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ID1500407300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung des Bundeskanz- lers mit anschließender Aussprache . . . . . 51 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 51 B Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 61 B Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 D Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 74 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 77 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 81 C Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 81 D Ernst Bahr (Neuruppin) SPD . . . . . . . . . . . . . 82 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 84 C Sabine Bätzing SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 C Olaf Scholz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 D Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 93 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 97 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 A Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 102 A Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . . . . . . . 104 B Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 A Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 B Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 A Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 111 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 113 C Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 115 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 115 D Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 A Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . 117 A Reinhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 A Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 122 C Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . 123 D Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 124 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 125 D Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 127 D Dr. Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . 130 C Hans-Joachim Hacker SPD . . . . . . . . . . . . . . 131 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 D Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 136 A Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . 137 D Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 139 D Otto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 A Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 A Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . 146 B Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 147 B Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 B Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . 150 C Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . . 151 B Plenarprotokoll 15/4 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 I n h a l t : Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 D Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 154 C Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 155 C Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 157 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 158 C Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 B Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . 164 D Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 166 C Winfried Hermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 171 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 51 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 Beginn: 10.00 Uhr
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    (A) (B) (C) (D) 170 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 171 (C)(A) entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 29.10.2002 Marieluise DIE GRÜNEN van Essen, Jörg FDP 29.10.2002 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 29.10.2002 Meyer (Tapfheim), CDU/CSU 29.10.2002 Doris Möllemann, Jürgen W. FDP 29.10.2002 Niebel, Dirk FDP 29.10.2002 Nolting, Günther FDP 29.10.2002 Friedrich Pieper, Cornelia FDP 29.10.2002 Thiele, Carl-Ludwig FDP 29.10.2002 Violka, Simone SPD 29.10.2002 Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()


    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! In diesen Tagen jährt sich zum 40. Mal eine der großen
    Bewährungsproben unserer Demokratie, die „Spiegel“-
    Affäre. Es war, wie wir wissen, eine bestandene Probe, die
    zu unserem demokratischen Selbstverständnis viel beige-
    tragen hat. Damals, 1962, konnte ein Bundesminister
    noch beschönigend sagen, die Verhaftung des „Spiegel“-
    Redakteurs Conrad Ahlers sei halt „etwas außerhalb der
    Legalität“ erfolgt. Heute nehmen wir – und gerade auch
    diese Regierungskoalition – die Bindung der vollziehen-
    den Gewalt an Gesetz und Recht und die Bindung der Ge-
    setzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung sehr ernst.
    Denn das Grundgesetz ist eine gute Verfassung, die sich
    bewährt hat.

    Zu den maßgeblichen Prinzipien dieser Verfassung
    und zu den Fundamenten der lebendigen Demokratie
    zählen die in der Menschenwürde wurzelnde Gleichheit
    aller, die Glaubens- und Gewissensfreiheit, die Freiheit
    der Meinung und der Kunst, die Freiheit, sich zu versam-
    meln und Vereinigungen zu bilden. Das Grundgesetz ist
    dabei nicht wertneutral. Es ist auf den Wert der Men-
    schenwürde und die daraus folgenden Grundsätze indivi-
    dueller Selbstbestimmung und gleicher Freiheit gegrün-
    det. Vermittelt dadurch schützt es auch die Autonomie der
    verschiedenen Teile unserer Gesellschaft wie der Politik,
    der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Kunst.

    Dr. Gesine Lötzsch




    Bundesministerin Brigitte Zypries

    Hier geht es nicht nur um den rein technischen Bauplan
    einer komplexen Gesellschaft, sondern vielmehr um ein
    zukunftsfähiges Erfogsrezept: Durch diese Strukturen
    insbesondere ermöglicht die Verfassung ein friedliches
    Zusammenleben in Deutschland. Mir ist dieser Gedanke
    ganz besonders wichtig, denn in Zukunft werden wir im-
    mer mehr und immer verschiedenere Lebensstile, Über-
    zeugungen, Religionen und Traditionen auf deutschem
    Boden haben, die miteinander leben.

    Dass dies friedlich geschieht, setzt eines voraus: die
    Bereitschaft, andere so leben zu lassen, wie sie es für rich-
    tig halten oder gewohnt sind, soweit sie dabei im Rahmen
    der gesetzlichen Grenzen bleiben, versteht sich. Diese Be-
    reitschaft muss allerdings nicht nur da sein, wenn einem
    der Lebensstil des anderen egal ist; das ist keine Leistung.
    Eine Leistung ist es erst dann, wenn einem die Verschie-
    denheit nicht egal ist, wenn wir also Toleranz üben und
    die Unterschiedlichkeit quasi ertragen müssen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Toleranz ist eine Frage der inneren Einstellung. Die
    Rechtsordnung kann niemanden zur Toleranz zwingen,
    sie kann aber den Boden dafür bereiten. Ein Beispiel: Das
    vom Bundesverfassungsgericht als verfassungskonform
    bestätigte Gesetz über die Einführung der eingetragenen
    Lebenspartnerschaften ermöglicht den Partnern, rechts-
    verbindlich füreinander einzustehen. Gleichzeitig stärkt
    es aber auch die Toleranz in unserer Gesellschaft gegen-
    über anderen Lebensformen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Diese Politik steht in der Tradition unseres Grundge-
    setzes; denn das lässt die Gegensätze und die Vielfalt zu
    und schützt sie grundrechtlich. Wer von Mehrheitsauffas-
    sungen abweicht, muss keine Unterdrückung befürchten.
    Es ist also auch nicht nötig, Gewalt zu ergreifen, um sei-
    nen Vorstellungen entsprechend leben zu können. Das
    Grundgesetz lehnt Gewalt deshalb ab. Unsere Verfassung
    ist – in der Sprache unserer Zeit – ein echtes Antigewalt-
    projekt. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes wussten
    nach den bitteren Erfahrungen mit der Gewaltherrschaft
    des Dritten Reiches: Freiheit im Leben miteinander ist die
    beste Gewaltvorbeugung. Eine unserer wesentlichen Auf-
    gaben wird es deshalb auch künftig sein, die Grundrechte
    so wenig wie möglich zu beschneiden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Freilich: Es kann sich nicht auf seine Freiheit berufen,
    wer anderen nicht ihre Freiheit gönnt. Gewaltanwendung
    zur Durchsetzung der eigenen Vorstellungen oder Über-
    zeugungen ist unter keinen Umständen rechtfertigungs-
    fähig. Gewalt muss vom Staat – notfalls mit all seinen
    Machtmitteln – unterbunden werden, zum Beispiel mit
    der Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes. Dieses Gesetz
    stärkt die Rechte und die Stellung Schwächerer und ihren
    Schutz vor Gewalt im familiären Nahbereich. Und es
    wirkt: In Nordrhein-Westfalen hat die Polizei in knapp
    fünf Monaten in mehr als 1 000 Fällen prügelnde Ehe-
    männer der Wohnung verwiesen und ihnen die Rückkehr
    verboten.

    Meine Damen und Herren, wir müssen konstatieren,
    dass auch in unserer Gesellschaft die Gewaltbereitschaft
    wächst. Das ist eine große Bedrohung des von der Verfas-
    sung angestrebten friedlichen Zusammenlebens. Dieser
    Bedrohung müssen wir uns entschlossen stellen, und zwar
    nicht erst, wenn der Gewaltausbruch bereits passiert ist,
    sondern bereits deutlich vorher.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Dies allerdings kann der Staat allein nicht leisten. Wir
    brauchen im Elternhaus, in der Schule, in Vereinen und Ver-
    bänden eine Erziehung zurToleranz. Junge Leute müssen
    lernen, die Meinung anderer zu respektieren und sich im
    Rahmen der demokratisch vorgesehenen Spielregeln mitei-
    nander auseinander zu setzen. Sie müssen lernen, tolerant
    zu sein und die Verschiedenheit zu akzeptieren.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


    Nicht zuletzt deshalb hat die Bundesregierung das Bünd-
    nis für Demokratie und Toleranz ins Leben gerufen und
    deshalb werden wir das Deutsche Forum für Kriminal-
    prävention noch stärker in seiner Arbeit unterstützen.

    Was wir damit erreichen wollen, darf aber auch nicht
    an anderer Stelle konterkariert werden. Deshalb wird die
    Bundesregierung hart gegen Gewaltverherrlichungen, ge-
    gen die Propagierung von Gewalt oder die Anleitung zu
    Gewaltanwendungen vorgehen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das schließt Initiativen zur Änderung des Strafrechts ein.
    Denn das Strafrecht als klares Zeichen für die Grenzen der
    Gewalt ist auch und gerade dort wichtig, wo in der Ge-
    sellschaft elementare Wertebindungen ihre Bindungskraft
    verlieren. Wir müssen insbesondere auch die Strafvor-
    schriften gegen sexuellen Missbrauch von Kindern, Ju-
    gendlichen und widerstandsunfähigen Personen fortent-
    wickeln. Auch durch die Strafandrohung in diesen Fällen
    muss deutlich werden, dass solche Taten an den Men-
    schen, die sich am wenigsten wehren können, zu den ab-
    scheulichsten Verbrechen überhaupt gehören.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


    Wir werden deshalb unter anderem schon den Straf-
    rahmen für die Grundtatbestände des sexuellen Miss-
    brauchs von Kindern von Vergehen zu Verbrechen her-
    aufstufen. Auch die psychische sexuelle Gewalt wird
    nicht länger straflos bleiben. In Zukunft macht sich auch
    derjenige in einem früheren Stadium als bisher strafbar,
    der auf Kinder einwirkt, damit ein Kind sexuelle Hand-
    lungen vornimmt. Auch die Wegseher und die Profiteure
    sollen künftig nicht mehr ungeschoren davonkommen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


    Wer diese Taten nicht anzeigt, wer sie belohnt oder billigt,
    wird sich in Zukunft vor dem Strafrichter wiederfinden.


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    126


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Wir werden auch gegen jede Form der Verbreitung von
    Kinderpornographie mit dem gesamten Arsenal der straf-
    prozessualen Möglichkeiten vorgehen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


    Insoweit steht auch der Katalog des § 100 a StPO auf dem
    Prüfstand.

    Gleich der erste Untertitel der Koalitionsvereinbarung
    lautet nicht von ungefähr: Für ein wirtschaftlich starkes,
    soziales und ökologisches Deutschland. Die Wirtschaft ist
    im Justizministerium insoweit betroffen, als die dringend
    gebotene Reform des Aktienrechtes dort angesiedelt ist.
    Dabei geht es nicht etwa um technische Details, für die
    sich dann nur die Buchprüfer begeistern können. Die Ver-
    hinderung von falschen Bilanzen und der Anlegerschutz
    allgemein bewahrt viele tausend Menschen vor dem Ver-
    lust ihrer Ersparnisse und erhält Arbeitsplätze.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Deshalb liegt dieses Problem gerade uns Sozialdemokra-
    ten besonders am Herzen.

    Ganz klar gesagt: Bei allen Fragen, wie etwa der per-
    sönlichen Haftung von Vorständen und Aufsichtsräten, geht
    es darum, den guten Ruf der unzähligen redlichen Akteure
    unserer Wirtschaft vor den schwarzen Schafen zu schützen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Gerade die spektakulären Bilanzskandale auf dem US-
    amerikanischen Markt haben es uns drastisch vor Augen
    geführt: Bereits einer oder wenige Chefmanager mit kri-
    mineller Energie können das Vertrauen ganzer Märkte
    zerstören.

    Meine Vorgängerin im Amt, Frau Professor Dr. Herta
    Däubler-Gmelin, hat die Lösung der Probleme auf der
    Grundlage der Arbeiten einer hochkarätig besetzten
    Kommission in Angriff genommen. Nicht nur bei diesem
    Thema hat sie Zeichen gesetzt und wichtige rechtspoliti-
    sche Vorhaben vorangebracht. Dafür möchte ich mich
    auch an dieser Stelle bedanken.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich werde den Anlegerschutz weiter forcieren. Unser
    Motto dabei wird sein: so schnell wie möglich, aber auch
    so solide wie nötig. Viele wichtige Diskussionen werden
    wir dabei zu berücksichtigen haben. Unter anderem hat
    sich der Deutsche Juristentag im September in Berlin mit
    diesen Fragen auseinander gesetzt und dazu einen um-
    fangreichen Bericht veröffentlicht.

    Wir werden in dieser Legislaturperiode auch das Zehn-
    punkteprogramm zur Stärkung der Unternehmensinte-
    grität und des Anlegerschutzes, das die letzte Bundesre-
    gierung bereits beschlossen hat, umsetzen.

    Ganz wichtig ist des Weiteren die Reform des Ver-
    sicherungsvertragsgesetzes, das inzwischen bereits
    130 Jahre alt ist. Dabei geht es unter anderem um die Be-
    handlung von Gentests, um Überschussbeteiligungen in

    der Lebensversicherung und um Altersrückstellungen in
    der privaten Krankenversicherung.

    Wir werden das Urheberrecht in der Informationsge-
    sellschaft anpassen. Dabei muss die Vielfalt unserer Kul-
    tur und der faire Umgang zwischen Urhebern und Ver-
    wertern gewährleistet bleiben bzw. werden. Ich meine,
    auch im Reich des Internet dürfen Autoren und andere
    Künstler nicht dem Raubrittertum ausgeliefert werden.

    Natürlich werden wir die Reform des Gesetzes gegen
    den unlauteren Wettbewerb anfassen. Auch hier drängt
    die Zeit. Wir wollen ein vollständig neues, schlankes und
    faires Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vorlegen,
    das den redlichen Wettbewerber genauso schützt wie den
    Verbraucher.

    Meine Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, dass
    wir uns über die skizzierten allgemeinen Grundlagen re-
    lativ schnell werden verständigen können. Über die kon-
    kreten Konsequenzen, die sich in den nächsten vier Jah-
    ren daraus ergeben, werden wir sicherlich nicht immer
    einer Meinung sein. Insoweit freue ich mich auf eine sach-
    liche und konstruktive Diskussion.


    (Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der FDP)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Norbert

Röttgen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Röttgen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

    Herren! Sehr geehrte Frau Zypries, als rechtspolitischer
    Sprecher der CDU/CSU-Fraktion möchte ich Ihnen
    zunächst zu Ihrem neuen Amt gratulieren. Wir wünschen
    Ihnen persönlich Glück in und Freude an diesem Amt.
    Das möchte ich auch übertragen auf unseren Kollegen mit
    dem neuen Amt, Herrn Alfred Hartenbach. Wir haben
    – das muss ich gleich einschränkend hinzufügen – nicht
    die Absicht, diese Freude wirklich aktiv zu fördern,


    (Heiterkeit – Zuruf von der SPD: Das hätte uns auch gewundert!)


    aber persönlich wollen wir Ihnen das gern gönnen.
    Wir bieten Ihnen statt Freude eine faire Auseinander-

    setzung an. Wir sind bereit zur Zusammenarbeit, zur Ge-
    meinsamkeit dort, wo wir der Auffassung sind, dass die
    Lösung von Problemen, die wir gemeinsam erkennen, der
    Gemeinsamkeit bedarf.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Beispiel beim Volksentscheid!)


    Auch das möchte ich gleich zu Beginn hier betonen.
    Wir appellieren gleichzeitig an Sie – anderenfalls

    würde eine schlechte Tradition der letzten vier Jahre fort-
    gesetzt –, in der Rechtspolitik nicht nur Ihre Mehrheit zu
    exekutieren, auf Mehrheit zu setzen, sondern gerade
    auf dem Gebiet der Rechtspolitik der Auseinandersetzung
    um das bessere Argument auch dann, wenn es von der

    Bundesministerin Brigitte Zypries




    Dr. Norbert Röttgen
    Minderheit im Parlament kommt, nicht auszuweichen,
    sich dieser Auseinandersetzung zu stellen.

    Die rot-grüne Rechtspolitik der vergangenen Legisla-
    turperiode hat mit der Proklamierung großer Projekte be-
    gonnen und in Kraftlosigkeit geendet,


    (Unruhe bei der SPD)

    gemessen an Ihren eigenen Maßstäben, weil Sie Ihre ei-
    genen Projekte nicht realisiert haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Unglaublich!)


    – Ich komme gleich noch darauf. – Diese Kraftlosigkeit
    hat sich in dem Koalitionsvertrag fortgesetzt. Auch in Ih-
    rer heutigen Antrittsrede habe ich keine Idee von Rechts-
    politik gehört.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Sie haben am Anfang nicht zugehört!)


    Es war eine Aufzählung einzelner Baustellen und die
    Rede war in ihrer Allgemeinheit für mich enttäuschend.
    Aber das Entscheidende ist, dass kein roter Faden, kein
    rot-grüner Faden, keine Idee, keine Konzeption da war.


    (Unruhe bei der SPD)

    Jetzt sind Sie an der Macht, haben die Posten und ich frage
    Sie, wozu Sie sie gebrauchen wollen, meine Damen und
    Herren.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir hätten erwartet, dass eine neue Ministerin mit einer
    Eröffnungsbilanz startet. Das wäre auch Ihre Chance ge-
    wesen, dass Sie all die Projekte, die liegen geblieben sind,
    Ihre eigenen Projekte, bilanzieren.


    (Zurufe von der SPD)

    In der letzten Sitzungswoche der vergangenen Legislatur-
    periode ist die Beratung des Rechtsanwaltsvergütungsge-
    setzes vertagt worden. Die 120 000 Anwälte in diesem
    Lande warten seit acht Jahren darauf.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Auch im Koalitionsvertrag jetzt findet sich dazu keine
    Aussage. Es ist liegen geblieben, und auch jetzt hören wir
    von Ihnen dazu keine Aussage.


    (Zuruf von der SPD: Wer hat das denn behindert? – Hans Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das sagt der Rechtsanwalt!)


    – Lassen Sie mich bitte ausreden. Es gehört zur Diskus-
    sion, dass man auch zuhört.

    Sie hätten heute die Chance gehabt, die Diskussion in
    Ihrem Arbeitskreis „Kommunalfinanzen“ über den Vor-
    schlag, alle Freiberufler – damit auch die selbstständigen
    Anwälte – der Gewerbesteuer zu unterziehen, zu beenden.
    Ich fordere Sie auf, klarzustellen, dass die rot-grüne Ko-
    alition das nicht will. Wir lehnen die konkreten Vor-
    schläge, die Freiberufler unter die Gewerbesteuer fallen
    zu lassen, ab.


    (Joachim Stünker [SPD]: Was wollen Sie denn?)


    Liegen geblieben ist die Biopatent-Richtlinie. Die Um-
    setzungsfrist ist abgelaufen. Die Bundesrepublik Deutsch-
    land kommt der Pflicht, gesetzgeberisch tätig zu werden,
    in einem wichtigen Bereich nicht nach, nämlich im Be-
    reich des Schutzes biotechnologischer Erfindungen, also
    der Patentierbarkeit menschlicher Gene und menschlicher
    Gensequenzen. Das ist eine Grundsatzfrage, weil es da-
    rum geht, die ethischen Grenzen von freier Forschungs-
    tätigkeit rechtlich festzulegen. Sie haben dieses Thema
    nicht einmal erwähnt.

    Sie haben auch nicht den Reparaturbedarf Ihrer eige-
    nen Politik erwähnt. Wie ist denn die Wirkung der Zivil-
    prozessreform, bei der wir das Schlimmste haben verhin-
    dern können? Es gibt Überlastung und mehr
    Bürokratisierung. Im Bereich des Schuldrechts gibt es al-
    lemal Reparaturbedarf rot-grüner Rechtspolitik.


    (Zuruf von der SPD: Wo denn da?)

    Wir möchten diese Debatte nutzen – damit komme ich

    zum entscheidenden Punkt –, um unsere Leitlinien von
    Rechtspolitik darzustellen. Rechtspolitik darf sich nicht
    verstehen als das Schräubchendrehen an irgendwelchen
    Stellen. Sie muss vielmehr aus einem Guss sein.

    Wir haben im Wesentlichen zwei Leitlinien, an denen
    wir die Rechtspolitik messen, eine für den Bereich der Ge-
    sellschaft und eine für den Bereich des Staates. In dem Be-
    reich der Gesellschaft drückt sich unsere Leitlinie in der
    Auffassung aus, dass das Recht Freiheit sichern soll. Das
    ist die Aufgabe des Rechts in der Gesellschaft. Ich werde
    gleich etwas dazu sagen, wie es um diesen Maßstab be-
    stellt ist.

    Im staatlichen Bereich geht es nach unserer Auffassung
    um die Wiederherstellung staatlicher Entscheidungs-
    fähigkeit, die die einzelnen Ebenen von der Gemeinde bis
    zur Europäischen Union in unterschiedlicher Weise ver-
    loren haben.

    Was ist damit gemeint, dass das Recht die Freiheit si-
    chern soll? Nach unserer Auffassung liegt das Problem
    darin, dass der Anspruch des Rechts, Freiheit zu sichern,
    unter einer doppelten Störung leidet. Einerseits haben wir
    in vielen Lebensbereichen eine freiheitsbeschränkende
    Überregulierung. Der Staat tut zu viel; er beschränkt die
    Eigeninitiative und den Gemeinsinn der Bürger. Er er-
    drosselt sozusagen die Freiheit. Andererseits gibt es eine
    Inaktivität des Staates gerade in den Bereichen, wo die
    Bürger überfordert sind und wo sie des staatlichen
    Schutzes bedürfen. Dort handelt der Staat nicht.


    (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Nennen Sie doch einmal Beispiele!)


    – Ich komme dieser Aufforderung, Beispiele zu nennen,
    sehr gerne nach.

    Ich will zunächst ein Beispiel für die Überregulierung
    nennen. Natürlich ist die Therapie Deregulierung. Das ist
    nicht sehr originell, sondern die mangelhafte Deregulie-
    rung ist die Beschreibung des Problems. Wir haben er-
    wartet, dass Sie Vorschläge liefern. Wie wollen Sie des
    permanenten und unbegrenzten Wachstums staatlicher
    Regulierung Herr werden?


    (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Beispiele!)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    128


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Wir schlagen vor – ich will dazu sagen, dass wir es nur
    gemeinsam schaffen können –, dass es eine institutiona-
    lisierte Gesetzesfolgenabschätzung im Gesetzgebungs-
    verfahren gibt. Die Rubrik „Folgekosten“, unter der meist
    „keine“ steht, reicht nicht aus. Wir plädieren ferner für
    eine Befristung von Gesetzen. Warum soll ein Gesetz
    immer für alle Ewigkeit wirksam sein?


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Warum soll man nicht nach beispielsweise drei Jahren ein
    Gesetz unter dem Gesichtspunkt bewerten, ob es sich be-
    währt hat?


    (Zuruf von der SPD)

    – Hören Sie einfach zu! Sie können nachher Ihre Vor-
    schläge machen. Das ist doch viel sinnvoller.

    Wir brauchen weiterhin eine Veränderung im Selbst-
    verständnis des Bundesjustizministeriums und der Bun-
    desjustizministerin. Wenn Sie sich als eine Justizministe-
    rin verstehen sollten, die nur für die Justizpolitik im
    engeren Sinne zuständig ist, dann werden wir dieses Pro-
    blem der mangelhaften Deregulierung nicht in den Begriff
    bekommen. Wenn Sie der Auffassung sind, dass Sie allein
    für die Justizpolitik zuständig sind und dass Arbeitsrecht
    im Arbeitsministerium, Familienrecht im Familienminis-
    terium und Umweltrecht im Umweltministerium gemacht
    wird, wenn Sie nicht verstehen, dass es die Aufgabe der
    Rechtspolitik ist, sich um die Rechtsordnung als
    Ganzes, um die Konsistenz der Regelungen und um die
    Beschränkung der Rechtsmasse zu sorgen, dann werden
    Sie an Ihrer Aufgabe scheitern.


    (Zuruf von der SPD: Lassen Sie sie doch erst mal machen!)


    Wir fordern Sie daher auf, Ihr Amt als eine Koordinie-
    rungsstelle für die Gesetzgebung in den Ministerien und
    nicht als eine periphere Tätigkeit zu verstehen. Diese
    Rolle muss es geben!

    Wenn Sie nach vier Jahren nicht nur auf die neuen Ge-
    setze, die durch Rot-Grün verabschiedet worden sind,
    stolz sind, sondern auch bilanzierend auflisten, welche
    Gesetze Sie verhindert haben, dann werden Sie wahr-
    scheinlich mit unserem Beifall rechnen können. Wir ha-
    ben keinen Mangel an Gesetzen, sondern brauchen die
    Beschränkung der gesetzgeberischen Tätigkeit.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    In anderen Bereichen haben wir das glatte Gegenteil:

    gesetzgeberische Inaktivität. Es hat im Bundesjustizminis-
    terium in den letzten vier Jahren einen Ausnahmebereich
    im Hinblick auf gesetzgeberische Tätigkeit gegeben: Das
    war die innere Sicherheit.


    (Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


    Dort ist kategorisch nichts passiert. Dies betrifft die Mas-
    senalltagskriminalität, etwa Graffiti – Eigentumsverlet-
    zungen,


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo waren Sie denn?)


    und beispielsweise die Jugendkriminalität. Über 30 Pro-
    zent der Tatverdächtigen sind unter 21 Jahre alt.


    (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Waren Sie in den letzten vier Jahren auf Dienstreise, Herr Röttgen?)


    Gleichzeitig haben wir ein mangelhaftes Jugendstraf-
    recht, von dem einige Experten sagen, es sei verfas-
    sungswidrig, wie wenig gemacht worden sei. Wir müssen
    den Jugendlichen klar machen: Es gibt eine Grenze, wenn
    sie kriminell werden. Darum halten wir es für falsch, in
    der Praxis auf junge Erwachsene, auf 18- bis 21-Jährige,
    regelmäßig das Jugendstrafrecht anzuwenden und nicht
    das Erwachsenenstrafrecht.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Immer die alten Kamellen!)


    Wir müssen die jungen Erwachsenen, auch wenn sie kri-
    minell werden, ernst nehmen und ihnen sagen, wo die
    Grenzen sind. Dies muss deutlich werden.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat etwas mit Reife zu tun, Herr Röttgen!)


    Wir brauchen eine Umkehrung dieses Verhältnisses.
    Aber dann müssen wir uns um die Jugendlichen auch
    kümmern. Therapieangebote werden benötigt. Es ist Auf-
    gabe des Staates, sich darum zu kümmern. Auch dort
    kommen Sie Ihrer Aufgabe nicht nach. Es reicht nicht, all-
    gemein zu reden. Hier ist konkrete Arbeit zu tun.

    Ich komme zu den Bereichen Kronzeugenregelung und
    nachträgliche Sicherungsverwahrung. Hier ist ein ekla-
    tantes Versagen, eine Inaktivität der rot-grünen Bundesre-
    gierung zu verzeichnen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese beiden Bereiche sind keine, von denen man sagen
    kann, dass sie toll sind. Es sind keine Hurra-Themen, son-
    dern Kompromissthemen.

    Kronzeugenregelung heißt: Der individuelle Täter er-
    hält nicht die volle Strafe, die ihm für sein Verbrechen ei-
    gentlich gebührt. Es ist ein rechtsstaatlicher Kompromiss,
    dass er ohne Strafe oder mit Strafmilderung ausgeht, weil er
    andere Verbrechen verhindert oder zur Aufklärung anderer
    Taten beiträgt. Auch Sie von der SPD wollen dies. Sie sind
    aber eine politische Geisel Ihres grünen Koalitionspartners.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh!)


    Emanzipieren Sie sich! Machen Sie von der großen Mehr-
    heit in diesem Haus Gebrauch! Wir bzw. 90 Prozent des
    Hauses wollen die Kronzeugenregelung. Wegen Ihres
    Partners kommt es nicht dazu.

    Auch die von Ihnen benannten Experten im Rechtsaus-
    schuss haben ausgeführt, dass wir die Kronzeugenregelung
    brauchen, um in die Strukturen der organisierten Krimi-
    nalität eindringen zu können. Reden Sie nicht nur allge-
    mein von der Bekämpfung der organisierten Kriminalität!
    Handeln Sie! Sie haben es vier Jahre lang nicht getan.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die gleiche Situation besteht beim Thema nachträg-

    liche Sicherungsverwahrung. Ich sage es ganz ruhig,

    Dr. Norbert Röttgen




    Dr. Norbert Röttgen
    obwohl hier meiner Meinung nach eine unerträgliche
    Lücke im Schutzsystem des Staates besteht.


    (Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Dann rücken Sie mal heraus!)


    Wir reden über den Fall, dass ein Sexualstraftäter zwar we-
    gen eines Verbrechens verurteilt worden ist, bei der Verur-
    teilung aber nicht erkannt wurde, dass dieser Straftäter
    krank ist, und sich die krankhafte Veranlagung dieses Tä-
    ters erst während der Haft herausstellt. Während der Haft
    sagen die Therapeuten also: Der Täter ist krank und auf-
    grund seiner Krankheit gefährlich. – In diesem Fall besteht
    bis auf den heutigen Tag keine strafrechtliche Möglichkeit,


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber kein Fall der Sicherungsverwahrung! Das hat nichts mit Sicherungsverwahrung zu tun! Maßregelvollzug!)


    diesen Verbrecher in eine psychiatrische Klinik einzuwei-
    sen. Die brutale Wahrheit in unserem Land ist, dass dieser
    Täter erst noch einmal ein Verbrechen begehen muss, be-
    vor es nach jetzigem Recht die Möglichkeit gibt, ihn ab-
    zuurteilen und einzuweisen.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! – Zuruf von der SPD: Unsinn!)


    Sie leisten sich in diesem Bereich eine unerträgliche
    Lücke. Sie muss geschlossen werden.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fragen Sie einmal die Herren von der FDP! Es ist Quatsch, was Sie erzählen!)


    Es ist unverantwortlich, dies nicht zu tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lieber Kollege, Sie haben im Studium nicht aufgepasst!)


    Am unverantwortlichsten ist der Bundeskanzler. Jedes
    Mal, wenn ein schlimmes Verbrechen geschieht, kommen
    markige, martialische Worte: Wegschließen, und zwar für
    immer! – Das ist die Terminologie Ihres Bundeskanzlers.
    Das ist aus drei Gründen unverantwortlich: Erstens täuscht
    er die Bevölkerung, indem er so tut, als ob der Staat etwas
    unternimmt. In Wahrheit tut der Staat nichts. Zweitens ist
    dies Stimmungsmache und kein rationales Verhalten. Drit-
    tens gibt es auch eine Verantwortung gegenüber den Tätern.


    (Zurufe von der SPD: Oh! – Hört! Hört!)

    Auch Täter sind Menschen. Auch bei Tätern kann man
    nicht von Wegschließen sprechen und ihnen keine Le-
    bensperspektive geben. Wer Stimmung macht und gleich-
    zeitig nichts tut, handelt unverantwortlich. An dieser
    Stelle müssen Sie handeln!


    (Beifall bei der CDU/CSU)