Herr Kollege Tauss,
Zwischenrufe der Art widerliche Hetze gehören nicht
ins Parlament. Ich ermahne Sie, solche Zwischenrufe zu
unterlassen.
Ich erteile nun das Wort dem Bundeskanzler der Bun-
desrepublik Deutschland, Gerhard Schröder.
Damen und Herren! Herr Glos, in einem Punkt bin ich Ih-
nen dankbar: Ich bin Ihnen dafür dankbar, dass Sie auch
in dieser Haushaltsdebatte noch einmal deutlich gemacht
haben, dass Sie mit uns das haben wir in diesem Hohen
Hause miteinander hinbekommen in der Außenpolitik
an der Seite Amerikas und dies uneingeschränkt ste-
hen. Das will ich hier ausdrücklich sagen; denn mir liegt
sehr daran, dass diese Gemeinsamkeit fortgesetzt werden
kann. Das gilt auch dann, wenn ich mit dem übrigen Teil
Ihrer Ausführungen nicht einverstanden bin, wie Sie sich
vorstellen können.
Ich bin damit nicht einverstanden, weil das eine Mischung
aus falschen Informationen und aus Übertreibungen ge-
wesen ist.
Aber eines ist klar: Nach den Terroranschlägen in
den USA sind Menschen bei uns in großer Sorge. Sie sind
übrigens nicht nur in großer Sorge über das, was wir in-
nere oder äußere Sicherheit nennen, sondern eben auch in
Sorge um die wirtschaftliche Entwicklung unseres Lan-
des. Ich denke, das Wichtigste, was wir in diesem Hohen
Hause tun müssen, ist, diese Sorgen ernst zu nehmen. Ich
rede übrigens ganz bewusst von Sorge, nicht von Angst;
denn aus Sorge kann Zuversicht, kann neue Kraft ent-
wickelt werden. Angst würde nur lähmen. Zu Angst gibt
es wirklich keinen Grund, meine Damen und Herren.
Es gibt in Deutschland deshalb keinen Grund zur
Angst, weil sowohl die politischen als auch die kulturel-
len und ökonomischen Eliten unseres Landes in Gemein-
samkeit deutlich gemacht haben, dass der Terrorismus
weder unsere inneren Ordnungen in der freien Welt be-
siegen kann noch die freie Weltwirtschaft dauerhaft wird
infrage stellen können. Wenn wir klarmachen, dass sich
die Verantwortlichen in den unterschiedlichsten Ebenen
in der Gesellschaft, in der Wirtschaft, bei den Gewerk-
schaften, aber eben auch in der Politik bei all ihrer Viel-
falt jedenfalls in diesem Ziel einig sind, ist das die sinn-
vollste Basis für die weitere wirtschaftliche Entwicklung,
die wir schaffen können.
Wir wissen ja: Der Terrorismus hat nicht nur die Zer-
schlagung der politischen Ordnungen in der Welt zum
Ziel, sondern natürlich auch die der Weltwirtschaft. Der
Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode 189. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. September 2001
Michael Glos
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Anschlag auf das World Trade Center in New York zeigt
das sehr deutlich: Es war genauso ein Anschlag auf die in-
ternationalen Wirtschafts- und Finanzkooperationen wie
ein Anschlag auf die Zivilisation schlechthin.
Noch etwas ist wichtig: Die Terroristen wollten damit
ein allgemeines Klima von Angst und Unsicherheit ver-
breiten, ein Klima, das natürlich negative Auswirkungen
auf die Weltwirtschaft haben sollte und, wenn wir es ver-
stärken, weil wir nicht aufpassen und nicht gegenhalten,
auch haben wird. Deswegen finde ich es so wichtig, dass
zum Beispiel von allen, die auf der Internationalen Auto-
mobil-Ausstellung, auf der auch ich war, vertreten waren,
gesagt wurde: Wir brauchen jetzt ein Klima der Gemein-
samkeit, aus dem Optimismus auch und gerade für unse-
ren so wichtigen Wirtschaftszweig entstehen kann.
Ich glaube, wir sollten von daher klar sagen, dass wir
alle zusammen verhindern werden, dass der internationale
Terrorismus in irgendeiner Form Macht über die wirt-
schaftliche Entwicklung in der Welt und damit auch in
Deutschland gewinnt.
Genauso wenig wie die Terroristen uns in einen Kampf der
Kulturen treiben dürfen das wäre nämlich unsinnig ,
dürfen sie uns in ein Klima der wirtschaftlichen Ver-
unsicherung und Angst hineintreiben; auch das ist näm-
lich eines ihrer Ziele.
Was wir brauchen, meine Damen und Herren wir ha-
ben es gestern erlebt , ist eine internationale Koalition
gegen den Terrorismus. Wir sind dabei ein ganz gutes
Stück weitergekommen; nicht zuletzt deshalb, weil das
sage ich mit wirklich großem Respekt, auch darin stim-
men wir überein die Vereinigten Staaten auf den fürch-
terlichen Anschlag in einem Maße besonnen reagiert ha-
ben, das viele kritische Diskutanten, die anderes erwartet
hatten, vielleicht gelegentlich zum Nachdenken bringen
sollte.
Diese internationale Koalition gegen den Terrorismus,
die jetzt gebildet werden muss, darf sich nicht nur auf die
politischen und militärischen Aspekte beziehen. Klar ist,
dass dieser Kampf auch mit ökonomischen Mitteln ge-
führt werden muss. Das heißt, diejenigen Staaten, die Ter-
rorismus stützen und unterstützen, dürfen nicht auf mate-
rielle Hilfe rechnen können. Das heißt, diejenigen
Staaten, die Terrorismus stützen und unterstützen, müs-
sen, solange sie das tun, negative Erfahrungen mit den
Möglichkeiten unserer zivilisierten Welt machen. Umge-
kehrt gilt dann auch: Diejenigen, die sich in eine Koali-
tion gegen den internationalen Terrorismus einreihen,
müssen auch Anreize für sich und ihre eigene wirtschaft-
liche Entwicklung sehen. Hier liegt übrigens auch einer
der Gründe, warum wir bei der Verteilung jener 3 Milliar-
den DM, die wir für die Bekämpfung des Terrorismus im
Inneren und im Äußeren aufwenden, auch an die Bildung
von Fonds gedacht haben, durch die erreicht werden soll,
dass Abwendung vom Terrorismus belohnt und Zuwen-
dung bestraft werden können. Das ist Teil des Konzeptes,
wie wir es uns vorstellen.
Dazu gehört natürlich ich nehme an, der Finanzminis-
ter wird dazu noch etwas sagen eine wirklich entschie-
dene Bekämpfung der Finanzierung des internationalen
Terrorismus.
Ich verstehe ja, dass sehr viele Menschen das Bankge-
heimnis gleichsam für die Magna Charta der inneren Si-
cherheit halten, aber das ist nicht so.
Ich rede hier nicht einer undifferenzierten Lösung das
Wort. Wer aber die Geldwäsche bekämpfen und damit die
Finanzierungsquellen des internationalen Terroris-
mus austrocknen will das wollen wir ausdrücklich , der
muss einmal mit den Betroffenen darüber reden, wie man
denn an diese Finanzierungsquellen herankommt, wie
man underground banking und Ähnliches verhindert.
Die Erfüllung dieser Aufgabe wird von uns erwartet.
Wir werden sie auch sehr entschieden anpacken. Darauf
können Sie sich verlassen.
Die Terroristen werden wirtschaftlich auch deshalb
nicht gewinnen, weil die Grundlagen für Wachstum und
Wohlstand in unserem Land, in Europa und in der Welt
intakt sind. Die Produktionsanlagen und die Infrastruktur
sind intakt. Natürlich kann man das alles verbessern; wir
arbeiten auch daran. Aber wir haben überhaupt keinen
Anlass, jetzt in Pessimismus zu verfallen, weil die Basis
unserer wirtschaftlichen Stärke intakt ist und weil das
größte Kapital, über das wir verfügen, die Qualifikation,
die Leistungsbereitschaft und die Motivation der Men-
schen in unserem Land sind. Auch sie müssen wir opti-
mistisch stimmen und dürfen das nicht herunterreden.
Auch die internationale Zusammenarbeit der Finanz-
organisationen Herr Glos hat in einem Punkt darauf
hingewiesen hat funktioniert. Ich habe mich genau wie
Sie gefreut, dass die Fed und die EZB zusammengearbei-
tet haben und dass damit einer der wichtigsten makro-
ökonomischen Akteure, nämlich die Europäische Zentral-
bank, seine Verantwortung für das Wachstum in dieser
Situation erkannt und daraus positive Schlüsse gezogen
hat. Ich kann nur raten, diesen Kurs fortzusetzen, eine
enge Abstimmung zu suchen und entsprechende Ent-
scheidungen zu treffen.
Ich bin ganz sicher, dass auch die Art und Weise, wie
wir gemeinsam in diesem Hohen Hause auf die Anschläge
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Bundeskanzler Gerhard Schröder
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in den USA reagiert haben, nämlich Entschlossenheit bei
der Erfüllung unserer Beistandsverpflichtungen zu zei-
gen, auf Dauer positiv auf die Stimmung im Land wirken
und positive Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung
haben wird. Ich glaube, all das zeigt, dass Sorgen ver-
ständlich sind die machen wir uns auch , dass es aber
völlig unberechtigt ist, so zu tun, als gäbe es nicht auch
und gerade jetzt Anlass zu Optimismus und Zuversicht,
und zwar sowohl im Hinblick auf die Bereitschaft zur in-
ternationalen Zusammenarbeit als auch im Hinblick auf
die Entwicklung neuer Kräfte im Inneren.
Ich sage es noch einmal: Die wichtigsten makroöko-
nomischen Akteure sind jetzt gefordert. Neben der No-
tenbank damit haben Sie Recht ist das der Staat, gar
keine Frage. Aber wie sieht die Aufgabe in der jetzigen Si-
tuation aus? Die Aufgabe in der jetzigen Situation kann
doch nicht darin bestehen, den Konsolidierungskurs der
Bundesregierung aufzugeben. Ernsthaft kann man so et-
was nicht fordern.
Unabhängig von der Tatsache, dass er international ver-
einbart ist, wäre es auch ökonomisch falsch, den Konso-
lidierungskurs aufzugeben. Wir hören ja die Ratschläge
der Verbände und der Länder. Den Konsolidierungskurs
aufzugeben ist falsch, auch wenn jetzt die Forderung ge-
stellt wird: Dann zieht doch die Steuererhöhungen
Entschuldigung , die nächste Stufe der Steuerreform
vor. Ich komme gleich auf die Steuererhöhungen zu spre-
chen. Damit habe ich gar kein Problem.
Nein, weil wir das erklären können. Wir haben gute
Gründe für die Steuererhöhungen. Die werde ich Ihnen
auch gleich darlegen.
Wenn wir der Forderung der Verbände und der Länder,
die nächste Stufe der Steuerreform vorzuziehen, nach-
kommen würden, dann müssten wir 14 Milliarden DM ge-
genfinanzieren. Mir hat noch niemand, auch Sie nicht, er-
klärt, wie das durch Umschichtungen möglich sein soll,
obwohl dieser Begriff immer wieder verwendet wird. Ich
sage: Das geht auch gar nicht. Das ist doch klar.
Das Vorziehen der nächsten Stufe der Einkommen-
steuerreform das würde auch die Körperschaftsteuer be-
treffen hieße, das dann entstehende Defizit von 14 Mil-
liarden DM entweder durch höhere Steuern oder durch
Schuldenmachen zu finanzieren.
Eines will ich Ihnen sagen: Was meinen Sie wohl, was
uns die Länderregierungen da kenne ich mich aus , die
jetzt fordern: Zieht das doch vor, wir bekommen das
schon hin, entgegnen würden, wenn wir es täten?
Die Länderregierungen würden uns ganz kühl sagen: Ja,
wir haben natürlich immer gefordert, dass ihr das vor-
zieht; aber bezahlen soll es der Bund allein,
auch wenn das nicht der verfassungsrechtlich garantierten
Aufteilung der Steuern entspricht. Da können Sie ganz si-
cher sein. Der erste Ruf kommt übrigens ganz sicher aus
Bayern.
Was Sie fordern, geht aus vielerlei Gründen nicht. Wir
wollen und müssen den Konsolidierungskurs fortsetzen.
Er ist die Basis für eine vernünftige Zinspolitik der Euro-
päischen Zentralbank. Das muss man genauso klar sehen.
Der von Ihnen vorgeschlagene Weg fällt also aus.
Der Konsolidierungskurs wird also fortgesetzt. Das be-
deutet zugleich, dass die Planbarkeit der Steuerreform, so
wie sie Hans Eichel ins Gesetzblatt gebracht hat, gesichert
bleibt.
Das Zweite, was von uns gefordert wird manchmal,
zunehmend leiser , sind bestimmte Konjunkturpro-
gramme.
Auch die muss man bezahlen: entweder durch eine Er-
höhung der Nettoneuverschuldung das wollen wir ge-
meinsam nicht
sage ich ja: wollen wir gemeinsam nicht oder durch
andere Maßnahmen. Solche Strohfeuerprogramme ma-
chen keinen Sinn.
Lauthals! Ein stellvertretender Fraktionsvorsitzender
aus Ihren Reihen ich glaube, er heißt Rauen forderte
alle naselang:
Nehmt das doch nicht so genau mit der Verschuldung!
Macht doch lieber ein Programm X oder ein Programm Y.
Das hören wir doch ständig; wir tun das aber nicht.
Sie können richtig stellen, dass Sie das nicht wollen.
Dann sind wir einig. Darüber wäre ich froh.
Alle Forderungen nach einer Aufgabe des Konsoli-
dierungskurses werden also von der Opposition nicht
weiter erhoben. Das soll mir gerade recht sein. Das wäre
ein Stück Gemeinsamkeit in der Wirtschaftspolitik, das
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Bundeskanzler Gerhard Schröder
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dann aber wenn ich bitten darf beibehalten werden
muss.
Wenn Sie sich unsere Vorstellungen von der Steuerre-
form genau anschauen, dann erkennen Sie ein sehr ausge-
wogenes Verhältnis zwischen Angebots- und Nachfrage-
seite,
also zwischen der Unternehmensseite die Unterneh-
mensteuern sind reduziert worden und der Nachfrage-
seite, die dadurch profitiert, dass die Masseneinkommen
steigen, wodurch die Binnenkonjunktur angekurbelt wer-
den soll.
Dies im Zusammenhang mit der Tatsache, dass wir,
nach allem, was wir wissen, im September eine Infla-
tionsrate von noch 2,1 Prozent haben werden, zeigt, dass
wir die ernsthafte Chance haben, auch auf dem Binnen-
markt eine Verbesserung zu erzielen. Ich weiß sehr wohl,
dass unser Vorgehen kurzfristig Schwierigkeiten bereitet;
aber es geht mir um die mittel- und langfristigen Wirkun-
gen, die in unserer Steuerreformpolitik angelegt sind.
Jetzt komme ich zu einem Punkt, über den es zu Recht
Streit gibt. Wir haben gesagt: Wir legen ein Programm
nach innen wie nach außen zur besseren Bekämpfung des
internationalen Terrorismus in einer Größenordnung von
3 Milliarden DM auf. Dieses Programm muss natürlich
finanziert werden. Ich nehme an, dass der Oppositions-
führer gleich die konkrete Finanzierung kritisieren wird.
Das ist gar keine Frage.
Wir finanzieren dieses Programm durch die Erhöhung der
Tabaksteuer und durch die Erhöhung der Versicherung-
steuer beides außerordentlich maßvoll. Beide Schritte
sind Erhöhungen von, wenn man so will, Verbrauchsteu-
ern, was keine direkten Auswirkungen auf Produktion und
vermutlich Verbrauch haben wird. Aber darüber wird
noch zu streiten sein.
Ich kann Ihnen das nicht sagen. Nach Hans Eichels
Rechnungen sind es 3 Milliarden DM. Herr Repnik, wenn
Sie Recht haben, dann werden wir das ist doch klar
eine Debatte über die sinnvolle Verwendung der zusätzli-
chen Einnahmen führen.
Es wird sich dann die Frage stellen, ob man die zusätzli-
chen Einnahmen für bestimmte Aufgaben verwendet oder
ob man sie zum Abbau der Verschuldung einsetzt. Bisher
gehe ich aber davon aus, dass Hans Eichel richtig gerech-
net hat. Herr Glos hat ihn eben Oberbuchhalter der Na-
tion genannt. Sie müssen zugeben: Die Oberbuchhalter
rechnen wenigstens richtig.
Wir werden das also auf diese Weise finanzieren. Das
ist kritisiert worden. Ich glaube aber, dass hier keiner sagt,
man hätte es besser über die Erhöhung der Neuver-
schuldung finanzieren sollen. Das kann man nicht ma-
chen. Es gehört sich nicht, eine aktuelle Aufgabe, die wir
jetzt leisten müssen, durch Verschiebung der Lasten auf
unsere Kinder und deren Kinder zu finanzieren.
Bezüglich der Umschichtung erwarte ich Vorschläge.
Wir haben so gehandelt, wie sich das gehört, wenn man
redlich miteinander auch mit der Öffentlichkeit um-
gehen will. Wir haben klargemacht: Für diese zusätzli-
chen Aufgaben gibt es in einem Haushalt, der sparsamst
angelegt ist auch das wird von Ihnen gelegentlich kriti-
siert , keine andere Finanzierungsmöglichkeit als die, die
wir jetzt ergreifen. Wir haben das den Menschen in
Deutschland gesagt und wir stehen dazu. Weil es eine
überragende aktuelle Aufgabe ist, erfolgt die Finan-
zierung auf diese Weise. Das kann jeder vor dem Hinter-
grund seiner eigenen Überzeugungen bewerten. Wir glau-
ben, dass es eine notwendige Aufgabe ist, die damit
angepackt werden kann und die nicht über eine Verschul-
dung, sondern auf redliche Art finanziert werden sollte.
Ich kann daran nichts Negatives erkennen.
Ich will noch einen Aspekt, der auch diskutiert werden
wird, besonders hervorheben: Wie geht es im nächsten
Jahr weiter? Das beziehe ich jetzt auf diejenigen, die
ebenfalls makroökonomische Daten setzen. Über kurz
oder lang wird es eine Diskussion über die Frage geben,
wie sich Löhne und Gehälter in den nächsten Tarifrun-
den entwickeln.
Die Gewerkschaften auf der einen Seite und die Arbeit-
geber auf der anderen Seite sind Institutionen, die wichtige
makroökonomische Daten setzen. Um allen Diskussionen
zuvorzukommen, will ich sagen: Wer sich einmal anschaut,
wie es im Jahre 2000 ablief, als wir im Vorfeld wilde Spe-
kulationen darüber hatten, wie sich die beiden Seiten ver-
halten würden, und als wir im Nachgang alle miteinander
anerkennen mussten, dass sie sich gesamtwirtschaftlich
außerordentlich vernünftig verhalten haben, der kann doch
aus all dem Positiven, das wir mit der Tarifautonomie in der
Vergangenheit erlebt haben, nur den Schluss ziehen, dass
jene gesamtwirtschaftliche Vernunft, die natürlich gerade
in der Krise nötig ist Sie haben die außenwirtschaftlichen
Risiken zu Recht genannt , auch die Optionen und die
Handlungen der Tarifparteien im nächsten Jahr beeinflus-
sen wird. Ich jedenfalls vertraue den Tarifparteien.
Ich hatte bisher keinen Grund zur Enttäuschung.
Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode 189. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. September 2001
Bundeskanzler Gerhard Schröder
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Zusammengefasst: Wir haben eine gefährliche Situa-
tion das kann niemand ernsthaft bestreiten , die uns
Sorge macht, die uns aber nicht in Angst versetzen sollte
uns hier sowieso nicht, aber auch nicht die anderen Ak-
teure in der Volkswirtschaft: die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer sowie die Verbraucherinnen und Verbrau-
cher. Wir können die Sorgen verstehen; Angst ist aber
überflüssig. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Daten-
kranz unserer Volkswirtschaft so positiv ist, dass wir nach
kurzfristiger Eintrübung sicher damit rechnen können, im
nächsten Jahr ordentliche Wachstumsraten zu erzielen.
Alle Zeichen ungeachtet der Eintrübung, die wir gegen-
wärtig feststellen deuten darauf hin.
Unsere Aufgabe, der wir uns stellen sollten, ist schlicht
und einfach, die positiven Aspekte dieser Entwicklung zu
unterstützen. Wir sollten klar machen ganz im Sinne
dessen, was Sie gesagt haben , dass in jeder Krise auch
eine Chance liegt. Diese Chance sollten wir ergreifen, in-
dem wir wir wollen nicht die Entwicklung schönreden;
das wäre genauso verkehrt nicht ein Gefühl von Sorge
und Angst verstärken, das subjektiv verständlich ist, für
das es aber in diesem Ausmaß objektiv keinen Grund gibt.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir durch internatio-
nale Zusammenarbeit auf politischem und auf ökonomi-
schem Gebiet dieser Krise Herr werden. Ich bin auch davon
überzeugt, dass die internationale Staatengemeinschaft und
die zivilisierte Welt nach dieser Krise enger zusammenge-
wachsen sind und enger zusammenarbeiten als in der Zeit
davor. Dazu einen Beitrag zu leisten sehe ich als Deutsch-
lands Aufgabe und als Aufgabe des gesamten Hauses an.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.