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ID1418702200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Regierungserklärung: Terror- anschläge in den USA und Beschlüsse des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18301 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 18301 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 18305 A Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18307 B Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 18309 D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18312 A Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18315 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18316 D Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 18318 C Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA . . . . . . 18320 D Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 18322 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . . 18324 B Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 18325 C Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 18327 D Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 18329 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 18332 D Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18335 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 18337 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18337 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18340 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 18341 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur namentlichen Abstim- mung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18341 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicher- heitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 B Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungser- klärung des Bundeskanzlers zu den Terroran- schlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 C Plenarprotokoll 14/187 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 187. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 I n h a l t : Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk und Christian Simmert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schießungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 C Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christa Nickels, Ulrike Höfken, Grietje Bettin, Sylvia Voß und Steffi Lemke (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstim- mung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 A Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanz- lers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 B Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 Vizepräsidentin Anke Fuchs 18340 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 18341 (C) (D) (A) (B) Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 19.09.2001 Gila DIE GRÜNEN Brandt-Elsweier, Anni SPD 19.09.2001 Brinkmann (Hildes- SPD 19.09.2001 heim), Bernhard Caesar, Cajus CDU/CSU 19.09.2001 Dr. Doss, Hansjürgen CDU/CSU 19.09.2001 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 19.09.2001 Joseph DIE GRÜNEN Frankenhauser, CDU/CSU 19.09.2001 Herbert Dr. Friedrich CDU/CSU 19.09.2001 (Erlangen), Gerhard Friedrich (Altenburg), SPD 19.09.2001 Peter Götz, Peter CDU/CSU 19.09.2001 Haupt, Klaus FDP 19.09.2001 Hauser (Bonn), CDU/CSU 19.09.2001 Norbert Hohmann, Martin CDU/CSU 19.09.2001 Hornung, Siegfried CDU/CSU 19.09.2001 Jung (Düsseldorf), SPD 19.09.2001 Volker Dr. Küster, Uwe SPD 19.09.2001 Lehn, Waltraud SPD 19.09.2001 Lensing, Werner CDU/CSU 19.09.2001 Lewering, Eckhart SPD 19.09.2001 Nolte, Claudia CDU/CSU 19.09.2001 Rehbock-Zureich, SPD 19.09.2001 Karin Dr. Riesenhuber, CDU/CSU 19.09.2001 Heinz Dr. Schmidt-Jortzig, FDP 19.09.2001 Edzard Schmitt (Berg), Heinz SPD 19.09.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 19.09.2001 Hans Peter Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 19.09.2001 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 19.09.2001 Späte, Margarete CDU/CSU 19.09.2001 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 19.09.2001 Stünker, Joachim SPD 19.09.2001 Weisheit, Matthias SPD 19.09.2001 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 19.09.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 19.09.2001 Wolff (Wolmirstedt), SPD 19.09.2001 Waltraud Dr. Zöpel, Christoph SPD 19.09.2001 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur nament- lichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Warum ich mit „Nein“ gestimmt habe. Auf einem Transparent vor der amerikanischen Bot- schaft der USA in Berlin steht die Aufforderung: „De- mocratic civilized revenge“. Dass auf die menschenver- achtenden Anschläge der Terroristen in New York und Washington eine unmissverständliche gezielte Antwort gegeben werden muss, steht für mich außer Frage. Auch ich unterstreiche die Erklärung der NATO sowie die Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 12. September 2001. Es ist gut, dass die Bundesrepu- blik Deutschland bei ihrer besonderen Vergangenheit in diese Vertragswerke eingebunden ist. Nur so hat sie die Möglichkeit der Einflussnahme, die genutzt werden muss. Leider ist die Sprache, die von führenden Politikern in diesen hektischen Tagen benutzt wird, verwirrend oder verräterisch. Die Sichtweise des stellvertretenden Vertei- digungsministers der USA auf „ending states“ macht be- sorgt. Das Wort „Krieg“ im Zusammenhang mit den ter- roristischen Verbrechen liefert „Wasser auf die Mühlen“ der Terroristen. Diese Terroristen sind Verbrecher, müssen zur Verantwortung gezogen und dürfen nicht zu Kriegs- gegnern hochstilisiert werden. Es besteht die Gefahr einer „selffulfilling prophecy“. entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht In der vorliegenden Entschließung (Punkt 7) wird nun auf die „uneingeschränkte Solidarität“ verwiesen und die „Bereitstellung militärischer Fähigkeiten“ in Aussicht ge- stellt. Diese Begriffe beinhalten zum Beispiel die Mög- lichkeit der Bereitstellung von Bundeswehrsoldaten zum direkten Einsatz in Afghanistan oder dem Irak und ande- res mehr. Hiermit würde für mich der „Rubikon“ zur Ter- rorismusbekämpfung überschritten werden. Die Gefahr, dass wir – wie 1914 – in einen Weltkrieg „hineinschlid- dern“, ist im Bereich des Möglichen. Davor will ich war- nen. Auch wenn ein möglicher Militäreinsatz der Bun- deswehr im Parlament noch einmal zusätzlich zur Abstimmung gestellt werden muss, könnten diese Begriffe später als Hinweise auf diese Option ausgelegt werden. Für mich ist diese Problematik – wie auch der Mazedonieneinsatz der Bundeswehr – eine Gewissens- frage. Bekanntlich soll man den Anfängen wehren und bei wichtigen Entscheidungen stets das Ende bedenken. Ich bin sicher, dass eine denkbare weitere Abstimmung im Parlament zu konkreten Bundeswehreinsätzen dann für andere ebenfalls auch zur Gewissensfrage wird. Aufgrund meiner Erfahrung und Erkenntnis liegt diese Reiz- schwelle niedriger. Wichtig zur Bekämpfung des Terrorismus in der Welt sind aus meiner Sicht ebenfalls enge Kooperation zwi- schen USA, Russland, China und allen friedliebenden Staaten; die Einhaltung internationaler Verträge und Ab- sprachen; das stärkere Engagement der großen In- dustrienationen zur Verhinderung von grauenhaften krie- gerischen Konflikten sowie wirklich politische und wirtschaftliche Hilfe für die ärmsten und sich entwi- ckelnden Länder in der Welt. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungs- erklärung des Bundeskanzlers zu den Terroran- schlägen in den USA und den Beschlüssen des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Bei allem Erschrecken über den Terroranschlag muss man nüchtern feststellen: Wir befinden uns nicht im Krieg. Amerika gehört unsere volle Solidarität und auch die Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus, un- abhängig von der Frage des Bündnisfalles. Es kann aber keinen Automatismus für von den USA getroffene mili- tärische Einsätze für die Bundeswehr geben. Der Bundes- tag hat jeweils die Maßnahmen, die die Bundeswehr zu er- greifen hat, zu bestimmen. Es wäre für uns Abgeordnete sicherlich leichter, eine generelle Zustimmung zu erteilen, doch so einfach können und dürfen wir es uns nicht machen. Ich stimme der gemeinsamen Resolution zu, um damit zu demonstrieren, dass Bündnis keine einseitige Angele- genheit ist und Solidarität keine Einbahnstraße. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüs- sen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Ich habe mich in der Abstimmung der Stimme enthal- ten, da ich die in Absatz 7 des Entschließungsantrages im- plizierte Öffnung zu einer militärischen Bekämpfung des internationalen Terrorismus in der Sache für nicht erfolg- versprechend halten kann. Bei meiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit den Ursachen des Terrorismus, seinen Täterbiografien, seiner potenziellen Eskalationsgefahr und den vorliegenden internationalen Erfahrungen mit militärischer Terrorismusbekämpfung habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass der Terrorismus militärisch nicht besiegbar ist. Umso mehr unterstütze ich die sonsti- gen in dem Antrag genannten positiven Ansätze und Stra- tegien, insbesondere alle Bemühungen der Bundesre- gierung und insbesondere des Bundesaußenministers, den Zentralkonflikt der islamischen Welt im Nahen Osten politisch zu befriedigen. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk und Christian Simmert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers zu den Ter- roranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen so- wie der NATO (Drucksache 14/6920) Wir haben in der Fraktionssitzung vom 12. September 2001 dem Beschluss des Parteirates von Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt und teilen seine Intention: solidarisch im NATO-Bündnis auf eine besonnene und effiziente Strategie in der Bekämpfung des Terrorismus hinzuwir- ken. „Angesichts der terroristischen Angriffe auf US-Bür- gerinnen und Bürger können wir der Inanspruchnahme des Bündnisfalles nicht widersprechen.“ Mit dieser Zu- stimmung zum Bündnisfall haben wir den Weg eröffnet, über verschiedene Konsultationsprozesse auf die USA einzuwirken und ein besonnenes und angemessenes Ver- halten zu erreichen. Diesen Weg haben wir beschritten und wir halten ihn für richtig. Der heute zu beschließende interfraktionelle Antrag zur Erklärung der Bundesregierung betreffend „Terroran- schläge in den USA und Beschlüsse des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen sowie der NATO“ eröffnet aus un- serer Sicht hingegen den Weg zu einem Vorratsbeschluss zur Zustimmung für „uneingeschränkte Solidarität“, aus der die Zustimmung für militärische Unterstützung resul- tieren kann, und aus der wiederum eine Zustimmung zu Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 200118342 (C) (D) (A) (B) möglichen Einsätzen der Bundeswehr abgeleitet werden kann. Augenblicklich fehlen die Informationen über kon- krete Handlungsanforderungen. Die Grundlage, auf der über die „uneingeschränkte Solidarität“ entschieden wer- den soll, ist also nicht geklärt. Auf der anderen Seite muss der Deutsche Bundestag den USA weiterhin Unterstützung und Solidarität entge- genbringen. Darüber hinaus muss die Bundesrepublik Deutschland weiterhin zur friedlichen Lösung des Nah- ostkonfliktes beitragen. Auch dies macht der Antrag deut- lich. In Abwägung dieser Punkte werden wir uns in der Ab- stimmung über den Antrag enthalten. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO derAbgeordneten Christa Nickels, Ulrike Höfken, Grietje Bettin, Sylvia Voß und Steffi Lemke (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Der Terrorakt, der das amerikanische Volk tief getrof- fen hat, ist auf das Schärfste zu verurteilen. Den Hin- terbliebenen, Verletzten und Geschädigten gilt unsere ganze Solidarität und Anteilnahme. Wir stimmen dem interfraktionellen Entschließungsan- trag des Deutschen Bundestages in der Gewissheit zu, dass die von der Bundesregierung bekundete uneingeschränkte Solidarität mit den Vereinigten Staaten von Amerika kei- nen Raum für eine Geisteshaltung von Rache und Vergel- tung eröffnet und dass die Erkenntnis, dass Terrorismus mit militärischen Mitteln nicht zu besiegen ist, Eingang in die Strategie zu dessen Bekämpfung findet. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) zur namentlichen Abstimmung über den Entschlie- ßungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Druck- sache 14/6920) Ich habe wie die große Mehrheit meiner Fraktion dem Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP nicht zugestimmt – weil unsere Sorgen, dass die NATO in ihrer Erklärung vom 12. September 2001 die Priorität beim Militär angesiedelt hat, nicht ausgeräumt wurden – im Gegenteil –; weil wir befürchten, dass aus der Bereitstellung geeigneter militäri- scher Fähigkeiten der Einsatz dieser Fähigkeiten werden wird; weil in der Entschließung nicht ein Wort zur Be- kämpfung der sozialen Ursachen des Terrorismus – Hun- ger, Armut, Unterdrückung, eine sozial ungerechte und nicht demokratische Weltwirtschaftsordnung – gesagt wird, was bedauerlich und unverständlich ist. Andere Punkte des Entschließungsantrages – genauer gesagt: sieben von zehn Punkten – finden meine Zustim- mung ebenso wie die meiner Fraktion. Deshalb haben sich einige Abgeordnete der PDS der Stimme enthalten. Ihre Abwägung ist anders ausgefallen, auch wenn sie unsere Kritik, die ich dargelegt habe, vollständig und ohne Ein- schränkung teilen. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur na- mentlichenAbstimmung überden Entschließungs- antrag zu der Regierungserklärung des Bundes- kanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates derVereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Ich habe mich der Stimme enthalten. Ich möchte das hier kurz begründen: Die Punkte 1 bis 5 sowie 8 und 9 des von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten Antrags finden meine Zustimmung. Punkt 6 will feststellen, dass unter Umständen „der ter- roristische Angriff vom 11. September 2001 gegen die Vereinigten Staaten als Handlung im Sinne des Artikels 5 des Washingtoner Vertrages zu gelten“ habe. Diese Mei- nung teile ich nicht, zumal ja das Bundesverfassungs- gericht noch nicht entschieden hat, ob die Zustimmung der Bundesregierung zur 1999 erfolgten Änderung des NATO-Vertrages rechtskräftig war. Im Punkt 7 wird unter anderem „die Bereitstellung ge- eigneter militärischer Fähigkeiten“ zur Unterstützung der Bekämpfung des internationalen Terrorismus unterstützt. Das lehne ich aber ab. Um weder die positiven Aspekte zu negieren noch die aus meiner Sicht abzulehnenden Punkte zu ignorieren, enthalte ich mich bewusst der Stimme. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 18343 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Scharping


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Gefühle
    beschäftigen die Menschen in Deutschland besonders
    stark: das Gefühl des Mitempfindens, der Solidarität, des
    Zusammenstehens auf der einen Seite und das Gefühl von
    Angst, Unsicherheit, Sorge vor Terror und Krieg auf der
    anderen Seite. Das Zweite berührt die Sorgen um die Si-
    cherheit und die Freiheit des eigenen Lebens.

    Wenn wir nicht verstehen – diese Debatte macht ein-
    drücklich deutlich, wie gut wir es verstehen –, dass dieser
    Angriff ein Angriff auf uns alle war, ein Angriff auf unser
    Leben, unsere Würde sowie auf unsere Vorstellungen von
    einem friedlichen Zusammenleben und einem friedlichen
    Austragen von Konflikten, ein kalt geplanter, menschen-
    verachtend ins Werk gesetzter, gut organisierter und leider
    auch wirkungsvoll finanzierter Angriff, dann können wir
    die umfassende Antwort, die jetzt notwendig ist, nicht
    entwickeln.

    Unsere Antwort entscheidet darüber, ob wir die Kraft
    finden, ökonomisch und kulturell, sozial und finanziell
    – auch unter Einsatz militärischer Mittel – dem interna-
    tionalen Terror mit seiner Brutalität, Gewalt und Men-
    schenverachtung eine möglichst enge Grenze zu ziehen.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Er redet wie das Sandmännchen!)


    Sie entscheidet zuletzt auch darüber, ob wir die Entwick-
    lung bestimmen oder ob wir es einem blutigen Terroris-
    mus überlassen wollen, zu entscheiden, wann und wo
    Menschen erneut in den Tod gerissen werden. Es gibt in
    meinen Augen überhaupt keine andere Alternative, als
    diese Grenze umfassend, kraftvoll und wirkungsvoll zu
    ziehen.

    Wenn ich von einer umfassenden Antwort spreche, ist
    dem, was der Bundeskanzler in seiner Regierungser-
    klärung gesagt hat, nichts hinzuzufügen


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Dann wäre ich sitzen geblieben!)


    außer einem Gedanken: Das alte Denken in den Katego-
    rien des Ost-West-Konfliktes, einschließlich seiner anti-
    amerikanischen Chiffren und Sentiments, ist endgültig
    passé.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Im Lichte dieser Bedrohung, die nicht neu ist, deren
    Qualität, Umfang und Wirkungsweise jetzt aber so ent-
    setzlich sichtbar geworden sind, wird vielleicht verständ-
    licher, was die Staats- und Regierungschefs der NATO
    schon 1999 in Washington formuliert haben, nämlich dass
    Krisenprävention, umfassende Sicherheitspolitik und, in
    sie eingeschlossen, der Kampf gegen den internationalen
    Terror gemeinsame Aufgaben sind. Insofern geht es nicht
    nur um eine umfassende Antwort, es geht auch um eine
    entschiedene, das heißt zielgerichtete, angemessene und
    maßvolle Antwort.

    Willy Brandt hat in seinen Erinnerungen im Zusam-
    menhang mit Frieden und Friedensbewahrung geschrie-
    ben, dass es gerade für Deutschland nach der Einheit nicht
    mehr darum gehen könne, alleine verbale Beiträge zu leis-
    ten; es gehe um mehr: Wir stehen vor einer Entscheidung,
    die sehr ernst sein wird und sich nicht auf verbale Beiträge
    beschränken kann und darf.

    Das wirft die Frage auf, ob wir gemeinsam die Fähig-
    keiten haben, diese Antwort zu geben. Diese Fähigkeiten
    sind in der Strategie der NATO und in den daraus ent-
    wickelten Anforderungen an die Streitkräfte beschrieben.
    Sie konsequent, ohne zeitlichen Verzug und ohne inhaltli-

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Dr. Wolfgang Gerhardt

    18324


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    che Abstriche umzusetzen ist die praktische Verwirkli-
    chung dessen, was unser gemeinsames Interesse an Si-
    cherheit und unser gemeinsamer Wille zur Bewahrung
    von Frieden, Freiheit und rechtsstaatlicher Demokratie
    praktisch bedeuten.

    Die Bundesrepublik Deutschland kann dazu einen Bei-
    trag leisten. Dieser Beitrag wird von ihr erwartet. Nicht
    allein deshalb, sondern auch weil es in unserem ureigens-
    ten Interesse als freiheitlicher Demokratie liegt, dass nicht
    andere nach ihrer menschenverachtenden Ideologie oder
    ihrem menschenverachtenden Fanatismus entscheiden,
    welches freiheitliche und demokratische Land jeweils
    Ziel ihrer Angriffe ist, werden wir ihn leisten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es wird im Übrigen nüchtern zu prüfen sein, ob wir den
    schon vorhandenen Fähigkeiten schnell neue hinzufügen
    müssen. Das gilt auch im Sinne der jetzt notwendigen um-
    fassenden Antwort und beschränkt sich beileibe nicht auf
    die Erneuerung der Bundeswehr alleine. Aber dazu wird
    noch an anderer Stelle der Debatte etwas gesagt werden.
    Ich möchte nur deutlich machen: Es geht nicht nur darum,
    die USA – wie manche sagen – zu unterstützen, sondern
    darum, die Chance, die die Tragödie in den USA bietet
    – davon haben einige in dieser Debatte zu Recht gespro-
    chen –, zu nutzen, den jeweiligen nationalen Identitäten
    eine globale und zivilisatorische Identität hinzuzufügen
    und eine gemeinsame Antwort auf jenen mittelalterlichen
    und vordemokratischen Geist zu entwickeln, der sich
    – frei von jeder Vorstellung von der Würde des einzelnen
    Menschen – in Europa mit fürchterlicher Brutalität im
    Dreißigjährigen Krieg und während der faschistischen
    Zeit ausgetobt hat und der sich jetzt kaltblütig der techni-
    schen Möglichkeiten der Zivilisation des 21. Jahrhunderts
    bedient. Diese Antwort muss, wie gesagt, umfassend, ent-
    schieden, klar und angemessen sein.

    Wir alle haben uns in den 50 Jahren, in denen wir in die
    westlichen Demokratien und ihre Gemeinschaften hinein-
    gewachsen sind, nicht vorstellen können, dass der Bünd-
    nisfall der NATO zum ersten Mal wegen und zum Schutz
    der gemeinsamen Werte, ausgelöst durch einen Angriff
    auf die USA, erklärt werden muss. Wir haben uns in den
    letzten 50 Jahren auf die Solidarität der westlichen De-
    mokratien verlassen. Das war gut für Deutschland. Also
    haben die westlichen Demokratien und insbesondere die
    Vereinigten Staaten einen Anspruch darauf, dass wir jetzt
    mehr tun, als sie nur zu unterstützen. Das wäre schon viel.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Aber wir müssen gemeinsam eine Antwort geben, wis-
    send, dass diejenigen, die über mehrere Jahrzehnte für uns
    eingestanden sind, jetzt einen Anspruch darauf haben,
    dass wir mit ihnen gemeinsam für unsere Interessen und
    für unsere Wertvorstellungen eintreten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das wird sehr harte und ernste Entscheidungen erfor-
    derlich machen. Ich hoffe – das sage ich auch im Interesse
    der Soldaten und ihrer Familien –, dass der Ernst, die Ent-

    schlossenheit und die Gemeinsamkeit, die in diesen Tagen
    in diesem Hohen Hause sichtbar geworden sind, auch alle
    anderen notwendigen Entscheidungen tragen werden.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich erteile
das Wort der Kollegin Dr. Angela Merkel für die Fraktion
von CDU und CSU.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Angela Merkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident!
    Meine Damen und Herren! „Wir werden das World Trade
    Center wieder aufbauen“ – der New Yorker Bürgermeister
    Rudolph Giuliani hat diesen Satz vor ein paar Tagen ge-
    sagt. Inmitten der größten Katastrophe, die Amerika je
    heimgesucht hat, inmitten all der Zerstörung, inmitten all
    des Leids, der Toten und der Verletzten sagt er ein wenig
    trotzig, vor allem aber entschlossen und mutig: „Wir wer-
    den das World Trade Center wieder aufbauen.“


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


    Wie wir die Amerikaner kennen, werden sie es wahr-
    scheinlich größer und schöner bauen als je zuvor. Das im-
    poniert mir, das imponiert vielen Menschen.

    Damit kein Missverständnis aufkommt: Es kann nie-
    mand sagen, dass die Menschen in den Vereinigten Staa-
    ten bei dem, was sie erlebt haben, und bei dem, was
    geschehen ist, nicht mindestens so viel Verzweiflung
    empfinden wie wir. Es kann niemand sagen, dass die Müt-
    ter und Väter in den USA oder in Großbritannien nicht die
    gleichen Ängste haben wie die Mütter und Väter in
    Deutschland – vor dem, was geschehen ist, aber auch vor
    dem, was jetzt kommen mag. Ich will hinzufügen: Ich
    finde diese Angst verständlich. Sie drückt die Fassungs-
    losigkeit aus. Sie ist ein Maß für die Ungewissheit über
    das, was kommt. Sie lässt bei vielen Erinnerungen wieder
    aufkommen oder aber Gelesenes fast real erscheinen.

    Ich bin aber fest davon überzeugt: Angst darf nicht un-
    ser Ratgeber sein. Deshalb hat Giuliani etwas ganz Be-
    sonderes geschafft. Er hat ausgedrückt, was es bedeutet,
    den Sieg der Freiheit gegenüber dem Terror durchzuset-
    zen. Diese Worte von Giuliani fassen für mich die Ent-
    schlossenheit zum Sieg der Menschenwürde gegenüber
    der Barbarei in Worte. Sie stehen auch in der Stunde der
    größten Not dafür, dass wir nicht kapitulieren vor Feigheit
    und Zerstörungswut.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Das ist der Geist, der die Menschen nicht im Gesche-
    henen gefangen nimmt, sondern der sie aus Trauer und
    Verzweiflung wieder ausbrechen lässt. Das ist der Geist
    einer Debatte, die der Zukunft zugewandt ist. Das ist der
    Geist, den ich mir auch für die kommenden Debatten in
    Deutschland wünsche und der auch von der heutigen De-
    batte ausgehen muss; denn verantwortungsbewusste Poli-
    tik – ob in der Regierung oder in der Opposition – war und
    bleibt immer eines: die Gestaltung der Zukunft. Es ist
    vielleicht ein oft dahingesagtes Wort, aber es sollte gerade

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Bundesminister Rudolf Scharping

    18325


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    auch in den kommenden Wochen der Kern unseres Han-
    delns bei allen Entscheidungen – ob im Nordatlantischen
    Bündnis oder in der Europäischen Union, ob in der Re-
    gierung oder in der Opposition – sein: jeder in seiner
    Rolle, jeder an seinem Platz. Genau deshalb nehmen wir
    als Union unsere Aufgabe als kritischer Wächter, aber
    auch als zuverlässiger Begleiter der Bundesregierung sehr
    energisch und konsequent wahr.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Es ist richtig, dass das, was am 11. September stattge-
    funden hat, eine Kriegserklärung an die zivilisierte Welt
    ist. Der 11. September war eine Zäsur. Heute sind wir
    dabei, zum ersten Mal auch über die Konsequenzen und
    Folgerungen zu beraten. Es geht dabei um sehr konkrete
    Konsequenzen in wirtschaftlicher Hinsicht, in politischer
    Hinsicht, in diplomatischer Hinsicht und – um das ganz
    ausdrücklich hinzuzufügen – auch in militärischer Hin-
    sicht. Es geht darum, dass wir einer vollkommen neuen
    Lage gegenüberstehen.

    Es ist in den letzten Tagen viel von Dankbarkeit, ja
    sogar von Schuld die Rede gewesen, in der gerade wir
    Deutschen nach 50 Jahren Beistand durch die Amerikaner
    gegenüber den USA stünden. Das ist ohne Zweifel rich-
    tig. Aber wäre es das allein, es würde auf Dauer nicht tra-
    gen. Eine wahre Freundschaft lebt auch, aber nicht allein
    von Dankbarkeit. Wahre Freundschaft lebt von ihrer Trag-
    fähigkeit für die Zukunft.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Der Bundeskanzler hat deshalb Recht, wenn er von un-
    eingeschränkter Solidarität mit den NATO-Partnern
    und den USA spricht. Er hat Recht, wenn er sagt: Es darf
    nicht heißen „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht
    nass“. Deshalb füge ich hinzu: Eine tragfähige Partner-
    schaft zwischen den Staats- und Regierungschefs inner-
    halb des Bündnisses der NATO, der Europäischen Union
    und darüber hinaus gründet diese uneingeschränkte Soli-
    darität auf Selbstbewusstsein zwischen den Partnern. Eine
    tragfähige Partnerschaft gründet diese Solidarität auf ak-
    tives Engagement für den anderen. Eine tragfähige Part-
    nerschaft gründet diese Solidarität auf Taten und nicht
    alleine auf Worte.

    Meine Damen und Herren, wenn dieser 11. September
    eine Zäsur markiert, wenn dieser 11. September ein Tag
    war, der für die Geschichte des 21. Jahrhunderts eine aus-
    schlaggebende Bedeutung hat – ich glaube das –, dann geht
    es darum, den Gegner genau zu erkennen, und dann geht es
    darum, die Ordnung für das 21. Jahrhundert zu finden.

    Nach der Beendigung des Kalten Krieges, Ende der
    80er-, Anfang der 90er-Jahre, gab es Aufsätze und Bücher,
    in denen wichtige Autoren vom Ende der Geschichte ge-
    schrieben haben. Wir wissen heute: Die Bedrohungen des
    21. Jahrhunderts haben spätestens am 11. September ein
    klares Gesicht bekommen. Wir haben keine Illusionen
    mehr über die Gefahren unseres Jahrhunderts. Niemand
    kann mehr sagen, er habe es nicht gesehen. Alle Warnun-
    gen vor solchen Gefahren sind durch die Realität über-
    troffen worden.

    Deshalb ist es so wichtig, dass wir versuchen, aus die-
    ser großen Krise auch eine Chance zu machen. Es geht um
    nicht mehr und nicht weniger als um den Aufbau einer Ar-
    chitektur des 21. Jahrhunderts. Mit Sicherheit
    – keine Frage – ist dies eine globale Architektur. Für mich
    ist in den letzten Tagen noch einmal ganz deutlich gewor-
    den, wie sehr die zwei Seiten einer Medaille zusammen-
    hängen: die politische Demokratie und die wirtschaftliche
    Ordnung einer globalen Welt. Wir haben dies in Deutsch-
    land immer wieder erlebt. Freiheitliche Demokratie und
    soziale Marktwirtschaft waren zwei Seiten einer Erfolgs-
    geschichte. Genauso wird es in einer globalen Welt sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Von den Gegnern der Globalisierung haben wir so viel
    Kritisches über die Globalisierung gehört. Ich kann nur
    sagen: In der letzten Woche hat die Wirtschaftsordnung
    eine schwere Bewährungsprobe bestanden. Das gemein-
    same besonnene Vorgehen von amerikanischer Noten-
    bank und Europäischer Zentralbank hat dazu geführt, dass
    diese Wirtschaftsordnung im Rahmen des Möglichen ei-
    nigermaßen stabil blieb. Das war ein Riesenerfolg. Wenn
    der Euro seine erste Bewährungsprobe bestanden hat,
    dann war dies in der letzten Woche. Wir können dankbar
    sein, dass wir ihn haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Jetzt geht es um eine neue politische Ordnung.
    Kerstin Müller hat gesagt: Es wird nichts mehr so sein,
    wie es war. Ich halte das für falsch. Die Werte, auf die wir
    diese Ordnung gründen, werden die gleichen Werte blei-
    ben wie vor dem 11. September. Es sind die Werte der
    Freiheit, der Gerechtigkeit und der Solidarität.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Aber wir werden die Linien neu ziehen müssen. Wir wer-
    den sehr klar sagen müssen, wo die Unterschiede liegen.
    Sie werden gezogen werden zwischen Demokratie und
    Diktatur, zwischen Achtung der Menschenwürde und ih-
    rer Missachtung, zwischen Freiheit und Unfreiheit.


    (Joachim Poß [SPD]: Auch nicht neu!)


    Jeder im internationalen Rahmen und jeder bei uns zu
    Hause wird gefragt werden, wie er sich zu diesen Linien
    stellt. Da wird es keine Halbheiten geben, da wird es keine
    Ausflüchte geben. Deshalb wird sich die Staatengemein-
    schaft in dieser Krisensituation auch neu ordnen. Es geht
    nicht nur um eine neue Architektur der NATO, es geht ge-
    nauso um eine neue Architektur von Allianzen, die in den
    nächsten Tagen und Wochen ihre Bewährungsproben zu
    bestehen haben. Ich halte die Resolution des UN-Sicher-
    heitsrates für einen ersten Vorboten dieser neuen Archi-
    tektur. Aber sie muss sich bewähren und das wird in der
    Praxis erfolgen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Meine Damen und Herren, national heißt das für uns
    auch vieles. Es heißt auf der einen Seite, dass sich jeder in
    diesem Lande, in jeder Vereinigung, in jeder Partei, ent-
    scheiden muss, wie er sich zu den Grundwerten unserer

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Dr. Angela Merkel

    18326


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Ordnung stellt. Ich wünsche mir, dass gerade auch die
    Vertretungen der ausländischen Bürgerinnen und Bürger
    in unserem Lande diese Trennlinie sehr klar ziehen. Das
    würde unserer Gemeinsamkeit im Lande und der Integra-
    tion sehr helfen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Es wird für uns heißen, dass wir nicht werden warten
    können, bis jemand auf uns zukommt und uns um etwas
    bittet. Vor allen Dingen werden wir nicht die Attitüde ein-
    nehmen können, dass der Kelch an uns vielleicht vorüber-
    gehe. Es geht in dieser Stunde um die Fragen: Welche
    Rolle wird Deutschland in der Welt des 21. Jahrhunderts
    spielen? Werden wir in der Lage sein, entsprechend un-
    serer ökonomischen Kraft auch eine politische Kraft in
    dieser Weltordnung zu sein?


    (V o r s i t z: Vizepräsidentin Anke Fuchs)


    Es ist unser ureigenes Interesse, zu klären, inwieweit
    wir in diesen Wochen und Monaten zu dem bereit sind,
    was nach Art. 5 des NATO-Vertrages von uns mit großer
    Wahrscheinlichkeit verlangt werden wird, nämlich die
    Ausübung und Auslebung des Bündnisfalles. Es ist das
    erste Mal, dass wir nach dem Ende des Kalten Krieges
    – unserem ureigenen Interesse als wiedervereinigtes Land
    folgend – für Freiheitlichkeit einstehen können.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ich sage dies so betont, weil ich weiß, dass in den
    neuen Bundesländern viele Menschen keine Dankbarkeit
    für 50 Jahre NATO fühlen, wie das in den alten Bundes-
    ländern der Fall ist. Aber auch mit diesen Menschen wer-
    den wir darüber sprechen, dass es keine freiheitliche Ord-
    nung in der Bundesrepublik Deutschland geben wird,
    wenn wir jetzt die Zeichen der Zeit verschlafen. Es ist für
    mich keine Petitesse, wenn der Regierende Bürgermeister
    von Berlin in dieser Auseinandersetzung von „Stellvertre-
    terkriegen“ spricht. Es sind keine Stellvertreterkriege,
    sondern es waren Angriffe auf unsere ureigenen Werte;
    deshalb dürfen wir uns nicht anders verhalten als andere.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Herr Staatsminister Volmer – als solcher scheinen Sie
    gesprochen zu haben –, wenn Sie hier, abweichend von
    dem, was der Bundeskanzler gesagt hat, und sogar ab-
    weichend von Ihrem eigenen heute abwesenden Minister,
    darum bitten, dass die militärischen Aktionen kurz
    seien, dann kann das nicht der Maßstab sein. Der Maßstab
    muss die Frage sein, ob wir unsere Werte wie die Freiheit
    erfolgreich verteidigen und mit welchen Mitteln dies am
    besten gelingt. Deutschland hat dabei nicht darüber zu
    entscheiden, ob ihm die Vorgehensweise der USA passt
    oder nicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Wir dürfen weder Wut noch Angst haben; das dürfen
    nicht unsere Ratgeber sein. Sicherlich ist es auch richtig,
    dass Besonnenheit gefragt ist. Die Diskussionen der
    nächsten Wochen deuten sich aber schon an. Wenn in die-
    sen Tagen von Besonnenheit gesprochen wird, dann spüre
    ich durch viele Ritzen, dass dahinter ein ganz unter-
    schiedliches Verständnis steht. Besonnenheit kann Ent-

    schlossenheit, Mut und richtiges Handeln mit kühlem
    Kopf bedeuten. Wenn Besonnenheit jedoch Wankel-
    mütigkeit bedeutet, dann ist dies nicht unser Verständnis.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


    Es muss eine Besonnenheit sein, bei der klar wird, dass
    wir nicht nur wissen, was wir nicht wollen oder wovor wir
    uns fürchten, sondern auch wissen, was wir anstreben und
    wozu wir uns entschließen. Das ist das Allerwichtigste.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    In den nächsten Wochen wird es um diese Fragen gehen.

    Ich sage auch: So wie wir den Schulterschluss mit der
    Regierung in dem Kampf gegen die Bedrohung einge-
    gangen sind und auch weiterhin eingehen werden, so wer-
    den wir die Tatsache, dass dies in der innenpolitischen De-
    batte eine Zäsur war, nicht einfach wegschieben können.
    Verantwortung einer Opposition heißt immer auch Ver-
    antwortung für diejenigen Dinge, die in unserem Lande
    geleistet werden. Wenn angeblich, wie Frau Müller gesagt
    hat, nichts mehr so ist, wie es war – eine Auffassung, die
    ich noch nicht einmal teile –, dann darf der Bundeshaus-
    halt mit Sicherheit nicht das Einzige sein, was so bleibt,
    wie es war.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Herr Bundeskanzler, wir sehen uns hier nächste Woche
    zu einer anderen Debatte wieder. Diese Debatte wird et-
    was mit den Fragen zu tun haben, wie unsere Bundes-
    wehr ausgerüstet ist und wie unsere innere Sicherheit
    ausgestattet ist. Genau diese Fragen werden dann zu be-
    antworten sein. Da wir uns einig sind, dass es sich um
    neue Schwerpunkte, um neue Aufgaben handelt, erwarten
    wir auch einen neuen Bundeshaushalt.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)