Rede von
Wolfgang
Bosbach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Nein. –
Durch diese Heraufstufung der Tat zu einem Verbrechen
würde endlich auch die Verabredung zum sexuellen Miss-
brauch eines Kindes unter Strafe gestellt.
Wir wollen die Überwachung der Telekommunikation
bei allen Formen des Kindesmissbrauchs und auch bei der
Herstellung und Verbreitung von Kinderpornographie
ermöglichen. Gerade die Zahl der Fälle von Besitz und
Verbreitung der Kinderpornographie ist im letzten Jahr
dramatisch gestiegen. Ein Auszug aus der polizeilichen
Kriminalstatistik der Bundesrepublik Deutschland ver-
zeichnet bei Besitz und Beschaffung von Kinderpor-
nographie einen Anstieg um 72 Prozent und bei der Ver-
breitung von Kinderpornographie einen Anstieg von
60,8 Prozent in einem Jahr. Wenn Sie, Herr Ströbele, sa-
gen, im Grunde müssten wir nichts ändern, dann ist das
genau der Grund, warum ich von Ihnen weder eine Zwi-
schenfrage noch einen Zwischenruf akzeptieren kann. Die
Verharmlosung soll hier im Parlament nicht fortgesetzt
werden.
Wir wollen die Möglichkeit der DNA-Analyse konse-
quent nutzen. Warum tun wir uns so schwer beim gene-
tischen Fingerabdruck?
Es ist ernsthaft behauptet worden – der Kollege ist nicht
mehr Mitglied des Deutschen Bundestages –, mit dem ge-
netischen Fingerabdruck könne man die Erbinformatio-
nen des Täters oder des Tatverdächtigen offen legen. Das
ist doch verrückt. Wir können mit dem genetischen Fin-
gerabdruck nur feststellen: Stammt die Spur vom Täter
oder vom Tatverdächtigen, ja oder nein? Mehr nicht. Es
ist nichts anderes als ein Fingerabdruck.
Bis jetzt kann der genetische Fingerabdruck nur bei ei-
ner Anlasstat von erheblicher Bedeutung genommen wer-
den. Diese Beschränkung ist zu eng. Wir wollen, dass der
genetische Fingerabdruck bei jeder Straftat mit einem
sexuellen Bezug genommen werden kann, also beispiels-
weise – um hier Klartext zu reden – auch von Spannern
und Exhibitionisten. Mein Mitleid hält sich hier stark in
Grenzen.
Schließlich sind 75 Prozent aller Vergewaltiger vorbe-
straft. 25 Prozent aller Vergewaltiger haben ihre krimi-
nelle Karriere als Spanner oder Exhibitionisten begonnen.
Deswegen sagen wir auch an dieser Stelle: Wehret den
Anfängen!
Wir wollen bundesweit und einheitlich die nachträg-
liche Sicherungsverwahrung einführen. Es gibt Fälle, in
denen das Gericht bei der Aburteilung des Täters fälschli-
cherweise davon ausgegangen ist, dass er nach Verbüßung
seiner Haft ein straffreies Leben führen wird. Dann hat
sich aber erst während der Haftzeit herausgestellt, dass
der Täter nicht therapierbar und nicht resozialisierbar ist
und dass es in hohem Maße wahrscheinlich ist, dass er
nach der Haftentlassung weiterhin schwere und schwerste
Straftaten begehen wird. Wenn die Lage so ist, dann darf
der Täter nicht in die Freiheit entlassen werden. Dann
muss der Schutz der Bevölkerung Vorrang vor dem Frei-
heitsinteresse des Täters haben.
Andere Vorgehensweisen wären im wahrsten Sinne des
Wortes lebensgefährliche Experimente auf Kosten der
Bevölkerung. Sollte die Bundesregierung, wie von Ih-
nen, Frau Zypries, signalisiert worden ist, auf die Vor-
schläge der Union tatsächlich eingehen, dann würden wir
das begrüßen. Besser spät als nie! Aber Sie sollten bei
Ihren Bemühungen, sich in unsere Richtung zu bewegen,
nicht auf halbem Weg stehen bleiben; denn wenn Sie eine
Schutzlücke nur halb schließen, dann haben Sie die
Schutzlücke überhaupt nicht geschlossen. Deswegen bitte
ich Sie herzlich: Setzen Sie sich insbesondere in den ei-
genen Reihen durch; denn entscheidend ist nicht das, was
Sie sagen, sondern das, was Sie tun. Nicht an ihren
Sprüchen, sondern an ihren Taten sollt ihr sie erkennen!
Heute vor einer Woche haben die Richter, die Polizis-
ten und die Bediensteten im Strafvollzug übereinstim-
mend erklärt, dass die nachträgliche Sicherungsverwah-
rung dringend notwendig sei. Wenn Sie schon nicht auf uns
hören wollen, dann hören Sie wenigstens auf die Praktiker,
die tagtäglich mit solchen Schwerverbrechern zu tun haben.
Denken Sie bei Ihrer Entscheidungsfindung nicht nur an
die Koalition, sondern vor allen Dingen auch an die Opfer.
Danke für das Zuhören.