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ID1501200400

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    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 733 A Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) (Drucksache 15/150) . . . . . . . . . . . . . . 733 D b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2002 (Nach- tragshaushaltsgesetz 2002) (Drucksache 15/149) . . . . . . . . . . . . . . 733 D c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Ent- wicklung der Finanzwirtschaft des Bundes (Drucksache 15/151) . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergüns- tigungsabbaugesetz – StVergAbG) (Drucksache 15/119) . . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Weniger Staat – weniger Steuern (Drucksache 15/122) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Jürgen Koppelin, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Keine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Drucksache 15/123) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 B Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 734 C Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 745 C Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 750 D Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 754 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 758 D Walter Schöler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 762 D Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 766 A Anja Hajduk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 768 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 770 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 771 C Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773 C Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . 776 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 776 D Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . . 779 C Plenarprotokoll 15/12 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 7: a) Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem NATO- geführten Einsatz auf mazedoni- schem Territorium zur weiteren Sta- bilisierung des Friedensprozesses und zum Schutz von Beobachtern internationaler Organisationen im Rahmen der weiteren Implementie- rung des politischen Rahmenabkom- mens vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Ersuchens des maze- donischen Präsidenten Trajkovski vom 21. November 2002 und der Re- solution 1371 (2001) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen vom 26. September 2001 (Drucksache 15/127) . . . . . . . . . . . . . . 782 A b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Februar 2002 zwischen derRegie- rung der Bundesrepublik Deutsch- land und derRegierung derRepublik Polen über die Zusammenarbeit der Polizeibehörden und derGrenzschutz- behörden in den Grenzgebieten (Drucksache 15/11) . . . . . . . . . . . . . . . 782 B c) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Juli 2001 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Bau einer Grenz- brücke an der gemeinsamen Staats- grenze in Anbindung an die Bundes- straße B 20 und die Staatsstraße I/26 (Drucksache 15/12) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C d) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des inter- nationalen Insolvenzrechts (Drucksache 15/16) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren (Ergänzung zu TOP 7): Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicher- heitsunterstützungstruppe in Afghanis- tan auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002 und 1444 (2002) vom 27. November 2002 des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen (Drucksache 15/128) . . . . . . . . . . . . . . . . 782 C Tagesordnungspunkt 8: a) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 1 zu Petitionen (Drucksache 15/57) . . . . . . . . . . . . . . . 782 D b) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 2 zu Petitionen (Drucksache 15/58) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A c) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 3 zu Petitionen (Drucksache 15/59) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A d) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 4 zu Petitionen (Drucksache 15/61) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A e) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 5 zu Petitionen (Drucksache 15/62) . . . . . . . . . . . . . . . 783 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 783 B Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 784 D Elke Ferner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787 A Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 789 B Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 790 C Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 792 A René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794 B Dr. Christian Eberl FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 795 C Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker SPD . . . . . . 796 D Albrecht Feibel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 798 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 800 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 801 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 802 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 802 B Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 805 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002II Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809 C Christoph Hartmann (Homburg) FDP . . . . . 811 A Ulla Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812 B Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 815 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 817 B Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 818 C Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 819 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 820 D Ulrich Kasparick SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822 B Marion Seib CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 823 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 D Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ 826 A Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 829 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 832 B Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 A Otto Fricke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 D Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835 A Antje Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 837 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 840 A Klaus Haupt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 841 B Marlene Rupprecht (Tuchenbach) SPD . . . . 842 C Thomas Dörflinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . 844 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zurAuf- hebung des Gesetzes zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Än- derung des GAK-Gesetzes (Drucksache 15/108) . . . . . . . . . . . . . . . . 846 D Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . 847 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 848 D Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 850 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 851 C Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 852 B Gabriele Hiller-Ohm SPD . . . . . . . . . . . . . . . 853 D Ursula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 855 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 855 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 857 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 859 D Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . 860 A Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 861 C Cornelia Behm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 863 B Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 864 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 865 B Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 866 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 868 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 869 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 733 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (C) 868 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 869 (C)(A) Adam, Ulrich CDU/CSU 03.12.2002* Borchert, Jochen CDU/CSU 03.12.2002 Bury, Hans Martin SPD 03.12.2002 Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 03.12.2002 Hartmut Dr. Däubler-Gmelin, SPD 03.12.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 03.12.2002 Gradistanac, Renate SPD 03.12.2002 Gröhe, Hermann CDU/CSU 03.12.2002 Großmann, Achim SPD 03.12.2002 Hörster, Joachim CDU/CSU 03.12.2002* Hofbauer, Klaus CDU/CSU 03.12.2002 Kubicki, Wolfgang FDP 03.12.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 03.12.2002* Dr. Lucyga, Christine SPD 03.12.2002* Möllemann, Jürgen W. FDP 03.12.2002 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 03.12.2002 Rauber, Helmut CDU/CSU 03.12.2002** Schild, Horst SPD 03.12.2002 Dr. Stadler, Max FDP 03.12.2002 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 03.12.2002 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des OSZE entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Merz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! Herr Finanzminister, wer während Ihrer Rede und
    vor allem während des Schlussbeifalls in die Gesichter
    der Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion geschaut hat,
    der hatte wahrscheinlich den gleichen Eindruck wie wir,
    nämlich dass hier jemand mit dem Rücken an der Wand
    steht und eine Rede gehalten hat, die eigentlich eine poli-
    tische Geisterfahrt gewesen ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD)


    Herr Eichel, Sie haben während Ihrer Rede zweimal
    die Verrohung der politischen Sitten in diesem Lande be-
    klagt.


    (Zuruf von der SPD: Das ist genau das, was Sie machen!)


    In der Tat gibt es Anlass, diese zu beklagen. Das aus Ihrem
    Munde zu hören ist aber überraschend, um es zurückhal-
    tend auszudrücken.


    (Zuruf von der SPD: Nein, es ist nicht überraschend, das ist die Wahrheit!)


    Eine Bundesregierung, die einen Wahlkampf mit Kriegs-
    angst der Menschen betreibt


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt denn das, Herr Merz?)


    und gleichzeitig keine Skrupel hat, das gesamte außenpo-
    litische Kapital dieser Bundesrepublik Deutschland aufs
    Spiel zu setzen, um an der Macht zu bleiben, das ist die
    falsche Seite, um von dieser Stelle aus von der Verrohung
    der politischen Sitten in diesem Lande zu sprechen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Bundesminister Hans Eichel

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Friedrich Merz

    Herr Bundeskanzler, Sie beklagen sich in diesen Tagen
    darüber, dass Sie Gegenstand der politischen Satire in
    Deutschland werden. In der Tat hat die politische Satire
    Konjunktur, weil sie von der politischen Realität jeden
    Tag überboten wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Bundeskanzler, in den ersten Jahren Ihrer Amtszeit
    haben Sie diese Spaßgesellschaft durchaus gern in An-
    spruch genommen. Jetzt schlägt die Spaßgesellschaft
    zurück und Sie sind nicht mehr handelndes Subjekt, son-
    dern Objekt der Spaßgesellschaft. Um es auf einen ganz
    einfachen Nenner zu bringen: Wer als Bundeskanzler in
    guten Zeiten zu Thomas Gottschalk geht, der taucht in
    schlechten Zeiten bei Harald Schmidt wieder auf. So ein-
    fach ist das, Herr Bundeskanzler.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Meine Damen und Herren, der Bundesfinanzminister
    ist offensichtlich hochgradig nervös wegen der Aussagen
    vor dem Untersuchungsausschuss,


    (Lachen bei der SPD – Zuruf von der SPD: Koch ist nervös!)


    den wir in dieser Woche einsetzen werden.

    (Bundeskanzler Gerhard Schröder verlässt den Plenarsaal – Zuruf von der CDU/CSU: Das hat jetzt gereicht; das ist der technische K. o.!)


    – Herr Bundeskanzler, ich finde, das deutsche Parlament
    hat Anspruch darauf, dass Sie in der Debatte über die Ein-
    bringung des Bundeshaushalts 2003 hier anwesend blei-
    ben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Draußen hören und sehen uns viele Menschen zu. Sie ver-
    folgen diese Debatte und werden sich ihr eigenes Urteil
    darüber bilden, wie die Regierungsbank besetzt ist und
    wie ernst die Bundesregierung die parlamentarische De-
    batte über das Wichtigste der Republik nimmt.


    (Widerspruch bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, es wird Klage darüber ge-

    führt, dass der Untersuchungsausschuss, den wir am Don-
    nerstag hier einsetzen werden, unparlamentarisch sei und
    dass dessen Einsetzung an den Notwendigkeiten vorbei-
    gehe. Herr Finanzminister, ich möchte Sie dazu nur noch
    einmal an das erinnern, was Sie vor der Wahl gesagt ha-
    ben. Die letzte große finanzpolitische Debatte haben wir
    am 12. September in diesem Hause geführt. Bei dieser
    Gelegenheit haben Sie wörtlich gesagt:

    Nach 21,1 Milliarden Euro in diesem Jahr bleibt es
    bei der für 2003 geplanten Neuverschuldung in Höhe
    von 15,5 Milliarden Euro. An diesem Wert werden
    wir festhalten.

    Ende des Zitats von Hans Eichel am 12. September.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)


    Weniger als drei Monate später ist die Neuverschul-
    dung durch den jetzt eingebrachten Nachtragshaushalt für

    das laufende Haushaltsjahr nicht mehr bei 21,1Milliarden
    Euro, sondern bei 34,6 Milliarden Euro,


    (Zuruf von der FDP: 60 Prozent!)

    und für das nächste Jahr sind es nicht 15,5 Milliarden Euro,
    sondern mindestens 18,9 Milliarden Euro, die Sie schon
    jetzt einplanen müssen, und zwar bei Zugrundelegung
    außergewöhnlich optimistischer Daten für Konjunktur und
    Arbeitsmarkt, die nach unserer gegenwärtigen Einschät-
    zung im nächsten Jahr nicht zu erreichen sein werden.

    Herr Eichel, da haben Sie zehn Tage vor der Bundes-
    tagswahl von diesem Platz aus bewusst die Unwahrheit
    gesagt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben sich dann in einer ganzen Reihe von Fern-

    sehsendungen geäußert. Drei Wochen vor der Wahl – wir
    beide sind zusammen in der Sendung gewesen – haben
    Sie gesagt: Wir machen keine Schulden. Das haben wir
    immer klar gemacht. Wir weichen nicht in Schulden aus.

    Tage später, fünf Tage vor der Wahl – und an dieser
    Stelle wird es wirklich ernst mit unserer Auseinanderset-
    zung –, wörtliches Zitat von Hans Eichel in der Wahlsen-
    dung „Ihre Wahl 2002“: Ich bin sicher, wir kriegen keinen
    blauen Brief aus Brüssel.

    Herr Eichel, zu diesem Zeitpunkt war die Frist, zu der
    Sie die Daten aus Deutschland nach Brüssel hätten mel-
    den müssen, bereits um fast drei Wochen verstrichen. Sie
    hätten die Daten am 1. September melden müssen. Sie ha-
    ben es nicht getan. Ich sage Ihnen, warum Sie es nicht ge-
    tan haben: Sie haben zu diesem Zeitpunkt – der Kollege
    Metzger hat das in nicht zu überbietender Offenheit und
    Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht – von den Beamten
    Ihres Hauses, vom Statistischen Bundesamt, von den For-
    schungsinstituten und von vielen anderen Beteiligten
    längst gewusst, dass die 2,9 Prozent, die Sie gemeldet ha-
    ben, mit der Realität nichts mehr zu tun haben. Sie haben
    gewusst, dass wir 3 Prozent deutlich überschreiten, und
    Sie haben wahrheitswidrig die deutsche Öffentlichkeit
    getäuscht. Das ist die Wahrheit!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es ist im Grunde ganz einfach, Herr Eichel. Da Sie mit

    der Autorität Ihres Amtes die deutsche Öffentlichkeit über
    das getäuscht haben, was die Staatsfinanzen in Deutsch-
    land wirklich ausmacht, und heute noch immer behaup-
    ten, Sie hätten es zum damaligen Zeitpunkt nicht gewusst,
    werden wir das in einem Parlamentarischen Untersu-
    chungsausschuss aufklären. Dort können Sie das wieder-
    holen und wir werden auch andere anhören. Aber dort sind
    Sie, anders als an dieser Stelle, unter Strafandrohung zur
    Wahrheit verpflichtet, Herr Eichel. Das ist der entschei-
    dende Unterschied.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wir sind sehr gespannt auf den Ministerpräsidenten!)


    Nun lassen Sie uns, meine Damen und Herren, auf die
    Haushaltsdaten zu sprechen kommen. Wir bekommen,
    wenn auch mit abnehmender Intensität, noch immer die
    Vorhaltung gemacht, alles, was Sie jetzt an Problemen


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    746


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 747

    hätten, sei sozusagen der 16-jährigen Amtszeit einer frü-
    heren Bundesregierung geschuldet.


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das meiste!)


    Ich habe gerade über die Neuverschuldung gesprochen,
    jetzt sage ich etwas zur Gesamtverschuldung. Ich habe
    mir die Zahlen noch einmal genau angesehen. Sie haben
    im Jahre 1998 eine Gesamtverschuldung des Bundes von
    685 Milliarden Euro übernommen. Das war eine relativ
    hohe Verschuldung, das ist wahr. Große Teile davon ha-
    ben etwas mit der deutschen Einheit zu tun. Gut, dass Sie
    das heute von diesem Platz aus einmal gesagt haben. Das
    war lange überfällig.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Vier Jahre später liegt die Bundesschuld bei 725 Milliar-
    den Euro. Ohne die UMTS-Lizenzerlöse von 50 Milliar-
    den Euro läge sie bei 775 Milliarden Euro. Das sind fast
    100 Milliarden Euro mehr, als Sie 1998 übernommen ha-
    ben. Im Jahre 2003 wird die Verschuldung weiter anstei-
    gen, nach Ihrer eigenen Finanzplanung mindestens auf
    744 Milliarden Euro. Ohne UMTS-Lizenzerlöse lägen
    wir bei fast 800 Milliarden Euro Verschuldung allein des
    Bundes. Hören Sie bitte endlich auf, zu erzählen, dass Sie
    die Gesamtverschuldung des Bundes senken. Sie steigt
    weiter an, und zwar in unverantwortlicher Weise.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nun beklagen Sie vor diesem Hintergrund nicht ohne

    Anlass den Verfall der Steuerbasis. Ja, Herr Eichel, da-
    mit haben Sie in der Tat Recht. Die Steuerbasis wird im-
    mer schmaler und das hat im Wesentlichen damit zu tun,
    dass Sie im Jahre 2000 eine Steuerreform gemacht haben,
    vor der wir Sie gewarnt haben, bei der Sie sich aber über
    alle Warnungen hinweggesetzt haben. Tatsache ist, dass
    Sie seit dem Jahre 2001 einen massiven Einbruch der Kör-
    perschaftsteuer zu verzeichnen haben, der eben nicht über
    die Kapitalertragsteuer zurück in den Bundeshaushalt
    fließt. Das ist rund ein Drittel; zwei Drittel fehlen den
    Ländern und dem Bund auf Dauer.

    Außerdem, Herr Eichel, hat Sie im Jahre 2000 niemand
    dazu gezwungen, bereits versteuerte Unternehmens-
    gewinne im Nachhinein zu entlasten. Wenn Sie es schon
    gemacht haben, dann war es von nicht zu überbietender
    Naivität, zu glauben, dass die Unternehmen, die solche
    Eigenkapitalbestände haben, diese über einen Zeitraum
    von 15 Jahren ausschütten und nicht sofort. Das war
    schlicht und ergreifend naiv. Ich weiß nicht, ob Sie zu
    Hause einen Hund haben, Herr Eichel. Aber wenn Sie ei-
    nen haben, fahren Sie einmal am Wochenende nach
    Hause, halten Sie ihm eine Wurst vor und sagen Sie ihm:
    „Das ist jetzt für vier Wochen.“


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

    So ähnlich haben Sie sich in der Steuerpolitik verhalten.
    Es war von nicht zu überbietender Naivität, was Sie da ge-
    macht haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Mit dem, was heute hier vorgelegt wird, wird ein wei-

    terer Betrug am Wähler vorbereitet.

    (Ute Kumpf [SPD]: Ein bisschen mehr Vor sicht mit den Worten, Herr Merz!)


    Ich will Ihnen dies anhand eines konkreten Details Ihres
    Haushaltsplanentwurfs für das Jahr 2003 nachweisen.
    Herr Bundeskanzler, Sie haben vor etwa einem halben
    Jahr von dieser Stelle aus versprochen, ein Programm zur
    finanziellen Förderung der Ganztagsbetreuung in den
    Schulen in Deutschland aufzulegen.


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist auch richtig! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir halten unsere Versprechen!)


    Vor der Wahl haben Sie viermal 1 Milliarde Euro für die
    Schulen in Deutschland, beginnend mit dem Jahr 2003,
    versprochen. In den Bundeshaushaltsplan des Jahres 2003
    stellen Sie aber nicht 1 Milliarde Euro, sondern 300 Mil-
    lionen Euro ein. Dies ist der erste Teil.

    Der zweite Teil wird viel gravierender werden: Es be-
    findet sich eine Verwaltungsvereinbarung mit den Län-
    dern in Vorbereitung, die den Ländern nach der gegen-
    wärtigen Planung – ich betone: gegenwärtig, sie ist nicht
    abgeschlossen – nur erlauben soll, von diesen Zuschüssen
    des Bundes neue Gebäude zu errichten.


    (Hans Eichel, Bundesminister: Das ist falsch!)

    Der Wunsch der Länder, davon etwa auch Bibliotheken fi-
    nanzieren zu können, ist bisher von Ihnen abgelehnt wor-
    den.


    (Hans Eichel, Bundesminister: Falsch! Alles falsch!)


    Was Sie hier machen, ist typisch für sozialdemokrati-
    sche Politik: Beton statt Bücher, Suppenküchen statt Bi-
    bliotheken. So kommt man in Deutschland in der Bil-
    dungspolitik nicht weiter.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie stellen sich heute Morgen hier allen Ernstes hin und
    sagen, dass die Politik der Steuersenkung der rot-grünen
    Bundesregierung fortgesetzt werde. Wer das als Fernseh-
    zuschauer oder als Zuhörer an den Radiogeräten mitbe-
    kommen hat, muss dies angesichts der tatsächlichen Lage
    in den Unternehmen und den privaten Haushalten gera-
    dezu als blanken Hohn empfunden haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Gleichzeitig mit dieser Behauptung legen Sie hier ein

    Steuergesetz vor. Sie haben es euphemistisch Steuer-
    vergünstigungsabbaugesetz genannt. Wenn man Ihnen
    zugehört hat, hat man zwischenzeitlich den Eindruck be-
    kommen, dass jeder, der nicht 100 Prozent Steuern zahlt,
    irgendwelche Subventionen bekommt. Dies ist ungefähr
    Ihre Denkweise, die dahinter steckt. Sie legen ein Steuer-
    vergünstigungsabbaugesetz vor, mit dem insgesamt
    41 Steuererhöhungen verbunden sein sollen.

    Herr Bundeskanzler, was hat sich eigentlich nach der
    Wahl geändert? Sie haben vor der Wahl mehrfach – ich
    könnte Ihnen reihenweise Zitate vortragen – gesagt und
    Sie haben damals Recht gehabt: Dies ist nicht die Zeit für
    Steuererhöhungen. Die konjunkturelle Lage der Bundesre-
    publik Deutschland ist ungeeignet für Steuererhöhungen.

    Friedrich Merz

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Friedrich Merz
    – Was hat sich daran eigentlich mit dem 22. Septem-
    ber 2002 geändert?


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Es ist noch schlimmer geworden!)


    Wir haben heute einen Gesetzentwurf vorliegen, der mehr
    als 40 Steuererhöhungen umfasst, und hier sitzt der
    Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei
    Deutschlands, der nichts Besseres zu tun hat, als am letz-
    ten Sonntag noch einmal anzukündigen, dass es im nächs-
    ten Jahr fröhlich weitergeht. Was ist in diesem Land ei-
    gentlich los?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Jetzt diskutiert die gesamte Republik über die Wieder-

    einführung der Vermögensteuer.Herr Bundeskanzler, wie
    ist eigentlich Ihre Meinung dazu? Vor zwei Jahren haben
    Sie richtigerweise und klugerweise gesagt: Die Wiederein-
    führung der Vermögensteuer werden wir Sozialdemokraten
    nicht betreiben. – Was hat sich seitdem eigentlich geändert,
    außer dass jetzt ganz offensichtlich – dies durchzieht sämt-
    liche Gesetzgebungsverfahren, die wir hier beraten, wie ein
    roter Faden – auf die Politik der Sozialdemokraten – weni-
    ger der Grünen – von Teilen der deutschen Gewerkschaften
    ein so dominanter Einfluss ausgeübt wird, dass ganz offen-
    sichtlich die Resozialdemokratisierung der gesamten Wirt-
    schaftspolitik auf der Tagesordnung steht? Ist es das, Herr
    Bundeskanzler, was sich geändert hat?

    Ich höre, dass Sie morgen hier eine längere Erklärung
    abgeben wollen, dass Sie auch etwas zu all den Dingen,
    die sich in den letzten Tagen zugetragen haben, sagen
    möchten. Es wäre gut, wenn Sie auch zu diesem Thema
    etwas sagen würden und diese unselige Debatte über die
    Vermögensteuer in Deutschland möglichst schnell been-
    den würden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Bundeskanzler, wenn Sie noch Argumente zum

    Thema Vermögensteuer brauchen – –

    (Ute Berg [SPD]: Brauchen wir nicht, danke!)


    – Ich weiß, dass dies in Ihren Reihen ignoriert wird. Aber
    was macht es eigentlich für einen Sinn, eine Vermögen-
    steuer zu erheben, von der diejenigen, die sich damit be-
    schäftigen, wissen müssten, dass sie von Beziehern unterer
    Einkommen ohnehin nicht erhoben werden kann – darüber
    darf kein Streit bestehen –, dass sie aber von den Bezie-
    hern der obersten Einkommen in dieser Republik gar
    nicht erhoben werden darf, weil deren Belastung durch
    Einkommensteuer,


    (Ute Kumpf [SPD]: Das stimmt doch gar nicht mehr!)


    Solidaritätszuschlag und bei dem einen oder anderen noch
    durch Kirchensteuer bereits bei über 50 Prozent liegt?


    (Joachim Poß [SPD]: Das ist die merzsche Interpretation!)


    Wie wollen Sie, meine Damen und Herren von den Sozi-
    aldemokraten, das den Menschen in Deutschland eigent-
    lich erklären?


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Wenn Sie ein Problem damit haben, das zu erklären,
    dann fällt es Ihnen vielleicht leichter, einen Blick auf die
    Betriebe in diesem Land zu richten. Wie wollen Sie den
    Menschen in Deutschland eigentlich erklären, dass nach
    Ihrem Konzept einer betrieblichen Vermögensteuer, das da
    so langsam aus dem Nebel auftaucht, jenseits eines Frei-
    betrages von 2,5 Millionen Euro – das ist kleiner Mittel-
    stand; das sind nicht die Unternehmen der Großindustrie;
    ein Betriebsvermögen von 2,5 Millionen Euro haben Sie
    schon mit einem Betriebsgrundstück und ein paar Maschi-
    nen; da ist man ganz schnell bei 2,5 Millionen Euro –
    1 Prozent Vermögensteuer bezahlt werden muss, selbst
    dann, wenn das Unternehmen keinen Gewinn abwirft,
    selbst dann, wenn das Unternehmen tiefrote Zahlen
    schreibt? Und bei solchen Debatten in Deutschland wun-
    dern Sie sich noch darüber, dass die Stimmung in diesem
    Land so ist, wie sie ist! Kein Land auf dieser Welt käme
    auf die Idee, am Rande einer Rezession eine solche De-
    batte zu führen, wie Sie sie hier führen. Herr Bundeskanz-
    ler, beenden Sie dieses Schauspiel noch morgen, damit es
    in diesem Land endlich wieder aufwärts gehen kann!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich mache Ihnen ohnehin zum Vorwurf, dass Sie of-

    fenkundig kein Gespür für die psychologische Lage einer
    Volkswirtschaft haben.


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie gerade sagen! Der Oberangstmacher der Republik!)


    Man kann über vieles diskutieren, auch über viele Vor-
    schläge, aber ein Land, das sich – ich sage es noch einmal –
    am Rande einer Rezession befindet, kann doch nicht allen
    Ernstes klaglos eine Regierung hinnehmen, die nichts
    Besseres zu tun hat, als nach der Bundestagswahl wo-
    chenlang nur über höhere Belastungen der Menschen in
    diesem Land zu sprechen. Da kann man sich doch nicht
    darüber wundern, dass die Stimmung so ist, wie sie ge-
    genwärtig ist!


    (Ute Kumpf [SPD]: Herr Merz, was wollen Sie denn eigentlich?)


    Sie täuschen die Menschen und die Menschen merken,
    dass sie von dieser Regierung getäuscht werden, wenn Sie
    über die Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge re-
    den. Herr Eichel, auch Sie haben es eben von dieser Stelle
    aus wieder getan.


    (Ute Kumpf [SPD]: Was ist denn Ihr Vorschlag, Herr Merz?)


    Die Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge findet
    doch nicht statt. Gestern hat die größte deutsche Ersatz-
    krankenkasse beschlossen, dass die Beiträge zum 1. Ja-
    nuar auf über 15 Prozent angehoben werden. Die Renten-
    versicherungsbeiträge liegen doch nur deshalb noch
    gerade eben unter 20 Prozent, weil Sie sie mit der Öko-
    steuer künstlich heruntersubventionieren. In Wahrheit lä-
    gen sie mittlerweile bei knapp 22 Prozent. Im Portemon-
    naie der Arbeitnehmer und Betriebe macht sich alles das
    bemerkbar, egal, was auf dem Etikett steht, ob „Sozial-
    versicherungsbeitrag“ oder „Steuer“. Die Belastung der
    Menschen hat einen historischen Höchststand in Deutsch-
    land erreicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    748


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 749

    Sie wissen, dass das so ist, Herr Eichel, und reden hier
    trotzdem anders, also wider besseres Wissen.

    Sie sprechen jetzt auch über die Dienstwagenbesteue-
    rung.Meine Damen und Herren von den Sozialdemokra-
    ten, das ist doch Ihr Wählerpotenzial! Es sind doch nicht
    die Fahrer von Dienstwagen der S-Klasse, sondern es sind
    die Außendienstmitarbeiter, die unselbstständigen Han-
    delsvertreter, die Menschen, die einen Polo oder einen
    Golf fahren, die jetzt 50 Prozent mehr Steuern für die pri-
    vate Nutzung ihrer Fahrzeuge bezahlen sollen, also dafür,
    dass sie nach einem 12- oder 14-Stunden-Tag abends mit
    dem Dienstwagen privat nach Hause fahren dürfen. Be-
    greifen Sie denn nicht, was Sie mit diesem Unfug für die
    gesamte deutsche Automobilindustrie anrichten? Wann
    waren Sie das letzte Mal in Hannover und haben mit dem
    Vorstand von VW gesprochen?


    (Ute Kumpf [SPD]: Er war in Stuttgart, bei Daimler!)


    Die müssten Ihnen, Herr Bundeskanzler, doch längst ge-
    sagt haben, dass das wirtschaftspolitisch ein Ei ist, das Ih-
    nen von denen, die das vorgeschlagen haben, ins Nest ge-
    legt worden ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Jetzt reden Sie über die Wertzuwachssteuer bei Ak-

    tien- und bei Grundstücksverkäufen. Natürlich ist es
    wahr, dass es in vielen anderen Industrienationen eine so
    genannte Capital-Gains-Besteuerung gibt. Aber dieses
    Argument, Herr Eichel, können Sie nicht verwenden;
    denn in den Ländern, in denen eine solche Steuer erhoben
    wird, ist die Durchschnittsbelastung des Einkommens sig-
    nifikant niedriger als in Deutschland. Deswegen werden
    alle diejenigen, die abhauen können, schon angesichts der
    Ankündigung, dass Sie so etwas einführen, mit ihrem
    Wertpapierbesitz dieses Land verlassen und sie werden je-
    denfalls bei dieser Bundesregierung nie wiederkommen,
    weil selbst dann, wenn Sie die Steuer doch nicht ein-
    führen, jedes Vertrauen zerstört ist und man nicht weiß, ob
    das Thema in diesem Land nicht zwölf Monate später
    wieder auf den Tisch kommt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dann haben Sie den Vorschlag gemacht, die Eigen-

    heimzulage zu korrigieren. Man kann über das Thema re-
    den – beim Altbaubestand insbesondere in den neuen Län-
    dern gibt es durchaus Probleme –, aber stellen Sie bitte
    nicht allen Ernstes die Behauptung auf, dass sich für Fa-
    milien mit Kindern nichts ändert. Was Sie hier machen,
    ist eine glatte Täuschung der Öffentlichkeit. Bei Altbau-
    ten müssten diejenigen, die heute zwei Kinder haben,
    mindestens acht Kinder haben, damit sich nichts ändert


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    – das kann man ja noch schaffen –; aber bei Neubauten
    müssten diejenigen, die nicht schlechter gestellt werden
    wollen, mindestens 46 Kinder haben.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das bekommt keiner von uns in diesem Lande hin. Des-
    halb bedeutet dieser Vorschlag eine Täuschung der Öf-
    fentlichkeit.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Deswegen will er die Türkei dabeihaben!)


    Sie haben mit beredten Worten über die Ausnahmen bei
    der Mehrwertsteuer gesprochen. Man kann, wie bei je-
    der Steuerart, natürlich über Ausnahmen und niedrigere
    Sätze nachdenken. Ich will Sie, Herr Bundeskanzler, aber
    daran erinnern, dass Sie am 12. Oktober des Vorjahres –
    das ist etwas länger als ein Jahr her – eine Betriebsver-
    sammlung bei der Lufthansa in Frankfurt besucht und dort
    vor laufenden Kameras öffentlich erklärt haben, dass Sie,
    Gerhard Schröder, der Bundeskanzler der Bundesrepublik
    Deutschland, dafür stehen, dass die deutsche Lufthansa
    im internationalen Vergleich insbesondere ihren Wettbe-
    werbern gegenüber durch Maßnahmen Ihrer Bundesre-
    gierung nicht schlechter gestellt wird.

    Ich stelle Ihnen die Frage: Warum lassen Sie zu, dass
    jetzt für den gesamten Flugverkehr über dem Territorium
    der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der Luft-
    hansa doch eine Ausnahme aufgestellt wird, indem Sie
    das Mehrwertsteuerprivileg streichen? Man kann darüber
    reden, aber wenn man solche Änderungen vornimmt,
    dann müssen sie für alle in Europa gelten. Es darf keine
    einseitige Belastung der größten deutschen Fluggesell-
    schaft entstehen. Das ist eine Belastung, Herr Bundes-
    kanzler, von der Sie noch vor einem Jahr ausdrücklich
    auf dieser Betriebsversammlung gesagt haben, dass sie
    mit Ihnen nicht entsteht. Warum steht sie nun in dem Ent-
    wurf des Gesetzes, das wir heute hier in erster Lesung be-
    raten?


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Meine Damen und Herren, der Bundesfinanzminister
    hat an dieser Stelle zum wiederholten Male etwas über
    die Finanzen der Länder und Kommunen gesagt. Ich teile
    seine Einschätzung: Die Länder und Kommunen befin-
    den sich hinsichtlich ihrer Finanzen in einer außer-
    gewöhnlich schwierigen Lage. Aber mit dem Verweis
    darauf, dass 55 Prozent des Gesamthaushaltes Länder-
    haushalte und kommunale Haushalte betreffen, kommen
    Sie nicht durch. Die andere Seite der Medaille ist doch,
    dass Länder und Gemeinden von der Gesetzgebung, die
    der Bund macht, weitgehend abhängig sind. Die Länder
    verfügen über keine nennenswerten eigenen Steuer-
    quellen und sie haben praktisch keine eigenen Steuer-
    hebemöglichkeiten; bis auf ganz geringfügige eigene
    Steuereinnahmequellen geht es den Gemeinden ähnlich.
    Sie sind abhängig von der Gesetzgebung des Bundes und
    dieser Bundesregierung.

    Damit sind wir an dem entscheidenden Punkt, der uns
    trennt: Sie rufen uns hier und an anderer Stelle immer wie-
    der dazu auf, wir sollten Alternativen vorlegen, wie die
    Haushaltsprobleme gelöst werden können.


    (Ute Kumpf [SPD]: Wo sind denn Ihre, Herr Merz? – Weitere Zurufe von der SPD)


    – Wenn Sie, meine Damen und Herren, nicht so laut da-
    zwischenrufen würden, dann könnten Sie mich auch ver-
    stehen. Ich sage Ihnen, welche Alternative besteht. Wir
    begeben uns mit Ihnen nicht in einen Wettbewerb um die

    Friedrich Merz

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Friedrich Merz
    Frage, wer in diesem Land die Steuern am meisten erhöht.
    Das werden wir nicht tun.


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist denn Ihr Vorschlag? Sie sagen immer nur, was Sie nicht wollen, Herr Merz!)


    Die gegenwärtige Lage unserer Volkswirtschaft ist voll-
    kommen ungeeignet für eine Debatte über Steuererhö-
    hungen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das Gegenteil ist richtig. Wir müssen diesem Land und

    insbesondere den mittelständischen Unternehmen wieder
    eine Perspektive geben und Steuern senken. Davon, was
    Sie über Steuersenkungen in den Jahren 2004 und 2005
    gesagt haben, Herr Eichel, glaube ich Ihnen kein einziges
    Wort, solange nicht das Jahr 2004 begonnen hat; denn Sie
    haben mit den gleichen Worten von dieser Stelle aus und
    auch schon in Bonn erklärt, dass eine Steuersatzsenkung
    zum 1. Januar 2003 in Kraft treten soll.


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Herr Merz, das ist jetzt aber wirklich peinlich! Das ist unglaublich!)


    Es musste nur ein Ereignis eintreten – das war die Flut –,
    die Ihnen Alibi genug war, diese Steuersenkung auszuset-
    zen. Ich sage Ihnen voraus: Wenn Sie zu diesem Zeitpunkt
    überhaupt noch im Amt sein sollten – über Ihre Ablösung
    wird ja offen diskutiert –, dann wird Ihnen aus diesen Rei-
    hen spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2003 eine De-
    batte aufgezwungen werden, dass nicht auch die Senkun-
    gen für 2004 und 2005 außer Kraft gesetzt werden oder
    gar nicht stattfinden. Ich glaube Ihnen kein Wort.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das Entscheidende, Herr Eichel, ist doch, dass wir

    endlich wieder zu Wachstum und Beschäftigung auf dem
    ersten Arbeitsmarkt kommen müssen. Deswegen sage
    ich Ihnen, was unser Vorschlag hierzu ist. Ich mache Ih-
    nen das konkrete Angebot, dieses unselige Gesetz gegen
    die Scheinselbstständigkeit noch vor dem Jahreswechsel
    ersatzlos zu streichen. Sie haben dafür unsere uneinge-
    schränkte Zustimmung. Machen Sie es!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir müssen einen Niedriglohnsektor schaffen. So, wie

    Sie mit den Hartz-Vorschlägen umgehen, geht das nicht.

    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Warum sind Sie dann dagegen?)


    Ich schlage Ihnen vor: Kehren Sie an dieser Stelle auch
    beim Thema Zeitarbeit zu dem zurück, was Ihnen Hartz
    vorgeschlagen hat! Wenn Sie das Konzept im Verhältnis
    1 : 1 umsetzen, werden Sie nicht an unserem Widerstand
    scheitern.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich schlage Ihnen des Weiteren vor, dass wir wenigstens

    für ältere Arbeitslose in Deutschland eine intelligente Lö-
    sung für die Änderung des Kündigungsschutzgesetzes
    finden. Wir haben dazu konkrete Vorschläge gemacht.

    Herr Bundeskanzler, Sie sprechen offensichtlich wie-
    der mit einigen Unternehmens- und Verbandsvertretern –

    mit den Gewerkschaftsvorsitzenden reden Sie ohnehin
    täglich – und wollen das Bündnis für Arbeit wiederbele-
    ben. Ich mache Ihnen den Vorschlag, diese Gespräche
    dazu zu nutzen, betriebliche Bündnisse für Arbeit in
    Deutschland einzuführen.


    (Ute Kumpf [SPD]: Alte Hüte!)

    Das wäre ein Beitrag zu einer wirklichen Flexibilisierung
    und Mobilisierung unseres Arbeitsmarkts.


    (Ute Kumpf [SPD]: Das existiert doch schon längst!)


    Es wäre die Rückkehr zu Wachstum und Beschäftigung in
    Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Merz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Bundeskanzler, wenn Sie hier morgen eine wich-

    tige Rede halten – das sagen jedenfalls Ihre Mitarbeiter
    und Presseleute –, dann gibt es dafür Themen genug.
    Deutschland braucht keine bessere Stimmung, sondern
    eine bessere Politik. Wenn Sie wirklich eine bessere Poli-
    tik wollen, dann müssen Sie morgen in weiten Teilen das
    glatte Gegenteil von dem sagen, was Herr Eichel heute
    Morgen hier erklärt hat.


    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)