Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen und Kolleginnen!
Wenn man Herrn Hauser zuhört, könnte man fast den Ein-
druck bekommen, man könnte alles so lassen, wie es ist,
und man könnte die Probleme mit der bestehenden Ge-
setzgebung in den Griff bekommen.
Das ist eben nicht so. Deswegen haben sich die Finanz-
minister der Länder auf diesen Entwurf verständigt, der
jetzt in ein Gesetz überführt wird.
Es ist gerade in der heutigen Zeit wichtig, dass wir in
der Steuerpolitik Besonnenheit und auch Augenmaß an
den Tag legen.
Deshalb sollten nur solche Forderungen gestellt werden,
die erfüllbar sind. Dementsprechend dürften derartig kon-
traproduktive Vorwürfe, wie sie von Ihrer Seite gerade in
den letzten Tagen wieder gekommen sind, hier im Parla-
ment im Prinzip nicht diskutiert werden, denn sie sind
verantwortungslos.
Ich sage Ihnen ganz offen Herr Thiele spricht ja nach
mir : Wenn die Vorschläge, die Sie in den letzten Tagen
zur Steuergesetzgebung gemacht haben, umgesetzt wür-
den, würde das bedeuten, dass wir bis 2005 das sage ich
an dieser Stelle noch einmal ganz bewusst Steuermin-
dereinnahmen von 115 Milliarden DM hätten.
Das ist schlichtweg nicht finanzierbar und zeigt den
ganzen Populismus, mit dem die Union und auch die FDP
diese Steuerdebatte in den letzten Tagen geführt haben.
Wir wollen nicht, dass der Stabilisierungspakt aufge-
kündigt wird. Dem haben sich, wie wir wissen Gott sei
Dank , alle Finanzminister der europäischen Länder im
Ecofin angeschlossen. Wir wollen erreichen, dass alle
Länder in Europa eine solide Finanzpolitik mit der da-
zugehörigen Haushaltskonsolidierung beschließen, wie
wir sie immer wieder vorschlagen.
Wir sehen das muss man berücksichtigen ein Licht
am Konjunkturhorizont.
Die Inflationsrate geht zurück. Es ist sehr erfreulich, dass
die EZB diesen Spielraum nutzt und dass sie bereits zwei-
mal die Zinsen gesenkt hat. Damit verfügen die Märkte
über ausreichend Liquidität für eine konjunkturelle
Wende.
Das muss man in der aktuellen Situation auch sagen, denn
Miesmacherei und ein Schlechtreden des Wirtschaftsstand-
ortes Deutschland wirkt sich psychologisch aus und hätte
zur Konsequenz, dass wir im Ausland schlechter dastehen,
als es der Wirklichkeit entspricht. Das haben Sie zu verant-
worten; das bedauere ich sehr.
Wir haben in der letzten Woche im Kabinett eine
maßvolle Steuererhöhung beschlossen. Das bestätigen
übrigens auch Wirtschaftsforschungsinstitute, wie zum
Beispiel das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle
und auch das Hamburger Weltwirtschaftsarchiv. Diese
weisen darauf hin, dass die um 2 Eurocent pro Zigarette
erhöhte Tabaksteuer und die um 1 Prozentpunkt an-
gehobene Steuer auf Sachversicherungen es geht hier
nicht um Lebensversicherungen und Altersvorsorge, son-
dern um Sachversicherungen die Gesamtnachfrage und
auch die Leistungsanreize nur ganz geringfügig beein-
trächtigen würden. Deshalb halten wir die Entscheidung,
Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode 188. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 25. September 2001
Hansgeorg Hauser
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zusätzliche Maßnahmen für die innere und äußere Sicher-
heit durch zusätzliche Steuereinnahmen zu finanzieren,
für richtig.
Es ist keine Alternative, verehrte Kolleginnen und Kol-
legen von der FDP, jetzt wieder mehr Schulden zu ma-
chen. Maßnahmen für mehr Sicherheit müssen heute um-
gesetzt werden. Deswegen müssen sie auch heute bezahlt
werden. Mehr Schulden heute würde den Steuersen-
kungsspielraum für die nächsten Jahre verringern und in
den kommenden Jahren höhere Zins- und Steuerbelastun-
gen verursachen. Diese Politik, die Sie jahrelang betrie-
ben haben, wollen und werden wir nicht fortführen.
Wir haben ja sogar noch das auszubaden, was Sie uns hin-
terlassen haben. Schließlich wären unsere Spielräume an-
sonsten größer.
Weil in den letzten Tagen besonders vonseiten der
CDU/CSU und der FDP Vorhaltungen gemacht wurden,
man könne doch jetzt nicht mit Steuererhöhungen kom-
men, möchte ich in diesem Zusammenhang darauf hin-
weisen und Sie in aller Ruhe daran erinnern das Ge-
dächtnis ist ja bei einigen manchmal sehr kurz bzw. man
will sich nicht mehr erinnern ,
dass wir 1991 in der Bundesrepublik Deutschland eine
ähnliche Situation hatten, in der wir Zusätzliches finan-
zieren mussten, nämlich in Zusammenhang mit dem
Golfkrieg. In dieser für den Haushalt schwierigen Situa-
tion sind Sie auf die glorreiche Idee gekommen, die Ta-
baksteuer und die Versicherungsteuer um 40 Prozent
übrigens zu erhöhen. Außerdem haben Sie die Mine-
ralölsteuer in Schritten erhöht,
die pro Schritt einnahmemäßig vier Schritten bei der Öko-
steuer entsprechen. Auch das wollte ich noch einmal deut-
lich sagen. Schließlich haben Sie den Solidaritätszuschlag
eingeführt.
Das hatte damals zur Konsequenz, dass 27 Milliarden DM
mehr an Steuern eingenommen wurden, von denen Sie
aber nur 10 Milliarden DM wirklich für Maßnahmen zur
inneren und äußeren Sicherheit gebraucht haben.
Ich will damit sagen: Die steuerpolitische Entschei-
dung, die 1991 getroffen wurde, hat in der Konsequenz zu
Steuermehreinnahmen von 27 Milliarden DM geführt,
von denen man aber eigentlich nur 10 Milliarden DM ge-
braucht hat. Den Rest haben Sie im Haushalt versacken
lassen.
Hier gibt es einen Unterschied zu dem, was die jetzige Re-
gierungskoalition macht. Wir haben ein Paket in Höhe
von 3 Milliarden DM beschlossen.
Daran sind auf der Ausgabenseite feste Maßnahmen ge-
knüpft.
Das ist genau der Punkt, warum ich sage, dass wir eine so-
lide und ehrliche Steuer- und Haushaltspolitik im Gegen-
satz zu der, die die CDU/CSU- und FDP-Koalition all die
Jahre betrieben hat, betreiben.
Wir alle, wie wir hier sitzen, von den Kollegen und
Kolleginnen der PDS über die der Fraktionen der SPD,
des Bündnisses 90/Die Grünen und der CDU/CSU bis zu
denen der FDP-Fraktion, haben uns sehr deutlich dafür
ausgesprochen, dass wir Einnahmen aus der Umsatz-
steuer garantieren wollen. Das wollen wir dadurch errei-
chen, dass wir die Entwicklungen der letzten Jahre, dass
nämlich immer mehr Leute betrügerische Geschäfte ge-
macht haben, indem Umsatzsteuergeschäfte zulasten der
Steuereinnahmen und letztendlich zulasten aller Steuer-
bürgerinnen und -bürger abgewickelt wurden, beenden.
Wir nehmen bei der Umsatzsteuer durch Betrug jedes Jahr
rund 23 Milliarden DM weniger ein. Diese 23 Milliar-
den DM würden wir, wie durch die Gesetzesänderung
jetzt vorlegt worden ist, viel lieber über die Steuer ein-
nehmen und als Entlastung an die Bürger und Bürgerin-
nen weitergeben.
Sicher ist da braucht man sich nichts vorzumachen :
Es wird kaum möglich sein, kriminelle Geschäfte bei der
Umsatzsteuer völlig zu unterbinden, ohne dass die Bedin-
gungen für die steuerehrlichen Bürger und Bürgerinnen
und Unternehmer verschärft werden. Das ist genau die
Debatte, die wir jetzt führen: Egal, ob man mehr Finanz-
beamte oder -beamtinnen einsetzt oder ob man die Prü-
fungsbedingungen des Fiskus verbessert, immer betreffen
diese Maßnahmen auch die Ehrlichen, die man eigentlich
ja nicht treffen will.
Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode 188. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 25. September 2001
Christine Scheel
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Herr Hauser, wir müssen hier die Frage beantworten,
die sich uns bei der Umsatzsteuer, aber aktuell auch in vie-
len anderen Bereichen wie bei der inneren Sicherheit oder
der Zinsbesteuerung stellt: Welcher Eingriff in den per-
sönlichen oder in den unternehmerischen Handlungsrah-
men ist bezogen auf das Ziel, auf der einen Seite mehr
Freiheit sicherzustellen, auf der anderen Seite mehr Ehr-
lichkeit und die Sicherung der Steuereinnahmen zu errei-
chen, angemessen? Genau auf diesem Grat müssen wir
uns bewegen.
Es ist ganz unbestreitbar für viele, auch für die steuer-
ehrlichen Unternehmen, ein unangenehmer Eingriff,
wenn Finanzbeamte zukünftig das Recht haben, unange-
meldet in den Geschäftsräumen des Unternehmens aufzu-
tauchen und die Umsatzsteuerunterlagen zu prüfen. Aber
ich bitte Sie: Wenn man eine Prüfung vornehmen will,
dann kann man sich nicht eine Woche vorher zum Kaffee
anmelden und davon ausgehen, dass alle Unterlagen dann
noch da sind.
Das müssen wir doch wissen. Dementsprechend müssen
wir hier Regelungen finden, um die Umsatzsteuersünder
aufzuspüren und zur Steuerzahlung mit heranzuziehen.
Wir wahren die Betriebssphäre der steuerehrlichen Un-
ternehmen und schützen die steuerehrlichen Unterneh-
men vor betrügerischen Wettbewerbsverzerrungen. Man
darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen: Es be-
steht eine Konkurrenz unter den Unternehmen; sie ver-
schaffen sich gegenüber den anderen einen Vorteil. Auch
das muss, im Sinne einer guten und gerechten Wirt-
schaftsordnung, die wir uns in diesem Land alle wün-
schen, mitgeregelt werden.
Mit der Fortführung der Unternehmensteuerreform
erleichtern wir der Minister hat das eben angesprochen
Umstrukturierungen und modernisieren Vorschriften zur
Organschaft und zum Außensteuerrecht. Dies bedeutet eine
Reihe von durchgreifenden Verbesserungen, gerade für die
mittelständischen Unternehmen. Insgesamt bringt das Ge-
setz Steuerentlastungen von rund 500 Millionen DM.
Es ist ein gutes Signal, auch für die mittelständische
Wirtschaft, dass wir trotz der schwierigen konjunkturellen
Situation, trotz der Anforderungen, die sich uns bei der in-
neren und äußeren Sicherheit stellen, für den Mittelstand
Entlastungen beschließen können. Ich glaube, dass das
honoriert wird.
Vielen Dank.