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ID1500405400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung des Bundeskanz- lers mit anschließender Aussprache . . . . . 51 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 51 B Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 61 B Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 D Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 74 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 77 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 81 C Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 81 D Ernst Bahr (Neuruppin) SPD . . . . . . . . . . . . . 82 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 84 C Sabine Bätzing SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 C Olaf Scholz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 D Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 93 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 97 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 A Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 102 A Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . . . . . . . 104 B Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 A Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 B Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 A Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 111 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 113 C Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 115 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 115 D Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 A Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . 117 A Reinhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 A Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 122 C Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . 123 D Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 124 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 125 D Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 127 D Dr. Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . 130 C Hans-Joachim Hacker SPD . . . . . . . . . . . . . . 131 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 D Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 136 A Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . 137 D Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 139 D Otto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 A Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 A Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . 146 B Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 147 B Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 B Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . 150 C Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . . 151 B Plenarprotokoll 15/4 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 I n h a l t : Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 D Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 154 C Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 155 C Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 157 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 158 C Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 B Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . 164 D Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 166 C Winfried Hermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 171 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 51 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (B) (C) (D) 170 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 171 (C)(A) entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 29.10.2002 Marieluise DIE GRÜNEN van Essen, Jörg FDP 29.10.2002 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 29.10.2002 Meyer (Tapfheim), CDU/CSU 29.10.2002 Doris Möllemann, Jürgen W. FDP 29.10.2002 Niebel, Dirk FDP 29.10.2002 Nolting, Günther FDP 29.10.2002 Friedrich Pieper, Cornelia FDP 29.10.2002 Thiele, Carl-Ludwig FDP 29.10.2002 Violka, Simone SPD 29.10.2002 Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Winfried Nachtwei


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Am Anfang dieser Legislaturperiode stehen wieder Ent-
    scheidungen über Auslandseinsätze der Bundeswehr
    an, genauso wie zu Beginn der vorherigen Legislaturperi-
    ode, als es nämlich um die Androhung von Luftangriffen
    gegen die Bundesrepublik Jugoslawien ging. Damals
    – das wissen wir alle – war diese Entscheidung in diesem
    Haus und in der Gesellschaft heiß umstritten. Damals war
    die Befürchtung verbreitet, dass damit ein Präzedenzfall
    im Hinblick auf das Verhältnis zu den Vereinten Nationen
    geschaffen werde.

    Diese Befürchtung hat sich nicht bewahrheitet. Wir ha-
    ben uns bemüht, aus dem Kosovo-Konflikt und aus dem
    Kosovo-Krieg die angemessenen friedens- und sicher-
    heitspolitischen Lehren zu ziehen. Dies zeigt sich deutlich
    zu Beginn dieser Legislaturperiode. Die Verlängerung des
    Mazedonien-Mandats in der vorigen Woche stand – da-
    rauf wurde ausdrücklich hingewiesen – im Kontext um-
    fassender Politik einer wirksamen Krisenvorbeugung.
    Die bevorstehenden Entscheidungen zur weiteren Betei-
    ligung an Enduring Freedom und an der ISAF-Schutz-
    truppe in Kabul sollen der Gewalteindämmung und Ge-
    fahrenabwehr dienen.

    In der Koalitionsvereinbarung stellen wir eindeutig
    klar: Zweck von Kriseneinsätzen der Bundeswehr ist
    nicht eine militärische Konfliktlösung; denn das wäre il-
    lusionär. Ihr Zweck ist, zur Gewaltverhütung beizutragen
    und Stabilisierungs- und Friedensprozesse dort zu unter-
    stützen, wo zivile Beobachter und Vermittler, wo Poli-
    zisten nicht mehr ausreichen. Der Rahmen von Kri-
    seneinsätzen ist die Charta der Vereinten Nationen, ist das
    Völkerrecht und eine Politik gemeinsamer und koopera-
    tiver Sicherheit. Diese Grundhaltung kontrastiert mit Be-
    strebungen, über eine „präventive Selbstverteidigung“
    das allgemeine Gewaltverbot der UN-Charta zu unterlau-
    fen. Die Absage der Bundesregierung an einen Krieg zum

    Sturz des irakischen Regimes ist die logische Konsequenz
    aus dieser Grundhaltung.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Die Bundeswehr soll wirksam und verantwortlich zur
    internationalen Sicherheit beitragen können. Dafür ist zu-
    mindest Folgendes unabdingbar: Friedenseinsätze und
    Kriegsverhütung brauchen einen ausgewogenen Mix an
    zivilen, polizeilichen, politischen und militärischen Fä-
    higkeiten. Die rot-grüne Bundesregierung baut nun – so
    steht es im Koalitionsvertrag – das in diesem Jahr ge-
    gründete Zentrum für Internationale Friedenseinsätze
    zu einer vollwertigen Entsendeorganisation aus. Das
    heißt, wir bemühen uns, die zivilen Säulen von Friedens-
    missionen der Vereinten Nationen, der OSZE usw. ent-
    sprechend zu stärken.

    Wir haben uns zum anderen vorgenommen, einen res-
    sortübergreifenden Aktionsplan im Hinblick auf Krisen-
    prävention auszuarbeiten, was bedeutet, dass wir die ver-
    schiedenen notwendigen Fähigkeiten in diesem Bereich
    systematisch aufbauen und entwickeln wollen.

    Was hat das mit der Bundeswehr zu tun? Nur wenn wir
    diese Fähigkeiten vernünftig entwickelt haben, kommen
    wir aus Kriseneinsätzen wieder heraus. Das ist schlicht-
    weg die Konsequenz.

    DieBundeswehrreform, das heißt die Befähigung der
    Bundeswehr zur Bewältigung neuer Aufgaben, ist nicht
    nur fortzusetzen, sondern ausdrücklich auch weiterzuent-
    wickeln; so haben wir es in der Koalitionsvereinbarung
    formuliert. An die Lösung dieser Aufgaben geht Rot-Grün
    mit Klarheit über die Zielsetzung der Bundeswehrreform
    und mit – so formuliere ich diplomatisch – gewachsenem
    Realismus. Dabei sind für uns die Vorschläge der
    Weizsäcker-Kommission die Richtschnur. Eine notwen-
    dige Modernisierung ist nur mit einer deutlichen Senkung
    des Personalumfangs zu realisieren. Das ist die
    offensichtliche Konsequenz.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Sehr geehrter Herr Minister, lieber Kollege Struck, am
    25. Juli dieses Jahres wurden Sie zum Minister vereidigt.
    Manche Gratulanten der Oppositionsfraktionen dachten
    damals an eine Befristung Ihrer Amtszeit. Wir sind aus-
    drücklich froh, dass Sie Minister geblieben sind. Ich bin
    mir sicher, dass Sie Ihre Verantwortung mit sicherheits-
    politischer Klarheit und mit Realismus wahrnehmen. Da-
    bei wünschen wir Ihnen eine glückliche Hand und hoffen
    auf eine gute Zusammenarbeit.

    Danke.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Friedbert

Pflüger.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



(A)



(B)



(C)



(D)


116


(A)



(B)



(C)



(D)







  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedbert Pflüger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Herr Minister Struck, noch ein Wort zu Ihrer
    Kurzintervention soeben. Wahlkampf haben Sie wirklich
    gemacht.


    (Gernot Erler [SPD]: Ihr ja nicht!)

    Soweit ich mich erinnern kann, hat es noch nie einen Ver-
    teidigungsminister gegeben, der selbst – und das in der
    kurzen Zeit vor der Wahl, in der er das Amt innehatte –
    eine solche Initiative wie „Soldaten für die SPD“ vorge-
    stellt hat. Es ist falsch, Parteipolitik in die Bundeswehr, zu
    unseren Soldaten zu tragen. Das haben wir kritisiert, Herr
    Bundesverteidigungsminister.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Wir beschäftigen uns heute in der Tat nicht mehr mit
    dem Wahlkampf,


    (Gernot Erler [SPD]: Das wäre ja schön!)

    sondern mit den großen Bedrohungen, denen wir gegen-
    überstehen. Eine Bedrohungsanalyse habe ich weder
    vom Bundeskanzler heute Morgen in der Regierungs-
    erklärung vernommen noch in der Koalitionsvereinbarung
    gefunden. Wenn man die Koalitionsvereinbarung liest,
    dann stellt man fest, dass Sie fast so tun, als müsse man nur
    ein bisschen Konfliktprävention machen und Friedensmis-
    sionen unterstützen. Aber dass wir in einer sehr gefähr-
    lichen Welt leben, nehmen Sie nicht zur Kenntnis.

    Kofi Annan hat die Weltgemeinschaft zur Einheit im
    Kampf gegen den internationalen Terrorismus aufgeru-
    fen. Kofi Annan sagt: Alles, woran wir glauben, ist heute
    bedroht, Respekt vor menschlichem Leben, Gerechtig-
    keit, Toleranz, Pluralismus und Demokratie.

    Meine Damen und Herren, der Generalsekretär der
    Vereinten Nationen hat mehr von den Bedrohungen ver-
    standen, als es der Bundeskanzler heute bei sich hat er-
    kennen lassen. Das ist ein großes Problem, vor dem wir
    stehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    New York und Washington am 11. September, Djerba,

    Bali, Moskau, der Anschlag auf den französischen Tanker
    Limburg und viele Anschläge, die gerade noch verhindert
    werden konnten, sind eine weltweite Herausforderung.
    Die internationale Antiterrorallianz kämpft in Afghanis-
    tan und am Horn von Afrika. Überall auf der Welt gibt es
    diese neue Form der Bedrohung, ja man kann sagen, das
    Ganze ist eine neuartige Form von weltweitem Krieg, in
    dem wir uns befinden. Davon lesen wir bei Ihnen nichts.

    Sicher, die Art der Anschläge weist natürlich Unter-
    schiede auf. Es gibt regional völlig unterschiedliche
    Punkte, an denen islamistische Extremisten ansetzen. So
    werden Lebensumstände wie Armut, Unterdrückung und
    Unabhängigkeitsbestrebungen, beispielsweise in Tschet-
    schenien, ausgenutzt, ausgebeutet und aufgeblasen. Vor
    allem junge Menschen, die aufgrund der Globalisierung
    nach Orientierung und Würde suchen, die in Not und
    Armut leben, werden aufgeheizt, missbraucht und zu
    Selbstmordattentätern ausgebildet. Das ist die Lage, die
    wir zurzeit überall auf der Welt erleben.

    Das ist kein Angriff gegen Amerika, das ist ein Angriff
    gegen uns alle, gegen unsere Form des Zusammenlebens,
    gegen unsere Kultur und gegen die Art von Demokratie,
    die wir seit einigen Jahrhunderten erleben. Das ist das
    Problem, dem wir gegenüberstehen. Dazu hätten wir gern
    heute etwas von Ihnen gehört.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Niemand kann diesem Konflikt dadurch ausweichen,

    dass man nicht darüber redet oder ihn verharmlost. Wir
    leben nicht auf einer Insel der Glückseligen. Hier in
    Deutschland hat es bereits Tote gegeben. Ein 16-jähriger
    Junge aus Lübeck ist mit seiner Familie nach Tunesien ge-
    fahren. Als er nach Hause kam, waren sein Bruder, seine
    Mutter und seine Großmutter tot. Er selbst lebt schwer
    verletzt weiter. Meine Damen und Herren, der Terroris-
    mus ist hier bei uns, er ist nicht etwas für ferne Länder.
    Wir Deutsche sind bereits betroffen und deswegen ist er
    eine fundamentale Herausforderung für uns alle.

    Das BKA, so berichtet der „Spiegel“ in seiner jetzigen
    Ausgabe, hält Deutschland inzwischen annähernd für so
    gefährdet wie die USA. Unser Land, bisher nur Vorberei-
    tungsraum für Terroranschläge, sei inzwischen auch ein
    mögliches Ziel von Anschlägen. Deutschland, so das
    BKA, werde direkt von al-Qaida bedroht. Wir hätten gern
    Auskunft von der Bundesregierung darüber, ob sie mit der
    Einschätzung des BKA übereinstimmt, ob wir wirklich
    unmittelbar bedroht werden. Denn das ist eine völlig an-
    dere Dimension als die, die uns in den schönfärberischen
    Berichten untergejubelt wird.

    Geradezu apokalyptisch würde diese Gefahr des Terro-
    rismus werden, wenn er in den Besitz von Massenver-
    nichtungswaffen käme. Wer die barbarischen Terrorakte
    vom 11. September zu verantworten hat, dem ist jedes
    Mittel recht, auch der Einsatz von Massenvernichtungs-
    waffen.

    Schauen wir einmal nach Russland: In den vergange-
    nen zehn Jahren wurden in Russland nach offiziellen An-
    gaben 29 Diebstähle von Kernmaterial aufgedeckt. Im
    Dezember 1995 verschwanden in Tscheljabinsk 18,5 Ki-
    logramm und im März 2001 in Krasnojarsk 3,6 Kilo-
    gramm hoch angereichertes Uran. Der russische Duma-
    Abgeordnete Mitrochim erklärt dazu:

    In Russland und in anderen GUS-Staaten gibt es ei-
    nen schwarzen Markt, auf dem sie Kernsprengstoff
    überall kaufen können. Auch die al-Qaida ist dazu in
    der Lage, über gut bezahlte Agenten in russischen
    Atomanlagen an waffenfähiges Uran oder Plutonium
    zu kommen.

    Die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen
    und nuklearem Know-how ist unsere Realität. Wir wis-
    sen, dass sich Saddam Hussein das zum Ziel erklärt hat.
    Das ist keine Vermutung, nichts, was konservative Ket-
    tenhunde sagen. Es ist das Wissen unserer Dienste, dass er
    A-, B- und C-Waffen haben will. Können wir aus-
    schließen, dass er sie in Kürze hat und auch benutzt?

    Vielleicht war es doch ein Fehler, dass der Herr Bun-
    desaußenminister vorhin gesagt hat: Na ja, ob Irak die
    richtige Priorität sei? Doch, meine Damen und Herren!
    Hier sitzt ein Diktator, ein Tyrann, den Enzensberger be-
    reits 1991 als den Nachfolger Hitlers bezeichnet hat, der




    Dr. Friedbert Pflüger
    sich diese Waffen besorgt, der bereit ist, sie anzuwenden
    und sie bereits gegen sein eigenes Volk angewendet hat.
    Dann erklärt Herr Fischer, diesem Bereich müsse nicht
    die Priorität unserer Außenpolitik eingeräumt werden.
    Welcher Bereich unserer Außenpolitik besitzt denn
    höhere Priorität, als diesen Wahnsinnigen bei dem Ver-
    such zu stoppen, in den Besitz von Massenvernichtungs-
    waffen zu kommen?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war gekonnt verkürzt!)


    Alexander Kwasniewski, der polnische Präsident, hat
    – wie ich glaube – Recht, wenn er sagt:

    Die Bedrohung durch Saddam Husseins Massenver-
    nichtungswaffen ist real. Wir wollen eine neue,
    scharfe UN-Resolution, die nicht nur Inspektionen,
    sondern die Vernichtung dieser Waffen erzwingt und
    Militärschläge erlaubt, wenn Saddam trickst.

    Dies ist die Meinung der Polen, der Franzosen und sogar
    der Saudis. Sie alle sagen: Wenn es eine UN-Resolution
    gibt, unterstützen wir die Amerikaner und die Weltge-
    meinschaft bei dem Versuch, Saddam zu entwaffnen. Dies
    sagen selbst die Saudis, nur die deutsche Bundesregierung
    nicht. Nur Rot-Grün sagt: Wir auf gar keinen Fall.

    DieAmerikaner hat nicht verletzt – das habe ich in den
    Gesprächen immer wieder gemerkt, Herr Müntefering –,
    dass wir eine andere Meinung haben. Der Kollege
    Schäuble hat darauf hingewiesen. Dies haben sie auch in
    ihrem eigenen Kongress erlebt, wo sie sehr ernsthaft ge-
    stritten haben. Die Amerikaner hat nicht verletzt, dass wir
    gesagt haben: Wir wollen keine Soldaten schicken. Sie ha-
    ben uns auch gar nicht danach gefragt. Sie haben auch gar
    nicht nach Geld gefragt. Verletzt hat sie, dass wir ihnen
    nicht einmal ein Minimum an politischer Solidarität und
    moralischer Unterstützung geben. Dies ist und bleibt ein
    Skandal. Sie werden es schwer haben, den dadurch ange-
    richteten Schaden in den nächsten Wochen und Monaten
    zu reparieren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es bleibt die große Aufgabe der deutschen Politik, über

    die selbst gewählte Isolation, den Vertrauensverlust und
    den Gewichtsverlust hinwegzukommen.


    (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch Wahnvorstellungen!)


    – Dies sind keine Wahnvorstellungen, Frau Sager. Reden
    Sie doch einmal mit den Amerikanern.


    (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben! Genau entgegengesetzt! Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind viele erleichtert!)


    Die Nagelprobe dafür ist der nächste NATO-Gipfel.
    Wir werden sehen, wie sich die Bundesregierung dort ver-
    hält. Neben der Erweiterung der NATO, die wir sehr be-
    grüßen, kommt es auf diesem NATO-Gipfel darauf an,
    dass wir zwei Dinge miteinander vereinbaren: Die Bereit-
    schaft, gegen die eben beschriebene terroristische Bedro-
    hung, gegen die Hersteller von Massenvernichtungswaffen
    mit allen polizeilichen, geheimdienstlichen und militäri-
    schen Mitteln vorzugehen und uns dabei nicht auszuklin-

    ken und abzukoppeln, sondern Teil der Weltgemeinschaft
    zu sein, ist die eine Säule unserer Sicherheitspolitik. Die
    andere Säule unserer Sicherheitspolitik, die aber nur eine
    von zwei Säulen ist, ist die Lösung von regionalen Kon-
    flikten. Dies beinhaltet den kulturellen Dialog mit den
    Moslems überall auf der Welt, die durch ihre Weltreligion
    natürlich große Leistungen für die Welt vollbracht haben,
    die aber extremistische Ränder haben, die im Moment
    stärker werden. Ich glaube aber zutiefst, dass die Religion
    als solche zum Dialog bereit ist.

    Wir müssen unsere Märkte öffnen. Wir müssen Ent-
    wicklungsprojekte durchführen sowie die Demokratie
    fördern. Auch eines ist wahr: Nicht jeder, der gegen Ter-
    rorismus ist, ist auch unser Freund. Es gibt Länder, die ge-
    gen den Terrorismus sind, aber trotzdem wenig für die De-
    mokratie in ihrem Land tun. Auch hier müssen wir zu
    unseren Werten und Überzeugungen stehen. Beides ist
    notwendig: Demokratieförderung und Kulturdialog zu-
    sammen mit einer Öffnung der Märkte, mit Hilfe, um Ar-
    mut und Würdelosigkeit zu überwinden.

    Dies alles geht umso besser, je mehr wir bereit sind, zu-
    sammen mit anderen – nie alleine – militärische, polizei-
    liche und geheimdienstliche Verantwortung zu tragen.


    (Gernot Erler [SPD]: Haben wir doch gemacht!)


    Mein letzter Gedanke: Jimmy Carter hat den Frie-
    densnobelpreis bekommen. Ich glaube, in diesem Fall
    kann ich für das ganze Haus sprechen und dem früheren
    amerikanischen Präsidenten zu diesem Friedensnobel-
    preis herzlich gratulieren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Er ist gegen den Irak-Krieg!)


    Jimmy Carter hat diesen Preis durch seinen lebenslan-
    gen Einsatz für den Frieden wirklich verdient.


    (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


    Aber Jimmy Carter war nie jemand, der gesagt hat: Frie-
    den um jeden Preis. Für ihn bestand der Kern der Frie-
    densbotschaft aus einem würdigen Leben und der Einhal-
    tung der Menschenrechte. Der Friede macht nur Sinn,
    wenn die Menschen auch Freiheit haben.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was soll das jetzt?)