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  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 733 A Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) (Drucksache 15/150) . . . . . . . . . . . . . . 733 D b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2002 (Nach- tragshaushaltsgesetz 2002) (Drucksache 15/149) . . . . . . . . . . . . . . 733 D c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Ent- wicklung der Finanzwirtschaft des Bundes (Drucksache 15/151) . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergüns- tigungsabbaugesetz – StVergAbG) (Drucksache 15/119) . . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Weniger Staat – weniger Steuern (Drucksache 15/122) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Jürgen Koppelin, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Keine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Drucksache 15/123) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 B Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 734 C Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 745 C Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 750 D Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 754 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 758 D Walter Schöler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 762 D Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 766 A Anja Hajduk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 768 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 770 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 771 C Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773 C Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . 776 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 776 D Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . . 779 C Plenarprotokoll 15/12 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 7: a) Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem NATO- geführten Einsatz auf mazedoni- schem Territorium zur weiteren Sta- bilisierung des Friedensprozesses und zum Schutz von Beobachtern internationaler Organisationen im Rahmen der weiteren Implementie- rung des politischen Rahmenabkom- mens vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Ersuchens des maze- donischen Präsidenten Trajkovski vom 21. November 2002 und der Re- solution 1371 (2001) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen vom 26. September 2001 (Drucksache 15/127) . . . . . . . . . . . . . . 782 A b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Februar 2002 zwischen derRegie- rung der Bundesrepublik Deutsch- land und derRegierung derRepublik Polen über die Zusammenarbeit der Polizeibehörden und derGrenzschutz- behörden in den Grenzgebieten (Drucksache 15/11) . . . . . . . . . . . . . . . 782 B c) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Juli 2001 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Bau einer Grenz- brücke an der gemeinsamen Staats- grenze in Anbindung an die Bundes- straße B 20 und die Staatsstraße I/26 (Drucksache 15/12) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C d) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des inter- nationalen Insolvenzrechts (Drucksache 15/16) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren (Ergänzung zu TOP 7): Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicher- heitsunterstützungstruppe in Afghanis- tan auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002 und 1444 (2002) vom 27. November 2002 des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen (Drucksache 15/128) . . . . . . . . . . . . . . . . 782 C Tagesordnungspunkt 8: a) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 1 zu Petitionen (Drucksache 15/57) . . . . . . . . . . . . . . . 782 D b) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 2 zu Petitionen (Drucksache 15/58) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A c) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 3 zu Petitionen (Drucksache 15/59) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A d) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 4 zu Petitionen (Drucksache 15/61) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A e) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 5 zu Petitionen (Drucksache 15/62) . . . . . . . . . . . . . . . 783 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 783 B Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 784 D Elke Ferner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787 A Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 789 B Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 790 C Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 792 A René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794 B Dr. Christian Eberl FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 795 C Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker SPD . . . . . . 796 D Albrecht Feibel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 798 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 800 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 801 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 802 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 802 B Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 805 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002II Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809 C Christoph Hartmann (Homburg) FDP . . . . . 811 A Ulla Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812 B Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 815 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 817 B Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 818 C Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 819 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 820 D Ulrich Kasparick SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822 B Marion Seib CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 823 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 D Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ 826 A Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 829 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 832 B Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 A Otto Fricke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 D Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835 A Antje Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 837 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 840 A Klaus Haupt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 841 B Marlene Rupprecht (Tuchenbach) SPD . . . . 842 C Thomas Dörflinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . 844 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zurAuf- hebung des Gesetzes zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Än- derung des GAK-Gesetzes (Drucksache 15/108) . . . . . . . . . . . . . . . . 846 D Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . 847 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 848 D Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 850 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 851 C Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 852 B Gabriele Hiller-Ohm SPD . . . . . . . . . . . . . . . 853 D Ursula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 855 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 855 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 857 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 859 D Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . 860 A Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 861 C Cornelia Behm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 863 B Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 864 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 865 B Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 866 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 868 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 869 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 733 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 Beginn: 10.00 Uhr
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    (A) (C) 868 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 869 (C)(A) Adam, Ulrich CDU/CSU 03.12.2002* Borchert, Jochen CDU/CSU 03.12.2002 Bury, Hans Martin SPD 03.12.2002 Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 03.12.2002 Hartmut Dr. Däubler-Gmelin, SPD 03.12.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 03.12.2002 Gradistanac, Renate SPD 03.12.2002 Gröhe, Hermann CDU/CSU 03.12.2002 Großmann, Achim SPD 03.12.2002 Hörster, Joachim CDU/CSU 03.12.2002* Hofbauer, Klaus CDU/CSU 03.12.2002 Kubicki, Wolfgang FDP 03.12.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 03.12.2002* Dr. Lucyga, Christine SPD 03.12.2002* Möllemann, Jürgen W. FDP 03.12.2002 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 03.12.2002 Rauber, Helmut CDU/CSU 03.12.2002** Schild, Horst SPD 03.12.2002 Dr. Stadler, Max FDP 03.12.2002 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 03.12.2002 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des OSZE entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Wenn man die Presseberichte liest, hat man den
    Eindruck, dass in der Regierung und in den sie tragenden
    Koalitionsfraktionen das Chaos ausgebrochen ist.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie widersprechen sich geradezu stündlich. Vor wenigen
    Tagen fordert Herr Müntefering weitere Steuererhöhun-
    gen. Er meint, dass die bisherigen noch nicht genug seien.
    Wahrscheinlich hat er den Steuersong, den man dem Bun-
    deskanzler in den Mund gelegt hat, ernst genommen. Er
    will jetzt an unser Bestes, an unseren Zaster, ran –


    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    als ob er nicht wüsste, dass der Staatsanteil am Volksein-
    kommen schon heute bei 56 Prozent liegt, das heißt, dass
    der Staat 56 Prozent dessen, was die Bürger erwirtschaf-
    ten, für sich, für seine Bürokratie und insbesondere für die
    unnötigen Ausgaben beansprucht, die die Bundesregie-
    rung veranlasst hat. Herr Müntefering will noch mehr.
    Was soll denn der Bürger denken, wenn der Bundeskanz-
    ler an dem Tag, an dem von seiner Bundesregierung Vor-
    schläge für 41 Steuererhöhungen im Parlament einge-
    bracht werden, höhere Steuern ausschließt? Das ist doch
    ein Skandal.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Antje Hermenau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der Abbau von Vergünstigungen! Hören Sie auf mit der Erhöhungslüge!)


    Die Grünen distanzieren sich zwar öffentlich davon, be-
    schließen aber alles mit.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Genauso ist es!)

    Diese Methode kennen wir ja seit langem. Gerade in der
    Steuerpolitik haben Sie sich vier Jahre darin geübt. Frau
    Scheel ist Vorreiterin dieser Politik. Diese wird jetzt fort-
    gesetzt. In der Rentenpolitik steht uns gerade das Gleiche
    bevor.


    (Dirk Niebel [FDP]: Man muss viele Kröten küssen, bevor man einen Prinzen trifft!)


    Ich möchte nur noch ein paar ökonomische Grundsätze
    ansprechen, bei denen es sich um Binsenwahrheiten han-
    delt, für die Sie nicht Ökonomie studiert haben müssen,
    um sie zu verstehen. Wenn Sie ein höheres Steuerauf-
    kommen erzielen wollen, dann müssen Sie diejenigen
    stärken, die die Steuern erwirtschaften. Sie dürfen die Kuh
    nicht schlachten, die Sie melken wollen. Aber genau das
    tun Sie. Sie entziehen dem Wirtschaftskreislauf durch Ihre
    Maßnahmen 25 Milliarden bis – ansteigend – 35 Milliar-
    den Euro pro Jahr. Der entscheidende Fehler der Politik
    von Hans Eichel ist: Er redet vom Sparen, aber er gibt
    mehr aus.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Unter Sparen verstehe ich weniger ausgeben. Er will sei-
    nen Haushalt über die Einnahmeseite sanieren, indem er
    die Steuerbelastungen erhöht. Genau das ist falsch. Wenn

    Sie wollen, dass die Bürger mehr Geld ausgeben, mehr
    konsumieren und dass die Unternehmer mehr investieren,
    dann müssen Sie sie entlasten, damit es in der Wirtschaft
    besser läuft und Wirtschaftsdynamik entsteht. Nur dann
    erhöhen sich die Steuereinnahmen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Damit Sie uns nicht vorwerfen, wir legten keine Alter-
    nativvorschläge vor, weise ich darauf hin: Wir haben
    vor der Bundestagswahl ein detailliert ausgearbeitetes
    Steuervereinfachungs-, Steuerreform- und Steuersen-
    kungsprogrammmit einem Gesamtvolumen von 35Mil-
    liarden Euro pro Jahr und auch entsprechende Finanzie-
    rungsvorschläge vorgelegt.


    (Antje Hermenau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die nicht funktionieren!)


    Man mag nicht jedem einzelnen Vorschlag zustimmen.
    Aber dann soll man andere Vorschläge machen. Wir je-
    denfalls haben Vorschläge vorgelegt.

    Es macht nur Sinn, steuerliche Ausnahmen, soweit es
    welche sind – zum großen Teil handelt es sich um reine
    Steuererhöhungen –, zu streichen, wenn dies in ein Steu-
    erreformkonzept eingebaut wird, bei dem die Bürger
    wissen, dass sie insgesamt steuerlich weniger belastet
    werden. Das ist der entscheidende Unterschied.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das ist genau die Philosophie der Steuerpolitik, die in

    einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise betrieben werden
    müsste.

    Zweitens. Zur Haushaltssanierung: Selbstverständ-
    lich müssen Sie den Haushalt sanieren, aber nur durch we-
    niger Ausgaben. Sie müssen die Strukturen reformieren,
    damit sie effizienter werden, damit Bürokratie abgebaut
    werden kann, damit die Ausgaben gesenkt werden kön-
    nen.


    (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch mal, wo Sie noch außer bei der Kohle sparen wollen! – Dr. Elke Leonhard [SPD]: Das sind Binsenweisheiten!)


    Erst dann entlasten Sie die Wirtschaft, erreichen Sie mehr
    Steuereinnahmen und schließen Sie die Lücken im Haus-
    halt. Ich sage Ihnen voraus: So, wie Sie es machen, wer-
    den Sie erleben, dass die Lücken im Haushalt von Jahr zu
    Jahr breiter werden und die Arbeitslosigkeit weiter an-
    steigen wird, denn es gibt keine Incentives für mehr Be-
    schäftigung.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Drittens. Der zentrale Wettbewerbsnachteil des Stand-
    ortes Bundesrepublik Deutschland liegt doch darin, dass
    die Produktionskosten in Deutschland zu hoch sind. Die
    Produktionskosten setzen sich aus den Kosten für Arbeit
    und für Kapital zusammen. Nachdem wir durch die hohen
    Lohnzusatzkosten ohnehin die höchsten Arbeitskosten
    der Welt haben, müsste es die Politik einer verantwor-
    tungsbewussten Bundesregierung sein, bei den Lohnzu-
    satzkosten zu Einsparungen zu kommen. Davon haben


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    766


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 767

    Sie ja auch gesprochen. Herr Riester hat das immer ge-
    wollt. Aber was ist das Ergebnis Ihrer Politik?


    (Elke Ferner [SPD]: 20,3 Prozent waren es 1998!)


    Die Beiträge für die Rentenversicherung steigen auf
    19,5 Prozent. Sie hatten zugesagt, dass diese unter 19 Pro-
    zent bleiben würden. Die Beiträge zu den Krankenversi-
    cherungen steigen auf 15 Prozent und mehr an. Das ist
    von Versicherung zu Versicherung unterschiedlich. Die
    Beiträge zur Arbeitslosenversicherung können nicht sin-
    ken, sondern – im Gegenteil – die Arbeitslosenversiche-
    rung beansprucht immer mehr Steuermittel, um am Leben
    zu bleiben. Das ist genau das Gegenteil dessen, was not-
    wendig ist. Die Arbeitskosten steigen, und Sie erreichen
    damit steigende Arbeitslosigkeit, was wiederum die
    Haushalte beansprucht.

    Zu den Kapitalkosten – das ist wirklich phantas-
    tisch –: Wenn die Arbeitskosten schon so hoch sind, müss-
    ten wenigstens die Kapitalkosten niedrig sein, damit sich
    Beschäftigung in Deutschland noch lohnt. Aber in Ihrem
    Maßnahmenpaket werden auch die Kapitalkosten erhöht.
    Es ist für mich völlig unverständlich, wie in einer solchen
    Situation Herr Eichel in der europäischen Diskussion dem
    Phantom von Kontrollmitteilungen nachlaufen kann. Sie
    müssen sich das einmal praktisch vorstellen. In Europa
    gibt es etwa 2,5 Milliarden Bankkonten. Nun soll eine
    Bürokratie für Kontrollmitteilungen über diese Unzahl
    von Bankkonten mit der Gefahr von unzähligen Namen-
    verwechslungen aufgebaut werden. Das ist absurd. Es
    gibt – das habe ich Herrn Eichel auch schon mehrfach ge-
    sagt – ein ganz einfaches Mittel:


    (Zuruf von der FDP: Der ist nicht einmal da!)

    Sie müssen eine einfache Abgeltungssteuer mit einem
    niedrigen Zinsniveau einführen, die an der Quelle, näm-
    lich bei der Bank, erhoben wird.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie brauchen keine Kontrollmitteilungen, denn die
    Steuer kann nicht umgangen werden. Das wäre ein Vor-
    schlag, der in Europa verfolgt werden müsste. Die
    Schweizer haben das der Europäischen Kommission er-
    klärt. Die Mitglieder der Kommission sind jedoch nicht
    zur Vernunft zu bringen, weil sie von ihren Vorurteilen
    und Ideologien nicht abgehen können. Hinzu kommen
    natürlich die Steuern auf den Gewinn von Aktien-, Im-
    mobilien- und Investmentfondsanteilverkäufen, die Min-
    destbesteuerung – das alles führt zur Erhöhung der Kapi-
    talkosten – und schließlich die fatale Diskussion um die
    Wiedereinführung der Vermögensteuer und die Anspan-
    nung der Erbschaftsteuer.Meine Damen und Herren, der
    größte Skandal ist jedoch, wie Herr Steinbrück und Herr
    Gabriel das begründen, nämlich zur Finanzierung der Bil-
    dungspolitik.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das kann man wohl sagen!)


    Die beiden Herren und ihre Vorgänger, der Superminister
    Clement und der Bundeskanzler Gerhard Schröder, haben
    doch das Schlamassel der Bildungspolitik in Niedersach-
    sen und Nordrhein-Westfalen selber angerichtet.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Und die Bürger sollen jetzt die Suppe auslöffeln.Wir ha-
    ben uns international in den Tests der Schüler über alle
    Maßen blamiert. Das gilt gerade für die Schüler aus die-
    sen Ländern. Jetzt sagen Sie, damit das beseitigt werden
    könne, solle der Bürger Vermögensteuer bezahlen. Diese
    Begründung ist schon ein absoluter Skandal.

    Wir haben in Hessen das Chaos in der Bildungspolitik,
    das uns da Rot-Grün zurückgelassen hat, innerhalb von
    vier Jahren beseitigt.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir haben 3 000 Lehrer eingestellt, ohne neue Steuern

    einzuführen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: War der Eichel da nicht?)

    Diese Lehrereinstellungen haben dazu geführt, dass der
    Unterrichtsausfall beseitigt worden ist. Das haben wir vor
    der Wahl zugesagt, und das haben wir eingehalten.


    (Erika Lotz [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)

    Wir werden die Bildungsreform in Richtung auf mehr

    Qualität nach der Landtagswahl fortsetzen.
    In Niedersachsen haben die Sozialdemokraten genau

    das Gegenteil getan. Der Steuerzahler aber soll jetzt die
    Zeche bezahlen.


    (Dirk Niebel [FDP]: Da wird sozusagen der Bock zum Gärtner gemacht!)


    Es ist schon eine gewaltige Frechheit, was Sie uns da zu-
    muten.


    (Beifall bei der FDP)

    Hinzu kommen die Mindestbesteuerung und andere

    völlig unangemessene Vorschläge. In der Summe kann man
    sagen: Der Regierung fehlt einfach ein ordnungspoliti-
    sches Konzept.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wo soll es denn herkommen, Herr Kollege?)


    Ihr fehlt der ökonomische Sachverstand. Herr Eichel,
    diesen Vorwurf muss ich Ihnen machen.

    Ich will jetzt nicht auf die zusätzliche Besteuerung der
    Immobilien eingehen, weil meine Redezeit zu Ende ist.
    Ich will nur sagen: Ihre Ideologie sieht anscheinend so
    aus, wie es einmal Ronald Reagan den Demokraten in den
    USA vorgeworfen hat.


    (Dr. Elke Leonhard [SPD]: Die Demokraten waren sehr erfolgreich!)


    Ronald Reagan hat gesagt: Wenn sich in der Wirt-
    schaft etwas bewegt, dann muss man es besteuern. Und
    wenn sich immer noch etwas bewegt, dann muss man es
    regulieren, bis es erdrosselt wird.


    (Stephan Hilsberg [SPD]: Sie taugen nicht zum Kabarettisten!)


    Und wenn sich dann nichts mehr bewegt, dann muss man
    es wieder subventionieren. – Das ist Ihre Philosophie ei-
    ner Ökonomie.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Steuern, bis sich nichts mehr bewegt!)


    Dr. Hermann Otto Solms

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Dr. Hermann Otto Solms
    Das ist aber die Realisierung des demokratischen Sozia-
    lismus in der westlichen Bundesrepublik, das ist sozusa-
    gen die DDR ohne Honecker.


    (Lachen bei der SPD – Elke Ferner [SPD]: Das wird immer schlimmer!)


    Das ist aber keine freie Marktwirtschaft. Für eine solche
    Politik werden Sie uns nicht als Partner gewinnen können.
    Wir werden dieser Politik widersprechen. Wir werden
    dafür Sorge tragen, dass vieles von dem, was Sie vor-
    schlagen, den Bundesrat nicht überstehen wird.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Anja Hajduk,

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Anja Hajduk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sowohl

    die Zahlen des Haushaltsentwurfes 2003 als auch erst
    recht die des Nachtragshaushaltes und die Debatte haben
    gezeigt, dass die Situation sehr ernst und nur äußerst
    schwer zu meistern ist.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Aha!)

    Das geben wir zu.

    Ich finde es in Ordnung, wenn Sie uns als Opposition
    angreifen. Aber dabei dürfen Sie es sich nicht zu leicht
    machen. Ich möchte meine Wahrnehmung begründen,
    dass Sie es sich zu leicht machen.

    Herr Austermann und Herr Merz haben sich zwar nicht
    nur – zum Arbeitsmarkt haben sie andere Vorstellungen
    vorgetragen –, aber vorrangig mit Vergangenheitsbewäl-
    tigung befasst. Natürlich haben sie auch viel als Begrün-
    dung für den Untersuchungsausschuss angeführt.

    Die Verwirklichung der Vorschläge der FDPwürde uns
    dahin bringen – Herr Rexrodt hat auch nicht vermieden,
    es auszusprechen –, jetzt im akuten Fall noch mehr Schul-
    den zu machen. Das halte ich für völlig unangebracht.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Völlig unangemessen finde ich bei der Ernsthaftigkeit
    der Lage, dass Sie, wenn der Finanzminister von dem
    spricht, was wir in den letzten vier Jahren gemacht haben,
    und wenn er auf die Steuersenkungen hinweist, in Hohn-
    gelächter ausbrechen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf des Abg. Dietrich Austermann [CDU/CSU])


    Es ist doch so, dass Sie, Herr Austermann – ich habe
    das mit Interesse nachgelesen – ,noch in der Finanzde-
    batte zum Koalitionsvertrag mit Worten wie Schlamperei
    davon gesprochen haben, dass 50 Milliarden an Steuer-
    einnahmen im Rahmen der Unternehmensteuerreform
    verballert worden seien.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ja!)


    Sie machen es sich zu leicht. Auch Herr Merz bleibt unter
    seinen finanzpolitischen Möglichkeiten, die er unbestrit-
    ten hat, wenn er behauptet, das beruhe einzig und allein
    auf handwerklichen Fehlern. Sie wissen genau, dass das
    etwas mit der Konjunktur und mit Tarifsenkungen, die Sie
    immer fordern, zu tun hat. Deshalb ist das, was Sie ma-
    chen, unwahrhaftig. Das hat auch damit zu tun, was die
    Kollegin Hermenau richtig gesagt hat: Sie bewegen sich
    auf sehr dünnem Eis, wenn es darum geht, dass Ihnen die
    Leute überhaupt noch glauben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Schauen Sie die Umfragen an!)


    – Ja, die Umfragen sind für die Regierungsparteien im
    Moment nicht gut; aber sie zeigen auch keine Begeis-
    terung für die Opposition. Ich würde an Ihrer Stelle ein-
    mal die Berichterstattung derjenigen Presseorgane sehr
    genau lesen, die sicherlich nicht verdächtig sind, es Rot-
    Grün leicht zu machen. In diesen Veröffentlichungen wird
    klipp und klar geschrieben: So wie Sie sich verhalten, ver-
    halten sich Verlierer, die ihre Wahlniederlage nicht ver-
    kraftet haben.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Völliger Quatsch!)


    Ihnen wird von unabhängiger Seite der Vorwurf gemacht,
    das Problem im Grunde genommen zu verstärken. Auch
    Sie haben mit der Vertrauenskrise im Grunde eine ganze
    Menge zu tun. Ich will unseren Part nicht kleinreden,
    wenn ich darauf hinweise, dass Sie die Glaubwürdigkeit
    und die Ernsthaftigkeit der Politik infrage stellen. Herr
    Austermann, das wird eindeutig auf Sie und auf Ihre Frak-
    tion zurückfallen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich will nicht davon sprechen, dass es Sinn macht, ein-
    seitige Schuldzuweisungen vorzunehmen. Auch uns ist in
    den letzten vier Jahren einiges nicht gelungen. Jetzt muss
    man über die Richtung, die wir einschlagen, reden. Ich
    möchte ganz deutlich sagen: Ich halte einseitige Schuld-
    zuweisungen für lächerlich; aber Selbstzufriedenheit der
    Opposition ist mindestens genauso lächerlich.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Herr Austermann, wie können Sie sich hierhin stellen
    und behaupten, Sie hätten uns 1998 Wunderbares hinter-
    lassen. Die Steuerquote, die Staatsquote, die Lohnneben-
    kosten, das alles war 1998 höher als heute.


    (Antje Hermenau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist das!)


    Nehmen Sie sich eigentlich selbst ernst, wenn Sie gegen
    uns argumentieren? Wie Sie das tun, können Sie es kei-
    nem glaubhaft machen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Es ist ebenfalls regelrecht volksverdummend, wenn Herr
    Merz wider sein Wissen sagt, er könne mit der Gesamt-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    768


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 769

    verschuldung gegen Rot-Grün argumentieren. Der Auf-
    wuchs der Gesamtverschuldung in der letzten Phase Ihrer
    Regierungszeit lag mit 141 Milliarden Euro immer noch
    weit über dem, was wir angehäuft haben. Das gilt selbst
    dann, wenn man die UMTS-Erlöse weglässt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: 210 Milliarden sind mehr als 140 Milliarden!)


    –Das ist nicht wahr. Sie können das genauso mit der Netto-
    kreditaufnahme begründen.

    Wenn Sie also meinen, Sie hätten uns 1998 etwas Gutes
    übergeben, dann ist dieses Urteil selbstgerecht. Ich will
    Ihnen sagen: Sie können keinem Menschen in diesem
    Land – wir, die Politiker der Regierung und der Regie-
    rungskoalition, sind in dieser Hinsicht nicht so wichtig –
    glaubhaft machen, dass unsere Haushaltsprobleme erst
    seit vier Jahren bestehen. Die Menschen wissen, dass es
    um viel ernstere und grundsätzlichere strukturelle Ände-
    rungen geht.

    Ich möchte noch auf eine Unehrlichkeit eingehen, die
    mich besonders sorgt: die Unehrlichkeit in der Debatte
    über steuergesetzliche Änderungen. Heutzutage – das be-
    dauere ich sehr – ruft man in ein und demselben Atemzug
    nach dem Abbau von Ausnahmetatbeständen, also
    nach dem Schließen so genannter Schlupflöcher, und mo-
    kiert sich darüber, dass wir mit diesem Gesetz unverzeih-
    liche Steuererhöhungen vornähmen.

    Dazu muss ich Ihnen einmal Folgendes sagen: In Ham-
    burg, wo ich herkomme, ist Herr Uldall, ein geschätzter
    Kollege von Ihnen, Wirtschaftssenator.


    (Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Sehr guter Mann! – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wessen Scherben musste er eigentlich beseitigen?)


    Er ist immer mit der Forderung nach einem radikalen Ab-
    bau von Steuervergünstigungen angetreten. Wir müssen
    uns doch fragen, ob wir ein einfaches und transparentes
    Steuersystem wollen. Wenn auch Sie das wollten, dann
    müssten Sie den Schneid haben zu sagen: Wir machen
    diesen Abbau von Sondertatbeständen mit. Sie können
    uns treiben, indem Sie fordern, die Tarife noch mehr zu
    senken, als wir es 2004 und 2005 machen werden. Wenn
    wir das täten, hätten wir es aber mit dem Problem eines
    Haushaltsdefizits zu tun, das nicht mehr europaverträg-
    lich ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie reden immer wieder Steuererhöhungen herbei. Das
    führt auch dazu, dass wir eine sehr unwahrhaftige und
    wirklich verlogene Steuerdebatte in Deutschland führen.
    Ich bedauere das. Auch Sie wollten bei Steuervereinfa-
    chungen mitmachen. Wir werden aber auch ohne Sie
    dafür sorgen und wir werden den eingeschlagenen Weg
    durchstehen.

    Ich möchte etwas zur Struktur des Sparpakets sagen.
    Entgegen unserem ersten Regierungsentwurf müssen wir
    im Haushalt 2003 18 Milliarden Euro konsolidieren.

    2,8 Milliarden Euro dieser 18 Milliarden Euro werden
    durch den Abbau von Steuervergünstigungen eingespart.
    3,4 Milliarden Euro, also ein relativ geringer Teil, werden
    durch das Heraufsetzen der Nettoneuverschuldung – si-
    cherlich kein schöner Vorgang – finanziert. 11 Milliar-
    den Euro, also der allergrößte Teil, werden durch Ausga-
    benbegrenzungen eingespart. Sie müssen zur Kenntnis
    nehmen – wir werden das auch nach außen hin so vermit-
    teln –, dass das ein sozial sehr ausgewogener Mix ist, der
    uns vor allem im Hinblick auf die Struktur des Haushalts
    voranbringen wird. Diese Maßgabe setzen wir uns selbst.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Das glaubt Ihnen aber keiner!)


    – Das hat nichts mit Glauben zu tun. Es ist vor allem wich-
    tig, die Aufgabe ernst zu nehmen. Dieses Sparpaket ist
    nicht verzichtbar.

    Wenn Sie die Sätze von Herrn Solbes lesen, der sowohl
    die Regierung als auch die Opposition ermahnt, nicht
    nachzulassen bei diesen Sparbemühungen, dann müssen
    Sie zugeben, dass er Recht hat. Leider ist hier eines von
    Ihnen angedeutet bzw. angekündigt worden: Das größte
    Risiko für eine vernünftige Haushalts- und Finanzpolitik
    ist die CDU/CSU.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ich will das Blockaderisiko auf der Länderseite ein-
    mal in Milliarden betiteln: Das sind 1,5 Milliarden Euro
    in 2003 und das wächst extrem auf 4,6 und 6,7 Milliar-
    den Euro an, allein für den Bundeshaushalt in den Folge-
    jahren. Die Länder, die auch ordentlich ächzen, hätten
    eine Haushaltsverbesserung von 2 Milliarden Euro im
    nächsten Jahr, wachsend auf 6,9 und 10 Milliarden Euro.

    Man kann das alles verteufeln, wie die FDP es machen
    will, indem sie sagt: Wir wollen nicht mehr Steuern ein-
    nehmen. Ich sage Ihnen: Steuern einzutreiben ist aufgrund
    einer besseren Effektivität sinnvoll und richtig. Sie müs-
    sen sich vorstellen, was für Folgen es hat und was es für
    die Weichenstellung des Haushalts 2004 bedeutet, wenn
    Sie das nicht mitmachen. Ich möchte an dieser Stelle nicht
    vergessen, dass wir ab 2004 und 2005 im Grundsatz eine
    große Steuerreform machen, bei der es um weitgehende
    Steuerentlastung über die Tarife geht. Ich wiederhole:
    Wir wollen die Vereinfachung und ein Absenken der Ta-
    rife. Eigentlich waren wir uns da einmal einig.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich komme jetzt abschließend noch kurz zum wichtigs-
    ten Punkt und blicke in die Zukunft. Es ist so, dass ich ei-
    nes in dieser Debatte insbesondere von der Oppositions-
    seite vermisst habe. Ich glaube, das Hauptproblem in
    unserem Haushalt liegt nicht auf der steuerlichen Seite.
    Das Hauptproblem ist nicht, dass die Steuerquote zu hoch
    wäre. Das Hauptproblem besteht vielmehr darin, dass wir
    in der Vergangenheit nicht die Strukturreformen in den
    Systemen der sozialen Sicherung vorgenommen haben,
    die nötig sind; sie waren im Übrigen auch schon zu Ihrer
    Zeit nötig. Hierüber und zum Thema Rente verlieren Sie
    in dieser Debatte kein Wort, obwohl Sie – ich bin ja neu

    Anja Hajduk

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Anja Hajduk
    in diesem Hause – wissen müssten, dass die Alters-
    sicherungskosten mit den Zinsen zusammen fast 60 Pro-
    zent ausmachen. Wie können Sie über Verschuldungs-
    und Rentenfragen so stetig innerhalb dieser ganzen
    Stunde hinweggehen?


    (Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Ist Herr Eichel darauf eingegangen?)


    Das zeigt auch, dass Sie zu einer zukunftsweisenden,
    ganz soliden Haushaltspolitik, gar Haushaltssanierung,
    nicht imstande sind.


    (Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Wie kann man auf die Idee kommen, das mit der Ökosteuer zu kaschieren?)


    Liebe Opposition, ich fände es besser, wenn Sie uns mehr
    antreiben würden, wenn Sie sich mehr Mühe mit dem
    Blick nach vorn geben würden.


    (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ist das nötig? – Gegenruf des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD]: Für Sie nicht, Herr von Klaeden!)


    Mit Ihrem Blick voll konzentriert zurück in den Unter-
    suchungsausschuss,mit dieser Nabelschau sind Sie keine
    Alternative für irgendeine Übernahme von Regierungs-
    verantwortung.

    Ich verspreche Ihnen, wir machen die Strukturrefor-
    men auch ohne Sie. Bei uns hat das die Überschrift: weg
    vom Schuldenstaat – zur generationengerechten Finanz-
    politik. Wir machen es, wie gesagt, auch ohne Sie, aber
    vielleicht sind Sie in den nächsten Jahren irgendwie ein-
    mal wieder an Deck.

    Vielen Dank.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)