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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung des Bundeskanz- lers mit anschließender Aussprache . . . . . 51 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 51 B Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 61 B Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 D Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 74 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 77 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 81 C Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 81 D Ernst Bahr (Neuruppin) SPD . . . . . . . . . . . . . 82 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 84 C Sabine Bätzing SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 C Olaf Scholz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 D Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 93 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 97 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 A Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 102 A Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . . . . . . . 104 B Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 A Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 B Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 A Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 111 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 113 C Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 115 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 115 D Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 A Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . 117 A Reinhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 A Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 122 C Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . 123 D Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 124 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 125 D Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 127 D Dr. Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . 130 C Hans-Joachim Hacker SPD . . . . . . . . . . . . . . 131 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 D Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 136 A Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . 137 D Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 139 D Otto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 A Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 A Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . 146 B Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 147 B Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 B Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . 150 C Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . . 151 B Plenarprotokoll 15/4 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 I n h a l t : Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 D Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 154 C Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 155 C Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 157 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 158 C Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 B Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . 164 D Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 166 C Winfried Hermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 171 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 51 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 Beginn: 10.00 Uhr
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    (A) (B) (C) (D) 170 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 171 (C)(A) entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 29.10.2002 Marieluise DIE GRÜNEN van Essen, Jörg FDP 29.10.2002 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 29.10.2002 Meyer (Tapfheim), CDU/CSU 29.10.2002 Doris Möllemann, Jürgen W. FDP 29.10.2002 Niebel, Dirk FDP 29.10.2002 Nolting, Günther FDP 29.10.2002 Friedrich Pieper, Cornelia FDP 29.10.2002 Thiele, Carl-Ludwig FDP 29.10.2002 Violka, Simone SPD 29.10.2002 Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gesine Lötzsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Stellen

    Sie sich vor, das Dubrowka-Theater stünde nicht in
    Moskau, sondern in Bagdad. Stellen Sie sich vor, Kurden
    hätten 700 Geiseln genommen und mit dem Tod der Gei-
    seln gedroht, wenn nicht endlich die Verfolgung von Kur-
    den beendet werden würde. Stellen Sie sich vor, Saddam
    Hussein hätte Nervengas in das Theater geleitet, um die
    Geiselnehmer unschädlich zu machen. Wie lange hätte es
    Ihrer Meinung nach gedauert, bis der amerikanische Prä-
    sident seinen Krieg begonnen hätte? Tage? Stunden?

    Warum dürfen bestimmte Staaten Nervengas produzie-
    ren und andere nicht? Die Antwort ist einfach. Man ist der
    Meinung, dass in den so genannten zivilisierten Staaten
    der Einsatz von Massenvernichtungswaffen faktisch
    nicht möglich ist – einmal weil die demokratischen Gre-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    124


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    mien eine solche Entscheidung nicht mittragen würden
    und zum anderen weil die Hemmschwelle in den so ge-
    nannten zivilisierten Staaten für einen Einsatz von Gas
    viel zu hoch wäre. Den Einsatz von Nervengas traut man
    nur unberechenbaren Diktatoren wie Saddam Hussein zu,
    der ja bekanntlich mit Gas unschuldige Kinder und
    Frauen getötet hat.

    Doch nun haben wir eine neue Situation. Es gibt Men-
    schen, die nur noch Terroristen genannt werden. Sie leben
    auf der ganzen Welt und haben angeblich ein gigantisches
    Netzwerk gebildet. Doch die Tschetschenen brauchen
    kein internationales Netzwerk, um zu sehen, dass ihr Land
    in Trümmer gelegt wird, und die Palästinenser brauchen
    kein internationales Netzwerk, um zu sehen, dass ihr
    Recht auf einen eigenen Staat mit Füßen getreten wird.

    Offensichtlich hat die Allmacht einiger weniger Staa-
    ten zur Ohnmacht bei vielen Menschen in der ganzen Welt
    geführt. Die Zahl derjenigen, die sich gegen die Allmacht
    gewaltsam zur Wehr setzen, nimmt zu und das ist eine
    reale Gefahr für uns alle. Die betroffenen Staaten reagie-
    ren mit Stärke und jeder Staat hat jetzt offensichtlich das
    Recht, Menschen zu Terroristen zu erklären und damit
    Völkerrecht sowie nationales Recht außer Kraft zu setzen.
    Aber offensichtlich haben auch einige wenige Staaten das
    Recht, andere Staaten als terroristisch zu bezeichnen und
    damit einen Krieg zu rechtfertigen.

    Der Bundeskanzler hat vor der Wahl versprochen, dass
    Deutschland an einem Krieg gegen den Irak nicht teil-
    nehmen wird. Er hat es heute in der Regierungserklärung
    bekräftigt. Das wurde von vielen Menschen als mutig und
    aufrichtig empfunden und dafür wurde der Bundeskanz-
    ler auch im Osten gewählt. Aus dem Wahlversprechen ist
    ein Wählerauftrag geworden.

    Letzten Sonnabend demonstrierten viele Menschen auf
    der ganzen Welt gegen einen drohenden Irak-Krieg. Al-
    lein in Washington waren es 200 000 Menschen. Auch in
    Berlin wurde demonstriert; allerdings waren es hier be-
    deutend weniger Menschen. Die „Frankfurter Rund-
    schau“ kommentierte das begrenzte Engagement in Ber-
    lin mit dem Gefühl vieler Menschen, dass sie mit der
    Friedensforderung bei der Bundesregierung offene Türen
    einrennten.

    Doch ist das wirklich so? Tut diese Bundesregierung
    alles, um einen Krieg gegen den Irak zu verhindern?


    (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja!)


    Vor der Wahl, am 29. August, erklärte Verteidigungsminis-
    ter Struck noch, dass er die Spürpanzer der Bundeswehr
    aus Kuwait abziehen wolle. Letzte Woche war zu hören,
    dass die deutschen Spürpanzer in Kuwait bleiben sollen.
    Fängt die Bundesregierung etwa an, in dieser Frage zu
    wackeln?


    (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nein!)


    Die Bundesregierung soll aus der Sicht der PDS nicht
    nur nicht am Irak-Krieg teilnehmen, sondern sie soll auch
    dazu beitragen, dass dieser Krieg erst gar nicht stattfindet.


    (Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


    Einige Instrumente – das ist von meiner Kollegin Petra Pau
    heute schon angesprochen worden – hat die Bundes-
    regierung in der Hand. Offensichtlich wird das deutsche
    Hoheitsgebiet von US-Streitkräften als Militärbasis ge-
    nutzt, um die logistischen Vorbereitungen für einen Irak-
    Krieg zu treffen. Doch dafür gibt es keine Rechtsgrundlage.

    Ich bin der Auffassung, dass die Bundesregierung von
    der US-Regierung Auskunft über ihre Aktivitäten vom
    deutschen Territorium aus verlangen muss.


    (Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

    Wenn sich herausstellen sollte, dass Deutschland als
    Rollfeld für den Irak-Krieg dienen soll, dann muss die
    Bundesregierung der US-Regierung die Nutzung dieser
    Basen sowie die Überflugrechte verweigern, so wie es
    übrigens der damalige Kanzlerkandidat Stoiber an einem
    Tag im Wahlkampf gefordert hat, um es am nächsten Tag
    sofort zu dementieren. Es ist notwendig, dass diese
    Regierung beweist, dass deutsche Außenpolitik Friedens-
    politik ist und dass sie alle Mittel dafür einsetzt, diesen
    Beweis anzutreten.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] sowie des Abg. Florian Pronold [SPD])




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Themen-

bereich nicht vor.
Wir kommen jetzt zu den Bereichen Innen, Recht und

Kultur. Das Wort zur Eröffnung der Debatte hat die Frau
Bundesministerin Zypries.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()


    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! In diesen Tagen jährt sich zum 40. Mal eine der großen
    Bewährungsproben unserer Demokratie, die „Spiegel“-
    Affäre. Es war, wie wir wissen, eine bestandene Probe, die
    zu unserem demokratischen Selbstverständnis viel beige-
    tragen hat. Damals, 1962, konnte ein Bundesminister
    noch beschönigend sagen, die Verhaftung des „Spiegel“-
    Redakteurs Conrad Ahlers sei halt „etwas außerhalb der
    Legalität“ erfolgt. Heute nehmen wir – und gerade auch
    diese Regierungskoalition – die Bindung der vollziehen-
    den Gewalt an Gesetz und Recht und die Bindung der Ge-
    setzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung sehr ernst.
    Denn das Grundgesetz ist eine gute Verfassung, die sich
    bewährt hat.

    Zu den maßgeblichen Prinzipien dieser Verfassung
    und zu den Fundamenten der lebendigen Demokratie
    zählen die in der Menschenwürde wurzelnde Gleichheit
    aller, die Glaubens- und Gewissensfreiheit, die Freiheit
    der Meinung und der Kunst, die Freiheit, sich zu versam-
    meln und Vereinigungen zu bilden. Das Grundgesetz ist
    dabei nicht wertneutral. Es ist auf den Wert der Men-
    schenwürde und die daraus folgenden Grundsätze indivi-
    dueller Selbstbestimmung und gleicher Freiheit gegrün-
    det. Vermittelt dadurch schützt es auch die Autonomie der
    verschiedenen Teile unserer Gesellschaft wie der Politik,
    der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Kunst.

    Dr. Gesine Lötzsch




    Bundesministerin Brigitte Zypries

    Hier geht es nicht nur um den rein technischen Bauplan
    einer komplexen Gesellschaft, sondern vielmehr um ein
    zukunftsfähiges Erfogsrezept: Durch diese Strukturen
    insbesondere ermöglicht die Verfassung ein friedliches
    Zusammenleben in Deutschland. Mir ist dieser Gedanke
    ganz besonders wichtig, denn in Zukunft werden wir im-
    mer mehr und immer verschiedenere Lebensstile, Über-
    zeugungen, Religionen und Traditionen auf deutschem
    Boden haben, die miteinander leben.

    Dass dies friedlich geschieht, setzt eines voraus: die
    Bereitschaft, andere so leben zu lassen, wie sie es für rich-
    tig halten oder gewohnt sind, soweit sie dabei im Rahmen
    der gesetzlichen Grenzen bleiben, versteht sich. Diese Be-
    reitschaft muss allerdings nicht nur da sein, wenn einem
    der Lebensstil des anderen egal ist; das ist keine Leistung.
    Eine Leistung ist es erst dann, wenn einem die Verschie-
    denheit nicht egal ist, wenn wir also Toleranz üben und
    die Unterschiedlichkeit quasi ertragen müssen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Toleranz ist eine Frage der inneren Einstellung. Die
    Rechtsordnung kann niemanden zur Toleranz zwingen,
    sie kann aber den Boden dafür bereiten. Ein Beispiel: Das
    vom Bundesverfassungsgericht als verfassungskonform
    bestätigte Gesetz über die Einführung der eingetragenen
    Lebenspartnerschaften ermöglicht den Partnern, rechts-
    verbindlich füreinander einzustehen. Gleichzeitig stärkt
    es aber auch die Toleranz in unserer Gesellschaft gegen-
    über anderen Lebensformen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Diese Politik steht in der Tradition unseres Grundge-
    setzes; denn das lässt die Gegensätze und die Vielfalt zu
    und schützt sie grundrechtlich. Wer von Mehrheitsauffas-
    sungen abweicht, muss keine Unterdrückung befürchten.
    Es ist also auch nicht nötig, Gewalt zu ergreifen, um sei-
    nen Vorstellungen entsprechend leben zu können. Das
    Grundgesetz lehnt Gewalt deshalb ab. Unsere Verfassung
    ist – in der Sprache unserer Zeit – ein echtes Antigewalt-
    projekt. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes wussten
    nach den bitteren Erfahrungen mit der Gewaltherrschaft
    des Dritten Reiches: Freiheit im Leben miteinander ist die
    beste Gewaltvorbeugung. Eine unserer wesentlichen Auf-
    gaben wird es deshalb auch künftig sein, die Grundrechte
    so wenig wie möglich zu beschneiden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Freilich: Es kann sich nicht auf seine Freiheit berufen,
    wer anderen nicht ihre Freiheit gönnt. Gewaltanwendung
    zur Durchsetzung der eigenen Vorstellungen oder Über-
    zeugungen ist unter keinen Umständen rechtfertigungs-
    fähig. Gewalt muss vom Staat – notfalls mit all seinen
    Machtmitteln – unterbunden werden, zum Beispiel mit
    der Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes. Dieses Gesetz
    stärkt die Rechte und die Stellung Schwächerer und ihren
    Schutz vor Gewalt im familiären Nahbereich. Und es
    wirkt: In Nordrhein-Westfalen hat die Polizei in knapp
    fünf Monaten in mehr als 1 000 Fällen prügelnde Ehe-
    männer der Wohnung verwiesen und ihnen die Rückkehr
    verboten.

    Meine Damen und Herren, wir müssen konstatieren,
    dass auch in unserer Gesellschaft die Gewaltbereitschaft
    wächst. Das ist eine große Bedrohung des von der Verfas-
    sung angestrebten friedlichen Zusammenlebens. Dieser
    Bedrohung müssen wir uns entschlossen stellen, und zwar
    nicht erst, wenn der Gewaltausbruch bereits passiert ist,
    sondern bereits deutlich vorher.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Dies allerdings kann der Staat allein nicht leisten. Wir
    brauchen im Elternhaus, in der Schule, in Vereinen und Ver-
    bänden eine Erziehung zurToleranz. Junge Leute müssen
    lernen, die Meinung anderer zu respektieren und sich im
    Rahmen der demokratisch vorgesehenen Spielregeln mitei-
    nander auseinander zu setzen. Sie müssen lernen, tolerant
    zu sein und die Verschiedenheit zu akzeptieren.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


    Nicht zuletzt deshalb hat die Bundesregierung das Bünd-
    nis für Demokratie und Toleranz ins Leben gerufen und
    deshalb werden wir das Deutsche Forum für Kriminal-
    prävention noch stärker in seiner Arbeit unterstützen.

    Was wir damit erreichen wollen, darf aber auch nicht
    an anderer Stelle konterkariert werden. Deshalb wird die
    Bundesregierung hart gegen Gewaltverherrlichungen, ge-
    gen die Propagierung von Gewalt oder die Anleitung zu
    Gewaltanwendungen vorgehen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das schließt Initiativen zur Änderung des Strafrechts ein.
    Denn das Strafrecht als klares Zeichen für die Grenzen der
    Gewalt ist auch und gerade dort wichtig, wo in der Ge-
    sellschaft elementare Wertebindungen ihre Bindungskraft
    verlieren. Wir müssen insbesondere auch die Strafvor-
    schriften gegen sexuellen Missbrauch von Kindern, Ju-
    gendlichen und widerstandsunfähigen Personen fortent-
    wickeln. Auch durch die Strafandrohung in diesen Fällen
    muss deutlich werden, dass solche Taten an den Men-
    schen, die sich am wenigsten wehren können, zu den ab-
    scheulichsten Verbrechen überhaupt gehören.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


    Wir werden deshalb unter anderem schon den Straf-
    rahmen für die Grundtatbestände des sexuellen Miss-
    brauchs von Kindern von Vergehen zu Verbrechen her-
    aufstufen. Auch die psychische sexuelle Gewalt wird
    nicht länger straflos bleiben. In Zukunft macht sich auch
    derjenige in einem früheren Stadium als bisher strafbar,
    der auf Kinder einwirkt, damit ein Kind sexuelle Hand-
    lungen vornimmt. Auch die Wegseher und die Profiteure
    sollen künftig nicht mehr ungeschoren davonkommen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


    Wer diese Taten nicht anzeigt, wer sie belohnt oder billigt,
    wird sich in Zukunft vor dem Strafrichter wiederfinden.


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    126


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Wir werden auch gegen jede Form der Verbreitung von
    Kinderpornographie mit dem gesamten Arsenal der straf-
    prozessualen Möglichkeiten vorgehen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


    Insoweit steht auch der Katalog des § 100 a StPO auf dem
    Prüfstand.

    Gleich der erste Untertitel der Koalitionsvereinbarung
    lautet nicht von ungefähr: Für ein wirtschaftlich starkes,
    soziales und ökologisches Deutschland. Die Wirtschaft ist
    im Justizministerium insoweit betroffen, als die dringend
    gebotene Reform des Aktienrechtes dort angesiedelt ist.
    Dabei geht es nicht etwa um technische Details, für die
    sich dann nur die Buchprüfer begeistern können. Die Ver-
    hinderung von falschen Bilanzen und der Anlegerschutz
    allgemein bewahrt viele tausend Menschen vor dem Ver-
    lust ihrer Ersparnisse und erhält Arbeitsplätze.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Deshalb liegt dieses Problem gerade uns Sozialdemokra-
    ten besonders am Herzen.

    Ganz klar gesagt: Bei allen Fragen, wie etwa der per-
    sönlichen Haftung von Vorständen und Aufsichtsräten, geht
    es darum, den guten Ruf der unzähligen redlichen Akteure
    unserer Wirtschaft vor den schwarzen Schafen zu schützen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Gerade die spektakulären Bilanzskandale auf dem US-
    amerikanischen Markt haben es uns drastisch vor Augen
    geführt: Bereits einer oder wenige Chefmanager mit kri-
    mineller Energie können das Vertrauen ganzer Märkte
    zerstören.

    Meine Vorgängerin im Amt, Frau Professor Dr. Herta
    Däubler-Gmelin, hat die Lösung der Probleme auf der
    Grundlage der Arbeiten einer hochkarätig besetzten
    Kommission in Angriff genommen. Nicht nur bei diesem
    Thema hat sie Zeichen gesetzt und wichtige rechtspoliti-
    sche Vorhaben vorangebracht. Dafür möchte ich mich
    auch an dieser Stelle bedanken.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich werde den Anlegerschutz weiter forcieren. Unser
    Motto dabei wird sein: so schnell wie möglich, aber auch
    so solide wie nötig. Viele wichtige Diskussionen werden
    wir dabei zu berücksichtigen haben. Unter anderem hat
    sich der Deutsche Juristentag im September in Berlin mit
    diesen Fragen auseinander gesetzt und dazu einen um-
    fangreichen Bericht veröffentlicht.

    Wir werden in dieser Legislaturperiode auch das Zehn-
    punkteprogramm zur Stärkung der Unternehmensinte-
    grität und des Anlegerschutzes, das die letzte Bundesre-
    gierung bereits beschlossen hat, umsetzen.

    Ganz wichtig ist des Weiteren die Reform des Ver-
    sicherungsvertragsgesetzes, das inzwischen bereits
    130 Jahre alt ist. Dabei geht es unter anderem um die Be-
    handlung von Gentests, um Überschussbeteiligungen in

    der Lebensversicherung und um Altersrückstellungen in
    der privaten Krankenversicherung.

    Wir werden das Urheberrecht in der Informationsge-
    sellschaft anpassen. Dabei muss die Vielfalt unserer Kul-
    tur und der faire Umgang zwischen Urhebern und Ver-
    wertern gewährleistet bleiben bzw. werden. Ich meine,
    auch im Reich des Internet dürfen Autoren und andere
    Künstler nicht dem Raubrittertum ausgeliefert werden.

    Natürlich werden wir die Reform des Gesetzes gegen
    den unlauteren Wettbewerb anfassen. Auch hier drängt
    die Zeit. Wir wollen ein vollständig neues, schlankes und
    faires Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vorlegen,
    das den redlichen Wettbewerber genauso schützt wie den
    Verbraucher.

    Meine Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, dass
    wir uns über die skizzierten allgemeinen Grundlagen re-
    lativ schnell werden verständigen können. Über die kon-
    kreten Konsequenzen, die sich in den nächsten vier Jah-
    ren daraus ergeben, werden wir sicherlich nicht immer
    einer Meinung sein. Insoweit freue ich mich auf eine sach-
    liche und konstruktive Diskussion.


    (Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der FDP)