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ID1420406900

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    Vokabeln: 7
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    5. Bundesminister: 1
    6. Joseph: 1
    7. Fischer.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Änderung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . 20033 A Begrüßung des Vizepräsidenten des spani- schen Abgeordnetenhauses, Herrn Lopez, und seiner Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20038 C Tagesordnungspunkt I: (Fortsetzung) a) Zweite Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2002 (Haushaltsgesetz 2002) (Drucksachen 14/6800, 14/7537) . . . . 20033 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unter- richtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2001 bis 2005 (Drucksachen 14/6801, 14/7324, 14/7538) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20033 B 16. Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 14/7304, 14/7321) . . . . . . . 20033 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 20033 D Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 20038 C Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 20048 B Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20053 A Hans-Peter Repnik CDU/CSU . . . . . . . . . 20055 D Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 20057 B Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20057 D Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20060 A Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20064 C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20073 D Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 20076 D Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20078 C Klaus Hagemann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20080 D Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 20081 D Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 20083 D Lothar Mark SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20085 D Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 20087 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 20088 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20089 C 17. Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 14/7305, 14/7321) . . . . . . . 20092 A Steffen Kampeter CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 20092 A Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20094 A Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . . 20098 B Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20099 B Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20099 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20102 D Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 20104 D Volkmar Schultz (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . . 20106 D Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU . . . . . . 20108 A Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 20110 A Volker Rühe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 20113 C Plenarprotokoll 14/204 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 204. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001 I n h a l t : Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20116 D Volker Rühe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 20117 B Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 20118 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 20119 A Dr. Elke Leonhard SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 20120 C Steffen Kampeter CDU/CSU (zur GO) . . . . . 20121 C 18. Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 14/7313, 14/7321) . . . . . . . 20121 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 20122 A Volker Kröning SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20124 D Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . . . . 20127 A Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20128 C Jürgen Koppelin FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20131 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20131 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 20132 A Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 20133 B Volker Kröning SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 20134 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg 20137 A Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 20142 B Hildebrecht Braun (Augsburg) FDP . . . . . . . . 20142 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20143 D Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20144 D Manfred Opel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20145 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20147 B Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . 20149 A, B Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20149 D, 20152 C 19. Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 14/7317, 14/7321) . . . . . . . 20154 B Michael von Schmude CDU/CSU . . . . . . . . . 20154 D Dr. Emil Schnell SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20156 C Joachim Günther (Plauen) FDP . . . . . . . . . . . 20159 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20160 C Carsten Hübner PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20162 C Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20163 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . . . . . . . 20166 C 28. Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 14/7315, 14/7321) . . . . . . . 20168 B Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 20168 C Waltraud Lehn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20170 C Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20173 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20175 C Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . 20176 C Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . 20177 C Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 20178 D Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 20180 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20182 C Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20185 A Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20187 B Christoph Matschie SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 20189 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20192 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 20193 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001 Vizepräsidentin Anke Fuchs 20192 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001 20193 (C) (D) (A) (B) Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 28.11.2001 Gila DIE GRÜNEN Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 28.11.2001 Marieluise DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 28.11.2001 Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 90/ 28.11.2001 DIE GRÜNEN Follak, Iris SPD 28.11.2001 Frick, Gisela FDP 28.11.2001 Friedrich (Altenburg), SPD 28.11.2001 Peter Girisch, Georg CDU/CSU 28.11.2001 Hauer, Nina SPD 28.11.2001 Heiderich, Helmut CDU/CSU 28.11.2001 Hornung, Siegfried CDU/CSU 28.11.2001 Jünger, Sabine PDS 28.11.2001 Kraus, Rudolf CDU/CSU 28.11.2001 Dr. Küster, Uwe SPD 28.11.2001 Lippmann, Heidi PDS 28.11.2001 Müller (Berlin), PDS 28.11.2001* Manfred Nahles, Andrea SPD 28.11.2001 Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 28.11.2001 Rübenkönig, Gerhard SPD 28.11.2001 Schenk, Christina PDS 28.11.2001 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 28.11.2001 Schlee, Dietmar CDU/CSU 28.11.2001 Schultz (Everswinkel), SPD 28.11.2001 Reinhard Dr. Freiherr von CDU/CSU 28.11.2001 Stetten, Wolfgang Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 28.11.2001 Dr. Thomae, Dieter FDP 28.11.2001 Wiesehügel, Klaus SPD 28.11.2001 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 28.11.2001 Margareta DIE GRÜNEN Dr. Zöpel, Christoph SPD 28.11.2001 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Andreas Schockenhoff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Prä-
    sident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundes-
    kanzler betont angesichts der Afghanistan-Krise gebets-
    mühlenartig die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der
    Bundesregierung. Für die Öffentlichkeit und unsere
    Bündnispartner offenbart sich diese Berechenbarkeit wie
    folgt: Am Dienstag erklärt die Vizepräsidentin dieses Ho-
    hen Hauses, Frau Antje Vollmer:

    Dem Bundeskanzler kann man in dieser Frage nicht
    vertrauen. Er macht den Afghanistan-Einsatz nur, um
    von einer katastrophalen Wirtschafts- und Arbeits-
    marktpolitik abzulenken.

    (SteffenKampeter [CDU/CSU]: Recht hat sie! – Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Das ist ja interessant!)


    Am Mittwoch kommt Herr Schröder in die Fraktions-
    sitzung der Grünen und Frau Vollmer sagt artig: „Herr
    Bundeskanzler, ich vertraue Ihnen.“ Am Donnerstag
    spricht sich Frau Vollmer im „Stern“ aus Gewissensgrün-
    den gegen einen Militäreinsatz in Afghanistan aus. Am
    Freitag stimmt Frau Vollmer für den Einsatz der Bundes-
    wehr in Afghanistan. Am Samstag lesen wir von Frau
    Vollmer in den Zeitungen:

    Dieses Ja war eigentlich ein Nein. Manche Entschei-
    dungen kann man nur mit Humor und Ironie treffen.

    Frau Vollmer, die Entsendung deutscher Soldaten ver-
    langt Verantwortung und nicht Ironie.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Sie haben diese Fragen nicht mit Humor, sondern mit
    blankem Zynismus beantwortet.

    Wiederum im „Stern“ stand unter der Überschrift „Sie
    war gegen den Militäreinsatz und stimmte dann doch
    dafür“:

    Frau Vollmer, Sie waren vehement gegen die deut-
    sche Beteiligung am Afghanistan-Einsatz, haben
    aber unter dem Druck des Kanzlers dann doch zuge-
    stimmt. Sind Sie eine Umfallerin?

    Antwort:
    Es ist viel gesiegt worden in den letzten Tagen, aber
    die Grünen sind irgendwie nicht dabei, ich auch
    nicht.


    (Lachen bei der CDU/CSU)


    Ich weiß nicht, wer aus Frau Vollmers Sicht gesiegt haben
    soll, aber in einem hat sie Recht: Die Grünen haben end-
    gültig verloren. Sie haben jede Glaubwürdigkeit verloren,
    sie haben ihren selbst erhobenen Anspruch einer höheren
    Moral verloren.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die erklärten Kriegsgegner in den Reihen der Grünen

    haben nach dem bekannten Spielchen „Sie liebt mich, sie
    liebt mich nicht“ durchgezählt, wer für die Gesinnung
    sein darf und wer für den Machterhalt sein muss. Auf dem
    Parteitag der Grünen in Rostock haben sie nach elfstündi-
    gem Selbsterfahrungsritual beschlossen: Wir wollen die
    rot-grüne Regierung fortsetzen. Dafür nehmen sie unter
    Zurückstellung aller pazifistischen Grundsätze sogar in
    Kauf, dass die Bundeswehr Wolldecken von der Pfalz in
    die Türkei fliegt.


    (Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Sie vor allem immer vertreten, die Pazifisten!)


    Der Bundeskanzler nennt das uneingeschränkte Soli-
    darität im Kampf gegen den internationalen Terrorismus.
    Aber mit dieser Regierung ist Deutschland kein verlässli-
    cher Partner in der Allianz gegen den Terror. Während
    sich die Vereinigten Staaten und ihre Bündnispartner po-
    litisch, diplomatisch und militärisch darauf vorbereiten,
    weltweit gegen das Netzwerk des Terrorismus vorzuge-
    hen, beschließen die Grünen: Wir wollen nicht, dass der
    Krieg in Afghanistan auf andere Länder ausgedehnt wird.

    Herr Außenminister, ist das uneingeschränkte Solida-
    rität? Ihre Parteifreundin Vollmer macht doch unmissver-
    ständlich klar, wie handlungsfähig Sie sind. Auf die Frage
    des „Stern“

    Wann wäre Schluss? Wenn die Amerikaner in ande-
    ren Ländern weitermachen?

    antwortet sie:
    So verstehe ich die Selbstbindung in der Protokoll-
    notiz.

    Herr Außenminister, da helfen alle Sprüche nichts. Mit
    dieser Koalition sind Sie außenpolitisch beschränkt ein-
    satzfähig.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Amerikaner trauen Ihnen noch zu, die Wolldecken

    bis in die Türkei zu bringen, aber wenn es darum geht,
    Hilfsgüter unmittelbar nach Afghanistan zu schaffen, ver-
    lassen sie sich schon nicht mehr auf die rot-grüne Bun-
    desregierung. Das machen sie sicherheitshalber selbst.
    Warum bringt die Bundeswehr die Überlebenshilfe denn
    nicht direkt zu der Not leidenden Bevölkerung? Die Si-
    cherung der Grundversorgung der Menschen in Afghanis-
    tan ist jetzt der entscheidende Test für die Glaubwürdig-
    keit der westlichen Politik.

    Auch bei der humanitären Hilfe tragen die USA die
    Hauptlast. Herr Außenminister, lassen Sie einmal alle
    Rhetorik zum Beispiel im Hinblick darauf, was jetzt ge-
    tan werden muss und wie der Post-Taliban-Prozess ausse-
    hen könnte, weg und sagen Sie uns einmal ganz einfach:
    Was hat die Bundesregierung denn bisher in Afghanistan




    Volkmar Schultz (Köln)

    20108


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    geleistet? Ich nehme Ihnen Ihre guten Absichten ab. Aber
    jetzt kommt der Schnee; wenn nicht schnell gehandelt
    wird, kommen wir zu spät.

    Stattdessen reden Sie in den letzten Tagen – zu Recht –
    ausführlich über die Afghanistan-Konferenz in Bonn. Sie
    sehen darin eine neue Wertschätzung der deutschen Poli-
    tik. Herr Außenminister, Sie verschweigen, dass damit vor
    allem die Erwartung verknüpft ist, die Bundeswehr werde
    sich an einer Friedenstruppe in Afghanistan beteiligen.


    (Uta Titze-Stecher [SPD]: Das ist damit nicht gesagt!)


    Sie sagen zwar, eine solche Sicherungstruppe solle
    hauptsächlich von muslimischen Staaten gestellt werden.
    Sie wissen aber genau, dass diese, auf sich allein gestellt,
    weder militärisch noch logistisch dazu in der Lage sind.
    Von den Teilnehmern der Petersberg-Konferenz haben
    zwei, nämlich die Königsgruppe und die Nordallianz, be-
    reits öffentlich erklärt, deutsche Truppen seien bei einem
    robusten Friedensmandat in Afghanistan willkommen.

    Herr Außenminister, wir wollen heute von Ihnen wis-
    sen, ob die Bundesregierung einem solchen Ansinnen
    nachkommt. Wir wollen im Rahmen der Haushaltsbera-
    tungen auch wissen, welche Mittel die Bundesregierung
    dafür vorgesehen hat.


    (Zuruf von der SPD: Vorauseilender Gehorsam!)


    Um Deutschland aus der außenpolitischen Sonderrolle
    herauszuführen, benötigt diese Koalition einen tragfähi-
    gen Konsens und auch die geeigneten Instrumente. Die-
    sen Konsens hat sie nicht. Wie weit Worte und Taten aus-
    einander liegen, konnten wir einmal mehr am letzten
    Wochenende beim deutsch-französischen Gipfel in
    Nantes erleben. Der Bundeskanzler hat sich gegenüber
    den Briten und den Franzosen wiederholt verpflichtet, ge-
    meinsam das militärische Transportflugzeug A 400 M zu
    entwickeln und zu beschaffen. Er hat unsere Partner im-
    mer wieder mit leeren Worten vertröstet. Deren Geduld ist
    am Ende. Sie drohen jetzt damit, amerikanische Trans-
    portflugzeuge zu kaufen – und die Bundeswehr fliegt mit
    über 30 Jahre alten Transall Wolldecken. Ist das die enge
    europäische Kooperation in der Außen- und Sicherheits-
    politik, die der Bundeskanzler heute Morgen wieder ein-
    mal proklamiert hat? Wann wollen Sie denn mit dieser eu-
    ropäischen Zusammenarbeit beginnen, wenn Sie es nicht
    jetzt, angesichts der akuten gemeinsamen Bedrohung
    durch den islamistischen Terrorismus, tun?

    Demnächst werden wir in diesem Hause den Vertrag
    von Nizza zu ratifizieren haben. Darin haben die Regie-
    rungschefs die europäische Sicherheits- und Verteidi-
    gungspolitik noch nicht einmal in den Themenkatalog für
    die nächste EU-Reform 2004 aufgenommen. Die EU
    braucht eine gemeinsame Außen-, Sicherheits- und
    Verteidigungspolitik aber dringender denn je. Wo, Herr
    Außenminister, sind Ihre Initiativen dafür? Sie haben in
    der Humboldt-Universität eine viel beachtete Rede ge-
    halten.


    (Uta Titze-Stecher [SPD]: Nicht nur dort!)

    Was haben Sie seither unternommen, um Ihre Ideen um-
    zusetzen?

    Es gibt immer noch viel zu wenig Europa. In der Af-
    ghanistan-Krise gibt es überhaupt kein Europa.


    (Rita Grießhaber [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)


    Die Vereinigten Staaten organisieren die Allianz der
    Freunde bilateral. Die EU ist für die Amerikaner in dieser
    Krise kein relevanter Partner.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist erschreckend!)


    Auf dem bevorstehenden Gipfel in Laeken steht wie-
    derum eine Debatte über die Zukunft Europas an, die dann
    2004 in einer großen europäischen Verfassungskonferenz
    münden soll. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenige
    Tage zuvor treffen sich der französische Staatspräsident
    und der deutsche Bundeskanzler und man hört von über-
    haupt keinen gemeinsamen Ideen dazu! In Europa hat es
    keinen einzigen Integrationsfortschritt gegeben ohne eine
    vorherige gemeinsame deutsch-französische Initiative.
    Ohne eine solche Initiative gäbe es nicht in wenigen Wo-
    chen den Euro. Ohne eine solche Initiative gäbe es keinen
    Stabilitätspakt in Europa.


    (Gernot Erler [SPD]: Das habt ihr doch nicht erfunden!)


    Wo, Herr Außenminister, ist die deutsch-französische
    Initiative zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheits-
    politik?

    Die CDU und die CSU haben für einen europäischen
    Verfassungsvertrag vorgestern umfassende Vorschläge
    vorgelegt.


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Dreigestirn der CDU/CSU!)


    Wirplädieren fürmehr Integration inderAußen-undSicher-
    heitspolitik. Die wichtigste Aufgabe der EU in diesem Be-
    reich istes,umgehenddie füreineerfolgreicheeigenständige
    KrisenbewältigungerforderlichenmilitärischenFähigkeiten
    aufzubauen. Dazu gehören insbesondere ausreichende ei-
    geneTransportkapazitäten sowie Führungs-, Kommunikati-
    ons- und satellitengestützte Aufklärungskapazitäten. Dazu
    gibt es in diesemBundeshaushalt kein einziges Signal.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist bedauerlich!)


    Wenn wir schon nicht in der Lage sind, das alles selbst
    zu finanzieren, dann müssen wir doch unsere Ressourcen
    in Europa poolen und dann brauchen wir eine gemein-
    same Beschaffungspolitik. Wir fordern die Bundesregie-
    rung auf, initiativ zu werden – für eine gemeinsame
    Rüstungspolitik der EU und für eine gemeinsame Sicher-
    heitspolitik der EU. Wenn Sie, Herr Bundesaußenminister
    und Herr Bundeskanzler, demnächst nach Laeken fahren,
    müssen Sie endlich handeln. Der Worte sind genug ge-
    wechselt; lasst uns nun endlich Taten sehen.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP– Volkmar Schultz [Köln] [SPD]: Ja, lasst uns aufrüsten! – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da muss die deutsche Literatur herhalten!)





    Dr. Andreas Schockenhoff

    20109


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort
hat jetzt der Bundesminister Joseph Fischer.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Joseph Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die deutsche
    Außenpolitik ist auch nach dem 11. September Grundsät-
    zen verpflichtet, die es wert sind, in dieser sich rasch ver-
    ändernden Welt nochmals unterstrichen zu werden. Es
    sind Grundsätze, die sich im Konsens entwickelt haben.
    Dieser Konsens war oft das Ergebnis heftigster parteipo-
    litischer Auseinandersetzungen, wurde also erstritten. Es
    ist eine Politik der Selbstbeschränkung. Sie ist westinte-
    griert. Sie ist europäisch. Sie ist multilateral angelegt. Sie
    ist dem Existenzrecht Israels verpflichtet.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Auf dieser Grundlage betreiben wir eine kooperative
    Verantwortungspolitik als Außenpolitik der Bundesrepu-
    blik Deutschland, bei der wir darum wissen, dass diese
    Welt eine unfriedliche ist, die wir friedlicher und sicherer
    gestalten wollen, und bei der wir dem Gedanken der Kon-
    fliktprävention, das heißt der Verhütung von Konflikten
    oder gar von Kriegen, den Vorrang vor Repression geben.

    Nur, wir wissen auch, dass man in einer unfriedlichen
    Welt mit teilweise sehr brutalen Herrschern, mit Diktato-
    ren und durchaus auch kriminell zu nennenden Interessen
    an der Repression nicht vorbei kommt.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Das ist ein Faktum, das haben wir des Öfteren mit unse-
    rer Politik bewiesen. Aber Repression ist weder in der In-
    nenpolitik noch in der Außenpolitik tatsächlich eine Ant-
    wort auf die Konflikte oder gar eine Lösung der Konflikte.
    Es ist Ultima Ratio und muss immer Ultima Ratio bleiben,


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    letztes Mittel und nicht vorletztes Mittel oder ein Mittel,
    das in der Politik am Ende Vorrang haben soll.

    Deswegen, meine Damen und Herren von der Union,
    lassen Sie mich den Punkt ganz offen ansprechen – Herr
    Kollege Rühe, Sie werden nach mir sprechen; deswegen
    will ich es hier gleich sagen –: Sie haben es damals beim
    Kosovo-Krieg in der Endphase der Bundestagswahl ver-
    sucht – ich habe mir das sehr gut gemerkt –, Sie haben es
    dann nach den Bundestagswahlen in der Zuspitzung des
    Kosovo-Krieges, als wir – Kollege Scharping in direkter
    Verantwortung, aber wir als Bundesregierung – Bundes-
    wehreinheiten in Tetovo stationiert hatten, versucht – Sie
    sind durch die Redaktionsstuben gezogen und haben ver-
    sucht, gegen den damaligen Ministerkollegen Scharping
    Stimmung zu machen.


    (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Er ist es immer noch! – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Ist Herr Scharping schon zurückgetreten?)


    Sie haben gesagt, es sei unverantwortlich, die Truppen in
    der Nähe der serbischen Artillerie zu halten. Sie haben im-

    mer wieder versucht, den Einsatz der Bundeswehr – und
    das nehme ich Ihnen als ehemaligem Verteidigungsmi-
    nister nun wirklich übel – innenpolitisch für Ihre partei-
    politischen Zwecke zu missbrauchen, und das versuchen
    Sie jetzt wieder.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Sie haben es beim Mazedonien-Einsatz gemacht, wo
    Sie sich als großer Stratege erwiesen haben. Nichts von
    dem, was Sie damals formuliert haben – ich habe es Ihnen
    hinten sitzend im persönlichen Gespräch schon prophe-
    zeit –, ist eingetreten. Die Strategie ist nicht aufgegangen.
    Sie konnten uns nicht vorführen. In der Sache hatten Sie
    von Abis Z nicht Recht. Das zeigt schlicht und einfach die
    Empirie.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich sage Ihnen auch jetzt, wenn Sie meinen, Sie könn-
    ten uns Bündnisunzuverlässigkeit und Ähnliches vorwer-
    fen: Das glauben Sie nicht einmal selbst.


    (Volker Rühe [CDU/CSU]: Warten Sie doch erst einmal ab!)


    – Da brauche ich gar nicht abzuwarten, sondern das kann
    ich Ihnen schon jetzt sagen.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der geht auf eine Rede ein, die noch gar nicht gehalten worden ist! Rühe hat ja noch gar nicht geredet!)


    Deswegen sage ich Ihnen: Für uns ist ein Maßstab völ-
    lig klar. Wenn wir sagen, wir sind westintegriert, dann
    heißt das für uns auch, dass wir zu unseren Bündnisloya-
    litäten und zu unseren Bündnisverpflichtungen stehen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN sowie bei der SPD)


    Bündnisverpflichtungen zwischen Demokratien heißt
    aber nie Gefolgschaft, sondern das heißt immer,


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Uneingeschränkte Solidarität!)


    dass die gemeinsame Strategie diskutiert wird und dass
    auf der Grundlage dieser Diskussion dann die Entschei-
    dungen getroffen werden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Wolfgang Gehrcke [PDS]: Das ist ja ganz was Neues!)


    – Wir haben nie das Lied „Tausend rote Panzerschützen“
    vor Kabul gesungen, wir nicht.


    (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Rolf Kutzmutz [PDS]: Dafür habe ich noch nie Molotowcocktails und Steine geworfen!)


    Das muss ich Ihnen wirklich sagen.

    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Es ist aber interessant, was Sie für Lieder kennen!)







    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    – Der Kollege Schulz hat mir das heute gesagt. Ich kannte
    es nicht; ich will es aber kennen lernen. Das ist für mich
    eine neue Erfahrung; das gebe ich offen zu. Ich möchte
    das jetzt aber nicht vertiefen.

    Meine Damen und Herren, für uns ist ganz entschei-
    dend, dass mit dem 11. September ein Angriff auf die
    Menschen in New York City, auf die Bevölkerung der
    USA und auf die Regierung der USA stattgefunden hat.
    Für uns ist ganz entscheidend, dass hier zum wirklich letz-
    ten Mittel gegriffen wurde, weil andere versuchte und
    tatsächliche Terroranschläge, die es schon gegeben hat,
    polizeilich verfolgt wurden und diejenigen, die Verant-
    wortung trugen, vor ein Gericht gestellt wurden. Das hat
    aber nicht dazu geführt, den Tätern letztendlich das Hand-
    werk zu legen und Sicherheit zu garantieren.

    Ich habe während der Generalversammlung der Ver-
    einten Nationen in New York, als es zu einem beklagens-
    werten – technisch bedingten – weiteren Flugzeugabsturz
    gekommen ist, selbst erlebt, wie die Menschen in New
    York reagieren. Die USAwerden nicht bereit sein, dieses
    Risiko dauerhaft zu akzeptieren, und insofern werden sie
    sich dagegen wehren.

    Dieser Bundestag hat mit sehr großer Mehrheit ent-
    schieden – auch wenn sich bei der Vertrauensfrage die
    Dinge anders dargestellt haben, in der Sache war es eine
    sehr große Mehrheit –, dass wir auf der Grundlage des
    Selbstverteidigungsrechts, wie es in der Charta der Ver-
    einten Nationen steht, und auf der Grundlage des Be-
    schlusses im NATO-Bündnis tatsächlich an der Seite un-
    seres Bündnispartners stehen. Das ist das Verbindende.


    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Das ist richtig!)


    Dazu gehört der Beschluss des Bundestages, den Sie in-
    haltlich akzeptiert haben. Diesen Beschluss setzen wir
    jetzt um.

    Ich halte allerdings überhaupt nichts davon, aus innen-
    politischen Gründen – das ist typisch Rühe – neue Ziele
    zu suchen.


    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Man, muss der Sie geärgert haben!)


    – Nein, ich ärgere mich nicht darüber. Ich finde es schlicht
    und einfach verantwortungslos, bei der Entscheidung
    über die außenpolitische Orientierung neue Ziele zu su-
    chen. Wir wissen doch, dass zum Beispiel über den Irak
    in Europa völlig anders als in Washington – dort findet
    übrigens eine kontroverse Debatte statt – diskutiert wird.


    (Zustimmung bei der SPD)

    Die Europäer sind sich völlig einig, dass wir, um es ein-
    mal ganz diplomatisch zu formulieren, eine Ausdehnung
    auf den Irak mit äußerster Skepsis betrachten.


    (Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Sehr vorsichtig ausgedrückt! – Wolfgang Gehrcke [PDS]: Ist das ein Nein?)


    Wir sollten versuchen – ich unterstreiche das, was der
    Bundeskanzler heute Morgen gesagt hat –, die Regional-
    konflikte im Nahen Osten politisch zu lösen. Bedenken

    wir, dass wir unmittelbarer Nachbar sind. Wenn die Re-
    gionalkonflikte gelöst sind, wird es immer noch sehr
    schwer sein, die inneren Entwicklungsprobleme der be-
    troffenen Länder in der Region zu lösen, da diese dadurch
    nicht behoben sein werden.

    Das Modernisierungsproblem und das Demokratisie-
    rungsproblem bleiben ebenso wie die Menschenrechts-
    und Gleichstellungsprobleme, etwa im Zusammenhang
    mit der Diskriminierung von Frauen, bestehen. Auch des-
    halb sind die Regionalkonflikte vor allen Dingen politisch
    zu lösen. Wir Europäer haben daran ein Interesse. Das ha-
    ben wir unseren Partnern in den USA auch sehr ausführ-
    lich und in großer Präzision dargestellt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wenn man sich die Entwicklung anschaut, dann sollte
    man zu erkennen versuchen, was der Hauptgrund für
    diese Situation ist. Ich erinnere mich an die Debatte über
    den Kosovo. Damals vertraten die so genannten außenpo-
    litischen Realisten, beispielsweise Kissinger, die Auffas-
    sung, dass es sich um einen Krieg entlang der Grundsätze
    von Wilson, also eher um einen Krieg der Linken handele,
    bei dem es nicht um harte Interessen, sondern um Men-
    schenrechte und um Fragen, die nicht unmittelbar mit der
    klassischen, interessenorientierten Politik zu tun haben,
    gehe. Heute müssen wir feststellen, dass der Rückzug
    – das heißt nicht militärischer, sondern politischer Rück-
    zug – entlang dieser Linien aus den Konflikten der Welt,
    die aus der Zeit des Kalten Krieges zurückgelassen wur-
    den – Afghanistan ist dafür ein klassischer Fall –, falsch
    war.

    Zu meinen, man könne Friedensdividenden einneh-
    men, war unser allergrößter Fehler. Wir haben nicht gese-
    hen, dass Friedensinvestitionen notwendig waren.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Dieser Rückzug hat eine Gefahr für den Weltfrieden ent-
    stehen lassen. Daraus müssen wir im Sinne einer koope-
    rativen und präventiven Verantwortungspolitik Konse-
    quenzen ziehen. Es geht nicht um die Weltpolizei. Es geht
    vielmehr darum, regionale Ansätze zu stärken, damit die
    zusammengebrochenen Strukturen – Europa hat von sei-
    ner eigenen Geschichte insofern etwas sehr Positives zu
    vermitteln – wieder hergestellt werden. Ich erlebe das
    zum Beispiel im südlichen Afrika, wo der Regionalansatz,
    aber auch die Frage, ob die Afrikaner gemeinsam repres-
    sive Mittel einsetzen müssen, dahin gehend geprüft wer-
    den, ob sie tauglich sind, einen dramatischen Konflikt, der
    alle gefährdet, zu bewältigen. Stichwort Kongo. In West-
    afrika gibt es einen ähnlichen Ansatz. Daran kann man
    doch erkennen, was wir Europäer der Welt im 21. Jahr-
    hundert an positiven Erfahrungen tatsächlich zu vermit-
    teln haben.

    Ich sage nochmals: Ich schließe die Ultima Ratio nicht
    aus. Ich möchte aber verhindern, dass wir in einen Zu-
    stand geraten, in dem sie notwendig wird. Dass das not-
    wendig sein kann, hat der Balkan gezeigt. All diejenigen,
    die ernsthaft mit sich gerungen haben und keine takti-
    schen Argumente vorgebracht haben – ich habe deren




    Bundesminister Joseph Fischer

    20111


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Argumente sehr ernst genommen –, müssen heute sagen,
    dass wir uns den Hauptvorwurf machen müssen, dass wir
    nicht 1991/1992 das gemacht haben, was wir 2001 ge-
    macht haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Christian Schwarz-Schilling [CDU/CSU])


    Das sage ich unabhängig davon, wo wir damals politisch
    standen.


    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Können Sie Ihre Position von damals noch einmal erläutern?)


    – Ich gehörte nicht zu denen, die der Meinung waren, dass
    die damalige Anerkennung der friedlichen Scheidung
    ohne Bedingungen mehr als eine Eskalation des Konflikts
    bringen werde. Ich war damals der Meinung, man hätte es
    so nicht machen sollen. Ich war damals allerdings
    Nichtinterventionist. Insofern sollten diejenigen, die die
    Anerkennung forciert haben, den damaligen Nichtinter-
    ventionisten nicht ihre Position vorwerfen, sondern die
    Dinge ebenso selbstkritisch sehen, wie zum Beispiel ich
    sie bei der Betrachtung meiner damaligen Situation sehe.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Es gab andere in meiner Partei, die waren damals
    schon Interventionisten. Ich sage ganz bewusst – ob das
    Marieluise Beck ist, ob das mein Freund Daniel Cohn-
    Bendit ist –: Sie hatten Recht. Sie waren aber keine An-
    erkennungsbefürworter; auch das füge ich in diesem Zu-
    sammenhang hinzu.

    Was wir daraus lernen können, ist doch, dass wir, wenn
    die Ultima Ratio wirklich eingesetzt werden muss, gleich-
    zeitig alle Möglichkeiten zur Prävention und zur Frie-
    densgestaltung nutzen müssen. Der Stabilitätspakt und
    der Weg nach Europa haben es möglich gemacht, dass es
    jetzt in Mazedonien – auch wenn wir dort noch nicht über
    dem Berg sind – zum ersten Mal gelungen ist, eine dieser
    weiteren blutigen Runden zu verhindern. Das muss man
    doch einmal sehen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Der Krieg in Afghanistan dauert schon 23 Jahre an. Er
    wurde durch den Putsch der damaligen kommunistischen
    Partei ausgelöst, die sich dann nicht halten konnte. Dieser
    Putsch führte zur Intervention der damaligen Sowjet-
    union. Dann gab es diese Tragödie, die bis zum heutigen
    Tag angehalten hat, bis hin zu Osama Bin Laden, al-Qaida
    und der Gefahr für den Weltfrieden sowie dem Terror-
    regiment der Taliban. Wenn es der internationalen Staa-
    tengemeinschaft jetzt vor dem Hintergrund des Einsatzes
    der Ultima Ratio, dieses Krieges, gelingt, endlich einen
    Frieden zwischen den wichtigsten ethnischen Gruppen
    und Völkern Afghanistans hinzubekommen, dann haben
    wir auch etwas geschafft.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Dann müssen wir allerdings die Konsequenz ziehen und
    nicht wieder warten, bis die Ultima Ratio notwendig ist,
    wenn es weitere Konflikte gibt, die dringend gelöst wer-
    den müssen, und zwar mit politischen, mit ökonomischen,
    mit humanitären Mitteln.

    Für diese Politik steht die Bundesregierung. Ich kann
    Ihnen versichern: In den drei Jahren, in denen wir die
    Verantwortung getragen haben, gab es nicht einen Fall –
    nicht einen –, bei dem wir auf die Koalition und auf die
    Schwierigkeiten, die unsere Parteien damit haben, derge-
    stalt Rücksicht genommen hätten, dass wir eine Ent-
    scheidung zur Erfüllung einer Bündnisverpflichtung,
    aber auch der Grundsätze, für die wir stehen, nicht ge-
    troffen hätten.

    Gerade die Härte der demokratischen Auseinanderset-
    zung beweist meine Worte. Die Union sollte nicht so tun,
    als wenn sie das nicht kennen würde. Ich darf Sie nur da-
    ran erinnern – ich bin ja mittlerweile alt genug –, wie
    schwer sich ein Teil von Ihnen bei der Frage des „Super-
    versailles“, des Atomwaffensperrvertrages, und den Ost-
    verträgen – das ging ja noch bis zur deutschen Einheit und
    der Anerkennung der polnischen Westgrenze – getan hat.
    Ich möchte jetzt gar nicht Häme darüber ausschütten. Ich
    sage nur: Das ist normal in einem demokratischen Pro-
    zess. So war es auch bei uns und so ist es auch in anderen
    Parteien; so wird es immer sein.

    Wer eine Antwort auf all dies will, der muss Europa
    schaffen. Da liegt der große Irrtum: Es geht nicht nur um
    die deutsche Rolle. Es geht vielmehr um den Beitrag
    Deutschlands zu einer europäischen Rolle. Machen wir
    uns doch nichts vor: All das, was uns trennt und auch ver-
    bindet, wird in der Welt des 21. Jahrhunderts nur ein in-
    tegriertes Europa schaffen können. Der Vorwurf, wir
    hätten in der europäischen Sicherheits- und Vertei-
    digungspolitik nichts getan, ist natürlich völlig unsinnig.
    Wenn es einen dynamischen Faktor gegeben hat – gerade
    seit In-Kraft-Treten des Amsterdamer Vertrages und der
    Benennung von Solana –, dann ist es die Europäische
    Union. Sie ist aber für diese Fragen des Kriegs und Frie-
    dens noch nicht ausgerüstet. Das ist ein Faktum.

    Da schließt sich im Übrigen die Frage nach der Zukunft
    der NATO an: Bündnisse sind Bündnisse auf Zeit. Andere
    Lagen schaffen andere Bündnisse. Das gilt auch und ge-
    rade für militärische Bündnisse. Meine These ist, dass die
    Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit der NATO – hier
    haben wir hochinteressante Diskussionen mit Russland,
    die jetzt beginnen – die beschleunigte und intensivierte
    europäische Integration ist. Im Klartext möchte ich for-
    mulieren: Bleiben die Europäer getrennt, wird die NATO
    in der Tat in eine sehr schwierige Zukunft blicken. Gelingt
    es, die europäische Säule zu integrieren – das hängt an der
    ESVP –, dann wird das transatlantische Bündnis meines
    Erachtens – das liegt in unserem Interesse – eine sehr gute
    Zukunft haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Insofern möchte ich – es gäbe noch vieles zu sagen –
    nur noch ganz kurz den Antrag zum Goethe-Institut an-
    sprechen. Wir werden versuchen – das sage ich hier nicht
    einfach nur, um der Opposition den Antrag wegzuneh-




    Bundesminister Joseph Fischer
    20112


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    men –, eine Lösung im Rahmen unserer finanziellen
    Möglichkeiten zu finden. Das sage ich Ihnen hier als
    Minister zu.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Ich würde mich selbstverständlich freuen, wenn der An-
    trag angenommen würde. Aber auch Sie wissen, dass das
    so nicht geht.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr einfach geht das!)


    Ich möchte zum Schluss noch Folgendes sagen: Ich
    stimme denen nicht zu, die uns wegen der Personalstruk-
    tur kritisieren, und schon gar nicht dem Kollegen Hoyer,
    den ich sonst sehr schätze. Ich weiß, dass er es sagen
    muss; aber das lasse ich nicht bei mir abladen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Dass 50-Jährige bei uns immer noch als Nachwuchskräfte
    gelten, das liegt wirklich nicht an den drei Jahren, die
    Fischer die Verantwortung im Auswärtigen Amt trägt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


    Es gibt ja den bitteren und ironischen Spruch: Komm in
    den auswärtigen Dienst, da bist du mit 50 noch Nach-
    wuchskraft! Wo kann man das in der heutigen Wirtschaft
    noch sagen?

    Die Entscheidungen, die hierzu geführt haben, sind
    lange vor meiner Zeit gefällt worden.


    (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Nein! nein!)

    – Was heißt hier „nein, nein“? Sie wissen doch, wie sich
    Stellenkegel aufbauen. Vieles geht gleich und jetzt; aber
    Stellenkegel nach dem deutschen Beamtenrecht lassen
    sich nicht gleich und jetzt umstrukturieren. Diese entste-
    hen nicht über Nacht und auch nicht in drei Jahren. Wir
    versuchen, Kollege Hoyer, das Schritt für Schritt abzu-
    bauen. Das werden wir auch hinbekommen. Dass wir es
    geschafft haben, etwa die RK-Stellen von den Kürzungen
    auszunehmen, ist doch eine hervorragende Sache.


    (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das habt ihr zweimal abgelehnt!)


    Mit der Einrichtung des Krisenreaktionszentrums ist
    uns eine neue Aufgabe zugewachsen, die wir, wie ich
    finde, mit den Bediensteten in der Zentrale und auch
    außerhalb in den Botschaften hervorragend gemeistert ha-
    ben. Wir haben die größte Reform des auswärtigen Diens-
    tes seit seinem Bestehen angepackt. Das war dringend
    notwendig. Es kommen ja noch mehr Aufgaben auf uns
    zu, da gerade in einem zusammenwachsenden Europa die
    Bedeutung der nationalen auswärtigen Dienste nicht ab-
    nehmen, sondern aufgrund der Zuarbeit für die gemein-
    same europäische Außenpolitik eher noch zunehmen
    wird. Ich hoffe, dass in den kommenden Haushalten die-
    sem Punkt Priorität eingeräumt wird und wir eine bessere
    Finanzausstattung bekommen, da ich Ihnen ja zustimme,
    wenn Sie sagen, dass wir unterfinanziert sind.


    (Uta Titze-Stecher [SPD]: Jawohl!)


    Ich sage aber mit allem Stolz: Was wir als unterfinanzier-
    tes Haus in den drei Jahren geleistet haben, kann sich se-
    hen lassen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Ich würde mich freuen, wenn die Finanzierung in den
    zukünftigen Haushalten dem endlich einmal so nach-
    käme, dass auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für
    sich gute Perspektiven sähen.

    Ich möchte mich bei allen bedanken, vor allen Dingen
    bei den Berichterstattern. Recht herzlichen Dank.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)