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ID1500404300

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    7. Peter: 1
    8. Struck.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung des Bundeskanz- lers mit anschließender Aussprache . . . . . 51 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 51 B Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 61 B Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 D Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 74 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 77 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 81 C Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 81 D Ernst Bahr (Neuruppin) SPD . . . . . . . . . . . . . 82 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 84 C Sabine Bätzing SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 C Olaf Scholz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 B Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 D Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 93 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 97 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 A Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 102 A Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . . . . . . . 104 B Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 A Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 B Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 A Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 111 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 113 C Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 115 C Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 115 D Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 A Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . 117 A Reinhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 A Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministe- rin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 122 C Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . 123 D Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . . 124 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 125 D Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . 127 D Dr. Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . 130 C Hans-Joachim Hacker SPD . . . . . . . . . . . . . . 131 D Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 D Jerzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 136 A Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . 137 D Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 139 D Otto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 A Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 A Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . 146 B Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 147 B Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 B Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . 150 C Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . . 151 B Plenarprotokoll 15/4 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 I n h a l t : Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 D Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 154 C Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 155 C Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 157 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 158 C Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 B Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . . 164 D Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 166 C Winfried Hermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 171 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 51 4. Sitzung Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (B) (C) (D) 170 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 4. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 171 (C)(A) entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 29.10.2002 Marieluise DIE GRÜNEN van Essen, Jörg FDP 29.10.2002 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 29.10.2002 Meyer (Tapfheim), CDU/CSU 29.10.2002 Doris Möllemann, Jürgen W. FDP 29.10.2002 Niebel, Dirk FDP 29.10.2002 Nolting, Günther FDP 29.10.2002 Friedrich Pieper, Cornelia FDP 29.10.2002 Thiele, Carl-Ludwig FDP 29.10.2002 Violka, Simone SPD 29.10.2002 Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Werner Hoyer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Der Kollege Erler hat zu Beginn seiner Ausführungen ge-
    sagt, dass die internationale Politik nichts Fernes mehr
    sei, dass die klassische Trennung von Innen- und Außen-
    politik in unserem heutigen politischen Leben gar nicht
    mehr so aufrechtzuerhalten sei, wie es einmal gewesen
    sei. Wir haben allerdings bisher in diesem Hohen Hause
    – das gilt für die gesamte Bundesrepublik Deutschland –
    eines vermieden, nämlich die internationale Politik, ins-
    besondere die Außenpolitik, nur noch zum Markt der
    Innenpolitik oder zur Funktionsgröße innenpolitischen
    Taktierens zu machen. Das hat sich durch die Bundes-
    tagswahl 2002 geändert. Das bedauere ich sehr.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Es gibt ein paar Konstanten deutscher Außenpolitik
    der letzten 50 Jahre, mit denen wir sehr gut gefahren sind
    und die bisher noch keine Bundesregierung infrage ge-
    stellt hatte, und zwar weder vorsätzlich noch fahrlässig.
    Die jetzige Bundesregierung hat es getan. Sie hat Kern-
    elemente des außenpolitischen Konsenses auf dem Wahl-
    kampfaltar geopfert. Dazu gehört unter anderem ein star-
    kes Engagement für den Multilateralismus, und zwar
    sowohl im Hinblick auf Systeme kooperativer Sicherheit
    wie die UNO und die OSZE als auch im Hinblick auf Sys-
    teme kollektiver Verteidigung wie die NATO. Das gilt erst
    recht für die europäische Integration, die in den letzten
    Jahrzehnten eine so große Blüte erreicht hat.

    Zu diesen Kernelementen gehören des Weiteren die
    konsequente Entnationalisierung der Sicherheits- und
    Verteidigungspolitik durch tiefe Integration, das beson-
    dere Bemühen um das Vertrauen der kleineren Partner in
    den Verbünden, ein enges und vertrauensvolles Verhältnis
    zu Frankreich als notwendige Bedingung für jeglichen
    Fortschritt in der Europäischen Union und – last, but not
    least – eine auf Vertrauen und gemeinsame Werte gegrün-
    dete Freundschaft mit den Vereinigten Staaten von Ame-
    rika. Manchmal sind diese Elemente gewiss nicht leicht
    auszubalancieren. Das erfordert im besten Sinne des Wor-

    tes Staatskunst. Genau daran hat es in den letzten Jahren
    und vor allen Dingen in den letzten Monaten in dramati-
    scher Weise gefehlt.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sonst stünde nicht die Glaubwürdigkeit unseres
    UN-Engagements in Zweifel. Sie steht aber in Zweifel,
    wenn der deutsche Bundeskanzler von vornherein mögli-
    che Sicherheitsratsresolutionen als für die deutschen Ent-
    scheidungen auf nationaler Ebene irrelevant erklärt. Sonst
    würden unsere Partner nicht die Frage stellen, ob sich hin-
    ter dem Begriff des deutschen Weges nicht doch eine Re-
    nationalisierung der deutschen Sicherheits- und Verteidi-
    gungspolitik verbirgt. Sonst würden wir nicht mit
    Verblüffung und Empörung vor der Tatsache stehen, dass
    das deutsch-französische wie das deutsch-amerikani-
    sche Verhältnis gleichermaßen einen historischen Tief-
    punkt erleben.

    Meine Damen und Herren, es gehört zum Imperativ
    deutscher Außenpolitik, dass sich eine Bundesregierung
    nie in eine Situation manövrieren darf, wo sie zwischen
    Europa und den USA, zwischen transatlantischer Bin-
    dung und europäischer Integration, zwischen Washington
    und Paris wählen muss. Die Kollegen im britischen Un-
    terhaus und in der französischen Nationalversammlung
    werden in der Frage, ob ihnen die NATO oder die EU, ob
    die transatlantische Bindung oder europäische Integration
    wichtiger ist, zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen,
    aber sie werden klare Prioritäten ausdrücken. Wir Deut-
    schen dürfen es uns niemals leisten, uns überhaupt in eine
    Situation zu bringen, diese Frage beantworten zu müssen.

    Aber der Trick kann ja nicht darin bestehen bzw. das
    Problem nicht dadurch als gelöst gelten, dass am Ende das
    Verhältnis mit beiden Partnern gleichermaßen schlecht
    ist. Genau das haben wir hier aber festzustellen. Deswe-
    gen ist der Befund der aktuellen Europa- und Außenpoli-
    tik fatal:


    (Beifall des Abg. Peter Altmaier [CDU/CSU])

    Die Verletzungen sind tief. Die Verletzungen, die insbe-
    sondere in den Vereinigten Staaten entstanden sind, nicht
    nur bei der Regierung, sondern auch bei den Menschen,
    werden in Deutschland nicht überschätzt, sondern noch
    gewaltig unterschätzt. Es wird unterschätzt, dass das
    deutsch-amerikanische Verhältnis immer auch eine ganz
    starke emotionale Komponente gehabt hat, und das hat
    insbesondere etwas mit dieser Stadt, mit Berlin, zu tun.
    Man macht einen Riesenfehler, wenn man das übersieht.

    Am schlimmsten war wahrscheinlich bei all diesen
    verbalen Entgleisungen, dass man unsere amerikanischen
    Partner in die Ecke von Abenteurern gerückt und diesen
    Begriff auch benutzt hat. Meine Damen und Herren, das
    übersieht die ausgesprochen ernste und kontroverse De-
    batte, die in den Vereinigten Staaten zum Beispiel zur
    Irak-Frage geführt wird. Ich wünsche mir manchmal,
    auch in der Medienwelt in Deutschland würden wir eine
    solche kontroverse tief gehende Debatte führen, wie das
    in den Vereinigten Staaten der Fall ist. Das hat tiefe Ver-
    wundung hinterlassen und das persönliche Verhältnis
    weitgehend zerstört. Ich fürchte, selbst wenn der Bundes-


    (A)



    (B)



    (C)



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    110


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    kanzler jetzt auf die Idee käme, wieder einmal dort anzu-
    rufen, er würde schon bei der Telefonzentrale scheitern.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Meine Damen und Herren, wir fangen an, Preise zu

    zahlen; das ist bereits gesagt worden. Selbst wenn es diese
    ominöse Liste im formalen Sinne nicht gibt, ist gleich-
    wohl klar: Die Bundesrepublik Deutschland wird auf an-
    deren Gebieten als auf denen, die jetzt im Wahlkampf dis-
    kutiert worden sind, Preise zahlen müssen. Das beginnt
    mit der Irak-Frage – insbesondere in der Zeit nach einer
    möglichen Intervention –, setzt sich fort in der Frage der
    Lead-Funktion in Afghanistan, die uns dort sehr, sehr
    lange binden kann, und gilt auch für die Türkei-Frage, auf
    die verschiedene Kolleginnen und Kollegen hier einge-
    gangen sind.

    Meine Damen und Herren, in dieser Situation außenpo-
    litischer Irritationen schlimmster Art stehen wir vor dem
    NATO-Gipfel in Prag. Dieser NATO-Gipfel in Prag ist
    eben keineswegs in allererster Linie ein Erweiterungsgip-
    fel – die Entscheidungen sind im Wesentlichen abgefrüh-
    stückt –, sondern in Prag werden die Vereinigten Staaten
    versuchen, ihre militärstrategischen Neuorientierungen ei-
    nes Präventivschlages


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja!)

    und einer Abkehr vom unbedingten Gewaltmonopol der
    Vereinten Nationen auch in der NATO durchzusetzen. Die
    Amerikaner stellen in dem Zusammenhang manche wohl
    berechtigte Frage, aber wir als Europäer und speziell als
    Deutsche müssen uns fragen, ob wir uns eigentlich schon
    intellektuell in die Lage versetzt haben, auf diese Fragen
    tatsächlich auch Antworten zu geben, und ob wir bereit
    sind, mit den Amerikanern über gemeinsame Antworten
    zu debattieren. In Prag werden möglicherweise schon
    recht weit gehende Festlegungen geschaffen. Die Bundes-
    regierung hat noch nicht einmal angefangen, das über-
    haupt intern zu durchdenken,


    (Dr. Peter Struck, Bundesminister: Woher wissen Sie das?)


    geschweige denn gemeinsam mit unseren Partnern in
    Europa. Sie, Herr Kollege Struck, drohen die erforder-
    liche Strategiediskussion vollkommen zu verschlafen und
    laufen Gefahr, unser Engagement mit KSK in Afghanistan
    vor unserer deutschen Bevölkerung verheimlichen zu
    wollen.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Peter Struck, Bundesminister: Auch Quatsch!)


    Meine Damen und Herren, mir graut jedenfalls vor der
    Vorstellung, dass wir Europäer und vor allem wir Deut-
    schen in Prag den USA nur deshalb hinterherlaufen müs-
    sen, weil wir es uns nicht leisten können, unsere eigenen
    Vorstellungen gegenüber Washington vorzubringen.

    Das Irritationspotenzial zwischen Europäern und Ame-
    rikanern ist gewaltig. Das beginnt bei der Zukunft der
    WTO und anderen Handelsfragen und reicht über den In-
    ternationalen Strafgerichtshof und die Raketenabwehr bis
    zur Rolle der Vereinten Nationen. Vergleichbar schwierig
    war nach meiner Einschätzung nur die Situation Ende der
    80er-Jahre, als wir über amerikanische Kurzstreckenatom-

    raketen in Europa und in Deutschland diskutiert haben.
    Bei allen, zum Teil riesigen Differenzen ist der Gesprächs-
    faden damals aber niemals abgerissen. Das wäre Hans-
    Dietrich Genscher oder Helmut Kohl niemals passiert.
    Heute ist das der Fall. Da nützt dann auch der Besuch des
    Außenministers nicht viel. Die Telefonleitung zwischen
    dem Kanzleramt und dem Weißen Haus muss wieder her-
    gestellt werden.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Das Wort hat der Bundesminister der Verteidigung,

Dr. Peter Struck.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Peter Struck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

    Herren! Erlauben Sie, dass ich zunächst auf den Beitrag
    des Kollegen Schäuble eingehe. Dieser Beitrag, Herr Kol-
    lege Schäuble, zeichnete sich durch eine Mischung von
    Halbwahrheiten und Verdrehungen aus.


    (Peter Hintze [CDU/CSU]: Unverschämtheit!)

    Das bin ich von Ihnen nicht anders gewohnt. Ich will das
    auch belegen.

    Herr Kollege Schäuble, wenn Sie behaupten, die Dis-
    kussion über die Lead-Funktion bei ISAF, die wir begon-
    nen haben – wir werden das Parlament darum bitten, dem
    Regierungsbeschluss zu folgen –, habe etwas mit dem
    Irak zu tun, dann sagen Sie bewusst die Unwahrheit.

    Ich bin im Juli in einer Sondersitzung des Deutschen
    Bundestages vereidigt worden.


    (Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU])


    – Hören Sie doch einmal zu, Herr Schäuble!

    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Was ist das für ein gereizter Ton?)

    Am nächsten Tag bin ich in Kabul gewesen und habe dort
    mit den türkischen und den anderen Kollegen die Debatte
    darüber begonnen, wer denn wohl Nachfolgenation für
    die Türkei werden würde. Da war vom Irak überhaupt
    noch nicht die Rede. Es ist schon brutal, wie Sie hier ver-
    suchen, das in Zusammenhang mit einer militärischen In-
    tervention im Irak zu setzen. Das ist aber typisch für Sie.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie behaupten auch, wir würden nicht über die Arbeit
    der Kommandospezialkräfte informieren. Fragen Sie
    doch bitte einmal Ihre Kollegen, die im Verteidigungs-
    ausschuss Verantwortung getragen haben!


    (Widerspruch des Abg. Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU])


    – Schütteln Sie nicht den Kopf!

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)


    Dr. Werner Hoyer




    Bundesminister Dr. Peter Struck
    – Ich ärgere mich darüber. Herr Schäuble sagt bewusst die
    Unwahrheit oder er weiß nicht, wovon er redet.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Im Verteidigungsausschuss sitzen Kollegen, Herr Kol-

    lege Schäuble, denen ich genau berichtet habe, was die
    circa 100 Soldaten der Kommandospezialkräfte in Afgha-
    nistan, in Kabul tun. Ich habe die Sprecherinnen und Spre-
    cher der Fraktionen darüber informiert und ich werde das
    auch weiter tun. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht,
    dass diese Soldaten eine höchst gefährliche Mission aus-
    üben. Aber ich stehe zu dieser Mission. Wir werden im
    Zusammenhang mit der Entscheidung über die Operation
    Enduring Freedom auch wieder über den Einsatz dieser
    Soldaten zur Bekämpfung des internationalen Terroris-
    mus beschließen.

    Dann haben Sie gesagt, Herr Kollege Schäuble, ich
    müsse mir 500 Millionen wegnehmen lassen und solle Ih-
    nen einmal darlegen, wie ich die Verteidigungsausgaben
    bestreiten wolle. Diese Zahl von 500 Millionen, Herr
    Schäuble, ist falsch. Sie unterstellen einfach etwas und
    erklären: Damit kommen Sie nicht zurecht. – Wir werden
    – das garantiere ich Ihnen – die Haushaltsprobleme lösen.


    (Beifall bei der SPD)

    Herr Kollege Schäuble, ich werde dem Parlament im Zu-
    sammenhang mit dem Haushalt 2003 und der mittelfristi-
    gen Finanzplanung genau das vorschlagen, was zur Um-
    setzung der Koalitionsvereinbarung notwendig ist, nämlich
    eine solide mittelfristige Finanzplanung. Natürlich werde
    ich manche Großprojekte auf den Prüfstand stellen. Es ist
    überhaupt gar keine Frage, dass wir uns überlegen müssen,
    ob die Situation, in der solche Großprojekte – zum Teil vor
    Jahren, noch in der Verantwortung der Vorgängerregie-
    rung – beschlossen worden sind, heute noch so gegeben ist
    und ob wir bestimmte Waffensysteme in diesem Umfang
    brauchen. Das ist eine höchst vernünftige Entscheidung.
    Wir müssen uns doch an den neuen Aufgaben der Bundes-
    wehr und dürfen uns nicht an den Aufgaben der Bundes-
    wehr von vor zehn oder 20 Jahren ausrichten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Nun noch ein Wort zu Ihnen, Herr Schäuble, und dann
    soll es auch gut sein. Was Herr Stoiber im Wahlkampf
    zum Thema Irak gesagt hat, ging weit über das hinaus,
    was Sie uns gerade vorgeworfen haben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Er hat über Überflugrechte und dergleichen geredet. Da-
    von wollen wir heute überhaupt nicht sprechen; sonst
    würde es ganz bitter für Sie.

    Nun zum Kollegen Schmidt. Ich gratuliere Ihnen, Herr
    Schmidt, herzlich zu Ihrer neuen Funktion, die Sie in Ih-
    rer Arbeitsgruppe als Nachfolger von Paul Breuer wahr-
    nehmen,


    (Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU])


    und wünsche mir eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen ge-
    nauso wie mit dem Kollegen Nachtwei, dem Kollegen

    Rainer Arnold und natürlich auch dem neuen Vorsitzen-
    den des Verteidigungsausschusses, Reinhold Robbe.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das bedeutet übrigens auch, dass ich nicht nur die Mit-

    glieder des Verteidigungsausschusses, sondern sämtliche
    Abgeordneten des Parlaments, die daran interessiert sind,
    zu erfahren, was unsere Soldatinnen und Soldaten bei
    ihren schwierigen Auslandseinsätzen tun – über diese
    Einsätze werden wir neu entscheiden müssen; im Kabinett
    wird in der nächsten Woche erneut über Enduring Free-
    dom entschieden; Mitte November wird im Parlament da-
    rüber abgestimmt; danach müssen wir im Zusammenhang
    mit Afghanistan über ISAF einen Beschluss fassen –,
    herzlich dazu einlade, sich mithilfe des Verteidigungsmi-
    nisteriums, mithilfe der Parlamentarischen Staatssekre-
    täre und mit meiner Hilfe vor Ort ein Bild von deren Ar-
    beit zu machen. Wenn das geschähe, dann würde vieles
    von dem, was man nicht ganz genau weiß und was man
    mit bestimmten Verdächtigungen belegt, wirklich aus der
    Welt sein und würde jeder anerkennen: Das, was die deut-
    schen Soldaten dort tun, verdient höchsten Respekt und
    höchste Anerkennung.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Herr Kollege Schmidt, in der „Windsheimer Zeitung“
    vom 25. Oktober 2002 haben Sie erklärt, Sie wären jetzt
    Schattenminister der Verteidigung, wenn es in Deutsch-
    land so wie in England ein Schattenministerium gäbe.
    Wollen wir einmal sehen, ob mehr „Schatten“ oder mehr
    „Minister“ herauskommt. Wie gesagt, versuchen wir ein-
    mal, gut zusammenzuarbeiten.


    (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

    Ich will angesichts der Kürze der Zeit, die für die heu-

    tige Diskussion über Verteidigung vereinbart worden ist,
    nur noch einige Anmerkungen machen. Herr Kollege
    Hoyer, Sie haben sich zu Prag geäußert. Ich möchte wis-
    sen, wie Sie dazu kommen, die Behauptung aufzustellen,
    die Bundesregierung bereite sich auf Prag nicht vor.


    (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das frage ich mich auch!)


    Woher wissen Sie das eigentlich? Wir müssen unsere Vor-
    arbeiten zunächst einmal in der Regierung leisten. Herr
    Kollege Hoyer, ich muss Sie nicht fragen, was ich da zur
    Erweiterung der NATO vorschlagen werde. Dass es in
    Prag vor allen Dingen um die NATO-Erweiterung geht,
    das wissen Sie. Dass wir diesbezüglich, bis auf zwei Län-
    der, keine Probleme haben werden, das versteht sich von
    selbst.

    Aber wir reden auch über die neuen Initiativen des
    NATO-Generalsekretärs und wir reden über eine Initia-
    tive meines Kollegen Rumsfeld, nämlich über die so ge-
    nannte NATO-Response-Force. Sie haben danach ge-
    fragt und ich will Ihnen Ihre Frage beantworten. Die
    Initiative von Donald Rumsfeld, eingebracht auf einer
    Verteidigungsministertagung in Warschau, an der, wie
    man allenthalben erfahren konnte, auch ich teilgenommen
    habe, war überraschend. Donald Rumsfeld hat uns vorge-
    schlagen, eine NATO-Response-Force mit 21 000 Mann


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    112


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    und einer Bereitschaftszeit von sieben Tagen zu installie-
    ren. Dieser Vorschlag von Rumsfeld ist aber noch nicht
    konkretisiert worden. Die Konkretisierung erfolgt jetzt
    peu à peu.

    Herr Schäuble, darüber wird in Prag nicht entschieden
    werden. Das wäre auch nicht möglich, weil wir in der eu-
    ropäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik – Sie
    haben es selbst angesprochen – die so genannten Hel-
    sinki-Headline-Goals beschlossen haben, das heißt – das
    wissen auch Sie –: Wir wollen eine eigene europäische
    Eingreiftruppe installieren. Deutschland soll sich an einer
    solchen Truppe mit maximal 32 000 Soldaten beteiligen.
    Ich will Ihnen dazu nur Folgendes sagen: Ich halte es für
    sehr vernünftig, dass man, bevor man auf eine Initiative
    der Amerikaner eingeht, zunächst einmal prüft, ob das,
    was wir in der europäischen Sicherheitspolitik verabredet
    haben, kompatibel mit dem ist, was Donald Rumsfeld und
    andere wollen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Schäuble, da wägen wir noch ab. Vielleicht kön-
    nen wir uns in einem Punkte treffen: Es macht keinen
    Sinn, zwei parallele Eingreiftruppen für nahezu den glei-
    chen Zweck mit jeweils einem deutschen Kontingent zu
    installieren. Das ist nicht machbar.

    Ich will noch etwas zu den internationalen Einsätzen,
    gerade zum ISAF-Mandat, dessen Verlängerung dem-
    nächst ansteht, sagen. Ich habe mich mit meinem nieder-
    ländischen Amtskollegen darauf geeinigt, dass wir die
    Lead-Funktion übernehmen. Ich will dem Parlament Fol-
    gendes nicht vorenthalten: Das wird bedeuten, dass die
    Anzahl der deutschen Soldaten, die jetzt für ISAF in Ka-
    bul tätig sind, erhöht werden muss. Das hängt insbeson-
    dere damit zusammen, dass wir von der Türkei, der jetzi-
    gen Lead Nation, den Betrieb und die Bewachung des
    Flughafens in Kabul übernehmen müssen, was höchst
    personalintensiv ist. Die Übernahme der Lead-Funktion
    ist sehr vernünftig: Deutschland ist das Land, das, was
    Auslandseinsätze angeht, nach den Amerikanern weltweit
    das größte Kontingent stellt.

    Zum Thema Deutschland/Amerika will ich Ihnen
    noch Folgendes sagen: Natürlich gibt es auf der anderen
    Seite Irritationen. Wir müssen uns nicht vorwerfen lassen,
    im Kampf gegen den internationalen Terrorismus oder
    beim Aufbau Afghanistans nicht das Nötige getan zu ha-
    ben – ganz im Gegenteil, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das wissen die Amerikaner auch.
    Es wird sich alles normalisieren, auch meine Begeg-

    nungen mit meinem amerikanischen Amtskollegen.

    (Zurufe von der FDP: Ihre Nichtbegeg nungen!)

    Das alles wird so laufen, dass Sie nachher sagen: Na wun-
    derbar, die Verhältnisse haben sich entwickelt.

    Ich möchte zum Schluss auf Folgendes hinweisen: Es
    gibt verteidigungspolitische Richtlinien, die aus dem

    Jahre 1992 stammen, vom Kollegen Rühe damals festge-
    legt. Das ist jetzt zehn Jahre her und in diesen zehn Jah-
    ren hat sich viel verändert. Wir haben fast 10 000 Solda-
    ten im Einsatz. Wir geben für den Auslandseinsatz der
    deutschen Soldaten 1,7 Milliarden Euro aus. Vor vier Jah-
    ren waren es nur 170 Millionen. Natürlich gibt es auch
    eine andere Bedrohungsanalyse. Davon ist heute in dieser
    Debatte schon die Rede gewesen. Deshalb werde ich dem
    Parlament gegebenenfalls im März oder April nach Ab-
    schluss der Diskussion mit dem Generalinspekteur und
    den Inspekteuren der Teilstreitkräfte neue verteidigungs-
    politische Richtlinien vorlegen, die ich für das Haus erar-
    beiten will, weil ich glaube, dass sich die Bundeswehr auf
    eine andere Situation einstellen muss, als wir sie noch vor
    zehn Jahren hatten.

    Ich setze nicht nur auf eine freundliche Zusammenar-
    beit mit meiner eigenen Fraktion – davon gehe ich aus;
    das ist eine Selbstverständlichkeit – oder dem grünen
    Partner, sondern auch auf eine konstruktive Zusammenar-
    beit mit Ihnen von der CDU/CSU und der FDP.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)