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  • tocInhaltsverzeichnis
    Begrüßung der Präsidenten der Nationalver- sammlung der Republik Korea, Herr Park Kwan Yong . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 A Verabschiedung des Abgeordneten Dr. Ingo Wolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 B Begrüßung der neuen Abgeordneten Gisela Pilz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 B Wahl der Abgeordneten Eckhardt Barthel (Berlin), Monika Griefahn, Michael Roth (Heringen), Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, Günter Nooke, Annette Widmann-Mauz, Volker Beck und Hans- Joachim Otto (Frankfurt) als Mitglieder des Kuratoriums der „Stiftung Denkmal für die er- mordeten Juden Europas“ . . . . . . . . . . . . . . . . 531 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 531 C Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Regierungserklärung: NATO-Gipfel am 21./22. November 2002 in Prag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 B b) Antrag der Abgeordneten Dr. Friedbert Pflüger, Dr. Wolfgang Schäuble, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Die NATO auf die neuen Gefahren ausrichten (Drucksache 15/44) . . . . . . . . . . . . . . . 532 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 532 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 535 C Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . 540 B Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 540 D Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 D Dr. Ludger Volmer BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 C Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . 544 D Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 545 D Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 547 C Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) CDU/CSU 549 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 A Monika Heubaum SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 C Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Ver- besserung des Schutzes der Bevölke- rung vor Sexualverbrechen und anderen schweren Straftaten (Drucksache 15/29) . . . . . . . . . . . . . . . 554 C b) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Sozialtherapeutische Maßnahmen für Sexualstraftäter auf den Prüfstand stellen (Drucksache 15/31) . . . . . . . . . . . . . . . 554 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . 554 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 556 D Sibylle Laurischk FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 A Plenarprotokoll 15/10 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 10. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 I n h a l t : Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560 B Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . 561 B Christine Lambrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . 564 B Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . 565 D Christine Lambrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . 566 A Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 B Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 567 A Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 568 B Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 B Zusatztagesordnungspunkt 2: Überweisung im vereinfachten Verfah- ren Antrag der Abgeordneten Eckhardt Barthel (Berlin), Ernst Bahr (Neuruppin), weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Grietje Bettin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Den Deutschen Musikrat stärken (Drucksache 15/48) . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 D Zusatztagesordnungspunkt 8: Abschließende Beratung ohne Aus- sprache Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu der Streitsa- che vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BVerfGE 3/02 (Drucksache 15/69) . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 A Tagesordnungspunkt 5: Wahlen zu Gremien 5 a) Schriftführer gemäß § 3 der Ge- schäftsordnung (Drucksache 15/50) . . . . . . . . . . . . . 573 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktion der CDU/CSU: Be- stimmung des Verfahrens für die Be- rechnung der Stellenanteile der Fraktio- nen im Ausschuss nach Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) (Drucksache 15/47) . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 B in Verbindung mit 5 b) Ausschuss nach Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsaus- schuss) (Drucksachen 15/51, 15/52, 15/53, 15/54) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 B Volker Kauder CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 573 C Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . . . . . 574 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Haltung der Bundesregierung zur Situation der öffentlichen Haushalte unter Berücksichtigung der zu erwar- tenden aktuellen Steuerschätzung und der damit möglichen Notwendigkeit ei- nes Haushaltssicherungsgesetzes . . . . . . 575 A Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 575 A Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . 576 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 578 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 B Steffen Kampeter CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 580 B Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 D Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 583 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 A Ilse Aigner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 C Ortwin Runde SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 D Otto Bernhardt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 588 A Walter Schöler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 D Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 590 B Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 591 C Dr. Rainer Wend SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592 B Tagesordnungspunkt 6: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Fortentwick- lung der ökologischen Steuerreform (Drucksachen 15/21, 15/71, 15/72) . . . . . 593 B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 593 D Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 595 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 597 A Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 598 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 599 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 601 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002II Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603 A Dr. Christian Eberl FDP . . . . . . . . . . . . . 603 D Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 604 B Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 605 D Rolf Hempelmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 606 B Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 607 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612 C Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Peter Götz, Dr. Michael Meister, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung der Gemeindefinanzen (Gemeindefinanzreformgesetz) (Drucksache 15/30) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 A Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 B Horst Schild SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610 C Dr. Andreas Pinkwart FDP . . . . . . . . . . . . . . 614 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 D Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 616 B Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . 617 B Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 D Dr. Andreas Pinkwart FDP . . . . . . . . . . . 619 D Georg Fahrenschon CDU/CSU . . . . . . . . . . . 620 C Bernd Scheelen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 D Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 623 D Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheber- rechts in der Informationsgesell- schaft (Drucksache 15/38) . . . . . . . . . . . . . . 625 A b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den WIPO-Verträgen vom 20. Dezember 1996 über Urhe- berrecht sowie über Darbietungen und Tonträger (Drucksache 15/15) . . . . . . . . . . . . . . 625 B Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 625 B Günter Krings CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 626 C Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 629 A Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629 D Dirk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630 C Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer, Jörg van Essen, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Rechtssi- cherheit für die bewaffneten Einsätze deutscher Streitkräfte schaffen – ein Ge- setz zurMitwirkung des Deutschen Bun- destages bei Auslandseinsätzen der Bun- deswehr einbringen (Drucksache 15/36) . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 C Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 D Christine Lambrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . 634 A Thomas Kossendey CDU/CSU . . . . . . . . . . . 635 B Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636 D Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU . . . . . 638 B Ulrike Merten SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 640 A Dr. Christoph Zöpel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 641 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 645 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 531 10. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 Beginn: 9.00 Uhr
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    Dr. Christoph Zöpel Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. November 2002 645 (C)(A) Daub, Helga FDP 14.11.2002* Dr. Däubler-Gmelin, SPD 14.11.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 14.11.2002 Fritz, Erich G. CDU/CSU 14.11.2002 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 14.11.2002 Gradistanac, Renate SPD 14.11.2002 Freiherr von und zu CDU/CSU 14.11.2002 Guttenberg, Karl-Theodor entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Hoffmann (Chemnitz), SPD 14.11.2002 Jelena Kubicki, Wolfgang FDP 14.11.2002 Lietz, Ursula CDU/CSU 14.11.2002 Möllemann, Jürgen W. FDP 14.11.2002 Nitzsche, Henry CDU/CSU 14.11.2002 Rossmanith, Kurt J. CDU/CSU 14.11.2002* * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Schäuble


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! Es hallt ein wenig nach; aber das Mikrofon scheint zu
    funktionieren.

    Die Regierungserklärung, die wir soeben vom Bun-
    desaußenminister vorgetragen bekommen haben, hat we-
    nig Falsches enthalten.


    (Lachen bei der SPD – Ute Kumpf [SPD]: Das ist ein schwäbisches Kompliment!)


    All dem, was Sie zum Thema Erweiterung gesagt haben,
    das in der Planung für Prag ursprünglich das Hauptanlie-
    gen des NATO-Gipfels gewesen ist, stimmen wir zu, auch
    was die Beziehungen zu Russland anbetrifft; ebenso fin-
    det das, was Sie zu Tschetschenien gesagt haben, im
    Grundsätzlichen unsere Zustimmung.


    (Zuruf von der SPD: Warum haben Sie denn dann nicht geklatscht?)


    Unsere Zustimmung findet, Herr Bundesaußenminis-
    ter, auch Ihr Satz, dass der Prager Gipfel angesichts neuer
    Bedrohungen für Frieden und Sicherheit die angemes-
    senen Prioritäten setzen muss. Aber Ihre Regierungs-
    erklärung hat die angemessenen Prioritäten unter diesem
    Gesichtspunkt in keiner Weise gesetzt.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Die eigentliche Frage ist – deswegen wird der Prager
    Gipfel wirklich eine entscheidende Bedeutung für die
    weitere Entwicklung der atlantischen Gemeinschaft ha-
    ben –, ob wir in der Lage sind, das transatlantische Ver-
    hältnis so auszubauen und weiterzuentwickeln, dass es
    Frieden und Sicherheit für uns alle in der Zukunft schüt-
    zen kann. Gegen dieses Ziel ist in den vergangenen Mo-
    naten schwer verstoßen worden. Deswegen wird sich auf
    dem Prager Gipfel zeigen, ob es gelingt, die Störungen im
    transatlantischen Verhältnis, für die niemand mehr Ver-
    antwortung trägt als diese Bundesregierung, zu beseiti-
    gen, oder nicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Bundesminister Joseph Fischer




    Dr. Wolfgang Schäuble

    Das Wort Irak, Herr Bundesaußenminister, ist in Ihrer
    Regierungserklärung nicht vorgekommen. Ich sage Ihnen
    voraus: Sie werden in Prag auf dem NATO-Gipfel nicht
    darum herumkommen, sich mit der Problematik des Irak
    zu beschäftigen. Deshalb hätten Sie dem Deutschen Bun-
    destag dazu etwas sagen müssen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich lese heute in einem Interview des Bundeskanzlers

    – darüber muss gesprochen werden –, dass er auf die
    Frage, ob die Deutlichkeit, mit der Ihre Position zu Irak
    artikuliert wurde, eine symbolische Bedeutung gewonnen
    habe und ob das nicht als eine Zäsur im Verhältnis zu den
    USA verstanden worden sei, geantwortet hat: Nein, denn
    das lag in der Konsequenz unserer neuen Außenpolitik.

    Was, bitte, ist diese neue Außenpolitik?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Ist diese neue Außenpolitik, dass wir den Menschen in
    Deutschland einreden, Frieden und Sicherheit wären für
    uns in Deutschland nicht mehr bedroht, wenn wir uns nur
    so verhalten, als wären wir in einer Nische und als wür-
    den die Gefahren nur irgendwo anders eintreten? Dann
    müssen Sie aber den Präsidenten des Bundesnachrichten-
    dienstes, Hanning, stoppen, damit er nicht mehr jeden Tag
    neue Meldungen lanciert, dass der nächste terroristische
    Anschlag bei uns in Deutschland drohen kann. Es kann
    nur das eine oder das andere die Wahrheit sein.

    Ich fürchte, Herr Hanning hat mit seiner Lageanalyse
    Recht. Ich fürchte, dass das Tonband, das wir gerade über
    al-Dschasira wahrscheinlich von Bin Laden gehört ha-
    ben, auch bestätigt, dass die Gefahr des internationalen
    Terrorismus viel größer ist, dass wir davon betroffen sind
    und dass wir uns nur durch eine Stärkung der NATO so-
    wie der europäischen und der transatlantischen Zusam-
    menarbeit dagegen schützen können. Dann darf man diese
    Bindungen aber nicht mit „neuer Außenpolitik“
    schwächen. Das ist der falsche Weg.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das sagen wir nicht aus Solidarität mit unseren ameri-

    kanischen Partnern, sondern aus Eigenverantwortung und
    Eigeninteresse im Blick auf die Zukunft unseres Landes
    und die Sicherheit der Menschen, die uns als Politiker ins-
    gesamt und Ihnen als Regierung in besonderer Weise an-
    vertraut sind.

    Das eigentlich Problematische ist Folgendes: Auf-
    grund der Auflösung von staatlichen Strukturen, der viel-
    fältigen Ursachen für Spannungen, die es in der Ge-
    schichte der Menschheit immer gegeben hat und die mit
    den neuen technischen Möglichkeiten noch verstärkt wer-
    den, aufgrund der Tatsache, dass Massenvernichtungs-
    waffen immer mehr verbreitet werden, dass Trägertech-
    nologien in der Lage sind, die Gefahren von jedem Punkt
    der Erde an jeden anderen Punkt zu transportieren, und
    dass die alten Formen von Sicherheit nicht mehr funktio-
    nieren, wird in Amerika über die Frage der nationalen
    Sicherheitsstrategie eine intensive Debatte geführt.

    Sie lassen zu, dass über diese Gefahren, die sich auch
    für uns aus der Kombination von internationalem Terro-

    rismus, Massenvernichtungswaffen und Trägertechnolo-
    gien ergeben, bei uns keine ernsthafte und substanzielle
    Debatte geführt wird. Sie müssen sich auf dem NATO-
    Gipfel in Prag mit diesen Fragen beschäftigen. Das sind
    die eigentlich entscheidenden Fragen für die Zukunft hin-
    sichtlich Frieden, Freiheit und Sicherheit für die Men-
    schen in Deutschland und in Europa.

    Sie haben in den letzten Monaten in einer unverant-
    wortlichen Weise Kriegsangst und Antiamerikanismus
    geschürt und ausgebeutet.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


    – Ich habe eine Mappe von entsprechenden Zitaten vor
    mir liegen. Ich kann sie Ihnen vorlesen, wenn Sie sie
    hören wollen. Wir brauchen nicht darüber zu streiten, dass
    es so gewesen ist.

    Indem Sie so gehandelt haben – das will ich Ihnen jetzt
    vorhalten –, haben Sie etwas viel Schlimmeres gemacht:
    Sie haben nämlich verhindert – Sie leisten mit dieser Art
    Regierungserklärung auch einen Beitrag dazu –, dass in
    Deutschland ernsthaft darüber diskutiert wird, worin die
    Gefahren für uns liegen und was wir tun müssen, damit
    wir auf die bestmögliche Weise Vorsorge zur Vermeidung
    dieser Gefahren treffen. Das ist das eigentliche Problem.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie tun so, als wäre das Handeln der Verantwortlichen

    in den Vereinigten Staaten von Amerika, die sehr viel
    mehr Verantwortungsbereitschaft gezeigt und Vorsorge
    getroffen haben, als Sie es in den letzten Monaten getan
    haben und in Ihrer Regierungserklärung zum Ausdruck
    gebracht haben, die eigentliche Gefahr für den Frieden in
    der Zukunft.


    (Zuruf von der SPD)

    – Natürlich, damit wird doch an den Antiamerikanismus
    appelliert.

    Wenn man den Artikel liest, den der frühere Staatsmi-
    nister im Kanzleramt, Herr Naumann, dieser Tage in der
    „Zeit“ veröffentlicht hat, dann erkennt man, dass die po-
    litische Linke einen Generalangriff gegen die Grundlagen
    des Bündnisses zwischen Amerika und Europa führt. Das
    ist offenbar die neue Außenpolitik.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD: Oh! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist nicht zum Lachen, Herr Bundeskanzler!)


    Sie haben nicht ein einziges Wort zu der Frage gesagt,
    die für eine verantwortungsvolle Sicherheitspolitik ent-
    scheidend ist: Wie können wir angesichts der Bedrohun-
    gen durch Massenvernichtungswaffen, Terrorismus und
    Trägertechnologien in der Zukunft Sicherheit gewährleis-
    ten? Die alte Form der Abschreckung kann dies nicht
    mehr leisten. In Amerika wird über die neue Sicherheits-
    strategie diskutiert. Sie aber weisen das von sich, indem
    Sie davon sprechen, dass jemand Präventivschläge durch-
    führen wolle. Man kann diese Gefahren aber nur vermei-
    den, indem man Anschläge und den Einsatz von Massen-
    vernichtungswaffen verhindert. Mit Vergeltung, also


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    536


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    einem Zweitschlag, schützen Sie unsere Bevölkerung
    nicht. Deswegen muss eine entsprechende Debatte in Prag
    und in Deutschland geführt werden. Dazu haben Sie kein
    Wort gesagt. Das ist das eigentliche Problem.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Bundesministers Joseph Fischer)


    – Damit es alle hören – eigentlich darf er von der Regie-
    rungsbank keine Zurufe machen –, wiederhole ich den
    Zuruf des Außenministers. Er hat mich gefragt, ob ich für
    Präventivschläge sei. Ich frage zurück: Ist das die ganze
    Antwort der Bundesregierung?


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Michael Glos [CDU/CSU]: Genau so ist der Fischer! Er hat präventiv mit Pflastersteinen geworfen!)


    Ich frage Sie: Was unternehmen Sie gegen die Bedrohung,
    dass biologische Kampfstoffe demnächst vielleicht einge-
    setzt werden? Wir haben in Deutschland beispielsweise
    noch nicht einmal ausreichend Impfmittel gegen Pocken.
    Was unternehmen Sie gegen die Gefahr, dass schmutzige
    Atomwaffen eingesetzt werden? Was unternehmen Sie
    gegen die Gefahr, dass demnächst mit neuen Raketen, die
    es überall gibt, von irgendeinem Ort Anschläge verübt
    werden? Bin Laden – ich gehe davon aus, dass er auf dem
    Tonband zu hören ist – hat angedroht, dass Deutschland
    demnächst von einem Anschlag betroffen sein könnte.
    Wie wollen Sie im Hinblick darauf Vorsorge treffen? Sie
    aber antworten auf diese Fragen nur mit dem Zuruf, ob ich
    für Präventivschläge bin.


    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Sehr oberflächlich!)


    Das ist zu wenig und reicht hinten und vorne nicht.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Zu dünn und zu dumm!)

    Das ist Ausdruck Ihrer Politik.

    Ich sage es noch einmal: Das Schüren von Antiameri-
    kanismus hat in Wahrheit zur Folge, dass wir eine realis-
    tische Bedrohungsanalyse in Deutschland nicht vorneh-
    men. Damit werden wir unserer Verantwortung für die
    Sicherheit unseres Landes nicht gerecht. Über diese Fra-
    gen muss in Prag gesprochen werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Sie haben kein Wort zum Thema Irak gesagt, obwohl
    sich in diesen Tagen erweist, dass diejenigen Recht gehabt
    haben, die in einer Kombination aus Druck und Handeln
    der Vereinten Nationen am ehesten die Chance gesehen
    haben, eine militärische Eskalation zu vermeiden. Des-
    wegen muss man einen Tag, nachdem der Irak die Reso-
    lution des UN-Sicherheitsrates akzeptiert hat – wir wis-
    sen natürlich, dass Saddam Hussein in den nächsten
    Wochen und Monaten sein Spiel weitertreiben wird –, ein-
    mal seinen Dank sagen und Respekt dafür zeigen, dass un-
    ter amerikanischer Führung dieser große Erfolg erreicht
    worden ist, anstatt kein Wort dazu zu sagen. Darauf wer-
    den Sie in Prag eine Antwort geben müssen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Ich habe öffentlich darauf hingewiesen – ich habe mich
    dafür eingesetzt; Sie sind ja schließlich die Regierung un-
    seres Landes –, dass Sie mit unserem wichtigsten Ver-
    bündeten vernünftige Beziehungen haben müssen.


    (Uta Zapf [SPD]: Das ist aber nett!)

    Nur, welche Pressearbeit machen Sie im Hinblick auf
    Ihre Hofschranzen!


    (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Im Fernsehen war zu se-
    hen, dass der Außenminister bei Colin Powell war. Colin
    Powell hat ihn mit dem seltenen amerikanischen Gruß be-
    grüßt: „Good to see you!“ Bereits daraus ist die Meldung
    gemacht worden: Das war eine Liebeserklärung zwischen
    zwei Außenministern.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – Joseph Fischer, Bundesminister: Er hat noch etwas ganz anderes gesagt! Das könnte ich Ihnen sagen! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Seien Sie von der Regierungsbank einmal ruhig! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


    – Herr Bundesaußenminister, es wäre schön gewesen,
    wenn Sie uns in Ihrer Regierungserklärung, die Sie zu
    Beginn der heutigen Bundestagssitzung abgegeben ha-
    ben, ein paar substanzielle Auskünfte gegeben hätten, an-
    statt hier ein so nichtssagendes und allgemeines Larifari
    zu verlesen, dass sogar das Mikrofon verzweifelt.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Der Verteidigungsminister war jetzt bei Herrn Rumsfeld.
    Es ist in Ordnung, dass die miteinander gesprochen haben.


    (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn aber der amerikanische Verteidigungsminister auf
    die Frage, wie die deutsch-amerikanischen Beziehungen
    jetzt seien, mit sarkastischem Lachen sagt: „Unpoisoned!“,
    dann sollten Sie daraus keine großen Erfolgsmeldungen
    machen, sondern begreifen, welchen Substanzverlust Sie
    den deutsch-amerikanischen Beziehungen, der europä-
    ischen Handlungsfähigkeit und damit den Zukunftsinte-
    ressen unseres Landes zugefügt haben.

    Ich sage noch einmal: Ich wünsche mir, dass es or-
    dentliche Beziehungen gibt. Sie sind die Regierung unse-
    res Landes. Sie sollten sich nicht lächerlich machen. Die
    Art, wie Sie sich jetzt in Amerika aufführen, macht Sie
    lächerlich. Ich möchte nicht, dass unser Land eine lächer-
    liche Regierung hat. Sie ist schlecht genug und die Zeiten
    sind sehr ernst.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie werden auf dem Gipfel in Prag nicht darum he-

    rumkommen, auf die neuen politischen Bedrohungen
    Antworten zu geben. Der Verteidigungsminister hat die-
    ser Tage in einer Fernsehsendung – das ist mir berichtet
    worden; ich selber habe sie nicht gesehen – gesagt, er habe
    es satt und er wolle jetzt keine Fragen mehr dahin gehend

    Dr. Wolfgang Schäuble




    Dr. Wolfgang Schäuble
    beantworten, was wäre, wenn. Sie haben einen ganzen
    Wahlkampf damit geführt, dass Sie Fragen beantwortet
    haben, die niemand gestellt hat. Sie haben sich dabei
    ziemlich lächerlich gemacht.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Es geht um die politische Unterstützung der Politik
    der Vereinigten Staaten und des Atlantischen Bündnis-
    ses. Dazu muss in Prag eine klare Auskunft gegeben
    werden. Ansonsten wird der Gipfel in Prag in Bezug auf
    die Entwicklung der atlantischen Gemeinschaft zwar
    eine Weichenstellung darstellen, aber eine zum Schlech-
    teren.

    Wenn Sie jetzt die Entschließung des UNO-Sicher-
    heitsrats begrüßen – das tun Sie ja –, dann müssen Sie fol-
    gende Frage beantworten, und zwar jetzt – das ist keine
    Was-wäre-wenn-Frage, aber das ist eine Frage an die
    Bundesregierung, die weder im Ausschuss noch im Ple-
    num beantwortet worden ist –: Wird die Bundesregierung,
    die den Beschluss des Weltsicherheitsrats unterstützt,
    auch die ernsten Konsequenzen, die der Weltsicherheits-
    rat formuliert hat, unterstützen und mittragen, ja oder
    nein? Sie wollen Ihre eigenen Wähler täuschen; das ist der
    Punkt. Sie müssen diese Frage beantworten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dann müssen Sie in Prag noch etwas tun. Sie dürfen

    nicht nur sagen: Wir werden den Auftrag erteilen, eine
    Konzeption für die NATO-Reaction-Force zu entwi-
    ckeln. Wenn – und weil – die technologische Lücke zwi-
    schen beiden Seiten des Atlantiks immer größer wird, be-
    steht die Gefahr, dass die NATO in Zukunft nicht mehr die
    Schutzfunktion für uns leisten kann, wie dies bisher der
    Fall gewesen ist. Dabei gibt es zwei Gefahren:

    Erstens. Die militärischen Fähigkeiten und die techno-
    logische Entwicklung sind so unterschiedlich, dass die
    Zusammenarbeit immer schwerer wird.

    Zweitens. Das größere Problem ist – davon habe ich
    gesprochen –, dass wir zu keiner gemeinsamen Bedro-
    hungsanalyse und zu keiner Klärung der politischen
    Grundlagen dessen, was für die zukünftige Sicherheit not-
    wendig ist, mehr fähig sind.

    Wenn Sie die Lücke in den technologischen Fähigkei-
    ten schließen wollen, dann ist die NATO-Reaction-Force
    ein guter Ansatz. Dann darf man aber nicht sagen: Das
    prüfen wir einmal und dann werden wir sehen, wie wir es
    mit den ESVP-Strukturen kompatibel machen können.
    Das bekommen Sie mit der Art, in der Sie zurzeit Ihre Si-
    cherheitspolitik betreiben, nicht hin. Beides steht nur auf
    dem Papier, dann ist es natürlich auch kompatibel. Beides
    muss aber in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Die
    Helsinki-Komponente müsste schon längst umgesetzt
    worden sein.

    Demnächst führen wir die Haushaltsdebatte. Unsere
    wichtigsten europäischen Verbündeten erhöhen ihren oh-
    nehin höheren Anteil der Verteidigungsausgaben am
    Bruttoinlandsprodukt in den nächsten Jahren. Frankreich
    steigert ihn wesentlich, Großbritannien noch mehr. In
    Deutschland aber sinkt nach dem Stand der Planungen der

    Bundesregierung der Anteil des Verteidigungshaushalts
    am Bruttoinlandsprodukt weiter. Man wird Sie in Prag da-
    nach fragen und wenn Sie keine befriedigende Antwort
    geben können, schwächen Sie die NATO. Das ist der
    falsche Weg; denn wir brauchen die NATO, um auch in
    Zukunft Frieden und Sicherheit zu bewahren.

    Wir müssen mit unseren technologischen Fähigkeiten
    einsteigen. Dazu brauchen wir auch eine Bundeswehr-
    reform. Das Entscheidende aber ist, dass wir den politi-
    schen Willen haben, die Wahrung der Sicherheit auch in
    Zukunft als prioritäre Aufgabe zu begreifen und die wirk-
    lichen Bedrohungen nicht zu verharmlosen oder wegzu-
    reden. Wir müssen sie ernst nehmen und ihnen ins Auge
    schauen, um dann auch das Menschenmögliche an Vor-
    sorge zu treffen. Das ist die Weichenstellung, das ist der
    Auftrag für den NATO-Gipfel in Prag.

    Sie haben dazu kein Wort gesagt und das macht mich
    besorgt. Ich bin während Ihrer Regierungserklärung ganz
    unglücklich geworden. Ich habe Ihnen vor ein paar Wo-
    chen gesagt, dass wir Ihnen nicht den Weg verstellen wer-
    den, wenn Sie nach dem unverantwortlichen Wahlkampf,
    den Sie geführt haben, zu den Grundlinien der Außen-
    und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland,
    die wir über Jahrzehnte gemeinsam formuliert haben,
    zurückkehren wollen. Das können wir gar nicht und das
    wollen wir auch gar nicht, weil uns die Zukunft unseres
    Landes wichtiger ist als kleinliche parteipolitische Aus-
    einandersetzungen.


    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    – Wenn Sie sich so echauffieren, dann legen Sie doch ein-
    fach einmal die Zeitung weg, dann können wir uns ein
    bisschen auseinander setzen. Es gibt doch ein paar Min-
    destvoraussetzungen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dass Sie Zeitung lesen, ist egal, aber dann machen Sie
    auch keine Zwischenrufe. Lassen Sie sich doch beim Zei-
    tunglesen nicht stören!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will Ihnen sagen, was mich wirklich besorgt

    macht: Unser Land befindet sich in einer ungewöhnlich
    schwierigen Lage. Das Problem ist übrigens nicht das
    verantwortungslose Gerede von Bundeskanzler und
    führenden Mitgliedern der Bundesregierung in den letz-
    ten Monaten.


    (Franz Müntefering [SPD]: Das ist doch Phrasendrescherei! Das reicht jetzt aber wirklich!)


    Das Problem, Herr Fraktionsvorsitzender Müntefering,
    ist, dass die Bundesrepublik Deutschland in Amerika und
    in vielen anderen Ländern der Welt als ein Absteigerland
    angesehen wird. Die Kombination von der wirtschaft-
    lichen Lage und den wirtschaftlichen Perspektiven und
    dieser außenpolitischen Unzuverlässigkeit ist das eigent-
    liche Problem für Deutschland. Dabei wird einem angst
    und bange.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    538


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Glauben Sie doch nicht, dass wir Freude daran haben,
    dass diese Regierung von Tag zu Tag immer mehr taumelt
    und nicht die geringste Idee entwickelt!


    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Schadenfreude! – Zurufe von der SPD)


    Auch wir lesen gelegentlich Zeitung, allerdings nicht
    dann, wenn wir Zwischenrufe im Bundestag machen. Ma-
    chen Sie sich doch nicht lächerlich!


    (Zuruf von der SPD: Zur Sache!)

    – Ich sage doch etwas zur Sache. Dieses Land braucht
    eine Regierung, die wirklich weiß, was sie will, und die
    verstanden hat, was die Stunde geschlagen hat.


    (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kriegen nicht einmal Ihre Mehrheit zusammen, wenn Sie Wahlen in Ihrer Partei machen!)


    – Sie haben die Wahl gewonnen, deswegen bilden Sie ja
    auch die Regierung. Ich möchte nur nicht, dass sich die
    Regierung so lächerlich macht, wie sie es in den letzten
    Wochen getan hat.

    Ich möchte, dass die Regierung endlich die eigent-
    lichen Aufgaben in diesem Land annimmt. Deswegen
    sage ich: Ein noch größeres Problem als die außenpoli-
    tische Unzuverlässigkeit der Regierung ist, dass Deutsch-
    land in den Augen anderer in seinen wirtschaftlichen
    Fähigkeiten immer schwächer beurteilt wird. Wir werden
    einen hohen Preis bezahlen; das können wir jeden Tag an
    jedem Punkt sehen. Deswegen ist meine Bitte: Wenn Sie
    schon finanz-, wirtschafts- und sozialpolitisch unfähig
    sind, die Probleme zu lösen, dann kehren Sie doch we-
    nigstens auf dem Prager Gipfel zu den Minimalia einer
    den Zukunftsinteressen unseres Landes entsprechenden
    Außen- und Sicherheitspolitik zurück!

    Die Wahlentscheidung ist getroffen. Wir akzeptieren
    sie: Wir sind in der Opposition, Sie sind an der Regierung.
    Wir möchten aber, dass Sie ein bisschen besser regieren.
    Eine so perspektivlose, konzeptionslose und substanzlose
    Politik hat dieses Land nicht verdient.


    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich erteile das Wort dem Kollegen Markus Meckel,

SPD-Fraktion.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Markus Meckel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kol-

    leginnen und Kollegen! Herr Kollege Schäuble, was Sie
    eben hier dargestellt haben, ist in meinen Augen wirklich
    zutiefst erschütternd,


    (Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)

    weil Sie das transatlantische Verhältnis auf „Bild“-Zei-
    tungs-Niveau dargestellt haben. Das ist den Fragen, vor
    denen wir stehen, in keiner Weise angemessen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich habe den Eindruck, dass Sie nicht verkraften, dass
    die Bevölkerung unseres Landes gerade in außenpoliti-
    schen Fragen zu 80 Prozent hinter der Bundesregierung
    steht.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie verkennen deutlich, was die Bundesrepublik Deutsch-
    land an internationaler Verantwortung in den letzten Jah-
    ren wahrgenommen hat, zurzeit wahrnimmt und was sie
    demnächst in Afghanistan im Rahmen der ISAF mit der
    Fortsetzung von Enduring Freedom an Verantwortung
    übernehmen wird. 10 000 deutsche Soldaten befinden
    sich auf der Grundlage von UNO-Beschlüssen in ver-
    schiedenen NATO-Einsätzen. Sie nehmen diese Aufgabe,
    die mit großen Risiken verbunden ist, aufgrund eines Be-
    schlusses und unter Führung dieser Bundesregierung
    wahr. Ich glaube, das haben Sie völlig aus dem Blick ver-
    loren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie sprachen über Stimmungen im transatlantischen
    Verhältnis. Darüber können wir auch in der „Bild“-Zei-
    tung lesen, das ist dieser Frage allerdings keineswegs an-
    gemessen. Hier geht es um strategische Interessen und da-
    rum, wie wir auf der Grundlage unserer gemeinsamen
    Werte im transatlantischen Verhältnis und im Westen ge-
    meinsam den Schwierigkeiten der sicherheitspolitischen
    Herausforderungen unserer Zeit gerecht werden. Es ist
    keine Frage: Das ist für uns alle nicht einfach.

    Sie haben hauptsächlich über den Irak und wenig über
    den NATO-Gipfel gesprochen. Gerade hier wird aber
    deutlich, wie wichtig die Diskussionen der vergangenen
    Wochen und Monate waren und gerade sie der Hinter-
    grund der UN-Resolution sind. Die Resolution entspricht
    mit Sicherheit nicht der Linie von Herrn Cheney; denn er
    hat in seiner Rede von ganz anderen Kategorien gespro-
    chen. Er sprach von einem Regimewechsel im Irak als
    Ziel und nicht von der Vernichtung von Massenvernich-
    tungsmitteln. Dies ist aber die Bedrohung, auf die die
    UN-Resolution eingeht, und zwar multilateral und nicht
    unilateral.


    (Beifall des Abg. Gernot Erler [SPD])

    Diese Diskussion hat übrigens die Reaktion der Bundes-
    regierung hervorgebracht.

    Ich halte es für ausgesprochen wichtig, dass wir in der
    Frage der Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen
    differenzierter miteinander reden. Es ist gar keine Frage,
    dass der Irak eine ganz zentrale Bedrohung darstellt, auf
    die der UN-Sicherheitsrat jetzt – ich denke, in angemes-
    sener und erstaunlich geschlossener Weise – reagiert hat.
    Wir können nur hoffen, dass dies zum Erfolg führt. Das ist
    aber nicht das Einzige, was mit dem internationalen Ter-
    rorismus zu verbinden ist. Natürlich haben wir alle die
    Schreckensvorstellung, dass Terroristen Massenvernich-
    tungswaffen in die Hand bekommen. Im Augenblick gibt
    es aber kaum Belege dafür. Die Verbindung zwischen
    al-Qaida und dem Irak ist bisher nicht in der Weise, wie
    manche es glauben, nachgewiesen. Gleichzeitig aber
    muss man deutlich sagen, dass die Möglichkeit eines

    Dr. Wolfgang Schäuble




    Markus Meckel
    Militärschlags gegen den Irak die Gefahren des inter-
    nationalen Terrorismus erhöht.


    (Beifall der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


    Dies birgt die Gefahr, dass die internationale Koalition ge-
    gen den Terrorismus zerbricht.

    Das alles müssen wir uns deutlich machen. Es gibt ein
    Spannungsverhältnis und keine einfache Linie, aufgrund
    deren man sagen kann: Führer – USA– geh voran, wir fol-
    gen dir.


    (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wie bitte?)

    Das geht nicht. Wir brauchen eine eigene Bedrohungs-
    analyse und diese ist die Grundlage der Position der Bun-
    desregierung.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Dazu haben wir in den letzten Wochen durchaus eine
    ganze Menge sehr Klares gehört.

    Wenn es um Massenvernichtungswaffen geht, geht es
    eben nicht zuerst um einen Militärschlag, sondern um
    Nonproliferation, die Stärkung internationalen Rechts
    und Rüstungsbegrenzung. Dies sind die Instrumente, die
    wir stärken müssen. Wir müssen versuchen, alle Beteilig-
    ten dazu zu gewinnen, daran möglichst entschlossen und
    geschlossen teilzunehmen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Natürlich stehen wir gerade angesichts der Militär-
    strategie der USA vor einer strategischen Diskussion im
    Rahmen der NATO. Es ist schon die Frage, wie wir als
    NATO auf diese US-Militärstrategie reagieren und ob
    man auf Gefahren mit präventiven Schlägen reagiert. Herr
    Schäuble, diese Frage ist legitim. Darüber müssen wir
    miteinander sprechen. Wir müssen auch darüber reden,
    wie dies mit dem Völkerrecht vereinbar ist. Ich sehe je-
    denfalls nicht, dass die NATO sich darauf einigen könnte,
    dieser amerikanischen Strategie einfach zu folgen. Sagen
    doch auch Sie das ehrlich oder sagen Sie, dass Sie das
    wollen! Lassen Sie uns eine ernsthafte Debatte führen, in
    der nicht einfach nur der Bundesregierung unverantwort-
    liches Handeln vorgeworfen wird! Dies kann ich in keiner
    Weise akzeptieren, weil es der Sache nicht gerecht wird.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)