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ID1501004500

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    11. CDU/CSU-Fraktion.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Begrüßung der Präsidenten der Nationalver- sammlung der Republik Korea, Herr Park Kwan Yong . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 A Verabschiedung des Abgeordneten Dr. Ingo Wolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 B Begrüßung der neuen Abgeordneten Gisela Pilz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 B Wahl der Abgeordneten Eckhardt Barthel (Berlin), Monika Griefahn, Michael Roth (Heringen), Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, Günter Nooke, Annette Widmann-Mauz, Volker Beck und Hans- Joachim Otto (Frankfurt) als Mitglieder des Kuratoriums der „Stiftung Denkmal für die er- mordeten Juden Europas“ . . . . . . . . . . . . . . . . 531 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 531 C Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Regierungserklärung: NATO-Gipfel am 21./22. November 2002 in Prag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 B b) Antrag der Abgeordneten Dr. Friedbert Pflüger, Dr. Wolfgang Schäuble, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Die NATO auf die neuen Gefahren ausrichten (Drucksache 15/44) . . . . . . . . . . . . . . . 532 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 532 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 535 C Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . 540 B Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 540 D Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 D Dr. Ludger Volmer BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 C Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . 544 D Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 545 D Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 547 C Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) CDU/CSU 549 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 A Monika Heubaum SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 C Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Ver- besserung des Schutzes der Bevölke- rung vor Sexualverbrechen und anderen schweren Straftaten (Drucksache 15/29) . . . . . . . . . . . . . . . 554 C b) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Sozialtherapeutische Maßnahmen für Sexualstraftäter auf den Prüfstand stellen (Drucksache 15/31) . . . . . . . . . . . . . . . 554 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . 554 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 556 D Sibylle Laurischk FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 A Plenarprotokoll 15/10 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 10. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 I n h a l t : Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560 B Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . 561 B Christine Lambrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . 564 B Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . 565 D Christine Lambrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . 566 A Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 B Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 567 A Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 568 B Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 B Zusatztagesordnungspunkt 2: Überweisung im vereinfachten Verfah- ren Antrag der Abgeordneten Eckhardt Barthel (Berlin), Ernst Bahr (Neuruppin), weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Grietje Bettin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Den Deutschen Musikrat stärken (Drucksache 15/48) . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 D Zusatztagesordnungspunkt 8: Abschließende Beratung ohne Aus- sprache Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu der Streitsa- che vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BVerfGE 3/02 (Drucksache 15/69) . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 A Tagesordnungspunkt 5: Wahlen zu Gremien 5 a) Schriftführer gemäß § 3 der Ge- schäftsordnung (Drucksache 15/50) . . . . . . . . . . . . . 573 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktion der CDU/CSU: Be- stimmung des Verfahrens für die Be- rechnung der Stellenanteile der Fraktio- nen im Ausschuss nach Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) (Drucksache 15/47) . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 B in Verbindung mit 5 b) Ausschuss nach Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsaus- schuss) (Drucksachen 15/51, 15/52, 15/53, 15/54) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 B Volker Kauder CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 573 C Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . . . . . 574 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Haltung der Bundesregierung zur Situation der öffentlichen Haushalte unter Berücksichtigung der zu erwar- tenden aktuellen Steuerschätzung und der damit möglichen Notwendigkeit ei- nes Haushaltssicherungsgesetzes . . . . . . 575 A Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 575 A Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . 576 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 578 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 B Steffen Kampeter CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 580 B Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 D Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 583 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 A Ilse Aigner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 C Ortwin Runde SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 D Otto Bernhardt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 588 A Walter Schöler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 D Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 590 B Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 591 C Dr. Rainer Wend SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592 B Tagesordnungspunkt 6: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Fortentwick- lung der ökologischen Steuerreform (Drucksachen 15/21, 15/71, 15/72) . . . . . 593 B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 593 D Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 595 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 597 A Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 598 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 599 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 601 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002II Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603 A Dr. Christian Eberl FDP . . . . . . . . . . . . . 603 D Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 604 B Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 605 D Rolf Hempelmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 606 B Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 607 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612 C Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Peter Götz, Dr. Michael Meister, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung der Gemeindefinanzen (Gemeindefinanzreformgesetz) (Drucksache 15/30) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 A Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 B Horst Schild SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610 C Dr. Andreas Pinkwart FDP . . . . . . . . . . . . . . 614 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 D Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 616 B Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . 617 B Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 D Dr. Andreas Pinkwart FDP . . . . . . . . . . . 619 D Georg Fahrenschon CDU/CSU . . . . . . . . . . . 620 C Bernd Scheelen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 D Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 623 D Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheber- rechts in der Informationsgesell- schaft (Drucksache 15/38) . . . . . . . . . . . . . . 625 A b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den WIPO-Verträgen vom 20. Dezember 1996 über Urhe- berrecht sowie über Darbietungen und Tonträger (Drucksache 15/15) . . . . . . . . . . . . . . 625 B Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 625 B Günter Krings CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 626 C Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 629 A Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629 D Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630 C Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer, Jörg van Essen, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Rechtssi- cherheit für die bewaffneten Einsätze deutscher Streitkräfte schaffen – ein Ge- setz zurMitwirkung des Deutschen Bun- destages bei Auslandseinsätzen der Bun- deswehr einbringen (Drucksache 15/36) . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 C Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 D Christine Lambrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . 634 A Thomas Kossendey CDU/CSU . . . . . . . . . . . 635 B Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636 D Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU . . . . . 638 B Ulrike Merten SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 640 A Dr. Christoph Zöpel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 641 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 645 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 531 10. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 Beginn: 9.00 Uhr
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    Dr. Christoph Zöpel Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 645 (C)(A) Daub, Helga FDP 14.11.2002* Dr. Däubler-Gmelin, SPD 14.11.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 14.11.2002 Fritz, Erich G. CDU/CSU 14.11.2002 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 14.11.2002 Gradistanac, Renate SPD 14.11.2002 Freiherr von und zu CDU/CSU 14.11.2002 Guttenberg, Karl-Theodor entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Hoffmann (Chemnitz), SPD 14.11.2002 Jelena Kubicki, Wolfgang FDP 14.11.2002 Lietz, Ursula CDU/CSU 14.11.2002 Möllemann, Jürgen W. FDP 14.11.2002 Nitzsche, Henry CDU/CSU 14.11.2002 Rossmanith, Kurt J. CDU/CSU 14.11.2002* * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Frau Kollegin Laurischk, ich beglückwünsche Sie zu

    Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag.

    (Beifall)


    Das Wort hat jetzt die Kollegin Irmingard Schewe-
    Gerigk von Bündnis 90/Die Grünen.


    (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im letzten
    Jahr sind vier Kinder einem der schlimmsten Verbrechen
    zum Opfer gefallen, das wir uns vorstellen können. Sie
    wurden sexuell missbraucht und getötet. Auch für die An-
    gehörigen ist es kein Trost, wenn wir feststellen, dass die
    Zahl dieser furchtbaren Delikte abnimmt. Vor zehn Jahren
    waren es sieben Kinder, vor 20 Jahren noch 13 Kinder.
    Wir müssen alles dafür tun, um solche Straftaten mög-
    lichst zu verhindern. Zu Recht fragt sich die Gesellschaft
    nach jedem dieser schrecklichen Fälle: Tun wir wirklich
    alles zum Schutz der Kinder?

    In diesem Kontext steht auch der heutige Gesetzent-
    wurf der CDU/CSU. Ich nehme Ihnen ab, verehrte Kolle-
    ginnen und Kollegen, dass Sie es gut meinen, aber gut
    gemeint ist nicht immer gut. Die Mittel, die Sie vorschla-
    gen, sind ungeeignet. Sie missbrauchen die Ängste der

    Bevölkerung nach solchen Sexualverbrechen, um populis-
    tische Maßnahmen vorzuschlagen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Wolfgang Götzer [CDU/ CSU]: Das ist Unsinn! Was ist daran populistisch?)


    Sie suggerieren, mit einer Erhöhung des Strafmaßes
    könne der Schutz der Opfer vor Sexualstraftaten verbes-
    sert werden. Das ist nicht nur undifferenziert, sondern
    auch kontraproduktiv.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Neben dieser grausamsten Form sexualisierter Gewalt

    gibt es eine hohe Zahl an sexuellen Übergriffen. Herr
    Bosbach hat es gerade gesagt: Jedes Jahr werden circa
    15 000 Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern an-
    gezeigt. Drei Viertel der Opfer sind Mädchen, ein Viertel
    der Opfer Jungen. Hinzu kommen jährlich ungefähr
    7 000 Vergewaltigungen. Dabei kommen die Täter meis-
    tens aus dem Familien- oder Bekanntenkreis der Opfer.

    Sexualisierte Gewalt ist Mord an der Seele der Kinder;
    das wissen alle, die sich mit den Opfern beschäftigen.
    Wenn fremde Menschen diese Verbrechen begehen, ist die
    Traumatisierung der Kinder schon schwer genug zu ver-
    arbeiten. Wenn aber der Täter zum vertrauten, familiären
    oder sozialen Umfeld gehört, ist die Tat schier unerträg-
    lich. Ich nenne in diesem Zusammenhang auch die vielen
    bekannt gewordenen Missbrauchsfälle von Priestern.

    Die Anzahl der registrierten Fälle von sexuellem Miss-
    brauch hat in den letzten Jahrzehnten insgesamt abge-
    nommen. Wir wissen aber auch, dass die weit überwie-
    gende Zahl der Fälle nach wie vor nicht zur Anzeige
    gebracht wird. Hier hilft Prävention durch Information.
    Die größere öffentliche Sensibilisierung für das Thema
    hat zu einer gestiegenen Anzeigebereitschaft seit Beginn
    der 90er-Jahre geführt. Hier müssen wir auch weiter an-
    setzen; denn die Strafanzeige ist nun einmal die Grund-
    lage, um Täter strafrechtlich verfolgen und auch verurtei-
    len zu können. Herr Bosbach, Ihre Vorschläge gehen da
    einfach an der Praxis vorbei. Wenn eine Erhöhung der
    Mindeststrafe die Opfer tatsächlich schützen würde, dann
    hätten Sie uns an Ihrer Seite. Sie tut es aber nicht.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich habe mir zur Vorbereitung dieser Debatte die
    Rechtsprechungspraxis der letzten Jahre angeschaut. Die
    Vergleichszahlen von 1984, 1993 und 1998 belegen: Im
    Fall von sexuellem Kindesmissbrauch sind insgesamt ein
    Anstieg der Zahl der verhängten Freiheitsstrafen und
    eine höhere Ausschöpfung des Strafmaßes zu verzeich-
    nen. Aber worauf es hier besonders ankommt, ist: Die An-
    zahl derjenigen, die zu mindestens einem Jahr verurteilt
    wurden, hat ebenso zugenommen wie die Zahl der zu
    einer mehr als fünfjährigen Haftstrafe Verurteilten. Das
    können Sie in dem ersten periodischen Sicherheitsbericht
    von BMI und BMJ aus dem Jahr 2001 nachlesen.

    Bereits heute ist jeder Fall von sexuellem Missbrauch,
    der die Gefahr einer erheblichen Schädigung der seeli-
    schen Entwicklung mit sich bringt, mit einer Mindest-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    560


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    strafe von einem Jahr belegt. Also das, was Sie wollen,
    meine Damen und Herren von der CDU/CSU, gibt es
    schon.

    Ihr Vorschlag, den Opferschutz durch eine Erhöhung
    des Strafrahmens für „einfachen“ sexuellen Missbrauch
    zu verbessern, zielt in die falsche Richtung. Wollen Sie
    wirklich, dass die einvernehmliche sexuelle Handlung
    zwischen einer 13-Jährigen und einem 14-Jährigen zu ei-
    ner Jugendstrafe führt?

    Und eine andere Folge ist absehbar: Eine Heraufstu-
    fung des Strafmaßes hätte voraussichtlich vor allem für
    die Opfer negative Folgen; die Kollegin von der FDP hat
    es gerade ausgeführt. Es käme immer zu einer Hauptver-
    handlung mit den entsprechenden schädlichen Auswir-
    kungen für die Kinder. Auch in den leichtesten Fällen
    wäre eine Verfahrenseinstellung gegen Auflagen nicht
    möglich. Gerade unter dem Aspekt des Opferschutzes ist
    dies nur als kontraproduktiv zu bezeichnen, wie es auch
    der Anwaltverein in seiner Pressemitteilung formuliert
    hat.

    Mit der von Ihnen vorgeschlagenen nachträglichen Si-
    cherungsverwahrung und der DNA-Analyse wird sich
    gleich mein Kollege Montag intensiv auseinander setzen.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in der ver-
    gangenen Legislaturperiode deutliche Verbesserungen
    zum Schutz der Opfer erreicht. Ich nenne nur das Ge-
    waltschutzgesetz, die Heraufsetzung des Beginns der
    Verjährungsfrist für Schmerzensgeldansprüche wegen
    Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung auf das
    21. Lebensjahr, die Telefonüberwachung bei schwerem
    sexuellen Missbrauch und Kinderpornographie. Das sind
    nur einige Punkte.

    Wir werden uns weiterhin sowohl für den verbesserten
    Opferschutz als auch für die sozialtherapeutische Be-
    handlung der Täter einsetzen. Sich für das Recht von
    Mädchen und Jungen auf seelische und körperliche Un-
    versehrtheit einzusetzen, das muss unser aller Anliegen
    sein. Mit dem von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf ist
    das nicht möglich. Lassen Sie uns aber in den Beratungen
    noch einmal schauen, ob es Dinge gibt, die wir gemein-
    sam auf den Weg bringen können, um diesem Ziel nahe zu
    kommen.

    Ich danke Ihnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Norbert Röttgen von

der CDU/CSU-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Röttgen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf die Mei-
    nungsverschiedenheiten in diesem wichtigen Bereich zu
    sprechen komme, möchte ich mit einer positiven Feststel-
    lung beginnen. Die Debatte hat sich gegenüber der De-
    batte, die wir noch vor zwei Wochen geführt haben und

    die wir in der vergangenen Legislaturperiode über vier
    Jahre geführt haben, verändert.

    Wir als CDU/CSU-Fraktion haben immer den Hand-
    lungsbedarf auf dem Gebiet des Schutzes von Kindern vor
    sexueller Gewalt betont und gefordert, dass der Gesetz-
    geber tätig wird. Sie haben sich dem über Jahre verwei-
    gert.


    (Widerspruch bei der SPD)

    Heute anerkennt auch die Bundesjustizministerin, dass
    Handlungsbedarf besteht, und zwar – wie sie selbst sagt –
    inhaltlich weitgehend in Übereinstimmung mit den Vor-
    schlägen der CDU/CSU-Fraktion. Das begrüßen wir. Un-
    sere Vorschläge werden nicht dadurch falsch, dass nun-
    mehr auch die Justizministerin, die der SPD angehört, sie
    für richtig hält.

    Wir bedauern allerdings – das muss auch ausgespro-
    chen werden –, dass der Erkenntnisprozess Jahre gedau-
    ert hat. Wenn Sie heute Handlungsbedarf konzedieren
    – die Koalition ist ja die gleiche geblieben, wenn auch
    nicht die Person der Bundesjustizministerin –, dann heißt
    das: Über Jahre bestanden, nunmehr anerkannt auch
    durch die Bundesjustizministerin, Lücken im Schutz von
    Kindern vor sexueller Gewalt. Das ist der traurige Be-
    fund, der mit dem Fortschritt in Ihrer Erkenntnis einher-
    geht.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Frau Bundesjustizministerin, es muss uns auch erlaubt

    sein, dahin gehend Skepsis zu äußern, ob sich Ihre Ankün-
    digungen am Ende im Gesetzblatt wiederfinden. Für diese
    Skepsis haben wir mehrere Gründe. Die Grünen haben so-
    wohl in der Debatte heute als auch in Presseerklärungen
    versucht, das Thema, das wir hier beraten, zu tabuisieren.
    Ihre Strategie bestand immer darin, zu sagen: Wer über
    dieses Thema spricht, der polemisiert, emotionalisiert und
    macht kleinkarierte Parteipolitik. Sie haben versucht, die
    wichtigen Themen Opferschutz und Kriminalitätspolitik
    zu tabuisieren.


    (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie hätten besser zuhören sollen!)


    Ich wundere mich nur, dass Sie sich angesichts Ihres
    Vorwurfs der Polemik und der Emotionalisierung nicht
    über den Bundeskanzler beschweren. Darum müssen Sie
    sich den Vorwurf des mangelnden politischen Mutes und
    der Scheinheiligkeit gefallen lassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Oberpolemiker in dieser Frage ist der deutsche Bun-
    deskanzler. Dazu hätte ich von Ihnen gerne einmal ein
    Wort gehört.

    Sie brauchen eine Mehrheit. Wir stehen in dieser An-
    gelegenheit zur sachlichen Kooperation – wie stets – zur
    Verfügung. Frau Schewe-Gerigk hat mit ihrer Kritik eben
    Herrn Bosbach angesprochen. Gemeint waren natürlich
    Sie, Frau Bundesjustizministerin. Frau Schewe-Gerigk
    hat sich gegen Ihre Vorschläge, die Sie etwa in der „Süd-
    deutschen Zeitung“ gemacht haben, ausdrücklich und
    frontal gewendet. Sie sind doch dafür, Kindesmissbrauch

    Irmingard Schewe-Gerigk




    Dr. Norbert Röttgen
    zum Verbrechen heraufzustufen. Die Grünen haben dies
    gerade explizit abgelehnt. Sie haben in der Koalition
    keine Einigkeit. Ihre Ankündigungen müssen Sie erst
    noch realisieren.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn Sie es ernst meinen, dann haben Sie eine gute

    Gelegenheit, dies zu demonstrieren; schließlich sagen
    Sie: 80 Prozent des Gesetzentwurfs der Union sind in
    Ordnung. Wir schlagen Ihnen vor, auf der Grundlage un-
    seres Gesetzentwurfs zu verhandeln.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Mehrheit fällt kein Zacken aus der Krone, wenn sie
    sagt: 80 Prozent dieses Gesetzentwurfs sind gut; im
    Hinblick auf die restlichen 20 Prozent stellen wir Än-
    derungsanträge. Lassen Sie uns auf der Grundlage un-
    seres Entwurfs verhandeln! Auf diese Weise werden Sie
    den größten Teil Ihrer Vorstellungen durchsetzen kön-
    nen.

    Bevor ich zu den Einzelheiten komme und bevor wir
    uns in dem damit verbundenen Dschungel vielleicht ver-
    irren, liegt mir daran, zu betonen, wie der Maßstab aus-
    sieht. Der stellvertretende Vorsitzende unserer Fraktion
    hat ihn bereits beschrieben. Da er entscheidend ist,
    möchte ich es wiederholen. Was ist der Maßstab des po-
    litisch Gebotenen, des politisch Notwendigen in dieser
    Frage? Das Notwendige und Gebotene ist nicht weniger
    als das rechtsstaatlich Mögliche. Alles, was rechtsstaat-
    lich möglich ist, ist das politisch Gebotene. Das ist der
    Maßstab. Wir erbitten auch von Ihnen eine Erklärung
    dazu, ob Sie diesen Maßstab akzeptieren oder ob Sie un-
    ter dieser Messlatte bleiben wollen, ob Sie also weniger
    zum Schutz von Opfern tun wollen als das, was rechts-
    staatlich möglich ist.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen mehr tun!)


    Ich glaube, dass Sie die Konstellation nicht wirklich
    begriffen haben. Sie leben in der Vorstellung, dass es da-
    rum geht, den Staat, der in die Freiheit des einzelnen
    Straftäters regulierend eingreifen will, abzuwehren. Wir
    müssen das Freiheitsrecht des Straftäters – auch der
    Straftäter ist nicht rechtlos – gegen den Schutzanspruch
    des potenziellen Opfers abwägen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dass es um diese Abwägung geht, verstehen Sie nicht. Ich
    habe, ganz offen gesagt, den Eindruck, dass Sie, Herr
    Ströbele, und auch Sie, Frau Schewe-Gerigk, noch im
    ideologischen Gefängnis der 70er-Jahre hausen. Befreien
    Sie sich von Ihren alten ideologischen Kämpfen!


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte auf die entscheidende Meinungsverschie-

    denheit, die zwischen uns besteht, zu sprechen kommen.
    Dabei geht es um die Fragen: Wie geht der Staat mit ge-
    fährlichen Straftätern um? Was tut der Staat zum Schutz
    der Bevölkerung vor Straftätern, von denen der Staat
    selbst aufgrund der Ergebnisse von Gutachtern glaubt,
    dass sie so gefährlich sind, dass sie, wenn sie entlassen
    werden, mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut ein schwe-

    res Verbrechen begehen? Welche Schlussfolgerung zieht
    der Staat daraus?


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nennen Sie einmal ein Beispiel!)


    Die Koalition sagt: Wir können nichts tun. Ich sage Ih-
    nen: Sie, die Vertreter der Koalition, wollen in dieser
    Frage nichts tun.


    (Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Das ist der Punkt!)


    Das geschieht nicht aus Bösartigkeit, sondern weil Sie in
    dieser Frage nicht einigungsfähig und darum politisch
    nicht handlungsfähig sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist der entscheidende Punkt. Ihre verfassungsrecht-
    liche Argumentation ist das Alibi für Ihre politische Hand-
    lungsunfähigkeit. Das ist die Wahrheit. Sie können poli-
    tisch nicht handeln.

    Ich möchte diese Debatte auch nutzen, um mich mit
    Ihren Argumenten auseinander zu setzen. Wir hatten uns
    ja vorgenommen, eine argumentative Auseinandersetzung
    zu führen.


    (Zuruf des Abg. Joachim Stünker [SPD])

    – Ja, ich gehe auf Ihre Argumente ein. Sie werden sehen,
    Herr Stünker, wie Sie nach jedem Argument, mit dem ich
    mich auseinander setze, ein Stück tiefer im eiskalten Was-
    ser stehen.


    (Joachim Stünker [SPD]: Sie sind schon eingebrochen!)


    Erstes Argument: Von Ihrer Seite wird immer wieder
    gesagt, bei der Sicherungsverwahrung handele es sich um
    eine Form der Doppelbestrafung. Dieses Argument ist
    falsch. Es handelt sich hierbei um eine Maßregel mit dem
    Ziel der Besserung und Sicherung, der Resozialisierung
    wie der Prävention. Andernfalls müssten Sie alle Maßre-
    geln der Besserung und Sicherung, die im Strafgesetz-
    buch stehen, streichen. Das Argument kann nur aus-
    schließlich gelten: entweder immer oder nie. Sie können
    nicht auf der einen Seite, wie gerade geschehen, eine vor-
    behaltene Sicherungsverwahrung beschließen, aber zu je-
    der anderen Form sagen, dabei handele es sich um eine
    Form von Doppelbestrafung. Ihre Argumentation ist in
    diesem Punkt also widersprüchlich. Schieben Sie das Ar-
    gument beiseite; es ist nicht zu halten.

    Ihr entscheidendes Argument lautet: Die Kompetenz
    für entsprechende Gesetze liege bei den Ländern und
    nicht beim Bund; man könne darum nichts machen. Auch
    dieses Argument ist aus mehreren Gründen falsch und
    nicht tragfähig. Ich will das nun ausführen:

    Jede Reaktion des Staates auf eine Straftat – das ist un-
    strittig – fällt unter die Kategorie Strafrecht, nicht Poli-
    zeirecht, und damit in die Bundeskompetenz. Wir sind der
    Auffassung, dass die Sicherungsverwahrung eine Reak-
    tion auf die Straftat eines Straftäters darstellt,


    (Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich denke, es ist keine Strafe!)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    562


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    der seine Gefährlichkeit schon unter Beweis gestellt hat.
    Darum kommt hier das Strafrecht zur Anwendung.

    Die gesetzlichen Maßnahmen von CDU- bzw. CSU-ge-
    führten Ländern, auf die Sie hingewiesen haben – Bayern,
    Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt –, sind reine
    Notstandsmaßnahmen, weil der Bund sich weigert, hier
    aktiv zu werden. Das ist doch die Wahrheit.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ihr Verweis auf das Landesrecht führt zu absurden Er-
    gebnissen: So sind die Kinder von Herrn Montag und des
    Kollegen Götzer, die in Bayern leben, besser geschützt als
    meine Kinder, die in Nordrhein-Westfalen leben. Das
    kann doch nicht sein. Wir brauchen eine bundeseinheit-
    liche Regelung.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sollen die in Nordrhein-Westfalen etwas machen!)


    – In Nordrhein-Westfalen macht man aber nichts, meine
    Damen und Herren.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


    Es ist doch den Bürgern nicht verständlich zu machen,
    dass ein gefährlicher Straftäter in Bayern in Sicherungs-
    verwahrung genommen werden kann, wenn er aber nach
    Niedersachsen verlegt wird – Haftverlegungen kommen
    ja immer wieder vor –, auf freien Fuß gesetzt wird.

    Meine Damen und Herren, in einer Frage, in der es für
    den Straftäter um Freiheit oder Haft geht, in einer Frage,
    in der es für Opfer um Leben und Tod geht, präsentieren
    Sie auf höchster staatlicher Ebene absurdes Theater. Sie
    stellen auf reine Zufälligkeiten ab.


    (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das denn für ein Unsinn?)


    Die Auffassung, die Sie vertreten, ist auch darum unhalt-
    bar, weil sie das Vertrauen in die praktische Vernunft des
    Staates infrage stellt. Die Leute fragen: Was ist das ei-
    gentlich für ein Staat, der den Schutz von Opfern vor
    Mord und schweren Verbrechen von Zufälligkeiten ab-
    hängig macht?


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich will auch ein rein verfassungsrechtliches Argument

    nennen. Wir bewegen uns hier im Bereich der konkur-
    rierenden Gesetzgebung. Da es die vorbehaltene Si-
    cherungsverwahrung schon gibt, hat der Bund – das ist
    verfassungsrechtlich zwingend – hier von seiner Gesetz-
    gebungskompetenz Gebrauch gemacht; das heißt, in die-
    sem Bereich ist für die Gesetzgebung der Länder über-
    haupt kein Raum mehr.


    (Erika Simm [SPD]: Polizeirecht!)

    – Es fällt nicht unter das Polizeirecht. Das Polizeirecht hat
    den Pferdefuß, dass es gerade nicht an die Straftat an-
    knüpfen kann, weil das Strafrecht in Bundeskompetenz
    fällt.


    (Christine Lambrecht [SPD]: Und, zur Gefahrenabwehr nicht möglich?)


    – Wir wollen keine reine Gefahrenabwehr, wir wollen nicht
    irgendwelche Leute, sondern einen Straftäter in Sicherungs-
    verwahrung nehmen, der gezeigt hat, dass er gefährlich ist.
    Darum ist hier eine bundesgesetzliche Regelung nötig.


    (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also doch ein Problem der doppelten Bestrafung! – Gegenruf des Abg. Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Quatsch! Unsinn!)


    Ein weiteres Argument, an dem Ihre Scheinheiligkeit
    deutlich wird: Sie fordern die Bundesländer auf, hier tätig
    zu werden. Die CDU-geführten Länder sind hier zum Teil
    tätig geworden. Die Wahrheit ist doch: Rot-Grün wird auf
    Länderebene genauso wenig tätig wie auf Bundesebene.
    Sie machen doch nichts.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe gerade mit einem Kollegen gesprochen, der im
    niedersächsischen Landtag war. Dort hat die CDU-Frak-
    tion vorgeschlagen, eine landesgesetzliche Regelung zur
    Sicherungsverwahrung einzuführen; Rot-Grün lehnte die-
    ses Instrument aber ab. Rot-Grün hat weder auf Bundes-
    noch auf Landesebene die politische Kraft dazu.

    Wenn Sie uns schon nicht glauben – das ist mein letz-
    tes Argument dazu –, dann glauben Sie doch wenigstens
    den Praktikern. Heute hat sich erfreulicherweise der stell-
    vertretende Vorsitzende des Richterbundes, ein praktizie-
    render Richter, zu Wort gemeldet. Er fordert als Reprä-
    sentant der Richter in Deutschland den Deutschen
    Bundestag auf, die Möglichkeit nachträglicher Siche-
    rungsverwahrung vorzusehen. Er sagt, wir bräuchten die-
    ses Instrument und der Bund sei derjenige, der in der Ver-
    antwortung stehe, dafür zu sorgen. Hören Sie auf die
    Praktiker, die diese Vorschläge machen!


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich komme kurz noch zu unseren anderen Vorschlägen,

    zu denen Sie weitgehend Zustimmung signalisiert haben.
    Wie gesagt: Bewegen Sie sich auf der Grundlage unseres
    Entwurfes, dann sind Sie in sicheren Gefilden.

    Wir haben vorgeschlagen, den Kindesmissbrauch
    vom Vergehen zum Verbrechen aufzuwerten. Die Grünen
    widersprechen und sagen, es sei ihr Vorschlag, sie hätten
    ihn gemacht. Wir sehen natürlich einen minderschweren
    Fall vor. Sie sollten unseren Gesetzentwurf erst studieren,
    bevor Sie ihn kritisieren.


    (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: So ist es!)

    Selbstverständlich muss es auch dafür eine flexible Rege-
    lung geben.

    Frau Kollegin von der FDP, Sie haben gleichzeitig vor
    Verschärfung und vor Verharmlosung gewarnt. Sie müs-
    sen sich, wie ich finde, erstens entscheiden, in welche
    Richtung Sie kritisieren. Zweitens kann Ihr Argument,
    dass es sich um Beziehungstaten handele, nicht dazu
    führen, dass der Staat den staatlichen Strafanspruch
    zurücknimmt.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Denn gerade in diesem Bereich müssen wir der Neigung,
    zu sagen: „Reden wir nicht darüber, es ist unangenehm, es

    Dr. Norbert Röttgen




    Dr. Norbert Röttgen
    war auch nicht so schlimm“, die zu einem großen Dun-
    kelfeld führt, entgegenwirken. Damit übt das Strafrecht
    eine Signalfunktion aus. Die Regelung muss praktisch
    handhabbar sein, das ist unser Vorschlag auch. Wir sa-
    gen: Kindesmissbrauch ist kein Kavaliersdelikt, son-
    dern eines der schwersten Verbrechen, die unsere
    Rechtsordnung kennt. Darum reagieren wir mit dem
    schärfsten Instrumentarium, das wir zur Verfügung ha-
    ben.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir sind übrigens der Auffassung, dass zwar durch das

    Strafrecht die Signalfunktion des Staates deutlich werden
    muss, aber dass Strafen nicht alles ist. Darum habe ich
    mich gefreut, dass Sie auch auf den Teil unseres Antrages
    eingegangen sind, in dem wir eine Länder übergreifende,
    wissenschaftliche Begleitforschung sozialtherapeuti-
    scher Maßnahmen vorschlagen. Wir sind der Auffassung
    – ich betone es noch einmal –, dass es auch die Verant-
    wortung gegenüber dem Verbrecher gibt, ihn in die Ge-
    sellschaft zurückzuholen, ihn zu therapieren. Dann er-
    warte ich allerdings von denjenigen, die dies im Bundestag
    fordern, dort, wo sie in den Ländern Verantwortung tragen,
    etwa in meinem Bundesland Nordrhein-Westfalen – ich
    weiß nicht, wie es in anderen rot-grün-regierten Ländern
    aussieht –, Therapieplätze zur Verfügung zu stellen. The-
    rapie kostet Geld. Therapie als Lippenbekenntnis ist zu
    wenig.

    Wir haben als Union ein umfassendes Angebot un-
    terbreitet, und zwar – das möchte ich abschließend sa-
    gen – aus zwei Gründen: erstens weil es um die große
    Verantwortung geht, die wir als Gesetzgeber gegenüber
    den Opfern und den Angehörigen von Opfern haben,
    zum Beispiel gegenüber den Eltern von Kindern, die
    Opfer geworden und vielleicht umgebracht worden
    sind. Zweitens geht es – das reicht über die einzelnen
    Schicksale hinaus – nach unserer festen Überzeugung
    auch darum, die Akzeptanz der Rechtsordnung sicher-
    zustellen. Weil es immer wieder zu spektakulärem Auf-
    sehen in der Öffentlichkeit kommt, fragen die Men-
    schen: Welches Zutrauen können wir eigentlich in den
    Staat haben, der immer bedauert und redet, aber am
    Ende nicht handelt?

    Handeln wir, meine Damen und Herren, es ist höchste
    Zeit dazu. Wir haben Vorschläge gemacht. Schließen Sie
    sich ihnen an. Der Staat wird an Vertrauen und Akzeptanz
    dadurch zurückgewinnen.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU)