Dr. Ludger Volmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)
Margareta Wolf (Frankfurt)
FDP
Hildebrecht Braun
(Augsburg)
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Dieter Thomae
Nein
SPD
Gudrun Roos
CDU/CSU
Dr. Wolf Bauer
Wolfgang Börnsen
(Bönstrup)
FDP
Jürgen Koppelin
PDS
Monika Balt
Dr. Dietmar Bartsch
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Wolfgang Gehrcke
Dr. Klaus Grehn
Dr. Gregor Gysi
Uwe Hiksch
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Gerhard Jüttemann
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Ursula Lötzer
Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
Pia Maier
Angela Marquardt
Kersten Naumann
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert
Dr. Winfried Wolf
Fraktionslose Abgeordnete
Christa Lörcher
Enthalten
SPD
Dr. Uwe Jens
René Röspel
CDU/CSU
Helmut Rauber
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Annelie Buntenbach
Winfried Hermann
Monika Knoche
Steffi Lemke
PDS
Manfred Müller (Berlin)
Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode 210. Sitzung. Berlin, Sonnabend, den 22. Dezember 2001
Präsident Wolfgang Thierse
20852
(C)
(D)
(A)
(B)
Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode 210. Sitzung. Berlin, Sonnabend, den 22. Dezember 2001 20853
(C)
(D)
(A)
(B)
Albowitz, Ina FDP 22.12.2001
Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 22.12.2001
Gila DIE GRÜNEN
Bachmaier, Hermann SPD 22.12.2001
Becker-Inglau, Ingrid SPD 22.12.2001
Beer, Angelika BÜNDNIS 90/ 22.12.2001
DIE GRÜNEN
Dr. Berg, Axel SPD 22.12.2001
Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 22.12.2001
Bohl, Friedrich CDU/CSU 22.12.2001
Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 22.12.2001
Brandt-Elsweier, Anni SPD 22.12.2001
Brüderle, Rainer FDP 22.12.2001
Carstens (Emstek), CDU/CSU 22.12.2001
Manfred
Dehnel, Wolfgang CDU/CSU 22.12.2001
Elser, Marga SPD 22.12.2001
Dr. Fink, Heinrich PDS 22.12.2001
Fischer (Hamburg), CDU/CSU 22.12.2001
Dirk
Follak, Iris SPD 22.12.2001
Frankenhauser, CDU/CSU 22.12.2001
Herbert
Frick, Gisela FDP 22.12.2001
Graf (Rosenheim), SPD 22.12.2001
Angelika
Hauer, Nina SPD 22.12.2001
Hedrich, Klaus-Jürgen CDU/CSU 22.12.2001
Dr. Hendricks, SPD 22.12.2001
Barbara
Holetschek, Klaus CDU/CSU 22.12.2001
Holzhüter, Ingrid SPD 22.12.2001
Hörster, Joachim CDU/CSU 22.12.2001
Imhof, Barbara SPD 22.12.2001
Janz, Ilse SPD 22.12.2001
Jelpke, Ulla PDS 22.12.2001
Jünger, Sabine PDS 22.12.2001
Kampeter, Steffen CDU/CSU 22.12.2001
Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 22.12.2001
Kraus, Rudolf CDU/CSU 22.12.2001
Lehn, Waltraud SPD 22.12.2001
Dr. Lippold CDU/CSU 22.12.2001
(Offenbach), Klaus W.
Marhold, Tobias SPD 22.12.2001
Dr. Meyer (Ulm), SPD 22.12.2001
Jürgen
Müller (Düsseldorf), SPD 22.12.2001
Michael
Nahles, Andrea SPD 22.12.2001
Neuhäuser, Rosel PDS 22.12.2001
Neumann (Bremen), CDU/CSU 22.12.2001
Bernd
Oesinghaus, Günter SPD 22.12.2001
Ostrowski, Christine PDS 22.12.2001
Otto (Frankfurt), FDP 22.12.2001
Hans-Joachim
Palis, Kurt SPD 22.12.2001
Philipp, Beatrix CDU/CSU 22.12.2001
Rachel, Thomas CDU/CSU 22.12.2001
Reinhardt, Erika CDU/CSU 22.12.2001
Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 22.12.2001
Rübenkönig, Gerhard SPD 22.12.2001
Schlee, Dietmar CDU/CSU 22.12.2001
Schloten, Dieter SPD 22.12.2001
Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 22.12.2001
Hans Peter
Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 22.12.2001
Christian
Simmert, Christian BÜNDNIS 90/ 22.12.2001
DIE GRÜNEN
entschuldigt bis
Abgeordnete(r) einschließlich
entschuldigt bis
Abgeordnete(r) einschließlich
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Dr. Stadler, Max FDP 22.12.2001
Steiger, Wolfgang CDU/CSU 22.12.2001
Strebl, Matthäus CDU/CSU 22.12.2001
Strobl (Amberg), SPD 22.12.2001
Reinhold
Thiele, Carl-Ludwig FDP 22.12.2001
Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 22.12.2001
Weißgerber, Gunter SPD 22.12.2001
Dr. Westerwelle, Guido FDP 22.12.2001
Dr. Wieczorek, Norbert SPD 22.12.2001
Wiesehügel, Klaus SPD 22.12.2001
Wimmer (Neuss), SPD 22.12.2001
Willy
Wissmann, Matthias CDU/CSU 22.12.2001
Wohlleben, Verena SPD 22.12.2001
Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 22.12.2001
Wolf (München), CDU/CSU 22.12.2001
Hanna
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Winfried Hermann, Annelie
Buntenbach, Steffi Lemke und Monika Knoche
(alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim-
mung über die Beschlussempfehlung und den Be-
richt zu dem Antrag der Bundesregierung: Betei-
ligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem
Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunter-
stützungstruppe in Afghanistan auf der Grund-
lage der Resolutionen 1386 (2001), 1383 (2001)
und 1378 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten
Nationen (Tagesordnungspunkt 3 a und b)
UN-Friedenseinheiten und von der UN legitimierte
Schutztruppen können unter bestimmten Umständen
wichtige Beiträge zur Beilegung von kriegerischen Kon-
flikten leisten. Dies hängt allerdings wesentlich von der
Vorgeschichte sowie von den Bedingungen vor Ort und
den konkreten Aufgaben des Mandats ab. So sehr auch wir
den Menschen in Afghanistan den Frieden wünschen, so
bleiben doch erhebliche Bedenken am Zustandekommen
wie auch am Friedenswert des Mandats selbst.
Voraussetzung des Mandats ist der Krieg der USA zu-
sammen mit Großbritannien unter dem Titel Enduring
Freedom gegen den internationalen Terrorismus, vor al-
lem das al-Qaida-Netzwerk Osama bin Ladens, das Tali-
banregime sowie das Land Afghanistan. Dabei wurde die
Tötung vieler Menschen, auch unschuldiger Opfer billi-
Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode 210. Sitzung. Berlin, Sonnabend, den 22. Dezember 200120854
(C)
(D)
(A)
(B)
gend in Kauf genommen. Das ohnehin durch jahrzehnte-
langen Krieg ruinierte Land wurde durch Bomben und
Raketen weiter zerstört.
Das Talibanregime wurde beseitigt und große Teile der
al-Qaida-Strukturen in Afghanistan sind inzwischen ge-
schwächt. Mit aktiver Unterstützung durch militärische
Kräfte in Afghanistan, vor allem mithilfe der in demokra-
tischer und menschenrechtlicher Hinsicht fragwürdigen
Nordallianz, wurde das Land zurückerobert. Osama bin
Laden, der mutmaßliche Hauptverantwortliche terroristi-
scher Anschläge, ist bisher allerdings nicht gefunden wor-
den. Das anfängliche Hauptkriegsziel ist damit verfehlt.
Ebensowenig kann mit den groben Militärschlägen in Af-
ghanistan das Problem des internationalen Terrorismus
gelöst werden. Die Gefahr ist groß, dass Terroristen nur
vertrieben und unfreiwillig neue Sympathisanten geför-
dert wurden.
Während die Sicherheitsmission ihre Arbeit beginnt,
führen die USA weiter Krieg und gefährden damit das
Ziel dieser Mission, weitere Menschenleben und den
Friedensprozess. Nicht friedensförderlich ist auch, dass
Großbritannien als Kriegspartei die Führung der Truppe
übernimmt. Zwar ist die Kommandogewalt dank der
Intervention der deutschen Regierung von Enduring
Freedom formal getrennt, aber im Konfliktfall wird
Großbritannien als lead nation das Kommando nach ei-
genem Bekunden an die USA abgeben. Die Entsendung
einer Friedenstruppe bei gleichzeitiger Kriegführung,
wenn auch auf kleiner Flamme, durch US- und britische
Truppen in Afghanistan könnte diese diskreditieren und
letztlich als Teil der Kriegführung erscheinen lassen. Die
vom Anspruch her neutrale Schutztruppe gerät in Gefahr,
Konfliktpartei zu werden.
Es wächst der Eindruck einer hochproblematischen
Arbeitsteilung: Die USA führen den (Anti-Terror-)Krieg
aus der Luft unter Inkaufnahme ziviler Opfer und verfol-
gen dabei auch eigene machtpolitische und ökonomische
Interessen. Die UNO sorgt nachher für die Beseitigung
der Trümmer mit tatkräftiger und finanzieller Unterstüt-
zung anderer Länder. Es bleibt der Staatengemeinschaft
der schwierige, fast nicht lösbare Auftrag, auf der Basis
eines Gewaltfriedens Menschenrechten und Demokratie
zum Durchbruch zu verhelfen, also wirklichen Frieden zu
schaffen.
Das lange Ringen um Art, Ausmaß, Funktion und
Dauer des Mandats macht deutlich, wie schwierig die po-
litische Lage ist. Die Interessen der verschiedenen afgha-
nischen Gruppen wie auch der Staaten im Sicherheitsrat
gehen weit auseinander. Auch wenn inzwischen die offi-
zielle Zustimmung der künftigen afghanischen Über-
gangsregierung vorliegt, lehnen wichtige bewaffnete
Kräfte in Afghanistan innerhalb und außerhalb der Nord-
allianz eine bewaffnete Friedenstruppe von mehr als sym-
bolischer Größe weiterhin ab, sodass die Gefahr einer
Konfrontation mit diesen Kräften besteht. Die im UN-Si-
cherheitsrat beschlossene Beschränkung der Sicherheits-
truppe auf Kabul und Umgebung löst diese Probleme
nicht, sondern wirft eher die Frage auf, ob der Schutz der
Regierungsgebäude nicht eventuell mit geringerem Auf-
wand erreicht werden könnte. Ein Schutz der Zivilbevöl-
entschuldigt bis
Abgeordnete(r) einschließlich
kerung vor rivalisierenden Warlords ist mit einer solchen
Truppe und einem solchen Mandat nicht zu gewähr-
leisten.
Einer Truppenentsendung in ein hochriskantes Um-
feld, in einen instabilen politischen Kontext, der zwischen
Krieg und Frieden pendelt, mit einem teilweise unpräzi-
sen und eher symbolischen Mandat, können wir nicht zu-
stimmen.
Anlage 3
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Harald Friese, Waltraud
Wolff (Wolmirstedt), Rüdiger Veit, Klaus
Barthel (Starnberg), Götz-Peter Lohmann (Neu-
brandenburg), Christine Lucyga, Thomas Sauer
und Konrad Kunick (alle SPD) zur Abstimmung
über die Beschlussempfehlung und den Bericht
zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteili-
gung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem
Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunter-
stützungstruppe in Afghanistan auf der Grund-
lage der Resolutionen 1386 (2001), 1383 (2001)
und 1378 (2001) des Sicherheitsrats der Verein-
ten Nationen (Tagesordnungspunkt 3 a und b)
Unsere Zustimmung zur Entsendung deutscher Bun-
deswehreinheiten nach Afghanistan gründet sich auf die
Hoffnung einer Wende in der politischen, ökonomischen
und sozialen Situation des kriegsgeschüttelten Landes
und nicht auf die Billigung des bisherigen Vorgehens der
USA im Rahmen der Aktion Enduring Freedom.
Diese berechtigte Hoffnung wird genährt durch die
Chancen, die sich durch die Einbeziehung der UNO, die
Ergebnisse der Bonner Vereinbarungen und die Ansätze
auf Bildung einer alle Bevölkerungsgruppen repräsentie-
renden Regierung Afghanistans ergeben. Diese Chancen
dürfen kein zweites Mal wie schon zu Beginn der 90er-
Jahre verschenkt werden.
Dennoch bleiben folgende Hauptkritikpunkte beste-
hen:
Dem Parlament fehlen für seine Entscheidung wesent-
liche Informationsgrundlagen. Dies betrifft die tatsäch-
liche militärische Lage und die strategischen Planungen
der von den USA geführten Aktion Enduring Freedom,
die Kräfteverhältnisse der afghanischen Kriegsparteien
und die Rolle der Taliban, auch der mit ihnen bisher oder
noch verbündeten Kräfte. Gleiches gilt für die humanitäre
Situation, das Ausmaß an zivilen Opfern und Zerstörun-
gen der Infrastruktur.
Unsere Zweifel an der Sinnhaftigkeit, Verhältnis-
mäßigkeit und Angemessenheit des bisherigen Verlaufes
der amerikanischen Aktion sind auf der Grundlage der all-
gemein zugänglichen Informationen nicht ausgeräumt.
Die Bombardierung eines ganzen Landes mit Tausenden
ziviler Opfer zur Bekämpfung eines terroristischen Net-
zes und der sie stützenden politischen Struktur war weder
angemessen noch wirksam im Sinne der Belangung der
Hauptverantwortlichen und der Vermeidung der Gefahr
weiterer Anschläge. Zunehmend gewinnt die These an
Plausibilität, dass die bisherigen politischen, geheim-
dienstlichen, polizeilichen und diplomatischen Fehler, die
es schon bisher bei der Verfolgung Bin Ladens und seiner
Helfer gab, sich fortsetzen. Offenbar planen die USA wei-
tere militärische Schläge, auch gegen andere Staaten. Es
wird ignoriert, dass der Charakter krimineller, terroris-
tischer Netze gerade nicht vorrangig in Form militärischer
harter Ziele besteht, sondern in Form militärisch unan-
greifbarer Verbindungen. Zudem leidet die derzeitige Art
der Terrorismusbekämpfung seitens der USA erheblich an
Glaubwürdigkeit, insbesondere im Hinblick auf das Ver-
halten der Regierung zum Palästinakonflikt. Die dort
tatenlos zugelassene Eskalation, für die die von den USA
gestützte Regierung Israels eine wesentliche Schuld trifft,
bereitet künftigem Terrorismus den Boden.
Der deutsche Beitrag steht in dem Widerspruch, einer-
seits in uneingeschränkter Solidarität an Enduring
Freedom als Konfliktpartei in Afghanistan beteiligt zu
sein und gleichzeitig mit dem Ruf des unbeteiligten Neu-
tralen in Kabul und Umgebung schlichtend und beru-
higend einen Friedensprozess sichern zu sollen. Dies
geschieht unter britischer Führung, der es an der notwen-
digen militärischen und politischen Distanz zu krieg-
führenden Einheiten und an historischer Unbelastetheit
mangelt. Im Hinblick auf diese Verflechtungen, auf die Be-
lastungen der Bundeswehr und die schwer einschätzbare
Vorgehensweise der US-Regierung in der Zukunft ist das
Mandat der Bundeswehr zur Teilnahme an Enduring Fre-
edom spätestens jetzt hinfällig. Die Frage hinsichtlich ei-
ner offensichtlich vorhandenen Verknüpfung bzw. der zu
fordernden strikten Trennung der militärischen Befehls-
stränge konnte nicht befriedigend beantwortet werden.
Die Kosten für das neue Mandat sind, soweit sie nicht
durch Umschichtungen im Rahmen der Verteidigungs-
ausgaben oder die Reduzierung anderer Mandate zu er-
wirtschaften sind, keinesfalls zulasten anderer Ressorts
aufzubringen.
Im Übrigen bedarf die globale Terrorbekämpfung wei-
terer politischer Anstrengungen, vor allem im Hinblick
auf das Palästinaproblem, die Einrichtung eines allgemein
anerkannten Internationalen Gerichtshofes, die Biowaf-
fen-Konvention und den Zusammenhalt der Anti-Terror-
Koaltition.
Auch in ihrer Ablehnung einer Ausweitung der mili-
tärischen Aktionen auf andere Staaten oder Gebiete un-
terstützen wir nachdrücklich die Haltung der Bundesre-
gierung.
Anlage 4
Erklärungen nach § 31 GO
der Abgeordneten Heinz Schmitt (Berg) und
Dr. Edelbert Richter (beide SPD) zur Abstim-
mung über die Beschlussempfehlung und den
Bericht zu dem Antrag der Bundesregierung:
Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte
an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheit-
sunterstützungstruppe in Afghanistan auf der
Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode 210. Sitzung. Berlin, Sonnabend, den 22. Dezember 2001 20855
(C)
(D)
(A)
(B)
Grundlage der Resolution 1386 (2001), 1383 (2001)
und 1378 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten
Nationen (Tagesordnungspunkt 3 a und b)
Unsere Zustimmung zur Entsendung deutscher Bun-
deswehreinheiten nach Afghanistan gründet sich auf die
Hoffnung einer Wende in der politischen, ökonomischen
und sozialen Situation des kriegsgeschüttelten Landes
und nicht auf die Billigung des bisherigen Vorgehens der
USA im Rahmen der Aktion Enduring Freedom.
Diese berechtigte Hoffnung wird genährt durch die
Chancen, die sich durch die Einbeziehung der UNO, die
Ergebnisse der Bonner Vereinbarungen und die Ansätze
auf Bildung einer alle Bevölkerungsgruppen repräsentie-
renden Regierung Afghanistans ergeben. Diese Chancen
dürfen kein zweites Mal wie schon zu Beginn der 90er-
Jahre verschenkt werden.
Dennoch bleiben folgende Hauptkritikpunkte bestehen:
Dem Parlament fehlen für seine Entscheidung wesent-
liche Informationsgrundlagen. Dies betrifft die tatsächli-
che militärische Lage und die strategischen Planungen der
von den USA geführten Aktion Enduring Freedom, die
Kräfteverhältnisse der afghanischen Kriegsparteien und
die Rolle der Taliban, auch der mit ihnen bisher oder noch
verbündeten Kräfte. Gleiches gilt für die humanitäre Si-
tuation, das Ausmaß an zivilen Opfern und Zerstörungen
der Infrastruktur.
Unsere Zweifel an der Sinnhaftigkeit, Verhältnis-
mäßigkeit und Angemessenheit des bisherigen Verlaufs
der amerikanischen Aktion sind auf der Grundlage der
allgmein angenommenen Informationen eher gestiegen.
Die Bombardierung eines ganzen Landes mit Tausenden
ziviler Opfer zur Bekämpfung eines terroristischen Net-
zes und der sie stützenden politischen Struktur war weder
angemessen noch wirksam im Sinne der Belangung der
Hauptverantwortlichen und der Vermeidung der Gefahr
weiterer Anschläge. Zunehmend gewinnt die These an
Plausibilität, dass die bisherigen politischen, geheim-
dienstlichen, polizeilichen und diplomatischen Fehler, die
es schon bisher bei der Verfolgung Bin Ladens und seiner
Helfer gab, sich fortsetzen. Offenbar planen die USA wei-
tere militärische Schläge, auch gegen andere Staaten. Es
wird ignoriert, dass der Charakter krimineller, terroristi-
scher Netze gerade nicht vorrangig in Form militärischer
harter Ziele besteht, sondern in Form militärisch unan-
greifbarer Verbindungen. Zudem leidet die derzeitige Art
der Terrorismusbekämpfung seitens der USA erheblich an
Glaubwürdigkeit, insbesondere im Hinblick auf das Ver-
halten der Regierung zum Palästinakonflikt. Die dort ta-
tenlos zugelassene Eskalation, für die die von den USA
gestützte Regierung Israels eine wesentliche Schuld trifft,
bereitet künftigem Terrorismus den Boden.
Der deutsche Beitrag steht in dem Widerspruch, einer-
seits in uneingeschränkter Solidarität an Enduring
Freedom als Konfliktpartei in Afghanistan beteiligt zu
sein und gleichzeitig mit dem Ruf des unbeteiligten Neu-
tralen in Kabul und Umgebung schlichtend und beruhi-
gend einen Friedensprozess sichern zu sollen. Dies ge-
schieht unter britischer Führung, der es wenn schon nicht
direkt militärisch, so doch politisch an der notwendigen
Distanz zu kriegführenden Einheiten und an historischer
Unbelastetheit mangelt. Im Hinblick auf diese Verflech-
tungen, auf die Belastungen der Bundeswehr und die
schwer einschätzbare Vorgehensweise der USA-Regie-
rung in der Zukunft ist das Mandat der Bundeswehr zur
Teilnahme an Enduring Freedom spätestens jetzt hinfäl-
lig. Die Frage hinsichtlich einer Verknüpfung bzw. der zu
fordernden strikten Trennung der militärischen Befehls-
stränge konnte nicht befriedigend beantwortet werden.
Die Kosten für das neue Mandat sind, soweit nicht
durch Umschichtungen im Rahmen der Verteidigungs-
ausgaben oder die Reduzierung anderer Mandate zu er-
wirtschaften sind, keinesfalls zulasten anderer Ressorts
aufzubringen.
Im Übringen bedarf die globale Terrorbekämpfung An-
strengungen, vor allem im Hinblick auf das Palästinapro-
blem, die Einrichtung eines allgemein anerkannten Inter-
nationalen Gerichtshofes, die Biowaffen-Konvention und
den Zusammenhalt der Anti-Terror-Koalition.
Auch in ihrer Ablehnung einer Ausweitung der mi-
litärischen Aktionen auf andere Staaten oder Gebiete un-
terstützen wir nachdrücklich die Haltung der Bundesre-
gierung.
Anlage 5
Erklärungen nach § 31 GO
Abstimmung über die Beschlussempfehlung und
den Bericht zu dem Antrag der Bundesregierung:
Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an
dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsun-
terstützungstruppe in Afghanistan auf der Grund-
lage der Resolutionen 1386 (2001), 1383 (2001)
und 1378 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten
Nationen (Tagesordnungspunkt 3 a und b)
Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Ich stim-
me der Entscheidung aus Gewissensgründen nicht zu.
Die Bundeswehr ist nach unserer Verfassung ganz ein-
deutig eine Verteidigungsarmee. Der Einsatz in Kabul
entspricht nicht der Verfassungslage. Darüber hinaus ist
der auf Kabul beschränkte Einsatz von 5 000 Soldaten auf
die Sicherheit von 2 Millionen Menschen in der Haupt-
stadt und auf die Hilfe für sie beschränkt. 23 Millionen
weitere Frauen, Kinder und Männer dieses Landes sind
damit von humanitärer Hilfe ausgeschlossen. Mit dem
Grundsatz der Einhaltung von Menschenrechten für alle
Bürger ist diese sektorale Hilfe nicht vereinbar.
Weder der Umfang noch der Zeitraum des Einsatzes,
noch die Sicherheit der Soldaten sind gewährleistet. Nach
Aussage von Militärexperten kann von einem tatsäch-
lichen robusten Mandat nicht die Rede sein. Hier werden
Leib und Leben Tausender von Soldaten einem unvertret-
baren und unkalkulierbaren Risiko ausgesetzt. Auch aus
diesem Grund kann es keine Zustimmung geben. Schließ-
lich enthält eine Kabul-Zustimmung den Beginn eines Au-
tomatismus für ständig weiteren weltweiten Einsatz deut-
scher Soldaten, ohne dass die Verfassungslage geklärt, die
Finanzierung der Bundeswehr gesichert und die Aufträge
an politische Lösungen der Konflikte gebunden sind.
Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode 210. Sitzung. Berlin, Sonnabend, den 22. Dezember 200120856
(C)
(D)
(A)
(B)
Die rot-grüne Bundesregierung hat mit ihrer mit dem
nationalen Interesse nicht übereinstimmenden Ausrich-
tung einer uneingeschränkten Solidarität eine Zwangs-
beteiligung an kriegerischen Konflikten unverantwortlich
eröffnet. Damit schadet sie dem Lande. Unabhängig da-
von holt sie mit dieser Ausrichtung verstärkte Risiken
durch Terroristen ins eigene Land.
Diese Politik, die nicht zuerst von einer Friedenssiche-
rung durch politische Lösungen ausgeht, lehne ich ab. Ge-
rade unser Land sollte bei der Beteiligung an Kriegen,
bedingt durch seine Vergangenheit, eine besondere Ver-
antwortung zeigen, so, wie es die Kohl-Regierung bei
ähnlichen Krisen getan hat.
Dr. Uwe Jens (SPD): Warum ich der Entscheidung
des UNO-Sicherheitsrats nicht zustimmen konnte und
mich im Bundestag der Stimme enthalten habe:
Meine grundsätzlichen Bedenken gegen den jetzt ge-
planten Einsatz deutscher Soldaten im Rahmen einer in-
ternationalen Friedenstruppe sind geringer als bei den
vorherigen Entscheidungen des Deutschen Bundestages
zum Kriegseinsatz in Afghanistan. Jedoch bleiben etliche
ungeklärte Fragen und schwer wiegende Probleme beim
jetzt geplanten Einsatz von 1 200 Bundeswehrsoldaten.
Diese Mission ist kaum gefährlicher für Leib und Leben
der Soldaten als die bisherigen Einsätze.
Es gibt auch in diesem Fall für mich Bedenken von
schwer wiegender Bedeutung, die ich kurz zum Ausdruck
bringen muss.
Erstens. Auch diese Entscheidung des Sicherheitsrats
der Vereinten Nationen ist nicht nachhaltig durch die Idee
des Multilateralismus geprägt. Bei dem Hin und Her über
die Ausgestaltung des Mandats sind die unterschiedlichs-
ten Denk- und Handlungsweisen erneut zum Vorschein
gekommen. Der Extraweg der US-Amerikaner, die in Kri-
senfällen das Oberkommando behalten, zeigt sich in der
einseitigen Kündigung des ABM-Vertrages, in der Ver-
weigerung der Zustimmung zur Biowaffen-Konvention,
in der Ablehnung von UNO-Beobachtern in Palästina und
unter anderem in der bisherigen Nichtunterzeichnung ei-
nes Vertrages über die Einrichtung des Internationalen
Strafgerichtshofes. Meines Erachtens müssen wir jetzt die
Weichen stellen für eine neue Weltordnung, die von der
Gleichberechtigung aller Staaten ausgeht, unabhängig
von ihrer Größe und dem Entwicklungsstand.
Zweitens. Der Beginn des 21. Jahrhunderts kann Angst
bereiten, die bekanntlich stets ein schlechter Ratgeber ist.
Aber nach allem, was bisher getan und gesagt worden ist,
ist die Ausweitung des Krieges auf andere Länder, insbe-
sondere auf Somalia und/oder den Irak aus meiner Sicht
ebenfalls nicht unwahrscheinlich. Das Erste, was in die-
sen Zeiten schnell zerstört wird, ist das Bemühen um
Wahrheit. Eine Ausweitung der Terrorismusbekämpfung
mit militärischen Mitteln auf andere muslimische Staaten
würde die weltweite Unsicherheit, die Gefahren eines
Weltbrandes deutlich steigern.
Dieser möglichen Entwicklung will ich mahnend ent-
gegentreten. Deutschland muss verstärkt darauf aufmerk-
sam machen, dass es nur begrenzte Kapazitäten hat, dass
die Belastungsschwelle in finanzieller und personeller
Hinsicht bereits jetzt überschritten ist. Solidarität kann nie-
mals uneingeschränkt sein; sie kann sich stets nur auf ei-
nen bestimmten Zeitraum und auf konkrete Fälle beziehen.
Jürgen Koppelin (FDP): Die Bundeswehr ist nach
meiner Auffassung für einen Einsatz in Afghanistan we-
der ausgebildet noch ausgerüstet. Weder hat die Bundes-
wehr akzeptable Transportkapazitäten noch die notwen-
dige Logistik für diesen Einsatz. Das ist jedoch dringend
notwendig, damit jederzeit ein Standortwechsel im Land
vorgenommen werden könnte. Ebenso sind die Möglich-
keiten eines schnellen Abzugs begrenzt.
Für mich bleiben auch nach dem Beschluss des UN-Si-
cherheitsrats die Aufgaben der Bundeswehr bei einem
Einsatz in Afghanistan im Unklaren. Das trifft auch auf
die Zeitdauer des Einsatzes zu.
Für mich gibt es trotz der Konferenz in Bonn und de-
ren Ergebnissen erhebliche Zweifel über die Friedensaus-
sichten in Afghanistan. Unklar bleibt auch, welche Rolle die
USAbei diesem Einsatz der Bundeswehr übernehmen das
heißt auch, Klarheit darüber zu haben, ob die USA wei-
tere Militärschläge in Afghanistan beabsichtigen.
Für mich stellt sich zusätzlich die Frage, warum sich
andere Staaten wie Indonesien, Thailand oder Ägypten
nicht an diesem Einsatz beteiligen oder warum sie nicht
aufgefordert worden sind.
Ich stimme diesem Einsatz der Bundeswehr auch nicht
zu, weil die Bundeswehr mit dem Einsatz auf dem Balkan
bereits am Rande ihrer Kapazitäten angekommen ist.
Mit Sorge sehe ich, dass der Deutsche Bundestag da-
rüber im Unklaren gelassen wird, wer nach einem drei-
monatigen Einsatz in Afghanistan das Kommando über
den Einsatz übernimmt.
Als Abgeordneter des Deutschen Bundestages fühle
ich mich durch die Bundesregierung über die Gefahren
und die Konsequenzen dieses Einsatzes nicht ausreichend
und umfassend informiert. Mit innerer Betroffenheit muss
ich feststellen, dass Auslandseinsätze der Bundeswehr
fast zu einer Routineangelegenheit werden. Für mich wird
das niemals Routine sein.
Manfred Müller (PDS): Abweichend vom Votum mei-
ner Fraktion werde ich mich bei der Abstimmung über den
Antrag der Bundesregierung auf Beteiligung bewaffne-
ter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internatio-
nalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan auf
der Grundlage der Resolutionen 1386 (2001), 1383 (2001)
und 1378 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Natio-
nen der Stimme enthalten. Ich gebe dazu folgende per-
sönliche Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des
Deutschen Bundestages ab.
Ich teile die Kritik meiner Fraktion sowohl am Krieg in
Afghanistan als auch an der konkreten Ausgestaltung des
Mandats. Die UN-Friedensmission birgt, nicht zuletzt we-
gen der fortgesetzten US-amerikanischen Kampfhandlun-
gen, der ungeklärten Kommandostrukturen und einer
nicht vorhandenen Exit-Strategie, erhebliche Risiken. Da-
von abgesehen sehe ich jedoch keine grundsätzlichen Be-
denken gegen die Beteiligung von Bundeswehreinheiten
Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode 210. Sitzung. Berlin, Sonnabend, den 22. Dezember 2001 20857
(C)
(D)
(A)
(B)
an einer von den Vereinten Nationen mandatierten Frie-
densmission in Afghanistan.
Es handelt sich um einen völkerrechtlich legitimierten
Einsatz, der dem Ziel dient, die Umsetzung der Bonner
Vereinbarungen abzusichern. Der Petersberger Prozess
eröffnet Chancen für eine friedliche Zukunft Afghanis-
tans, die nicht ungenutzt bleiben dürfen. Er bedarf ge-
rade angesichts der unsicheren Sicherheitslage vor Ort
und der bekannten Rivalitäten innerhalb der Übergangs-
regierung substanzieller Absicherung von außen.
In der Abwägung aller Chancen und Risiken kann ich
mich der Ablehnung des Antrags durch meine Fraktion
nicht anschließen, weil dies in der Konsequenz hieße, die
Rolle der UNO bei der Stabilisierung Afghanistans ent-
scheidend zu schwächen und damit die Chancen für eine
friedliche Entwicklung des Landes zu mindern.
Helmut Rauber (CDU/CSU): Es gibt niemanden, der
Afghanistan, diesem über Jahrzehnte gequälten Land,
keinen dauerhaften Frieden wünscht.
Dies muss aber ein sich selbst tragender und kein
Scheinfrieden sein.
Es gibt gute Gründe, der Mandatierung zuzustimmen,
aber auch ebenso gute Argumente, diese Form des Man-
dats abzulehnen.
Es geht mir nicht um eine Mandatierung ja oder nein,
sondern um den Umfang unseres Engagements mit maxi-
mal 1 200 Soldaten und einem Finanzvolumen von rund
680 Millionen DM. Mit einem weit geringeren Kontin-
gent lassen sich die anzustrebenden Ziele genauso gut
bzw. genauso wenig erreichen.
Ich sehe folgende substanzielle Bedenken:
Erstens. Afghanistan ist zweimal so groß wie die Bun-
desrepublik Deutschland, besitzt aber mit 25 Millionen
Einwohnern gerade mal ein Drittel unserer Größe. Zu
glauben, mit circa 5 000 Soldaten Sicherheit in diesem
Land zu schaffen und das in einem Zeitraum von 6 Mo-
naten, ist schlicht eine Illusion.
Zweitens. Schon jetzt ist die Bundeswehr überfordert
und der Sechs-Monate-/Zwei-Jahres-Rhythmus ist bei
Führungskräften, Spezialisten, Medizinern und Fernmel-
desoldaten schon lange nicht mehr einzuhalten. Diese Be-
lastung unserer Soldaten hat erhebliche Auswirkungen auf
die Attraktivität und damit auf die Leistungsfähigkeit un-
serer Bundeswehr. Spitzenkräfte werden unter diesen Be-
dingungen nicht bereit sein, in der Bundeswehr zu dienen.
Drittens. Die Warlords sind an einer Präsenz der UN, die
ihre Kreise stört, nicht interessiert. Wir dürfen nicht über-
sehen, dass es die Nordallianz war, die dieses Land zwi-
schen 1992 und 1996 ruinierte, und dass das dazu führte,
dass die Taliban, die law and order brachten, als Be-
freier begrüßt wurden. Jetzt sind wir dabei, den Teufel mit
dem Beelzebub auszutreiben. Karsai verdient Vertrauen,
aber er besitzt keine Hausmacht und er ist auf die gleiche
Nomenklatura der alten Machenschaften angewiesen.
Viertens. Jeder Automatismus bei der Entsendung
deutscher Truppen ins Ausland ist abzulehnen. Was aber
eingefordert werden muss, sind Mindestbedingungen, die
sich an den vitalen Interessen Deutschlands ebenso zu ori-
entieren haben wie an einer klaren politischen Konzeption
einschließlich einer Exit-Strategie mit einem zeitlichen
und finanziellen Rahmen. Wer sich aus Gründen einer
Friedensschaffung und Friedenssicherung in Afghanistan
engagiert, der muss schon schlüssig die Frage beantwor-
ten, warum dann nicht im Nahen Osten, in Kaschmir, in
Indonesien, in Angola, in Ruanda, im Sudan, im Kongo,
in Sri Lanka usw.
Fünftens. Es passt nicht zusammen, wenn der Ent-
wicklungshilfeetat, der eigentlich steigen müsste, um rund
100 Millionen Euro gekürzt wird und im nächsten Jahr no-
minell und prozentual unter dem liegt, was die Regierung
Kohl ausgegeben hat. Die FAO hat in ihrem jüngsten Be-
richt deutlich gemacht, dass weltweit 815 Millionen Men-
schen hungern. Der militärische Beitrag kostet die Bun-
desregierung rund 700 Millionen DM, was fast 10 Prozent
des Entwicklungshilfeetats ausmacht. Aufwand und Nutzen
stehen in keinem Verhältnis. Wenn die Entwicklungshilfe-
zahlungen an die Kooperationsbereitschaft der Warlords ge-
koppelt werden, könnte ein größerer sicherheitspolitischer
Gewinn erzielt werden.
Sechstens. Bei diesem Mandat ist strikt zu trennen, was
Deutschland bezüglich des Kampfes gegen den inter-
nationalen Terrorismus versprochen hat und was ande-
rerseits nicht nur in Afghanistan, sondern weltweit für den
Staatsaufbau bzw. die wirtschaftliche Gesundung zu leis-
ten ist. Dass Deutschland seine Verpflichtungen im Kampf
gegen den internationalen Terrorismus erbringen muss, ist
unstrittig. Wo bei diesem Mandat dieser Beitrag aber kon-
kret liegt, ist nur schwer zu erkennen.
In der Abwägung, was für bzw. gegen das vorliegende
Mandat spricht, enthalte ich mich der Stimme.
Christa Reichard (Dresden) (CSU/CSU): Der Betei-
ligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz
einer internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in
Afghanistan stimme ich zu, kann dies aber nur mit großem
Bedenken tun, denn ich halte die Betreuungssituation für die
Soldatenfamilien angesichts der steigenden Belastungen
durch die Zunahme an Auslandseinsätzen für unzureichend.
Mit meiner Zustimmung verbinde ich die dringende Auf-
forderung an die Bundesregierung, schnellstmöglich das
geplante flächendeckende Familienbetreuungsnetz mit
32 Familienbetreuungszentren mit je vier hauptamtlichen
Dienstposten einzurichten und dieses Projekt nicht erst in
zwei Jahren umzusetzen. Weiterhin fordere ich angemes-
sene Rahmenbedingungen für die ehrenamtliche Betreu-
ungsarbeit der Soldatenfrauen.
Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode 210. Sitzung. Berlin, Sonnabend, den 22. Dezember 200120858
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