracht wird.

    Herr Kollege Spiller, Sie haben gesagt, es gehe um
    mehr soziale Gerechtigkeit. Sehen wir uns dazu einmal
    die Wertzuwachssteuer bei Wertpapieren an. Der Bör-
    senspekulant, der Tageshändler, der Daytrader, bekommt
    durch diesen Gesetzentwurf eine Steuerentlastung von
    200 Prozent. Für den, der heute an der Börse kauft und
    morgen verkauft und dabei Gewinn macht, wird die Be-
    steuerung um 200 Prozent gesenkt. Für denjenigen, der
    als Anleger an die Börse geht und langfristig in Aktien,
    Wertpapieren oder Investmentfonds anlegt, um Alterssi-
    cherung zu betreiben, erhöhen Sie die Besteuerung mas-
    siv, nämlich von null auf 15 Prozent. Können Sie mir er-
    klären, warum ein Börsenspekulant von Ihnen entlastet
    und für ihn ein neues Steuerschlupfloch geöffnet wird und
    warum derjenige, der etwas für die Alterssicherung tut,
    gleichzeitig von Ihnen massiv belastet wird? Was hat das
    mit sozialer Gerechtigkeit, was hat das mit Ihrem Wahl-
    programm zu tun?


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie wollen die völlige Abschaffung des Bankgeheim-

    nisses nach § 30 a der Abgabenordnung. Ich bin der Mei-
    nung, dass es durchaus richtig ist, zu einer gleichmäßigen
    Besteuerung auch bei Kapitalerträgen zu kommen. Wir
    können es nicht zulassen, dass ein Teil der Menschen in
    unserem Land bei der Steuer ehrlich ist und dass andere
    keine Steuern zahlen. Aber die Gerichte sagen uns eben
    nicht, dass es dafür notwendig ist, das Bankgeheimnis ab-
    zuschaffen; man kann dieses Ziel, wie das eben andisku-
    tiert wurde, mit einer Abgeltungsteuer erreichen und da-
    bei das Bankgeheimnis in unserem Land bewahren.
    Deshalb bin ich der Meinung: Hören Sie endlich damit
    auf, mehr Bürokratie, mehr Schnüffelei und mehr Regu-
    lierung einzuführen. Herr Eichel hat heute Morgen gesagt,
    er wolle in diesem Staat entbürokratisieren. Tun Sie das,
    was er gesagt hat. An dieser Stelle können wir entbüro-
    kratisieren, indem wir zu einer Abgeltungsteuer überge-
    hen und nicht zur Aufhebung des Bankgeheimnisses und
    all diesen Kontrollmitteilungen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Jetzt ein paar Worte zu dem Thema Finanztableau. Sie

    haben an das Finanztableau eine ganze Menge Erwartun-
    gen; denn es ist das eigentliche Ziel Ihres Gesetzes, die
    Einnahmen zu verbessern. Ich behaupte, Sie kalkulieren
    die Ausweichreaktionen, die die Menschen unternehmen
    werden, wenn dieser Entwurf Gesetz wird, nicht ein. Die
    Menschen werden sich nicht weiterhin so verhalten wie
    bisher, sondern werden andere Verhaltensweisen an den
    Tag legen. Dann werden die Einnahmen, Herr Finanzmi-
    nister, die Sie in das Finanztableau geschrieben haben,
    nicht in der Höhe hereinkommen.

    Das will ich am Beispiel der Dienstwagenbesteue-
    rung deutlich machen. Die Pauschale – das ist schon er-
    wähnt worden – wird von 1 Prozent auf 1,5 Prozent pro
    Monat steigen. Was werden die Menschen tun? – Sie wer-
    den zum Teil mehr Fahrtenbücher führen – das bedeutet

    Dr. Michael Meister

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Dr. Michael Meister
    mehr Bürokratie bei den betroffenen Menschen und mehr
    Bürokratie bei der Finanzverwaltung – oder werden auf
    kleinere Dienstwagen umsteigen. In beiden Fällen wird
    Ihnen nicht mehr Geld zukommen. Sie werden in beiden
    Fällen keine Mehreinnahmen haben. Im Gegenteil: Sie
    schwächen die Konjunktur und gefährden Wachstum und
    Arbeitsplätze. Das ist das Ergebnis Ihrer Finanzpolitik,
    ohne dass Sie im Haushalt zu einer Konsolidierung kom-
    men.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Erlauben Sie mir einen weiteren Hinweis. Diese Bun-

    desregierung hat eine Kommission zur Gemeindefinanz-
    reform eingesetzt. Wir alle warten mit Spannung auf die
    Ergebnisse dieser Kommission. Dabei wird unter ande-
    rem die Gewerbeertragsteuer angesprochen werden. Man
    wird überlegen müssen, wie das in Zukunft zu realisieren
    ist. Jetzt liegt uns das Steuervergünstigungsabbaugesetz
    vor, in dem die gewerbesteuerliche Organschaft abge-
    schafft wird. Was hat das mit einem konsistenten Entwurf
    von Steuerpolitik zu tun, wenn man eine Kommission ein-
    setzt und dann wenige Wochen, bevor das Ergebnis vor-
    gelegt wird, ein Gesetz macht, das Pflöcke einschlägt und
    Festlegungen trifft? Ich bin der Meinung, dass man, wenn
    man Kommissionen ernst nimmt, in einem Gesetz nicht
    schon Festlegungen treffen kann. Warten wir das Ergeb-
    nis der Kommission ab und entscheiden wir dann auf
    Grundlage des Berichts dieser Kommission.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es geht hier auch um das Thema Steuerausfall bei der

    Körperschaftsteuer; der Bundesfinanzminister und Herr
    Spiller haben das bereits erwähnt. Bund, Länder wie auch
    Kommunen haben das Problem, dass aufgrund der Unter-
    nehmensteuerreform 2000 massive Steuerausfälle bei der
    Körperschaftsteuer zu verzeichnen waren, bis hin zu dem
    Phänomen, dass in diesem Jahr, wie übrigens auch im
    letzten, Körperschaftsteuer ausgezahlt wird. Das ist die
    Folge Ihrer Unternehmensteuerreform 2000. Wir können
    sie für die Jahre 2001 und 2002 leider nicht mehr korri-
    gieren. Diese Schäden in den Haushalten haben Sie ver-
    ursacht. Diese sind nicht mehr korrigierbar.

    Natürlich ist es richtig: Wir sprechen über die Zukunft
    unseres Landes. Für die Zukunft müssen wir hier Korrek-
    turen vornehmen. Aber, lieber Herr Spiller, ich glaube, es
    ist vollkommen falsch, wenn Sie jetzt eine Mindestbe-
    steuerung einführen und die Verlustvorträge für die Zu-
    kunft beschränken wollen. Wir müssen an dieser Stelle
    eine Lösung suchen, um das Problem mit dem Körper-
    schaftsteueraufkommen in den Griff zu bekommen. Bitte
    machen Sie hier aber keine neuen Regulierungen wie bei
    der Mindeststeuer.

    Der Bundesfinanzminister hat zu Recht auf die kleinen
    und mittelständischen Unternehmen hingewiesen. Eine
    Mindeststeuer und eine Beschränkung des Verlustvortrags
    würde nicht nur die Kapitalgesellschaften treffen, sondern
    auch den Mittelstand und die Familienunternehmen.


    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So ist es!)

    Das bedeutet, dass wir den kleinen und mittelständischen
    Unternehmen Liquidität entziehen und die Eigenkapital-

    basis im Gegensatz zu dem, was der Finanzminister vor-
    getragen hat, nicht stärken, sondern schwächen. Deshalb
    fehlt Ihrem Gesetz vor dem Hintergrund von Basel II eine
    Mittelstandskomponente. Darüber muss man nachdenken
    und eine Lösung suchen, damit die öffentlichen Haushalte
    ohne negative Folgen für Wirtschaft und insbesondere für
    den Mittelstand konsolidiert werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Herr Spiller, wenn Sie im Gegensatz zu dem, was Sie
    hier vorgelegt haben, tatsächlich eine Steuerpolitik für
    Wachstum und Beschäftigung formulieren würden, dann
    fänden Sie uns als Partner an Ihrer Seite. Dann könnten
    wir darüber reden, wie wir diese Politik gemeinsam reali-
    sieren.Wir sind für eine echte Steuerreform und für Steuer-
    vereinfachungen. Aber das Entscheidende ist, dass die
    Verbindung zwischen Verbreiterung der Bemessungs-
    grundlage und Senkung des Tarifverlaufs erhalten bleibt
    und nicht aufgelöst wird. Was Sie machen, ist: Sie ver-
    breitern ständig die Bemessungsgrundlage – dieser Fall
    liegt hier wieder vor, das bedeutet Steuererhöhungen –
    und die Absenkung des Tarifverlaufs wird immer weiter
    in die Zukunft verschoben.

    Wie meine Vorredner heute Morgen habe ich das Ge-
    fühl, dass das Jahr 2004 für die nächste Stufe der Steuer-
    reform zwar im Gesetz steht, dass aber das Vertrauen, dass
    diese Steuersenkung tatsächlich 2004 zum Tragen
    kommt, nicht vorhanden ist. Deshalb, Herr Poß, werden
    wir uns bei den Fragen von Wachstum und Beschäftigung
    sowie bei der Generierung eines ordnungspolitisch ver-
    nünftigen Steuersystems in diesem Land sehr wohl kon-
    struktiv beteiligen. Aber wir lassen uns nicht als Mehr-
    heitsbeschaffer für Steuererhöhungen missbrauchen, wie
    Sie sie gegenwärtig vorhaben.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Der Bemerkung Ihres Fraktionsvorsitzenden, Herrn
    Müntefering, vom Wochenende, dass der Finanzierung
    des Staates Priorität vor den Bedürfnissen der Menschen
    eingeräumt werden soll, möchte ich entgegenhalten: Für
    uns steht der Mensch im Mittelpunkt unserer Politikbe-
    trachtung. Wir machen Politik für die Menschen in diesem
    Land.


    (Joachim Poß [SPD]: Wir auch!)

    – Nein, Sie machen Politik für den Staat, Herr Poß. Das ha-
    ben Sie auch geschrieben. Sie sollen aber Politik für die
    Menschen in diesem Land machen. Dabei geht es nicht um
    Parteienstreit, sondern um den Blickwinkel auf Politik.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Bauen Sie doch keinen Popanz auf!)


    Rot-Grün misstraut den Menschen in diesem Land. Sie
    misstrauen der Eigenverantwortlichkeit. Bei einer Staats-
    quote von nahezu 50 Prozent wollen Sie die Staatsquote
    weiter erhöhen.


    (Joachim Poß [SPD]: Das wollen wir nicht!)

    Sie misstrauen den Menschen auch bei der Zukunfts-

    vorsorge für das Alter. Ich mache Ihnen das am Beispiel


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    778


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 779

    der Eigenheimzulage deutlich. Wir haben Sie in den letz-
    ten zwölf Monaten vor der Wahl mehrfach gefragt: Haben
    Sie vor, die Eigenheimzulage abzubauen? Die Antwort
    aus der Bundesregierung und aus den Koalitionsfraktio-
    nen war: Wir werden die Eigenheimzulage nicht abbauen.
    Das ist in von Ihnen veröffentlichten Pressemitteilungen
    nachlesbar. Jetzt aber haben Sie die Eigenheimzulage ab-
    gebaut. Was soll man dazu sagen? Was hat das mit Ehr-
    lichkeit zu tun? Ich kann hier nicht allzu viel an Wahrheit
    erkennen.

    Ferner: Stellen Sie sich eine Familie mit zwei Kindern
    vor. Sie haben geschrieben, Sie wollten mehr für die Fa-
    milien tun. Gleichzeitig nehmen Sie mit dieser Entschei-
    dung einer Familie mit zwei Kindern rund 12 000 Euro
    weg. Was hat das mit Familienförderung zu tun?

    Sie fordern eine Gleichbehandlung von Alt- und Neu-
    bau. Natürlich kann man über die Frage der Behandlung
    von Alt- und Neubauten diskutieren. Aber ich bitte darum,
    sich daran zu erinnern, dass es in der letzten Wahlperiode
    Ihre Koalition war, die den Vorkostenabzug beim Altbau
    abgeschafft und damit zur Ungleichbehandlung von Alt-
    und Neubau beigetragen hat.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Jetzt beklagen Sie diese Ungleichbehandlung und wollen
    durch die Kürzung beim Neubau wieder Gleichbehand-
    lung herstellen. Ihr Ziel ist nicht Gleichbehandlung. Ihr
    Ziel ist die Einschränkung der Förderung des selbst ge-
    nutzten Wohneigentums, weil Sie die Menschen nicht in
    selbst genutztem Wohneigentum haben wollen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Genau das ist der Punkt!)


    Wenden wir uns einmal dem Thema Subventionsab-
    bau zu, Herr Spiller. Sie geben an, dass Sie Subventionen
    abbauen wollen. Legen Sie doch einmal Ihren Entwurf ei-
    nes Steuervergünstigungsabbaugesetzes neben den Sub-
    ventionsbericht der Bundesregierung und vergleichen
    Sie, welche Positionen, die Sie abbauen wollen, tatsäch-
    lich in dem Bericht auftauchen. Haben Sie einen falschen
    Bericht veröffentlicht, weil die Positionen, zum Beispiel
    bei der Umsatzsteuer, nicht aufgeführt waren? Haben Sie
    einen falschen Bericht erstellt und das Parlament und die
    Öffentlichkeit falsch informiert? Oder reden Sie über
    Subventionen, die nach Ihrer Meinung keine Subventio-
    nen sind, weil Sie sie im Subventionsbericht nicht aufge-
    führt haben? Sie müssen sich für eine Variante entschei-
    den. Man kann nicht über Subventionen reden, die man
    selbst nicht als Subventionen bezeichnet hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Präsident, gestatten Sie mir abschließend noch

    eine Bemerkung zum Stichwort „Vermögensteuer“. In
    diesem Zusammenhang wird angeführt: Die Reichen sol-
    len endlich Steuern zahlen. – Nehmen wir als Beispiel
    eine Familie mit zwei Kindern, die sich ein Häuschen baut
    und ein paar Mark für das Alter spart. Irgendwann ziehen
    die Kinder aus und ein Ehepartner verstirbt. Dann bleibt
    ein Freibetrag von 300 000 Euro, der durch das Haus auf-
    gebraucht wird. Für das, was für das Alter angespart wur-

    de, soll künftig Vermögensteuer gezahlt werden. Mit Ih-
    rer Vermögensteuer besteuern Sie aber nicht die Reichen
    in diesem Land, sondern die Witwer und Witwen!


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Den sozialen Kahlschlag, den Sie damit betreiben, wer-
    den Sie mit uns nicht machen können.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Das Wort hat nun der Kollege Lothar Binding, SPD-

Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Lothar Binding


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich

    habe heute alle Debattenredner gehört und möchte des-
    halb eingangs etwas zur Form der Urteilsbildung und zu
    den Ankündigungen der Opposition sagen, dass man hier
    und da – Herr Meister hat eben einige Vorschläge ange-
    deutet – recht gut zusammenarbeiten könnte, wenn die
    Regierung nur wollte.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ja!)

    Ich glaube aber, dass die Form der Urteilsbildung und der
    Stil unseres Umgangs miteinander definiert, ob so etwas
    möglich ist.

    Ich nenne ein Beispiel: Wenn jemand sagt, da habe sich
    jemand geirrt, meine ich, dass das in Ordnung ist. Auch
    dass sich jemand getäuscht habe, darf man sagen. Auch
    dass jemand nicht alle Hoffnungen und Befürchtungen
    formuliert hat, darf gesagt werden. Darf man aber, weil je-
    mand einen vielleicht klugen, vielleicht auch weniger klu-
    gen Vorschlag gemacht hat, wie Frau Merkel sagen, er
    habe perverse Auffassungen? Das wurde nicht von ir-
    gendjemandem am Stammtisch nach dem fünften Bier ge-
    sagt, sondern es ist heute im „Tagesspiegel“ zu lesen. Dort
    war auch etwas von Wahnvorstellungen zu lesen. Darf
    man das sagen und damit eine Basis zerstören, auf der Sie
    eben noch ein Gesprächsangebot gemacht haben?


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ja, wenn es doch stimmt, Herr Binding!)


    – Sehen Sie, Sie verstärken genau diese Ebene der Aus-
    einandersetzung noch. Exakt das ist das Übel.


    (Beifall bei der SPD)

    Jemand hat von einem „Amoklauf“ gesprochen oder

    – was ich noch schlimmer fand – von einem Aufruf zum
    Widerstand. Das klingt zwar modern, aber das Lahmlegen
    von Finanzämtern bedeutet etwas anderes. Das ist die im-
    plizierte Legalisierung und Belohnung im Urteil derjeni-
    gen, die gar keine Steuern mehr zahlen. Das hat auch eine
    Gerechtigkeitskomponente: Wenn niemand mehr Steuern
    zahlt, haben tatsächlich alle das Gleiche gezahlt. Das
    stimmt. Damit verhält es sich ähnlich wie mit der FDP-
    Idee, wenn jeder an sich selber denke, sei auch an jeden
    gedacht. Damit muss man aber sehr vorsichtig sein.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Dr. Michael Meister

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Lothar Binding (Heidelberg)


    Es gibt aber auch eine Aufgabe der Opposition. Diese
    Aufgabe besteht auf der einen Seite darin, Kritik an unse-
    ren Konzepten zu formulieren, auf der anderen Seite ist
    aber auch der kritische Vergleich der eigenen Konzepte mit
    denen der Regierung anzustreben. Das funktioniert aber
    nur dann, wenn man ein eigenes Konzept vorlegt. Wenn
    man die eine Hälfte vollständig vergisst, dann hat man
    seine Rolle als Opposition nicht seriös wahrgenommen.


    (Beifall bei der SPD)

    Ich meine sogar, dass es noch schlimmer ist. Das Fehlen

    eines eigenen Konzepts, kombiniert mit den eben erwähn-
    ten Zitaten „perverse Auffassungen“, „Wahnvorstellungen“
    und „Amoklauf“ – vorhin sprach sogar jemand, es war wohl
    Herr Austermann, in einem Zwischenruf von „Steuerterror“,


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Jawohl!)

    und das angesichts dessen, wie das Wort „Terror“ gerade
    zurzeit belegt ist –, zeigt, dass die Opposition Urteile fällt,
    die sie früher oder später in ihrer Aufgabe der Wahrung
    der Demokratie selber einholen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wie ist das mit der Kakophonie?)


    Das ist eine große Gefahr.

    (Beifall bei der SPD – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Sie haben ehemalige Steinewerfer in Ihrer Regierung! Was sagen Sie zu Ihren Steinewerfern? – Gegenruf des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Herr Ramsauer mit seinen Zwischenrufen!)


    Es gibt aber auch Wahrnehmungsunterschiede. Ich
    zitiere noch einmal Herrn Austermann. Er hat behauptet,
    1998 sei die Arbeitslosigkeit gesunken – wenn ich mich
    richtig erinnere, lag die Zahl der Arbeitslosen damals trotz
    ABM bei 4,8 Millionen – und das Wachstum habe bei
    3 Prozent gelegen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wahrnehmungsprobleme!)


    – Es geht nicht um Wahrnehmungsprobleme, sondern um
    die Statistik. – Wenn ich mich nicht täusche, dann sind
    3 Prozent mehr als 2 Prozent. Das Wachstum lag damals
    bei 2 Prozent. Sie behaupten aber, dass es 3 Prozent ge-
    wesen seien. Wenn ich Ihr Urteil reflexiv auf Sie an-
    wende, dürfte ich dann das Wort „Lüge“ benutzen? Denn
    Sie haben ja gerade in der jetzigen Debatte behauptet, das
    Wachstum habe 1998 bei 3 Prozent gelegen. Es waren
    aber, wie gesagt, nur 2 Prozent. Das war wahrscheinlich
    nur ein „Wahrnehmungsunterschied“.

    Sie haben des Weiteren sinngemäß gesagt, die Sozial-
    kassen seien damals übervoll gewesen. Wenn ich mich
    richtig erinnere, dann hatten wir damals Probleme mit der
    Rentenversicherung, der Krankenversicherung, der Ar-
    beitslosigkeit und der Staatsverschuldung.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Schauen Sie sich die Statistik von 1999 an! Die Statistik ist geändert worden!)


    Das sind vier „kleinere“ Probleme, die wir zwar noch
    nicht gelöst haben. Aber wir haben uns auf den Weg ge-
    macht, sie zu lösen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir haben aber auch ein Definitionsproblem. Das be-
    ginnt aus meiner Sicht beim Begriff des Mittelstandes.
    Wenn die Kollegen von der CDU/CSU das Wort „Mittel-
    stand“ benutzen, dann klingt das immer so, als ob sie den
    Handwerker um die Ecke oder den Unternehmer, der viel-
    leicht fünf oder zehn Angestellte hat, meinten. Die volks-
    wirtschaftliche Definition geht aber davon aus, dass all
    diejenigen Unternehmen zum Mittelstand gehören, die ei-
    nen Umsatz von bis zu 50 Millionen Euro und bis zu
    500 Mitarbeiter haben. Das ist die erste Definition. Die
    zweite geht von den Personengesellschaften aus. Je nach-
    dem, in welchem Kontext Sie über den Mittelstand disku-
    tieren, benutzen Sie wahlweise einmal den einen und ein-
    mal den anderen Begriff. Das kann man leicht erkennen.
    Sie behaupten, wir hätten nicht dem Mittelstand, sondern
    nur den Aktiengesellschaften und den GmbHs geholfen.
    Sie vergessen dabei natürlich, die mittelständischen
    GmbHs zu erwähnen; denn deren Steuerbelastung haben
    wir auf 25 Prozent – das ist der Körperschaftsteuersatz –
    gesenkt. Das ist eine wunderbare Sache. Deshalb haben
    wir auch diesem Teil des Mittelstandes geholfen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass wir der anderen
    Mittelstandskomponente, den Personengesellschaften,
    nicht geholfen hätten. Den Personengesellschaften haben
    wir in der Tat nicht durch Steuersenkungen helfen kön-
    nen; denn diese zahlen überhaupt keine Steuern. Der Ge-
    winn einer Personengesellschaft – das ist vielleicht nicht
    so bekannt – wird nicht besteuert, sondern – wie durch ein
    Wunder – dem Einkommen des Anteilseigners zugerech-
    net und als Einkommen versteuert. Die Einkommensteuer
    haben wir definitiv gesenkt. Deshalb haben wir auch den
    kleinen und mittleren Betrieben des Mittelstandes, die in
    der Rechtsform der Personengesellschaft organisiert sind,
    in erheblichem Maße geholfen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es ist also wichtig, die unterschiedlichen Definitionen
    von „Mittelstand“ auseinander zu halten; denn nur dann
    kann man den Wahrheitsgehalt einer Aussage überprüfen.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr gut!)


    Wir haben mit Sicherheit aber auch ein Problem mit dem
    Begriff der Subvention. Ein Kollege sagte vorhin, wenn er
    für Subventionsabbau plädiere, dann habe er 120 Prozent
    Zustimmung. Wenn aber jemand einen konkreten Vorschlag
    zum Subventionsabbau macht, dann wird sich derjenige
    – das wird niemanden hier verwundern – gegen den Abbau
    der Subvention wehren, der von der Subvention bisher pro-
    fitiert hat. Deshalb bekommen wir entsprechende Briefe.
    Ich finde es auch in Ordnung, dass sich diejenigen beschwe-
    ren, denen man die Subvention streicht. Diese vergessen
    aber, dass jede Subvention, die ein Einzelner, eine Gruppe
    oder eine Branche erhält, von allen Steuerzahlern finanziert
    werden muss. Natürlich vermissen wir die Dankesbriefe der
    Steuerzahler, wenn wir Subventionen streichen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    780


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 781

    Auch die Senkung der Einkommensteuer und der Körper-
    schaftsteuer muss von allen Steuerzahlern finanziert wer-
    den, also auch von denjenigen, die jetzt auf Subventionen
    verzichten müssen.

    Herr Meister, unser Ansatz ist, die Bemessungsgrund-
    lage zu verbreitern, die steuerlichen Ausnahmen – Jörg-
    Otto Spiller hat ja alle aufgezählt – zu beseitigen und die
    Steuersätze zu senken. Wenn Sie sich richtig erinnern,
    dann müssen Sie zugeben, dass wir das auch erreicht ha-
    ben; denn 25,9 Prozent Einkommensteuersatz sind mehr
    als 15 Prozent. Momentan sind es 19 Prozent, ungerade.
    Auch nach Ihrer Rechnung dürften 40 Prozent mehr sein
    als 25 Prozent. Sie sehen also, dass die Steuersätze gesenkt
    wurden und dass die Bemessungsgrundlage verbreitert
    wurde. Das entspricht Ihrem Kompromissvorschlag. Er
    steht aber schon im Gesetz. Das gilt auch für 2004 und
    2005. Insofern ist das, was Sie vorschlagen, leider kein
    neues Konzept. Das hätten wir gerne gehabt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Man muss aber zugeben: Spurenelemente eines eige-
    nen Konzepts hat heute Herr Merz vorgetragen. Er hat zu
    Herrn Eichel hinübergesehen und gesagt: Ich mache Ih-
    nen den Vorschlag ... – das korrigierte er gleich –, ich ma-
    che Ihnen das Angebot, noch vor Jahresende über das
    Scheinselbstständigengesetz zu sprechen. Anschließend
    kamen noch vier Aspekte und er fasste zusammen: Ich
    mache Ihnen den Vorschlag, darüber zu reden, eine intel-
    ligente Lösung bei der Flexibilisierung zu finden. Als ob
    für unsere Probleme das einzig mögliche Konzept sei, da-
    rüber zu reden, die Flexibilisierung zu verbessern.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber ein wichtiges!)


    Als konkretes Beispiel nannte er den Kündigungsschutz.
    Was bedeutet es jedoch im Ergebnis, Ihren Begriff „Kün-
    digungsschutz“ mit Flexibilisierung zu kombinieren? –
    Das bedeutet Abschaffung des Kündigungsschutzes.
    Dann soll man das auch so benennen.


    (Beifall bei der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Witzbold!)


    Im Rückblick und wenn man über Konsequenzen nach-
    denkt, die man heute als Spätfolgen einer Politik, die vor
    unserer Zeit liegt, zu ziehen hat, möchte ich auf Folgendes
    hinweisen: In den 80er- und 90er-Jahren gab es Flexibilisie-
    rung und keine Ökosteuer. Wir hatten weltwirtschaftliches
    Wachstum. Die Inflationsrate war erträglich. Wir hatten mit
    den Fördergebietsgesetzen ein Wahnsinnsprogramm. Die
    Gewinnsteuern konnten ohne Ende weggestaltet werden.
    Was ist in all dieser wunderschönen Landschaft passiert? –
    Die Arbeitslosigkeit und die Staatsverschuldung sind ge-
    stiegen. Das aufzuräumen ist heute unsere Aufgabe. Ich
    meine, ausgehend von dieser schwierigen Basis haben wir
    schon einiges geleistet.


    (Beifall bei der SPD)

    Jetzt komme ich auf einzelne Punkte zu sprechen, die,

    wenn man Ihr Vokabular benutzen würde, vielleicht sozu-
    sagen zum Grenzfall der Lüge hin definiert werden könn-
    ten. Aber ich sage einmal: Das waren Irrtümer und viel-
    leicht mangelnder Sachverstand. Der Kollege Merz sagte
    heute, es habe ein Körperschaftsteuergeschenk gegeben.

    Die versteuerten Unternehmensgewinne seien im Nach-
    hinein entlastet worden in der Annahme, dass die EK 45
    und die EK 40 auf 25 Prozent heruntergezogen würden.
    Das entspricht aber nicht der Wahrheit. Die Wahrheit ist:
    EK 45 und EK 40 gingen nur auf 30 Prozent zurück. Des-
    halb hat Herr Merz an dieser Stelle – ich möchte es vor-
    nehm sagen – nicht die Wahrheit erreicht.


    (Joachim Poß [SPD]: Der wusste das nicht besser! Er hat nämlich keine Ahnung!)


    – Das ist natürlich möglich. Wenn einer etwas nicht weiß,
    werfe ich es ihm nicht vor. Deshalb habe ich gesagt: „Die
    Wahrheit nicht erreicht.“ Dann bin ich auf der sicheren
    Seite.


    (Beifall bei der SPD)

    Dabei hat er vergessen, dass wir die Verlustvorträge, die

    damals entstanden sind, in der letzten Legislaturperiode ver-
    kraften mussten. Für die Zuschauer im Saal sage ich: Erst
    wir haben damit aufgehört, dass nicht wie früher die Kör-
    perschaftsteuer dem Staat nur geborgt wurde. Wenn eine
    Aktiengesellschaft eine Körperschaftsteuer in den Steuer-
    topf von Waigel gegeben hat, dann hat er diese ausgegeben
    und ein paar Schulden gemacht. Hans Eichel musste die
    Körperschaftsteuer einige Jahre später an die Anteilseigner
    wieder auszahlen. Es war also eine geliehene Steuer. Das ist
    heute nicht mehr so. Das ist eine ganz wichtige Sache.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich komme nun auf ein schönes, aber falsches Bild zu
    sprechen. „Beton statt Bildung“ war ein wunderbares
    Motto. Artikel 104 a des Grundgesetzes bezieht sich auf
    investive Mittel. Das bedeutet eben nicht nur Beton – das
    ist auch ein Wahrnehmungsunterschied –, sondern das
    sind die Mittel für Bibliotheken und deren Einrichtungen,
    sodass man sich vielleicht, wenn man den Begriff „Beton“
    weit genug fasst, vorstellen muss, dass künftige Bücher
    von Merz aus Beton sind.


    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Es wurde auch gesagt, die Steuerbelastung habe den
    Höchststand erreicht. Ich möchte darauf hinweisen, dass
    die Steuerquote nach dem Urteil des Sachverständigenra-
    tes so niedrig ist wie seit elf Jahren nicht mehr und die Ab-
    gabenquote – ich nenne aus der Tabelle ein unverdächtiges
    Datum – 1987 bei 38,8 Prozent lag. Heute liegt sie bei
    38,5 Prozent. Nach meiner Einschätzung ist 38,8 Prozent
    mehr als 38,5 Prozent.


    (Beifall bei der SPD)

    Ein weiteres unverdächtiges Datum ist das Jahr 1995.