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  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 173 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Frak- tionen (Drucksache 15/18) . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bestim- mung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen (Drucksache 15/17) . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der SPD, CDU/ CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP: Einsetzung von Aus- schüssen (Drucksache 15/19) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 B Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . . . . . 173 B Ronald Pofalla CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 174 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 C Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 B Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA 177 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 184 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 D Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 A Ludwig Stiegler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 D Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 195 D Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 A Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 199 D Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 D Dr. Rainer Wend SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 A Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . 203 B Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 C Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 208 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 214 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 A Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 221 B Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 227 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 C Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 233 A Plenarprotokoll 15/5 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 5. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 I n h a l t : Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 D Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 236 C Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 241 A Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 B Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 245 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 C Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . . 250 B Annette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 A Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 255 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 A Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . 258 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 261 A Georg Schirmbeck CDU/CSU . . . . . . . . . 262 B Angelika Volquartz CDU/CSU . . . . . . . . 262 D Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 265 B Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 268 B Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 A Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 273 B Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ 274 C Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 277 B Nicolette Kressl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 279 C Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 280 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 C Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 D Nicolette Kressl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 C Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 287 A Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 289 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 293 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 173 5. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 Beginn: 9.00 Uhr
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    (A) (B) (C) (D) 290 (A) (C) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 291 Berichtigung 4. Sitzung, Seite 11 (B), Zweiter Absatz, der ersten Satz ist wie folgt zu lesen: „Sie, Herr Kollege Struck, drohen die erforderliche Strategiediskussion vollkommen zu verschlafen und laufen Gefahr, diese wie unser Engage- ment mit KSK in Afghanistan vor unserer deutschen Bevölkerung verheimlichen zu wollen.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 293 (C)(A) van Essen, Jörg FDP 30.10.2002 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 30.10.2002 Joseph DIE GRÜNEN Koschyk, Hartmut CDU/CSU 30.10.2002 Möllemann, Jürgen W. FDP 30.10.2002 Niebel, Dirk FDP 30.10.2002 Nolting, Günther FDP 30.10.2002 Friedrich Dr. Nüßlein, Georg CDU/CSU 30.10.2002 Otto (Frankfurt), FDP 30.10.2002 Hans-Joachim Pieper, Cornelia FDP 30.10.2002 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 30.10.2002 Schröter, Gisela SPD 30.10.2002 entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rainer Brüderle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Tauss, Sie sollten mal nicht nur als IG-Metall-

    Mann sprechen.
    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minis-

    ter Clement, Sie haben heute Ihre erste Rede als neuer Su-
    perminister gehalten. Ich darf Ihnen zu Beginn im Namen
    der FDP-Fraktion für Ihre Tätigkeit ein herzliches Glück-
    auf zurufen.


    (Beifall bei der FDP)

    Ich will mit einem Lob beginnen. Es war richtig, dass

    der Bundeskanzler die Bereiche Wirtschaft und Arbeit zu-
    sammengelegt hat. Das haben wir seit Jahren gefordert.
    Im Januar dieses Jahres haben wir einen Antrag hierzu im
    Parlament eingebracht. Damals hat ihn Grün-Rot mit der
    Begründung abgelehnt, dies sei nicht sinnvoll. Jetzt neh-
    men Sie diese Zusammenlegung vor. Wir halten dies für
    richtig, weil ein innerer Zusammenhang besteht. Der Ar-
    beitsmarkt muss auch als Markt verstanden werden. Die
    Bereiche Wirtschaft und Arbeit müssen ganzheitlich zu-
    sammengeführt werden. Deshalb ist diese Entscheidung
    richtig. Sie ist indirekt aber natürlich auch eine Kritik an
    den beiden Vorgängern und ein Eingeständnis, dass die
    alte Struktur nicht die richtige war.

    Dieser organisatorische Befreiungsschlag allein reicht
    aber nicht. Ich habe im Koalitionsvertrag nichts zur in-
    haltlichen Ausgestaltung gefunden. Es muss ja doch eine
    Politik aus einem Guss sein.

    Mir fiel auf, dass im ganzen Kabinett kein einziger
    Wirtschaftswissenschaftler sitzt. Die Regierung hat of-
    fenbar ihre Probleme mit ökonomischem Sachverstand.
    Herr Clement, Ihre Kritik an dem Herbstgutachten fand
    ich nicht in Ordnung. Wenn Sie diejenigen, die es erar-
    beitet haben, für unfähig halten und wenn Sie es an sich
    für falsch halten, dann stellen Sie die Erarbeitung solcher
    Gutachten doch einfach ein. Sparen Sie das Geld und ge-
    ben Sie es lieber dem deutschen Handwerk. Aber Aufträge
    zu erteilen und dann zu sagen, das, was geliefert wurde,
    sei unnützes Zeug, ist nicht in Ordnung.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Professor Sinn, dem Chef des Ifo-Instituts, dessen
    Äußerungen Sie heute Morgen – das war ein Beispiel für
    unqualifizierte Kritik – abqualifiziert haben, haben Sie
    Unrecht getan. Das Ifo-Institut hat am 14. August und am
    10. September umfassende Studien über die Vorschläge
    der Hartz-Kommission öffentlich vorgelegt. Dort ist im
    Einzelnen wissenschaftlich begründet worden, wo die Be-

    denken liegen. Sie sollten einmal hineinschauen. Herrn
    Professor Sinn sollten Sie sagen, dass er doch etwas mehr
    geliefert hat als das, von dem Sie heute Morgen gespro-
    chen haben. Ihre Kritik war nicht in Ordnung.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Völlig richtig! – Ludwig Stiegler [SPD]: Das ist auch nicht kritisiert worden!)


    – Ich habe schon zugehört.
    Wenn der Patient Fieber hat, dann ist die Lösung nicht,

    Herr Stiegler, das Fieberthermometer an die Wand zu
    knallen;


    (Johannes Kahrs [SPD]: Herr Möllemann!)

    man muss vielmehr den Infekt bekämpfen, die Immun-
    schwäche beseitigen und den Körper wieder kräftigen.


    (Beifall bei der FDP)

    Dann kann der Gesundungsprozess eingeleitet werden.
    Nicht das Fieberthermometer, sondern der Infekt ist die
    Ursache dafür, dass der Patient krank ist. Dort müssen Sie
    mit der Therapie ansetzen.

    Das neue Ministerium darf nicht zu einem verbeamte-
    ten runden Tisch werden, an dem alle zusammensitzen.
    Die Zusammenführung von Kompetenzen muss dazu ge-
    nutzt werden, um verkrustete Strukturen am Arbeitsmarkt
    aufzubrechen.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Johannes Kahrs [SPD]: Sie können ja ein Flugblatt dazu herausgeben!)


    Das Konzept der Hartz-Kommission ist sicherlich ein An-
    satz dazu. Gehen Sie das an.

    Man muss vieles aber auch kritisch hinterfragen dür-
    fen. Sie beginnen jetzt mit dem Jobfloater. Ich habe
    Zweifel, ob Unternehmen nur deshalb, weil sie mehr Kre-
    dite kriegen, Menschen einstellen. Vielleicht führt das
    auch zu einem Drehtüreffekt: Die Unternehmen entlassen
    Mitarbeiter, holen sich bei Ihnen den Kredit ab und stellen
    die Mitarbeiter dann wieder ein. Dadurch haben Sie nichts
    gewonnen, Sie haben nur das Geld unter die Leute ge-
    bracht. Versuchen Sie das aber trotzdem. Wir müssen se-
    hen, ob wir damit vorankommen.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist die Clement-Förderung!)


    Für mich haben Sie bei Teilen der Ansätze eine kostü-
    mierte Vorgehensweise. Sie vermitteln die Zeit- und Leih-
    arbeit quasi vom Staat her, indem Sie Arbeitsämter zu
    großen Leiharbeitsfirmen umfunktionieren. Sinnvoller
    wäre es aber doch, die Bedingungen am Arbeitsmarkt
    gleich so zu ändern, dass Arbeitsplätze unmittelbar dort
    entstehen, wo Arbeit anfällt.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dazu müssten Sie die Einstellungsbarrieren beseitigen,
    müssten über die Überreglementierungen nachdenken,
    den Kündigungsschutz überdenken und den Betrieben die
    Möglichkeit geben, intern mehr entscheiden zu können.




    Rainer Brüderle

    Sie wissen genau: 60 bis 70 Prozent aller Arbeitsver-
    hältnisse in Ostdeutschland entsprechen nicht dem gel-
    tenden Tarifvertragrecht. Diese Arbeitsverhältnisse sind
    alle rechtswidrig. Doch niemand, nicht einmal die Ge-
    werkschaften, rührt an diesem Zustand. Selbst Herr Tauss
    mit seinen Zwischenrufen wagt sich nicht daran.


    (Jörg Tauss [SPD]: Was ist mit mir?)

    Denn Sie wissen aus gutem Grund:


    (Johannes Kahrs [SPD]: Weil Sie keine Ahnung haben!)


    Wenn Sie da herangehen, verdoppeln und verdreifachen
    Sie die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern. Des-
    halb muss die Schlussfolgerung sein: Geben Sie den Be-
    triebsräten, den Betrieben und dem Mittelstand mehr Frei-
    heiten, damit sie eigene Wege gehen, eigene Regelungen
    aufstellen und betriebliche Bündnisse – oder wie immer
    Sie es nennen wollen – eingehen können. Machen Sie das
    nicht kostümiert. Geben Sie ihnen die Möglichkeit dazu.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich komme zu dem berühmten Mainzer Modell, das
    vor der Bundestagswahl als Wunderwaffe angepriesen
    wurde. Mich hat es nicht überrascht, dass nicht viel dabei
    herauskam. Schon bei den Modellversuchen in Branden-
    burg und in Rheinland-Pfalz kam nicht viel heraus. Denn
    es ist doch ein absurder Ansatz. Sie haben es durch staat-
    liche Regelungen geschafft, die Lohnnebenkosten in
    Deutschland so nach oben zu treiben, dass wir mit Steuer-
    geldern die Lohnnebenkosten subventionieren müssen,
    damit in Deutschland noch Arbeit entsteht. Es ist doch ab-
    surd, wie wir in Deutschland vorgehen. Gehen Sie doch
    die Ursachen an und machen Sie es nicht kostümiert.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Was haben Sie uns beschimpft, als wir gesagt haben,
    dass es in haushaltsnahen Bereichen viele Beschäfti-
    gungsmöglichkeiten gibt! Nicht Sie persönlich, aber Ihre
    Genossen haben uns als eiskalte Liberale bezeichnet


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Dienstmädchenprivileg!)


    und haben vom Dienstmädchenprivileg geredet. Jetzt ma-
    chen Sie es kostümiert, durch eine Art 630-Mark-Rege-
    lung; es geht also um den Niedriglohnsektor. Hätten Sie
    es gleich gemacht, wäre schon viel erledigt. Sie versuchen
    es; unsere guten Wünsche haben Sie. Ich bin überzeugt,
    dass man an viele Bereiche konsequenter herangehen
    müsste.

    Sie haben einen richtigen Satz an den Anfang gestellt:
    Damit die Wirtschaft wieder in Gang kommt, brauchen
    wir Vertrauen bei Konsumenten, Arbeitnehmern, beim
    Mittelstand und bei Unternehmen. Wie kann denn Ver-
    trauen entstehen, wenn vor der Wahl gesagt wird, die
    Steuern würden gesenkt, diese nach der Wahl aber erhöht
    werden? Wie kann Vertrauen entstehen, wenn vor der
    Wahl gesagt wird, die Schuldenkriterien nach Maastricht
    würden nicht überschritten, obwohl nach der Wahl die
    Schulden erhöht werden und man über diese Kriterien
    hinweggeht? Wie kann Vertrauen entstehen, wenn dadurch

    die Währungsstabilität – auch des Euro – angetastet wird?
    Man kann nicht nur sagen, dass man Vertrauen will. Man
    muss auch eine Politik betreiben, die Vertrauen auslöst.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

    Die Menschen verhalten sich richtig; denn sie sind un-

    sicher. Sie fragen sich, ob sie ihren Arbeitsplatz und ihr
    Einkommen behalten, ob sie einen neuen Arbeitsplatz er-
    halten und ob sie mehr verdienen können. Deswegen hal-
    ten sie das Geld zurück und sparen lieber; die Sparquote
    geht nach oben. Der Mittelstand ist verunsichert und fragt
    sich, ob die Vermögen- und die Erbschaftsteuer kommen,
    ob noch mehr draufgeknallt wird, ob die Mehrwertsteuer
    weiter erhöht wird und ob Sie nur warten, bis die Land-
    tagswahlen in Hessen und Niedersachsen vorbei sind, um
    den zweiten Teil der Wahrheit, den Offenbarungseid in der
    Finanzpolitik, auf den Tisch zu legen.


    (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


    Das schafft kein Vertrauen. Das Vertrauen der Menschen
    kann man nicht reklamieren, sondern man muss es sich er-
    arbeiten; das ist Ihre Aufgabe.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ludwig Stiegler [SPD]: Sie säen Misstrauen!)


    Die Hoffnungen sind auf Sie gerichtet. Dass die Presse
    so verheerend ist, ist kein böser Wille; die „Süddeutsche
    Zeitung“ ist ja eher die Hauspostille dieser Regierung. Es
    ist doch nicht unsere Erfindung, dass Sie dort so stark kri-
    tisiert werden. Es hat doch seinen Grund, dass Sie diese
    Pressekommentare bekommen. Das ist doch keine bösar-
    tige „Kettenhund“-Inszenierung dieser abartigen Opposi-
    tion, sondern das ist die Bewertung vieler draußen, die sa-
    gen, dass Ihr Einstieg nicht in Ordnung ist, er kein Vertrauen
    weckt und die Wirtschaft so nicht in Gang gesetzt wird.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Deshalb müssten Sie, Herr Minister, das ordnungspoli-
    tische Gewissen sein. Der Minister für Wirtschaft und Ar-
    beit ist mehr als ein Sonderbeauftragter zur Umsetzung
    der Ergebnisse der Hartz-Kommission. Er muss der Kom-
    pass sein; Laufen allein ist nicht die Lösung.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr gut!)

    Sie müssen wissen, wo Sie hinlaufen; Sie müssen der
    Kompass in dieser Regierung der Verirrten sein.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie wollen die Eigenheimzulage streichen. Eine Fa-
    milie mit zwei Kindern, die ein Einkommen von
    35 000 Euro im Jahr hat, gehört nicht zu den Spitzenver-
    dienern. Für diese wird es zu einer Mehrbelastung von
    200 bis 400 Euro pro Monat kommen. Das sind jetzt noch
    die letzten freien Einkommensteile, mit denen man etwas
    bewegen kann. Deshalb ist der Ansatz, den Sie gewählt
    haben, falsch. Sie müssen den Mut haben, konsequent an
    die Subventionen heranzugehen. Ich hätte alle um 10 Pro-
    zent gekürzt.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Wo denn?)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    192


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Natürlich wird es für Sie, der Sie langjähriger Minister-
    präsident von Nordrhein-Westfalen waren, schwer. Die
    Steinkohle ist tabu, obwohl sie ökologischer Unfug ist;
    sie trägt nämlich erheblich zu den CO2-Emissionen bei.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Daran müssen Sie als Erstes herangehen, an diesen Pakt
    der Unseligkeit für Europa, mit dem Sie eine Verlänge-
    rung dieser Subventionen in der Praxis erreicht haben. Im
    Gegenzug dürfen die Franzosen, die Italiener und die
    Holländer ihre Spediteure weiter zulasten der deutschen
    Brummifahrer subventionieren.

    Das ist ein falscher Pakt. Das ordnungspolitische Ge-
    wissen muss aufschreien. Sie müssen ein Gegenpol sein
    und sagen – das hat auch Karl Schiller schon gesagt –: Ge-
    nossen, lasst die Tassen im Schrank. – Lesen Sie wenigs-
    tens einmal, was Helmut Schmidt, die Ikone sozialdemo-
    kratischer Politik, in der „Zeit“ geschrieben hat. Ich bin
    bereit, jeden Satz dieses Aufsatzes morgen früh zu unter-
    schreiben. Er hat ja doch so Recht.

    Er sagt, Ursache sei das Tarifkartell. – Gebt den Leu-
    ten doch ein wenig mehr Freiraum und denkt nicht nur an
    die Funktionäre. Diese haben keine Arbeitsplatzsorgen;
    sie sitzen drin, sie sind fest angestellt und werden bezahlt.
    Denkt an die, die draußen stehen und hineinkommen und
    die auch eine Chance haben wollen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Der Wahlkampf ist herum. Deshalb müssen wir jetzt
    gemeinsam die Kraft finden, mit einer anderen Politik
    neue Chancen zu eröffnen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Johannes Kahrs [SPD]: Sie haben 16 Jahre nichts getan! Was wollen Sie denn jetzt? Brüllen Sie nicht so herum!)


    – Mancher schreit, weil er nicht anders kann.

    (Johannes Kahrs [SPD]: Sie haben 16 Jahre nichts gemacht, weil Sie keine Ahnung haben!)

    Machen Sie das doch zu Hause mit Ihrer Frau, nicht im
    Parlament. Pöbeln Sie doch Ihre Frau an, nicht mich; das
    ist doch viel einfacher.


    (Johannes Kahrs [SPD]: Pfui!)

    Der erste Schritt muss sein, die Fehlentwicklung zu

    korrigieren. Werden Sie bitte kein Monopolminister wie
    Herr Müller. Er dachte nur an die Großkonzerne. Denken
    Sie an den Mittelstand. Ich nenne hier nur einige Stich-
    worte: Scheinselbstständigengesetz, Umsatzverkürzungs-
    gesetz, Bauabzugsteuer, Verschärfung der Mitbestimmung.
    Das alles ist grottenfalsch. Dadurch können Vertrauen und
    eine gute Stimmung nicht entstehen.

    Was hat denn der deutsche Mittelstand Grün-Rot getan,
    dass er so schlecht behandelt wird? – Natürlich ist er steuer-
    politisch schlechter behandelt worden. Er erhält seine Ent-
    lastung auf Raten. Sie haben gerade eine Rate dieser Ent-
    lastung mit der Begründung „Hochwasser“ verschoben.
    Er wird sie allenfalls später bekommen.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Hoffentlich bleibt das Wetter im nächsten Jahr gut!)


    Weshalb können die großen Konzerne ihre Beteiligungen
    steuerfrei veräußern, während der Malermeister, der im
    Malereinkauf eine Beteiligung von 50 000 DM hat, steu-
    erlich anders behandelt wird? Deshalb ist der Ansatz, Ver-
    trauen zu schaffen, richtig.

    Wir brauchen alle Menschen, die mitmachen. Dazu
    brauchen wir Glaubwürdigkeit. Herr Eichel hat einmal
    ganz gut angefangen. Er hat Sozialdemokraten erklärt, wie
    wichtig Sparen ist. Heute spart er nur noch an einem, an
    seiner eigenen Glaubwürdigkeit. Das kann aber nicht die
    Lösung dafür sein, wie wir das Vertrauen zurückgewinnen
    können. Versuchen Sie, das zu leisten. Das ist einfach.

    Herr Clement, Sie haben Kredit. Verspielen Sie diesen
    Kredit nicht. Machen Sie das, was notwendig ist, mutig
    und kräftig, damit unser Land auf einen anderen Kurs
    kommt; denn das Land ist wichtiger als unsere Parteien.


    (Klaus Brandner [SPD]: Als die FDP, ja! – Jörg Tauss [SPD]: Das ist wahr!)


    Der Ansatz, der bisher von dieser Regierung mit einer lan-
    gen Latte von Steuererhöhungen, Verschlechterungen,
    Gleichmacherei bis hin zur Beitragsbemessungsgrenze
    – alles geht nach oben – präsentiert wurde, ist nicht der
    richtige. Sie müssen eine Korrektur vornehmen – und das
    heute –, sonst werden Sie es nicht schaffen.

    Allen Parteien insgesamt – selbst Ihnen mit Ihrer Pöbe-
    lei; wenn man nichts weiß, schreit man eben; er schreit vor
    Dummheit – vertrauen nach Umfragen aller demoskopi-
    schen Institute weniger als 50 Prozent der Bevölkerung.


    (Johannes Kahrs [SPD]: 18 Prozent!)

    Wenn wir es nicht schaffen, das Vertrauen gemeinsam
    zurückzugewinnen, wird es mit der Wirtschaft und dem
    Staate nichts.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Doch nicht durch solche Reden!)


    – Herr Schmidt, es hilft auch nichts, wenn man, wie Sie es
    gestern getan haben, dazwischenschreit: Sie wissen gar
    nicht, was rauskommt. – Sie haben uns offenbar ein Kos-
    tümfest präsentiert. Wir sind gespannt, was rauskommt.
    Hoffentlich wird es nicht noch schlimmer, als es schon ist.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [SPD]: Erzählen Sie das doch Ihrer Frau!)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich erteile das Wort Kollegen Ludwig Stiegler, SPD-

Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ludwig Stiegler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-

    Fraktion begrüßt den neuen Bundesminister und dankt
    ihm, dass er das schönste Amt, das Deutschland nach dem
    des Kanzlers zu vergeben hat, verlassen hat, um hier zu ar-
    beiten. Wir werden ihn bei seiner Arbeit unterstützen, be-
    gleiten und gelegentlich auch mit ihm streiten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Rainer Brüderle




    Ludwig Stiegler

    Herr Brüderle hat in einem lucidum intervallum ge-
    sagt, der Wahlkampf sei vorbei. Aber er hat, wie auch Herr
    Merz, offenkundig noch die Schallplatte des Wahlkamp-
    fes aufgelegt.


    (Rainer Brüderle [FDP]: Der Wahlkampf war viel härter!)


    Wenn ich solche Reden höre, muss ich an Kurt Tucholsky
    denken. Er hat irgendwann einmal gesagt: Habe ich das
    schon gegessen oder soll ich das noch essen? Mir ergeht
    es so wie mit dem Lungenhaschee.


    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich muss sagen: Diese Chance war vertan. Bei Herrn
    Merz erkenne ich durchaus an, dass er deutlicher als im
    Wahlkampf geworden ist. Im Wahlkampf wurden die
    Sozialausschüsse als Mauer vorgeschoben und ins Schau-
    fenster gestellt. Jetzt sind sie wieder in der Requisitenkam-
    mer. Nun beginnt der Kampf gegen die Betriebsverfassung,
    das Tarifvertragsgesetz sowie die Teilzeitbeschäftigung.

    Herr Merz, nehmen Sie zur Kenntnis: CDU/CSU sind
    nicht gewählt worden, weil sie eine Gesellschaftsordnung
    wollten, die die Menschen nicht wollen. Wir wollen in den
    Betrieben den aufrechten Gang und Menschenwürde. Die
    Menschen haben uns gewählt, weil wir für Chancen ste-
    hen. Wir wollen keine Lösung der wirtschaftlichen
    Schwierigkeiten auf Kosten der Menschen. Wir wollen
    die Fasane nicht mit einem strengen Winter in die Küche
    treiben. Bei uns stehen Menschenwürde und wirtschaftli-
    che Sicherheit der Menschen im Mittelpunkt.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: So ein Schwachsinn!)


    Herr Merz und Herr Brüderle haben um Herrn Clement
    gebuhlt, weil sie meinen, er müsse jetzt schwarz-liberale
    Politik machen. Nein, wir werden mit ihm zusammen so-
    zialdemokratische und rot-grüne Politik gestalten. Wir ha-
    ben die Wahlen gewonnen, während Ihre Konzeption
    keine Mehrheit gefunden hat.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die SPD in Bayern hat mordsmäßig zugeschlagen!)


    Die gegenwärtigen Schwierigkeiten sind weltwirt-
    schaftlich bedingt.


    (Zurufe von der CDU/CSU: Ah!)

    Helmut Schmidt hat einst in Anlehnung an den Beitrag
    von Walther Rathenau „Die Wirtschaft ist das Schicksal“
    geschrieben: Die Weltwirtschaft ist unser Schicksal. Auch
    die Gutachter sehen die Sorgen, die wir haben: Irak, Öl,
    Verfall der Aktienkurse, verbunden mit Vermögensabbau,
    Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung usw.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Vertrauensmissbrauch!)


    Von außen werden insofern erhebliche Einflüsse wirksam.

    Wir haben aber durchaus Möglichkeiten, uns zu enga-
    gieren. Ich erkenne ausdrücklich an, wie sich Eichel oder
    Wieczorek-Zeul in den internationalen Gremien um die
    Stabilisierung der Weltwirtschaft bemühen.


    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Wir umschwärmen auch die Europäische Zentralbank,
    den Zins so festzulegen, dass er investitionsfördernd
    wirkt, und wir erwarten, dass Europa immer dann, wenn
    Amerika schwächelt, eine gewisse Vorreiterrolle über-
    nimmt. Wir müssen uns auch dieser weltpolitischen
    Führungsverantwortung stellen.


    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, wir alle haben uns kor-

    rigieren müssen, was die Wachstumserwartungen an-
    betrifft. Alle – Sachverständigenrat wie auch die ent-
    sprechenden Institute – haben ein hohes Wachstum
    prognostiziert; gegenwärtig ist aber von einem Wachstum
    in Höhe von nur 1,5 Prozent auszugehen. Die meines Wis-
    sens Einzige, die mit ihrer Wachstumsprognose richtig ge-
    legen hat, ist die Kollegin Sigrid Skarpelis-Sperk. Sie hat
    uns das vor einem Jahr vorausgesagt, wir sind ihrer Ein-
    schätzung aber nicht gefolgt. Ich möchte ihr an dieser
    Stelle meine Anerkennung ausdrücken.


    (Beifall bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/ CSU]: Sie muss in den Wirtschaftsrat!)


    – Was wahr ist, ist wahr.
    Die Korrektur des erwarteten Wirtschaftswachstums

    hat gravierende Folgen für den Haushalt und die sozialen
    Sicherungssysteme. Wir werden eine ganze Menge tun
    müssen, damit die Risiken, die in Sachen Irak und Öl drin-
    stecken, nicht durchschlagen.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das größte Risiko sind Sie selber!)


    Deshalb bin ich dankbar, dass der Bundesfinanzminister
    den mit 29 Milliarden Euro ausgestatteten großen Inves-
    titionshaushalt ermöglicht hat. Es besteht insofern kein
    Problem im Zusammenhang mit den Bundesinvesti-
    tionen, sondern eher mit den Investitionen der Länder
    und Gemeinden.


    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

    Wir führen das Infrastrukturprogramm durch. Die

    Neuregelungen bei der Ganztagsbetreuung, die Hochwas-
    serhilfe und die Reform der kommunalen Finanzen wer-
    den nachfragewirksam gestaltet. Auch die neuen Instru-
    mente wie Public Private Partnership werden Wirkung
    entfalten. Wir betreiben insofern eine Politik, die Inves-
    titionen fördert, und damit schaffen wir dauerhafte Vo-
    raussetzungen für Wachstum und Beschäftigung. Das
    sollten Sie unterstützen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir fördern des Weiteren die Selbstständigkeit. Ich
    möchte der KfW und der DtA ausdrücklich danken, dass
    sie bereit sind, die Mittelstandsfinanzierung auf breitere
    Grundlagen zu stellen.


    (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Das ist doch schon längst beschlossen!)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    194


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Denn das Hauptproblem des Mittelstands stellen nicht die
    Steuern oder die Betriebsverfassung dar, sondern es liegt
    in dem vorhandenen Eigenkapital und in der Kreditfinan-
    zierung.


    (Beifall bei der SPD)

    Unsere Hauptaufgabe in dieser Legislaturperiode besteht
    in diesem Bereich darin, die Kreditfinanzierung zu regeln
    und mehr Beteiligungskapital – ob bei Mitarbeitern oder
    bei regionalen Beteiligungsgesellschaften – zu mobilisie-
    ren, um damit möglichst vielen zu helfen. Deshalb ist
    auch „Kapital für Arbeit“ so wichtig.

    Dort hinten sitzt Ernst Hinsken, dem es sicherlich nicht
    anders geht als mir: Jede Woche rufen Mittelständler an,
    die sich darüber beklagen, dass sie keinen Auftrag anneh-
    men könnten, weil ihre Bank die Finanzierung nicht über-
    nehme. Wenn die Regelung der Auftragsfinanzierung ge-
    lingt, werden auch die Banken in die Puschen kommen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Deshalb muss die Zusammenarbeit zwischen den Banken
    und dem Mittelstand organisiert werden.

    Es ist allgemein bekannt, welche Sorgen die Banken
    derzeit plagen. Basel II stellt für die Mittelstandsfinanzie-
    rung kein Problem mehr dar. Die Konditionen stimmen.
    Sorgen bereiten den Banken vielmehr die Abenteuer, auf
    die sie sich in der Vergangenheit eingelassen haben. Ich
    denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an die
    Münchener Banken. Die Hypo-Vereinsbank und die Lan-
    deshauptstadt München müssen für Stoibers Kirch-Aben-
    teuer schwer büßen und bluten. Aber so etwas darf nicht
    zulasten der kleinen und mittleren Unternehmen gehen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Zur Beschäftigungsförderung tragen der Aufbau Ost,
    die Infrastrukturförderung, die Förderung der unterneh-
    merischen Kräfte und die Fortsetzung der Gemein-
    schaftsaufgaben bei. Ich, der ich als Oberpfälzer in einer
    Region groß geworden bin, die vergleichbare Infrastruk-
    turprobleme hat, werde mich zusammen mit Manfred
    Stolpe sowie mit den Kolleginnen und Kollegen aus den
    neuen Bundesländern ernsthaft um den Aufbau Ost küm-
    mern. Gerade als Bayer habe ich mich immer darüber
    geärgert, wie sich die CSU gelegentlich gegenüber den
    neuen Bundesländern aufgeführt hat.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ohne Bayern wären die neuen Länder gar nicht zu finanzieren!)


    Wir werden den Bundeswirtschafts- und Arbeitsmi-
    nister bei der Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kom-
    mission unterstützen nach dem Motto: strikte Einhaltung,
    volle Anwendung! Wir werden fördern und fordern und
    nicht wie die FDP und die CDU/CSU quälen und jagen.
    Das ist der Unterschied. Wir werden die Menschen dort
    abholen, wo sie stehen, und mitnehmen. Die Einbezie-
    hung der Menschen ist unser Programm.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Dazu wird Klaus Brandner gleich noch mehr sagen.
    Unser Leitbild ist eine solidarische Leistungsgesell-

    schaft und nicht eine Shareholder-Value-Gesellschaft, in
    der alles auf Kapitalvermehrung ausgerichtet ist. Wir wol-
    len eine Gesellschaft, in der die Arbeitnehmer genauso
    wie die Städte und Gemeinden sowie die Kultur am Wirt-
    schaftsgeschehen Anteil nehmen. Sie sollten den Staat
    nicht wie einen ungeliebten stillen Gesellschafter der Un-
    ternehmen betrachten und meinen, dass nur das, was man
    dem Staat verweigert, gut sei. Wer Bildung, Forschung,
    Infrastruktur sowie innere und äußere Sicherheit will,
    braucht einen handlungsfähigen und leistungsfähigen
    Staat. Das geht nicht im Gegeneinander, sondern nur im
    Miteinander von Staat und Wirtschaft.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    In diesen Zusammenhang gehören auch eine neue

    Ethik des Wirtschaftens und die Verantwortung für die
    Gemeinschaft. Es würde gerade den Unionsparteien gut
    anstehen, gelegentlich die Soziallehren der Kirchen nach-
    zulesen, in denen nicht das Kapital, sondern der Mensch
    und die Menschenwürde im Mittelpunkt stehen. Darauf
    müssen wir im Umgang mit den Älteren und den Arbeits-
    losen achten. Wenn Sie von der Senkung der Lohnneben-
    kosten reden, dann sollten Sie daran denken, dass mit die-
    sen die Renten unserer Eltern, der Gesundheitsschutz für
    die Kranken und die Versorgung der Pflegebedürftigen
    bezahlt werden.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie plündern doch die beiden Kassen!)


    Wer immer nur über die Lohnnebenkosten schimpft, der
    verletzt unsere solidarischen Pflichten gegenüber denje-
    nigen, die durch die Lohnnebenkosten finanziert werden.
    Letztlich arbeiten wir, um uns das leisten zu können, und
    nicht, um wie König Midas nur das Gold zu vermehren.
    Das ist der Ansatz.


    (Beifall bei der SPD)

    Wir sollten über die Ethik des Wirtschaftens mitei-

    nander streiten und uns über sie verständigen. Wenn man
    über die Lohnnebenkosten redet, kann man natürlich auch
    über die Effizienzgewinne diskutieren. Aber man darf
    nicht eine älter werdende Gesellschaft beklagen und dann
    die Folgen nicht tragen wollen. Wir sagen: Unser ganzes
    Wirtschaften und Arbeiten dient dazu, dass wir mitei-
    nander gut leben können. Das ist der Leitsatz, an dem wir
    uns orientieren.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)