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ID1500504100

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    Vokabeln: 8
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    7. Günter: 1
    8. Rexrodt,FDP-Fraktion.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 173 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Frak- tionen (Drucksache 15/18) . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bestim- mung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen (Drucksache 15/17) . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der SPD, CDU/ CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP: Einsetzung von Aus- schüssen (Drucksache 15/19) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 B Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . . . . . 173 B Ronald Pofalla CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 174 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 C Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 B Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA 177 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 184 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 D Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 A Ludwig Stiegler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 D Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 195 D Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 A Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 199 D Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 D Dr. Rainer Wend SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 A Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . 203 B Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 C Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 208 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 214 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 A Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 221 B Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 227 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 C Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 233 A Plenarprotokoll 15/5 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 5. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 I n h a l t : Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 D Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 236 C Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 241 A Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 B Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 245 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 C Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . . 250 B Annette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 A Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 255 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 A Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . 258 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 261 A Georg Schirmbeck CDU/CSU . . . . . . . . . 262 B Angelika Volquartz CDU/CSU . . . . . . . . 262 D Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 265 B Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 268 B Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 A Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 273 B Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ 274 C Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 277 B Nicolette Kressl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 279 C Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 280 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 C Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 D Nicolette Kressl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 C Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 287 A Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 289 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 293 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 173 5. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (B) (C) (D) 290 (A) (C) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 291 Berichtigung 4. Sitzung, Seite 11 (B), Zweiter Absatz, der ersten Satz ist wie folgt zu lesen: „Sie, Herr Kollege Struck, drohen die erforderliche Strategiediskussion vollkommen zu verschlafen und laufen Gefahr, diese wie unser Engage- ment mit KSK in Afghanistan vor unserer deutschen Bevölkerung verheimlichen zu wollen.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 293 (C)(A) van Essen, Jörg FDP 30.10.2002 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 30.10.2002 Joseph DIE GRÜNEN Koschyk, Hartmut CDU/CSU 30.10.2002 Möllemann, Jürgen W. FDP 30.10.2002 Niebel, Dirk FDP 30.10.2002 Nolting, Günther FDP 30.10.2002 Friedrich Dr. Nüßlein, Georg CDU/CSU 30.10.2002 Otto (Frankfurt), FDP 30.10.2002 Hans-Joachim Pieper, Cornelia FDP 30.10.2002 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 30.10.2002 Schröter, Gisela SPD 30.10.2002 entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Antje Hermenau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

    Austermann hat hier „Haltet den Dieb!“ gespielt. Erinnern
    Sie sich noch an den kleinen Minister, der hier gesagt hat:
    Die Rente ist sicher? Erinnern Sie sich noch daran, dass
    uns Ostdeutschen gesagt wurde, die deutsche Einheit
    werde aus der Portokasse bezahlt? Das waren die Täu-
    schungen und sie passierten, bevor Rot-Grün an die
    Macht gekommen ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Diese Täuschungen werfen Sie heute dem Finanzmi-
    nister vor, der als Erster damit angefangen hat, die Neu-
    verschuldung drastisch zu senken. In vier Jahren Rot-
    Grün wurde nur ein Viertel so viel neue Schulden gemacht
    wie in vier Jahren Schwarz-Gelb zuvor.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wenn das kein deutlicher Ausweis ist, dann weiß ich es
    nicht besser.

    Nun behauptet Herr Austermann hier, mit den Bundes-
    bankgewinnen hätte man die Flutschäden bezahlen kön-
    nen. Herr Austermann, mit den Bundesbankgewinnen
    hätten Sie nur die Hälfte der Flutschäden bezahlen kön-
    nen. Die Finanzmittel für die zweite Hälfte hätten Sie an-
    derweitig aufbringen müssen. Wahrscheinlich hätte das
    ebenfalls 400 Millionen Euro Zinsen zur Folge gehabt
    und Sie kämen damit auf die gleiche Summe wie wir. Er-
    zählen Sie hier keine Halbwahrheiten, sondern bleiben
    Sie bei der Wahrheit!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Uns ist in der letzten Legislaturperiode etwas gelungen,
    was Ihnen jetzt zu schaffen macht: Unsere Regierungsko-
    alition hat es geschafft, eine neue Kultur in der
    Finanzpolitik zu kreieren, und zwar die Konsolidierungs-
    kultur. Dies tut Ihnen weh, denn in Ihrer alten Denkschule
    gilt immer noch die Neuverschuldung als smartes Instru-
    ment der Finanzpolitik. Dies ist Lehrbuchwissen aus den
    70er-Jahren. Wir aber reden über eine komplexe Welt, die
    komplexe Antworten braucht. Wir können uns gern noch
    einmal über die Neuverschuldung unterhalten. Sie ist und
    bleibt aber stigmatisiert, und dies – wie ich finde – zu Recht.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Deshalb wird sie auch in diesem Jahr erhöht!)


    Dass Sie sich darüber beschweren, dass wir die Erlöse
    aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen in die Tilgung
    gesteckt haben,


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das hat keiner kritisiert!)


    zeigt einmal mehr, dass Sie nicht verstanden haben, wie
    peinlich es ist, sich ständig auf Kosten zukünftiger Gene-
    rationen oder auf Kosten der Menschen in anderen Teilen
    dieser Welt neu zu verschulden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Der zweite Schritt steht bevor und dieser tut weh; das
    kann ich Ihnen versprechen. Es geht um die Einführung
    der Modernisierungskultur. Unsere Sozialpolitiker aus
    beiden Fraktionen wissen ziemlich genau, was auf sie zu-
    kommt. Hier nützen auch irgendwelche Schamanen-Be-
    schwörungen eines Herrn Austermann nichts. Die Struk-
    turreformen sind der notwendige zweite Schritt, um aus
    der Konsolidierungskultur jetzt die Modernisierungskul-
    tur zu entwickeln. Ich weiß, dies wird schwer. Ich habe die
    Genossen dabei fest im Blick.


    (Joachim Poß [SPD]: Was, Sie haben uns fest im Blick?)


    Sie haben uns in der letzten Legislaturperiode zuge-
    mutet, uns außenpolitisch den Realitäten anzupassen. Das
    haben wir getan.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aha!)

    Das war eine schwere Belastungsprobe für unsere Partei.


    (Joachim Poß [SPD]: Wir leben in den Realitäten! Wir brauchen keine Nachhilfe von Ihnen!)


    – Ich weiß, dass Sie keine Nachhilfe brauchen. Ich will
    Sie ermutigen, Herr Poß – Sie kommen ja aus NRW und
    wissen ganz genau, was ich meine –, zu erkennen, dass die
    Modernisierungsprozesse mit den Strukturreformen bei
    der Rentenversicherung, bei der Krankenversicherung
    und bei der Arbeitslosenversicherung notwendig sind.
    Wir brauchen sie.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Toller Partner!)

    Der Finanzminister weiß es, wir wissen es, Sie wissen es
    und ich weiß, dass es schwer wird. Es hilft aber nichts.
    Wir müssen es machen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Die Truppe auf der anderen Seite des Hauses hat es viel
    schwerer. Sie hat noch nicht einmal die Modernisierungs-
    schritte nachvollzogen. Außerdem hat sie eine FDP an der
    Hacke, die es überhaupt nicht kümmert, ob dies sozial
    verträglich abläuft oder nicht. Deswegen haben Sie es mit
    uns viel besser. Ich hoffe, Sie merken das.

    Jetzt kommen wir zu dem politischen Dreiklang bei
    den Lohnnebenkosten. Wir haben ein ganz schweres
    Erbe angetreten. Die beitragsfinanzierten sozialen Siche-
    rungssysteme sind genau das Erbe, das uns jetzt vieles
    schwer macht. Andere Länder – so zum Beispiel in Skan-
    dinavien – können sich viel leichter bewegen, weil sie

    Dietrich Austermann




    Antje Hermenau
    steuerfinanzierte Sozialsysteme haben. Wir aber haben
    beitragsfinanzierte Systeme. Diese sind viel stärker an
    den Faktor Arbeit gekoppelt, was uns vieles erschwert.

    Wenn wir immer mehr von der Industriegesellschaft
    zur Dienstleistungsgesellschaft übergehen, werden die
    klassischen Wachstumspotenziale beispielsweise durch
    eine Vergrößerung des Maschinenparks wegfallen. Dies
    ist klar. Wir haben also auch andere Wachstumsprognosen
    zu erwarten. Mit diesen müssen wir flexibel umgehen.
    Das heißt, wir brauchen eine Flexibilisierung des Arbeits-
    marktes. Anders wird der Übergang in eine Dienstleis-
    tungs- und Mediengesellschaft nicht zu schaffen sein.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wer hat denn mit der Ökosteuer die Rentenversicherung scheinsaniert?)


    Das heißt, erforderlich ist eine Anpassung an die Realitä-
    ten. Das steckt dahinter.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aber doch nicht die Grünen!)


    Sie von der Opposition haben die eigentliche Verant-
    wortung. Nachdem Sie nach 1990 ziemlich lange verant-
    wortungslos und angelehnt an Ihr veraltetes Lehrbuch-
    wissen einfach so weiterregiert haben,


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein!)

    wird es langsam Zeit, dass Sie sich Ihrer Verantwortung
    in diesem Lande stellen. Wenn man Ihre Wahlprogramme
    – eigentlich müssen Sie sie peinlich verstecken –


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein!)

    noch einmal hervorkramt und hineinschaut, erkennt man,
    dass Sie überhaupt nicht versuchen, dieser Verantwortung
    gerecht zu werden.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Viel verantwortungsvoller!)


    Sie haben nur Vorschläge gemacht, die nicht umsetzbar
    sind.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Doch!)

    Schauen Sie sich Ihre Subventionsexperten in der FDP

    an. Ihr ehemaliger Wirtschaftsminister Lambsdorff war
    es, der die Steinkohlesubventionen verbrochen hat.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ich bitte Sie! Wer hat die denn abgebaut?)


    Seien Sie bloß vorsichtig! Wir versuchen jetzt, diese jedes
    Jahr weiter herunterzufahren. Dies stammt doch alles aus
    Ihrer Regierungszeit.

    Sie kommen mit dieser These, man könnte die Sub-
    ventionen um 10 Prozent reduzieren. Bis zum 1. Januar
    2003 schaffen Sie dies gar nicht, denn es gibt Verträge und
    Gesetze. Außerdem gibt es Subventionen, die Sinn ma-
    chen, so zum Beispiel die Unterstützung der Einführung
    erneuerbarer Energien. Auch gibt es Subventionen, bei
    denen ich deutlich mehr als 10 Prozent einsparen möchte.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Welche denn?)

    Hier muss man doch qualitativ unterscheiden. Wie kann
    man denn mit solchen Pauschalschritten versuchen, einen

    Bereich zu bereinigen, der bei der Zukunftsorientierung,
    Schwerpunktsetzung und Prioritätensetzung eine große
    Rolle spielen soll?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Man hat in der letzten Woche im Fernsehen gemerkt,
    wie groß inzwischen die Verlegenheit bei Ihren konserva-
    tiven Vordenkern, wie zum Beispiel dem Herrn Miegel,
    bei den populistischen und schwierigen Diskussionen
    über die Staatsfinanzen ist. Herrn Miegel fiel nämlich
    zum Thema Abbau der Staatsverschuldung außer der Ver-
    kleinerung des Bundestages nichts anderes mehr ein.
    Nehmen Sie einmal diesen kleinen Betrag und sehen Sie
    sich unsere großen Probleme an, die übrigens doppelt so
    groß wären, wenn Ihr Wahlprogramm auch nur halbwegs
    „in die Pötte käme“. Überlegen Sie sich bitte einmal, wie
    verlegen und wortlos Sie inzwischen schon geworden
    sind.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein!)

    Sie haben die Definitionshoheit in der Finanzpolitik
    längst verloren.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aber doch nicht an die Schuldenmacher!)


    Sie kommen mit Ideen von Investitionsprogrammen.
    Dies hatten wir in der Baubranche alles schon. Menschen
    haben ihre Lebensläufe darauf aufgebaut, dass die Bau-
    branche über Sonderabschreibungen und Steuersubven-
    tionen boomt. Dies hat auch einige Jahre lang funktio-
    niert. Es hat aber nicht dazu geführt, dass die Leute ihre
    Lebensplanung durchhalten konnten. Japan macht den-
    selben Fehler. Es hat ebenfalls Investitionsprogramme ge-
    macht. Dadurch hat das Land eine Deflation, dass es nicht
    mehr über die Runden kommt.

    Sie wollen zum Beispiel – was ich wirklich schamlos
    finde – den europäischen Stabilitäts- und Wachstums-
    pakt gefährden. In Ihren Reihen sitzen Leute, die dauernd
    verkünden, der Wehretat müsse drastisch angehoben wer-
    den. Ich habe da etwas von 10 Milliarden Euro in vier Jah-
    ren unken hören. Überlegen Sie sich das einmal! Das ist
    derselbe Fehler, den Frankreich macht. Die Franzosen ha-
    ben die Chuzpe, sich in Brüssel hinzustellen und zu sagen,
    sie würden das Kriterium im nächsten Jahr nicht erfüllen
    können, weil sie die Verteidigungsausgaben erhöhen
    müssten. Das ist im Prinzip so wie in Amerika. Die Ame-
    rikaner hatten ein „balanced budget“, ein ausgeglichendes
    Budget, als Clinton abtrat. Dann hat Bush eine Steuersen-
    kung vorgenommen, die dazu geführt hat, dass die Sozi-
    alausgaben und die Verteidigungsausgaben in 2002 auf
    über 100 Milliarden US-Dollar klettern werden. Das ist
    volkswirtschaftlich nicht vernünftig. Es gibt nicht mehr
    den einfachen Zusammenhang zwischen Steuern senken
    und Verschuldung erhöhen. Das funktioniert nicht mehr.
    Die Konjunktur reagiert nicht mehr auf monokausale Zu-
    sammenhänge. Diese Annahme ist falsch.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir haben vorhin schon gehört, dass 13 oder 14 Bun-
    desländer das 3-Prozent-Kriterium in diesem Jahr wahr-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    220


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    scheinlich nicht erfüllen werden. Ich denke, die Informa-
    tion ist richtig. Das heißt aber, dass die Bemühungen der
    Bundesregierung, einen nationalen Stabilitätspakt aufzu-
    bauen, der dem entsprechen soll, was wir in Brüssel ver-
    einbart haben, richtig sind. Die Länder müssen mit ins
    Boot. Auch sie müssen sich mehr anstrengen, die Neu-
    verschuldung zu senken, statt irgendwelche folgenlosen
    Selbstverpflichtungen einzugehen. Das müssen wir ein
    bisschen enger fassen.

    Dasselbe gilt für die Sozialversicherungssysteme. De-
    ren Schulden machen zusammen mit den Schulden der
    Länder und des Bundes den gesamten Schuldenstand aus.
    Sie müssen alle mit ins Boot und an der Senkung der Neu-
    verschuldung mitwirken.

    Bei den Ländern haben Sie ja ein bisschen mitzureden.
    Damit sind wir bei Ihrer Verantwortung in der Opposition.
    Sie können natürlich mithelfen, das 3-Prozent-Kriterium
    einzuhalten. Sie haben das durchaus mit in der Hand.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Zum Schluss. Auf uns wollen Sie ja nie hören; Sie mei-
    nen, Sie wüssten das alles aus Ihren Lehrbüchern besser.
    Vielleicht hilft ja ein göttlicher Hinweis. Ich habe am
    28. Oktober im „Tagesspiegel“ etwas über das Erzbistum
    Berlin gelesen. Ich zitiere:

    Erzbistum steht vor der Pleite
    Jahrelang hat die katholische Kirche über ihre Ver-
    hältnisse gelebt ... Ursache der heutigen Finanzkrise
    ist die Entscheidung der Bistumsleitung, seit Mitte
    der neunziger Jahre Haushaltslücken durch Kredite
    zu schließen. ... In besseren Jahren wurden keine
    Rücklagen gebildet.

    (Joachim Poß [SPD]: Sie sind der CDU ge folgt! Das ist ihr Problem!)

    Das ist ein religiöser Autoritätsbeweis. Wenn das sogar

    die katholische Kirche kapiert hat, dann müssten Sie die-
    ser Argumentation eigentlich folgen.

    Danke.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)




Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Günter Rexrodt,

FDP-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Günter Rexrodt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kol-

    legin Hermenau, das waren ja gewagte ökonomische The-
    sen, die Sie vorgetragen haben,


    (Beifall bei der FDP)

    um darüber hinwegzutäuschen, dass Sie mit dem Stabili-
    tätspakt nicht klarkommen.

    Aber ich möchte mich ganz an die Fakten halten, die
    Sie, Herr Bundesfinanzminister, in Ihren Unterlagen ver-
    öffentlicht haben. Versprochen war der moderate Abbau
    der Nettoneuverschuldung in 2002 von 22,8 Milliarden

    Euro auf 21,1 Milliarden Euro und in 2003 von 21,1 Mil-
    liarden Euro auf 15,5 Milliarden Euro. Die Realität – das
    sehen auch die Menschen draußen –: Der Bund wird sich
    im Jahre 2002 mit mehr als 30 Milliarden Euro verschul-
    den müssen – nicht 21,1 Milliarden Euro, sondern mehr
    als 30 Milliarden Euro – und in 2003 stehen mindestens
    18 Milliarden Euro Nettoneuverschuldung an. Das ist ein
    Desaster.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Versprochen war ein ausgeglichener Haushalt in 2004;
    jetzt wird von 2006 gesprochen. Keiner glaubt mehr da-
    ran. Versprochen waren Steuersenkungen durch die
    größte und wichtigste Steuerreform seit dem Kriege. Die
    Realität sind Steuererhöhungen. Allein in 2003 sind es
    7 Milliarden Euro durch die Koalitionsvereinbarung,
    7 Milliarden Euro durch die Verschiebung der Steuerre-
    form und 3 Milliarden Euro durch eine weitere Stufe der
    Ökosteuer. Das macht zusammen 17 Milliarden Euro, die
    die Menschen und die Unternehmen weniger in den Ta-
    schen und auf den Konten haben.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist das!)

    Meine Damen und Herren, die Situation gleicht einem

    Desaster.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf Pump wäre das Desaster!)


    Versprochen war eine Senkung der Rentenversiche-
    rungsbeiträge auf unter 19 Prozent. Im Moment liegen
    die Beiträge bei 19,1 Prozent, 19,3 Prozent stehen im
    Raum. Selbst diese Höhe ist nur durch Anbruch der Not-
    reserve der Rentenversicherung erreichbar. Versprochen
    war eine Gesundheitsreform mit der Folge stabiler
    Beiträge zur Krankenversicherung. Die Beiträge liegen in
    diesem Jahr bei 14 Prozent. Eine Erhöhung auf 15 Prozent
    bei einigen Kassen mit nur kleinen Unterschieden steht
    an. Das ist ein Desaster.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die Lohnnebenkosten sollten auf unter 40 Prozent sinken.
    Sie liegen im Moment bei 41,3 Prozent, Tendenz steigend.

    Deutschland ist Schlusslicht. Es hagelt in der interna-
    tionalen Wirtschaftspresse Hohn und Spott. Niemand
    glaubt mehr an das Märchen, daran sei die Weltwirtschaft
    schuld. Im Gegenteil: Von der Weltwirtschaft gehen Im-
    pulse für die deutsche Wirtschaft aus. In den letzten Jah-
    ren konnten wir überdurchschnittliche Steigerungsraten
    beim Export verzeichnen. Die Stimmung im Lande ist ka-
    tastrophal. Das alles ist hausgemacht.

    Welche rhetorischen Klimmzüge hat diese Koalition,
    hat Finanzminister Eichel nicht unternommen, um rot-
    grüne Finanzpolitik als ein Highlight dieser Koalition zu
    stilisieren! Allein der Gedanke, die Kriterien von Maas-
    tricht könnten verletzt werden, war unglaublich, eine Zu-
    mutung und eine durch nichts begründete Attacke auf
    diese Koalition.

    Heute haben wir den Salat. Wir sind vom Konsolidie-
    rungskurs abgekommen. Es wird von einer Flexibilisierung

    Antje Hermenau




    Dr. Günter Rexrodt
    und von einer Interpretation des Stabilitätspakts gespro-
    chen. Meine Damen und Herren, wer interpretiert, der
    deutet um und verklausuliert die Schwäche seiner eigenen
    Politik.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Schauen wir uns die Ausgabenpolitik einmal genauer an.

    Seit 1990 waren im Zuge der Wiedervereinigung zunächst
    enorme Steigerungen zu verzeichnen, und zwar von
    194 Milliarden Euro 1990 auf 241 Milliarden Euro 1994.
    Von 1995 an wurden die Ausgaben kontinuierlich zurück-
    geführt, von 237 Milliarden Euro auf 226 Milliarden Euro
    in 1997. Dies ist eine Wiedergabe von Statistiken des Fi-
    nanzministeriums. Von 1997 an stieg die Höhe der Ausga-
    ben wieder auf jetzt 245 Milliarden Euro. Ich gebe aller-
    dings zu, Herr Eichel, dass darin einige Sondereffekte wie
    zum Beispiel die Ausgaben für die Postpensionskassen und
    die Familienregelungen enthalten sind. Das wissen wir. Das
    Entscheidende aber ist: Auf diesem Plafond von 245 Milli-
    arden Euro sollen die Ausgaben bis 2006 bleiben; das wei-
    sen Ihre eigenen Papiere aus. Diese Ausgabenentwicklung
    ist Ausdruck Ihrer Unfähigkeit und Unwilligkeit.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie müssen die Reformen der Sozialsysteme und bei
    der Arbeitsmarktförderung vorantreiben, und zwar so,
    dass sie ein Mindestmaß an gestalterischen Spielräumen,
    an Freiheiten beispielsweise dafür schaffen, dass man aus
    dem Haushalt einige Milliarden entnehmen kann, um ei-
    ner Naturkatastrophe wie der Flut zu begegnen oder um
    die dringend notwendige und lange angekündigte und kal-
    kulierte Steuerreform für den Mittelstand nicht verschie-
    ben zu müssen.


    (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wollen Sie das denn finanzieren?)


    Sie, Herr Eichel, haben in den ersten Jahren von der guten
    Konjunktur und den Einnahmen auch aus den Privatisie-
    rungen gut gelebt. Heute haben Sie den Salat.

    Ich möchte mit einem weiteren Märchen aufräumen,
    nämlich mit dem, dass die rot-grüne Koalition die Kon-
    junktur in den ersten vier Jahren ihrer Legislatur nach
    oben getrieben hat. Tatsache ist, dass es in der ersten
    Hälfte der 90er-Jahre exorbitante Wachstumsraten gab,
    dass 1995/96 ein erster erheblicher Einbruch zu verzeich-
    nen war und dass es ab 1997/98 konjunkturell wieder
    aufwärts ging, sodass Sie im Jahre 1998 ein Wachstum
    von 3,1 Prozent erben konnten.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Und wo stehen wir heute? Bei weit unter 1 Prozent. Das
    sind alles Märchen, die hier erzählt worden sind.

    Ich möchte noch einen Aspekt darstellen: Seit vielen
    Jahren versuche ich, auf die demographische Katastro-
    phe hinzuweisen. Damit bin ich nicht richtig durchge-
    drungen; andere auch nicht.


    (Ute Kumpf [SPD]: Das ist eine Katastrophe! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren ja 29 Jahre an der Regierung!)


    Bei den Experten ist es jedenfalls ein Thema. Obwohl die
    Zeit drängt und der Spielraum für Korrekturen immer en-
    ger wird, gilt das für die Politik nicht in dem Maße, wie
    wir es brauchen. Wir haben noch acht bis zehn Jahre; in
    acht bis zehn Jahren beginnt sich die demographische Ka-
    tastrophe richtig auszuwirken, weil die Bevölkerung
    schrumpft und die Sozial- und die Bildungssysteme nicht
    mehr bezahlbar sind. Mit ein wenig Anpassung hier und
    ein paar Korrekturen da, so, wie Sie das vorsehen, wird
    das nicht zu machen sein. Wir brauchen Reformen, die
    diesen Namen verdienen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorschläge!)


    Wir schlagen vor: Umorientierung auf Wettbewerb
    – beispielsweise im Gesundheitsbereich – und mehr
    Selbstverantwortung im Rentenbereich, um auch denen
    helfen zu können, die dazu weniger in der Lage sind als
    andere.


    (Ute Kumpf [SPD]: Sozialdarwinismus! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heißt das Rentenkürzung?)


    Rot-Grün drückt sich um diese wirklichen Reformen.

    (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie die Sozialleistungen wegstreichen?)


    Sie werfen – das hat der Bundeskanzler in seiner Regie-
    rungserklärung gestern auch wieder getan – das Problem
    auf. Wenn es aber um die Lösung geht, fällt Ihnen nicht
    mehr ein, als Korrekturen durchzuführen. Damit werden
    wir nicht hinkommen.