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    Tagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Regierungserklärung: Terror- anschläge in den USA und Beschlüsse des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18301 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 18301 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 18305 A Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18307 B Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 18309 D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18312 A Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18315 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18316 D Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 18318 C Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA . . . . . . 18320 D Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 18322 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . . 18324 B Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 18325 C Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 18327 D Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 18329 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 18332 D Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18335 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 18337 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18337 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18340 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 18341 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur namentlichen Abstim- mung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18341 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicher- heitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 B Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungser- klärung des Bundeskanzlers zu den Terroran- schlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 C Plenarprotokoll 14/187 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 187. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 I n h a l t : Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk und Christian Simmert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schießungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 C Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christa Nickels, Ulrike Höfken, Grietje Bettin, Sylvia Voß und Steffi Lemke (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstim- mung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 A Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanz- lers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 B Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 Vizepräsidentin Anke Fuchs 18340 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 18341 (C) (D) (A) (B) Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 19.09.2001 Gila DIE GRÜNEN Brandt-Elsweier, Anni SPD 19.09.2001 Brinkmann (Hildes- SPD 19.09.2001 heim), Bernhard Caesar, Cajus CDU/CSU 19.09.2001 Dr. Doss, Hansjürgen CDU/CSU 19.09.2001 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 19.09.2001 Joseph DIE GRÜNEN Frankenhauser, CDU/CSU 19.09.2001 Herbert Dr. Friedrich CDU/CSU 19.09.2001 (Erlangen), Gerhard Friedrich (Altenburg), SPD 19.09.2001 Peter Götz, Peter CDU/CSU 19.09.2001 Haupt, Klaus FDP 19.09.2001 Hauser (Bonn), CDU/CSU 19.09.2001 Norbert Hohmann, Martin CDU/CSU 19.09.2001 Hornung, Siegfried CDU/CSU 19.09.2001 Jung (Düsseldorf), SPD 19.09.2001 Volker Dr. Küster, Uwe SPD 19.09.2001 Lehn, Waltraud SPD 19.09.2001 Lensing, Werner CDU/CSU 19.09.2001 Lewering, Eckhart SPD 19.09.2001 Nolte, Claudia CDU/CSU 19.09.2001 Rehbock-Zureich, SPD 19.09.2001 Karin Dr. Riesenhuber, CDU/CSU 19.09.2001 Heinz Dr. Schmidt-Jortzig, FDP 19.09.2001 Edzard Schmitt (Berg), Heinz SPD 19.09.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 19.09.2001 Hans Peter Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 19.09.2001 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 19.09.2001 Späte, Margarete CDU/CSU 19.09.2001 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 19.09.2001 Stünker, Joachim SPD 19.09.2001 Weisheit, Matthias SPD 19.09.2001 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 19.09.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 19.09.2001 Wolff (Wolmirstedt), SPD 19.09.2001 Waltraud Dr. Zöpel, Christoph SPD 19.09.2001 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur nament- lichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Warum ich mit „Nein“ gestimmt habe. Auf einem Transparent vor der amerikanischen Bot- schaft der USA in Berlin steht die Aufforderung: „De- mocratic civilized revenge“. Dass auf die menschenver- achtenden Anschläge der Terroristen in New York und Washington eine unmissverständliche gezielte Antwort gegeben werden muss, steht für mich außer Frage. Auch ich unterstreiche die Erklärung der NATO sowie die Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 12. September 2001. Es ist gut, dass die Bundesrepu- blik Deutschland bei ihrer besonderen Vergangenheit in diese Vertragswerke eingebunden ist. Nur so hat sie die Möglichkeit der Einflussnahme, die genutzt werden muss. Leider ist die Sprache, die von führenden Politikern in diesen hektischen Tagen benutzt wird, verwirrend oder verräterisch. Die Sichtweise des stellvertretenden Vertei- digungsministers der USA auf „ending states“ macht be- sorgt. Das Wort „Krieg“ im Zusammenhang mit den ter- roristischen Verbrechen liefert „Wasser auf die Mühlen“ der Terroristen. Diese Terroristen sind Verbrecher, müssen zur Verantwortung gezogen und dürfen nicht zu Kriegs- gegnern hochstilisiert werden. Es besteht die Gefahr einer „selffulfilling prophecy“. entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht In der vorliegenden Entschließung (Punkt 7) wird nun auf die „uneingeschränkte Solidarität“ verwiesen und die „Bereitstellung militärischer Fähigkeiten“ in Aussicht ge- stellt. Diese Begriffe beinhalten zum Beispiel die Mög- lichkeit der Bereitstellung von Bundeswehrsoldaten zum direkten Einsatz in Afghanistan oder dem Irak und ande- res mehr. Hiermit würde für mich der „Rubikon“ zur Ter- rorismusbekämpfung überschritten werden. Die Gefahr, dass wir – wie 1914 – in einen Weltkrieg „hineinschlid- dern“, ist im Bereich des Möglichen. Davor will ich war- nen. Auch wenn ein möglicher Militäreinsatz der Bun- deswehr im Parlament noch einmal zusätzlich zur Abstimmung gestellt werden muss, könnten diese Begriffe später als Hinweise auf diese Option ausgelegt werden. Für mich ist diese Problematik – wie auch der Mazedonieneinsatz der Bundeswehr – eine Gewissens- frage. Bekanntlich soll man den Anfängen wehren und bei wichtigen Entscheidungen stets das Ende bedenken. Ich bin sicher, dass eine denkbare weitere Abstimmung im Parlament zu konkreten Bundeswehreinsätzen dann für andere ebenfalls auch zur Gewissensfrage wird. Aufgrund meiner Erfahrung und Erkenntnis liegt diese Reiz- schwelle niedriger. Wichtig zur Bekämpfung des Terrorismus in der Welt sind aus meiner Sicht ebenfalls enge Kooperation zwi- schen USA, Russland, China und allen friedliebenden Staaten; die Einhaltung internationaler Verträge und Ab- sprachen; das stärkere Engagement der großen In- dustrienationen zur Verhinderung von grauenhaften krie- gerischen Konflikten sowie wirklich politische und wirtschaftliche Hilfe für die ärmsten und sich entwi- ckelnden Länder in der Welt. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungs- erklärung des Bundeskanzlers zu den Terroran- schlägen in den USA und den Beschlüssen des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Bei allem Erschrecken über den Terroranschlag muss man nüchtern feststellen: Wir befinden uns nicht im Krieg. Amerika gehört unsere volle Solidarität und auch die Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus, un- abhängig von der Frage des Bündnisfalles. Es kann aber keinen Automatismus für von den USA getroffene mili- tärische Einsätze für die Bundeswehr geben. Der Bundes- tag hat jeweils die Maßnahmen, die die Bundeswehr zu er- greifen hat, zu bestimmen. Es wäre für uns Abgeordnete sicherlich leichter, eine generelle Zustimmung zu erteilen, doch so einfach können und dürfen wir es uns nicht machen. Ich stimme der gemeinsamen Resolution zu, um damit zu demonstrieren, dass Bündnis keine einseitige Angele- genheit ist und Solidarität keine Einbahnstraße. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüs- sen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Ich habe mich in der Abstimmung der Stimme enthal- ten, da ich die in Absatz 7 des Entschließungsantrages im- plizierte Öffnung zu einer militärischen Bekämpfung des internationalen Terrorismus in der Sache für nicht erfolg- versprechend halten kann. Bei meiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit den Ursachen des Terrorismus, seinen Täterbiografien, seiner potenziellen Eskalationsgefahr und den vorliegenden internationalen Erfahrungen mit militärischer Terrorismusbekämpfung habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass der Terrorismus militärisch nicht besiegbar ist. Umso mehr unterstütze ich die sonsti- gen in dem Antrag genannten positiven Ansätze und Stra- tegien, insbesondere alle Bemühungen der Bundesre- gierung und insbesondere des Bundesaußenministers, den Zentralkonflikt der islamischen Welt im Nahen Osten politisch zu befriedigen. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk und Christian Simmert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers zu den Ter- roranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen so- wie der NATO (Drucksache 14/6920) Wir haben in der Fraktionssitzung vom 12. September 2001 dem Beschluss des Parteirates von Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt und teilen seine Intention: solidarisch im NATO-Bündnis auf eine besonnene und effiziente Strategie in der Bekämpfung des Terrorismus hinzuwir- ken. „Angesichts der terroristischen Angriffe auf US-Bür- gerinnen und Bürger können wir der Inanspruchnahme des Bündnisfalles nicht widersprechen.“ Mit dieser Zu- stimmung zum Bündnisfall haben wir den Weg eröffnet, über verschiedene Konsultationsprozesse auf die USA einzuwirken und ein besonnenes und angemessenes Ver- halten zu erreichen. Diesen Weg haben wir beschritten und wir halten ihn für richtig. Der heute zu beschließende interfraktionelle Antrag zur Erklärung der Bundesregierung betreffend „Terroran- schläge in den USA und Beschlüsse des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen sowie der NATO“ eröffnet aus un- serer Sicht hingegen den Weg zu einem Vorratsbeschluss zur Zustimmung für „uneingeschränkte Solidarität“, aus der die Zustimmung für militärische Unterstützung resul- tieren kann, und aus der wiederum eine Zustimmung zu Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 200118342 (C) (D) (A) (B) möglichen Einsätzen der Bundeswehr abgeleitet werden kann. Augenblicklich fehlen die Informationen über kon- krete Handlungsanforderungen. Die Grundlage, auf der über die „uneingeschränkte Solidarität“ entschieden wer- den soll, ist also nicht geklärt. Auf der anderen Seite muss der Deutsche Bundestag den USA weiterhin Unterstützung und Solidarität entge- genbringen. Darüber hinaus muss die Bundesrepublik Deutschland weiterhin zur friedlichen Lösung des Nah- ostkonfliktes beitragen. Auch dies macht der Antrag deut- lich. In Abwägung dieser Punkte werden wir uns in der Ab- stimmung über den Antrag enthalten. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO derAbgeordneten Christa Nickels, Ulrike Höfken, Grietje Bettin, Sylvia Voß und Steffi Lemke (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Der Terrorakt, der das amerikanische Volk tief getrof- fen hat, ist auf das Schärfste zu verurteilen. Den Hin- terbliebenen, Verletzten und Geschädigten gilt unsere ganze Solidarität und Anteilnahme. Wir stimmen dem interfraktionellen Entschließungsan- trag des Deutschen Bundestages in der Gewissheit zu, dass die von der Bundesregierung bekundete uneingeschränkte Solidarität mit den Vereinigten Staaten von Amerika kei- nen Raum für eine Geisteshaltung von Rache und Vergel- tung eröffnet und dass die Erkenntnis, dass Terrorismus mit militärischen Mitteln nicht zu besiegen ist, Eingang in die Strategie zu dessen Bekämpfung findet. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) zur namentlichen Abstimmung über den Entschlie- ßungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Druck- sache 14/6920) Ich habe wie die große Mehrheit meiner Fraktion dem Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP nicht zugestimmt – weil unsere Sorgen, dass die NATO in ihrer Erklärung vom 12. September 2001 die Priorität beim Militär angesiedelt hat, nicht ausgeräumt wurden – im Gegenteil –; weil wir befürchten, dass aus der Bereitstellung geeigneter militäri- scher Fähigkeiten der Einsatz dieser Fähigkeiten werden wird; weil in der Entschließung nicht ein Wort zur Be- kämpfung der sozialen Ursachen des Terrorismus – Hun- ger, Armut, Unterdrückung, eine sozial ungerechte und nicht demokratische Weltwirtschaftsordnung – gesagt wird, was bedauerlich und unverständlich ist. Andere Punkte des Entschließungsantrages – genauer gesagt: sieben von zehn Punkten – finden meine Zustim- mung ebenso wie die meiner Fraktion. Deshalb haben sich einige Abgeordnete der PDS der Stimme enthalten. Ihre Abwägung ist anders ausgefallen, auch wenn sie unsere Kritik, die ich dargelegt habe, vollständig und ohne Ein- schränkung teilen. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur na- mentlichenAbstimmung überden Entschließungs- antrag zu der Regierungserklärung des Bundes- kanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates derVereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Ich habe mich der Stimme enthalten. Ich möchte das hier kurz begründen: Die Punkte 1 bis 5 sowie 8 und 9 des von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten Antrags finden meine Zustimmung. Punkt 6 will feststellen, dass unter Umständen „der ter- roristische Angriff vom 11. September 2001 gegen die Vereinigten Staaten als Handlung im Sinne des Artikels 5 des Washingtoner Vertrages zu gelten“ habe. Diese Mei- nung teile ich nicht, zumal ja das Bundesverfassungs- gericht noch nicht entschieden hat, ob die Zustimmung der Bundesregierung zur 1999 erfolgten Änderung des NATO-Vertrages rechtskräftig war. Im Punkt 7 wird unter anderem „die Bereitstellung ge- eigneter militärischer Fähigkeiten“ zur Unterstützung der Bekämpfung des internationalen Terrorismus unterstützt. Das lehne ich aber ab. Um weder die positiven Aspekte zu negieren noch die aus meiner Sicht abzulehnenden Punkte zu ignorieren, enthalte ich mich bewusst der Stimme. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 18343 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
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    Rede von Gerhard Schröder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident!
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! In meiner Re-
    gierungserklärung vom 12. September habe ich, bezogen
    auf die terroristischen Angriffe gegen die Vereinigten
    Staaten, gesagt: Dies ist nicht nur ein Krieg gegen die
    USA, dies ist ein Krieg gegen die zivilisierte Welt. Daran
    halte ich fest. Danach ist gefragt worden, ob das jener
    Kampf der Kulturen sei, von dem so oft gesprochen
    worden ist. Meine Antwort heißt: nein.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Es geht nicht um den Kampf der Kulturen, sondern es geht
    um den Kampf um die Kultur in einer immer mehr
    zusammenwachsenden Welt. Dabei wissen wir um die
    Verschiedenheiten der Kulturen in der Welt und wir res-
    pektieren sie. Wir bestehen aber darauf, dass die Ver-

    heißungen der amerikanischen Unabhängigkeitserklä-
    rung universell gelten. Dort heißt es:

    Folgende Wahrheiten erachten wir als selbstver-
    ständlich: dass alle Menschen gleich geschaffen
    sind, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen, un-
    veräußerlichen Rechten ausgestattet sind, dass dazu
    Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören.

    Meine Damen und Herren, diese Verheißungen – wenn
    sie auch Erbe des christlichen Abendlandes sind, das sich
    auch nicht ohne verhängnisvolle Irrungen zu diesen Wer-
    ten hin entwickelt hat – stehen nicht im Widerspruch zu
    einer Interpretation des Islam ohne jeden fundamentalis-
    tischen Wahnsinn. Jener gesichts- und auch geschichts-
    lose barbarische Terrorismus ist gegen all das gerichtet,
    was unsere Welt im Innersten zusammenhält, nämlich die
    Achtung vor dem menschlichen Leben und der Men-
    schenwürde, die Werte von Freiheit, Toleranz, Demokra-
    tie und friedlichem Interessenausgleich.

    Deutschland steht angesichts dieses beispiellosen An-
    griffs uneingeschränkt an der Seite der Vereinigten Staa-
    ten von Amerika.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


    Unser Bekenntnis zur politischen und moralischen
    Solidarität mit den USA ist in diesen Tagen mehr als
    eine bloße Selbstverständlichkeit. Gerade hier in Berlin
    werden wir Deutschen niemals vergessen, was die Verei-
    nigten Staaten für uns getan haben.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Es waren die Amerikaner, die ganz entscheidend zum
    Sieg über den Nationalsozialismus beigetragen haben,
    und es waren unsere amerikanischen Freunde, die uns
    nach dem Zweiten Weltkrieg einen Neuanfang in Freiheit
    und Demokratie ermöglicht haben. Sie haben nicht nur die
    Lebensfähigkeit, sondern auch die Freiheit Westberlins
    garantiert und geschützt. Sie haben uns geholfen, unsere
    staatliche Einheit in einem friedlichen, demokratischen
    Europa wiederzugewinnen.

    18301


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    187. Sitzung

    Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Beginn: 9.00 Uhr

    Klar muss aber sein: Dankbarkeit ist eine wichtige und
    auch gewichtige Kategorie. Doch sie würde zur Legiti-
    mation existenzieller Entscheidungen, vor denen wir un-
    ter Umständen stehen, nicht reichen. Bei den Entschei-
    dungen, die wir zu treffen haben werden, lassen wir uns
    einzig von einem Ziel leiten: die Zukunftsfähigkeit unse-
    res Landes inmitten einer freien Welt zu sichern; denn ge-
    nau darum geht es.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


    Die Welt hat auf die barbarischen Anschläge reagiert,
    selten einmütig und selten eindeutig. Der Sicherheitsrat
    der Vereinten Nationen hat in der grundlegenden Reso-
    lution 1368 einmütig festgestellt, dass die terroristischen
    Anschläge von New York und Washington eine, wie es in
    der Erklärung heißt, Bedrohung des Weltfriedens und der
    internationalen Sicherheit darstellen. Der Weltsicher-
    heitsrat hat damit eine Weiterentwicklung bisherigen Völ-
    kerrechts vorgenommen. Bislang galt ein bewaffneter An-
    griff, eine Störung des Weltfriedens, der Weltsicherheit
    immer dann, wenn es sich um einen Angriff von einem
    Staat auf einen anderen Staat handelte. Mit dieser Resolu-
    tion – das ist das entscheidend Neue – sind die völker-
    rechtlichen Voraussetzungen für ein entschiedenes, auch
    militärisches Vorgehen gegen den Terrorismus geschaffen
    worden.

    Der NATO-Rat hat den Vereinigten Staaten seine volle
    Solidarität auf der Grundlage von Art. 5 des NATO-Ver-
    trages erklärt. Auch er hat, ganz ähnlich wie der Welt-
    sicherheitsrat, neu interpretiert, was unter einem bewaff-
    neten Angriff auf einen Bündnispartner zu verstehen sei,
    nämlich nicht nur, wie bei Zustandekommen des NATO-
    Vertrages gedacht, der kriegerische Angriff eines Staates
    auf einen Staat, der NATO-Mitglied ist, sondern – ebenso
    wie der Weltsicherheitsrat – auch ein terroristischer An-
    griff, verstanden als Angriff auf einen Bündnispartner.
    Damit gilt dieser Angriff auf die Vereinigten Staaten als
    ein Angriff auf die NATO-Partner. Der NATO-Rat hat die-
    sen Beschluss mit unserer vollen Unterstützung gefasst.
    Das entspricht dem Geist und dem Buchstaben des
    NATO-Vertrages.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die NATO hat bisher keine konkrete Aktion beschlos-

    sen. Voraussetzung für einen Beschluss über konkrete Ak-
    tionen ist die Feststellung, dass es sich bei den Anschlä-
    gen von New York und Washington um einen Angriff von
    außen handelt. Außerdem muss eine konkrete Bitte um
    Unterstützung durch die Vereinigten Staaten ausgespro-
    chen werden. Das ist zurzeit aus Gründen, die wir alle
    kennen, nicht der Fall.

    Welche Rechte resultieren aus diesen Beschlüssen für
    die Vereinigten Staaten? Die Vereinigten Staaten können
    auf der Grundlage der Entscheidung des Sicherheitsrates
    Maßnahmen gegen Urheber und Hintermänner, gegen
    Auftraggeber und Drahtzieher der Attentate ergreifen.
    Diese sind völkerrechtlich gedeckt. Sie können und sie
    dürfen, durch diese Weiterentwicklung des Völkerrechts
    gedeckt, ebenso entschieden gegen Staaten vorgehen, die
    den Verbrechern Hilfe und Unterschlupf gewähren. Um es
    klar zu sagen: Auf all das bezieht sich das, was ich unein-
    geschränkte Solidarität genannt habe.

    Was heißt das für die Pflichten der Bündnispartner?
    Alle Bündnispartner haben ihre moralische und politische
    Solidarität ausgesprochen. Das ist selbstverständlich. Wir
    wissen heute noch nicht, ob und welche Unterstützung die
    Vereinigten Staaten von den NATO-Partnern erwarten
    und einfordern. Das könnte auch militärischer Beistand
    sein; ein solcher kann nicht ausgeschlossen werden und
    deswegen darf ich ihn nicht ausschließen. Um welche
    Form der Unterstützung wir auch immer gebeten werden:
    Es ist eine absolute Selbstverständlichkeit, dass wir bei
    den Entscheidungen das Grundgesetz und die Rechtspre-
    chung des Bundesverfassungsgerichts – dabei insbeson-
    dere die Rechte dieses Hohen Hauses – strikt beachten
    werden.

    Mit jedem Recht – wir wissen das – korrespondiert eine
    Pflicht, aber umgekehrt gilt auch: Mit der Bündnispflicht,
    die wir übernommen haben, korrespondiert ein Recht und
    dieses Recht heißt Information und Konsultation. Wir
    als Deutsche und Europäer wollen bei allen notwendigen
    Maßnahmen eine uneingeschränkte Solidarität mit den
    USA erreichen. Ich betone: Zu Risiken – auch im Mi-
    litärischen – ist Deutschland bereit, aber nicht zu Aben-
    teuern. Diese werden von uns dank der besonnenen Hal-
    tung der amerikanischen Regierung auch nicht verlangt.
    Ich denke, das wird so bleiben.

    Die Form der Solidarität, von der ich gesprochen habe,
    ist die Lehre, die wir aus unserer Geschichte gezogen ha-
    ben, eine Lehre, die für die zivilisierte Welt bitter genug
    war. Allerdings: Eine Fixierung auf ausschließlich mi-
    litärische Maßnahmen wäre fatal. Wir müssen und wollen
    ein umfassendes Konzept zur Bekämpfung des Terro-
    rismus, zur Prävention und zur Bewältigung von Krisen
    entwickeln. Dieses Konzept muss auf politische, wirt-
    schaftliche und kulturelle Zusammenarbeit sowie auf Zu-
    sammenarbeit in Fragen der Sicherheit gegründet sein. Zu
    diesem Zweck werden wir auch in der Europäischen
    Union unsere Zusammenarbeit im Kampf gegen den Ter-
    rorismus weiter verstärken müssen. Gerade jetzt muss
    Europa mit einer Stimme sprechen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Auf meinen Vorschlag hin hat darum der belgische
    EU-Ratsvorsitzende Verhofstadt für diesen Freitag eine
    Sondersitzung des Europäischen Rates einberufen, auf
    der wir die weitere Haltung der Europäischen Union zur
    Bekämpfung des Terrorismus beraten werden. Unser
    Ziel muss sein, möglichst alle Länder in ein weltweites
    System von Sicherheit und Wohlstand zu integrieren.
    Dazu wollen wir im Rahmen der Entwicklungszusam-
    menarbeit weitere Anreize für Staaten bieten, die sich
    zur Kooperation bei der Bekämpfung des Terrorismus
    bereit erklären. Für die Krisenregionen des Nahen
    Ostens und Zentralasiens müssen wir eine Perspektive
    für politische und wirtschaftliche Stabilisierung und Sta-
    bilität, für Frieden und Entwicklung eröffnen. Vor allem
    müssen wir jetzt mit vereinten Anstrengungen alles da-
    ransetzen, den Durchbruch zum Frieden im Nahen Osten
    zu erreichen.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Bundeskanzler Gerhard Schröder

    18302


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    Der Bundesaußenminister hat bereits mehrfach die
    Initiative ergriffen, die Konfliktparteien in Israel und
    Palästina zum Ende der Gewalt und zur Wiederaufnahme
    ihrer Gespräche zu bewegen. Sein beherztes Engagement
    in diesem Konflikt ist der beste Beweis für unsere Bereit-
    schaft, den Konfliktparteien auf ihrem Weg zum Frieden
    aktiv beizustehen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Gestern haben die internationalen Vermittlungsbemü-
    hungen zu einem ersten Erfolg geführt: Palästinenserprä-
    sident Arafat hat seinen Truppen die strikte Feuereinstel-
    lung befohlen. Daraufhin hat Israels Ministerpräsident
    Scharon den Rückzug der israelischen Truppen aus den
    Palästinensergebieten angeordnet.

    Diese Entwicklung ist ein ermutigender Schritt in
    einer schwierigen Situation, aber eben nur ein Schritt.
    Sie wird die internationalen Bemühungen, eine Allianz
    gegen den Terrorismus zu schmieden – wenn das
    Ganze Erfolg hat; das müssen wir uns wünschen –,
    sehr erleichtern. In diesem Sinne müssen wir den
    Dialog mit den gemäßigten Führern der arabischen
    Welt fortsetzen. Bereits in den vergangenen Tagen
    habe ich deshalb mit dem jordanischen König Abdullah
    und dem ägyptischen Präsidenten Mubarak Kontakt
    gehalten. Diesem Zweck wird auch ein erneutes Ge-
    spräch mit dem ägyptischen Präsidenten am kommen-
    den Dienstag in Berlin dienen. Die Bundesregierung
    wird darüber hinaus die bestehenden Kontakte zu
    wichtigen Regionalmächten wie etwa zum Iran und zu
    Syrien nutzen, um diese Staaten zu einer Zusam-
    menarbeit in der Bekämpfung des Terrorismus zu be-
    wegen.

    Man kann es nicht oft genug betonen: Wir befinden uns
    nicht im Krieg gegen irgendeinen Staat.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der PDS)


    Wir befinden uns auch nicht im Krieg gegen die islami-
    sche Welt.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Terroristen haben uns den Krieg erklärt und sie werden
    dafür zur Rechenschaft gezogen werden.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Die Anschläge von New York und Washington haben
    – das wissen wir alle – nichts, aber auch gar nichts mit
    Religion zu tun.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Sie sind Ausdruck einer verbrecherischen Gesinnung. Die
    erschreckende Missachtung menschlichen Lebens ist eine
    Kampfansage an unsere gesamte Zivilisation.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


    Die Aufgabe, Terroristen und Fanatiker zu ächten und mit
    aller Entschiedenheit zu bekämpfen, stellt sich daher auch
    den islamischen Staaten und Glaubensgemeinschaften.


    (Beifall der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Sie dürfen nicht den geringsten Zweifel daran aufkommen
    lassen, dass es keine politische, aber auch keine religiöse
    Rechtfertigung für terroristische Gewalt geben kann.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Viele Menschen in unserem Land fragen nach den
    möglichen Auswirkungen der terroristischen Verbre-
    chen. Die Bundesregierung weiß um diese Sorgen und
    nimmt sie sehr ernst. Wir sagen deutlich: Es gibt nach der-
    zeitiger Einschätzung und sorgfältiger Prüfung keinen
    Anlass zur Furcht oder gar zur Panik. Die Bundesregie-
    rung und die Sicherheitsbehörden haben entschlossen rea-
    giert und sind weiter wachsam. Wir befinden uns nicht in
    einem nationalen Notstand. Unmittelbare Konsequenzen,
    die wir aus den tragischen Ereignissen ziehen müssen,
    wurden und werden gezogen. So wird die Sicherheit des
    Flugverkehrs am Boden wie in der Luft optimiert. Wir ha-
    ben die entsprechenden Vorkehrungen getroffen und um-
    gesetzt und auch die dafür notwendige Zustimmung der
    privaten Luftverkehrsträger erhalten. Das betrifft die Si-
    cherung des Cockpits wie auch die Verbesserung der
    Gepäckkontrollen, die Überprüfung der Beschäftigten auf
    den Flughäfen oder auch die Begleitung deutscher Flug-
    zeuge durch Sicherheitspersonal.

    Unsere Nachrichtendienste haben bei der Bekämp-
    fung des weltweit agierenden Terrorismus bisher gute Ar-
    beit geleistet. Sie haben in enger Kooperation mit den
    amerikanischen und europäischen Diensten Anschläge
    verhindert und Strukturen des Terrorismus offen legen
    können. Sie haben in der Vergangenheit durch ihre Er-
    mittlungen die Festnahme zum Beispiel des damaligen
    Finanzchefs aus dem Umfeld von Bin Laden ermöglicht.

    Wir werden weiterhin unsere besondere Aufmerksam-
    keit auf die finanziellen Strukturen der terroristischen
    Netzwerke richten müssen.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Es ist unsere Aufgabe, aber nicht nur unsere Aufgabe,
    diese Finanzströme zu erfassen und zu unterbinden. Die
    Finanzierung des Terrors darf nicht zur Kehrseite des
    freien Welthandels und des freien Kapitalflusses werden.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Desgleichen werden wir auch auf Finanzierungen des Ter-
    rors genauer achten müssen, die sich mit dem Mantel der
    Wohltätigkeit tarnen. Auch das gibt es.

    Meine Damen und Herren, bereits heute Nachmittag
    werden wir im Bundeskabinett ein Maßnahmenpaket
    beschließen, um die Bekämpfung des Terrorismus im
    Lichte der jetzt evidenten Erkenntnisse zu optimieren.
    Dazu gehört auch eine Neuregelung im Strafrecht, die
    es uns ermöglicht, aus dem Ausland operierende Unter-
    stützer krimineller Vereinigungen künftig genauso zu

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Bundeskanzler Gerhard Schröder

    18303


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    belangen wie Mitglieder und Unterstützer inländischer
    krimineller Vereinigungen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Dazu gehört weiter die Abschaffung des Religionsprivi-
    legs im Vereinsrecht; denn die grundgesetzlich garantierte
    Glaubens- und Bekenntnisfreiheit darf nicht jene schüt-
    zen, die Religion missbrauchen, um Mord und Terror zu
    planen.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Wir werden Qualität und Effizienz in der Bekämpfung
    des Terrorismus verbessern. Aber – ich denke, auch da
    sind wir uns ungeachtet der Diskussionen über Details,
    die vor uns liegen, einig – wir werden unter keinen Um-
    ständen den Rechtsstaat abschaffen, um den Terror zu
    bekämpfen.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Begäben wir uns auf einen solchen Weg, dann würden wir
    die Werte, die die Terroristen angreifen und die wir zu ver-
    teidigen haben, selbst infrage stellen. Das darf nicht sein.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Unser Kampf gegen den Terrorismus ist eine Verteidigung
    unserer offenen Gesellschaft, die auf festen Werten ba-
    siert, eine Verteidigung unserer Liberalität und auch
    unserer Art, in einer offenen Gesellschaft zu leben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Der Terrorismus – das müssen wir immer wieder deutlich
    machen – wird es nicht so weit bringen, dass wir die
    Werte, die wir gegen den Terrorismus verteidigen, selber
    infrage stellen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der PDS)


    Deshalb darf und wird der Terrorismus uns auch nicht da-
    ran hindern, ein modernes, auf die Anforderungen unserer
    Volkswirtschaft abgestimmtes Zuwanderungsrecht zu be-
    schließen.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


    Mit dem Gesetzentwurf des Bundesinnenministers ha-
    ben wir ein zeitgemäßes Zuwanderungsrecht auf den
    Weg gebracht. Das Gesetz wird in Deutschland dringend
    gebraucht. Sinnvolle deutsche Ausländer-, Zuwande-
    rungs- und Integrationspolitik braucht mehr denn je ein
    abgewogenes rechtliches Instrumentarium; denn Zuwan-
    derung wird sich nicht von allein steuern und regeln.
    Natürlich sind wir offen für Überarbeitungen in dem ei-
    nen oder anderen Punkt. Notwendige Ergänzungen und
    Anpassungen können auch im weiteren parla-
    mentarischen Verfahren berücksichtigt werden. Gerade in
    der aktuellen Situation werden die Stärken und Vorzüge

    des Entwurfs mehr als deutlich: Dieses Gesetz bringt
    mehr Sicherheit, beispielsweise durch die Personen-
    überprüfungen im Visaverfahren schon vor der Einreise
    bei den deutschen Auslandsvertretungen. Auch erlaubt die
    Neuregelung eine genauere Unterscheidung zwischen den
    Menschen, die ein Aufenthaltsrecht erlangen können, und
    den Menschen, für die das nicht gilt. Alle erhalten schnel-
    ler Gewissheit über ihre weitere Situation und die daraus
    folgenden Konsequenzen. Dadurch werden sich deutlich
    weniger Personen hier aufhalten, denen die sichere Per-
    spektive für einen Aufenthalt bei uns fehlt.

    Die Fragen nach Zuwanderung, Flüchtlingsschutz und
    Integration stellen sich nicht allein in Deutschland. Unsere
    europäischen Partner diskutieren diese Fragen gleicher-
    maßen. Im europäischen Vergleich – auch das gilt es
    auszusprechen – nehmen wir, was die Zahlen angeht,
    schon länger keinen Spitzenplatz mehr ein. Trotzdem ha-
    ben wir als Land in der Mitte Europas ein erhebliches In-
    teresse daran, auch auf europäischer Ebene zukunftsfähige
    Regelungen bei der Zuwanderung zu beschließen. Mit un-
    serer eigenen Diskussion und auch mit der Kritik in dieser
    Diskussion können wir dazu beitragen.

    Wie so viele andere Nationen ist auch Deutschland
    ganz direkt von den terroristischen Attentaten in den Ver-
    einigten Staaten betroffen. Wir trauern um viele Deutsche,
    die in den entführten Flugzeugen oder im World Trade
    Center einen schrecklichen Tod fanden. Ihre genaue Zahl
    wissen wir immer noch nicht. Unsere Gedanken sind bei
    den Opfern und ihren Angehörigen. Ihnen gelten – ich
    denke, da spreche ich für alle – unser Mitgefühl und un-
    sere Anteilnahme.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


    Kein Zweifel: Viele unserer Landsleute ängstigen sich.
    Sie haben Angst vor dem Terror und auch Angst vor
    Krieg. Es sind insbesondere jene älteren Menschen, die
    die Grauen des Zweiten Weltkriegs noch persönlich erlebt
    haben, aber auch – wir alle spüren es; Sie spüren es in
    Ihren Wahlkreisen – die ganz jungen. Diese Angst mag
    übertrieben, mag unbegründet sein, gleichwohl ist sie da
    und sie bewegt die Menschen in unserem Lande. Wir alle
    zusammen, denke ich, müssen uns bemühen, diese Angst
    zu verstehen. Aber die politischen, ökonomischen und
    kulturellen Eliten unseres Landes dürfen nicht zulassen,
    dass uns diese Angst lähmt. Ich verstehe meine Arbeit so,
    dass sie gerade jetzt darin besteht, dabei zu helfen, aus
    Angst Zuversicht zu entwickeln, und ich bin davon über-
    zeugt, dass es dazu Anlass gibt, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Zu Beginn dieses neuen Jahrhunderts steht Deutsch-
    land auf der richtigen Seite – fast ist man versucht zu sa-
    gen: endlich –, auf der Seite der unveräußerlichen Rechte
    aller Menschen. Diese Menschenrechte sind die große Er-
    rungenschaft und das Erbe der europäischen Aufklärung.
    Diese Werte der Menschenwürde, der freiheitlichen De-
    mokratie und der Toleranz sind unsere große Stärke im
    Kampf gegen den Terrorismus. Sie sind das, was unsere
    Völker- und Staatengemeinschaft zusammenhält, und sie

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Bundeskanzler Gerhard Schröder

    18304


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    sind das, was die Terroristen zerstören wollen. Diese
    Werte, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind un-
    sere Identität und deshalb werden wir sie verteidigen, mit
    Nachdruck, mit Entschiedenheit, aber auch mit Beson-
    nenheit.

    Ich danke für die Aufmerksamkeit.


    (Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der PDS)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Friedrich Merz, CDU/CSU-Fraktion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Merz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine
    sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht haben wir
    alle erst am letzten Wochenende, als wir nach langen Ta-
    gen in Berlin ein paar Stunden Zeit zum Nachdenken hat-
    ten, vielleicht auch mit unseren Familien und unseren
    Freunden gesprochen haben, richtig verstanden, was in
    der letzten Woche wirklich geschehen ist. Die Ereignisse
    dieses Tages, die Bilder, die uns seitdem fast ununterbro-
    chen begleiten, werden das Bewusstsein der amerikani-
    schen Nation über Jahrzehnte prägen. Unser Verhalten, so
    wie wir uns auch und gerade als Deutsche in den nächs-
    ten Wochen und Monaten den amerikanischen Freunden
    gegenüber zeigen, wird das Verhältnis zwischen Deutsch-
    land und Amerika für Jahrzehnte prägen.

    Ich will deshalb zu Beginn nicht den fast schon zu oft
    gesagten Satz wiederholen, dass der 11. September 2001
    die Welt grundlegend verändert hat. Aber ich will mit be-
    sonderem Nachdruck zum Ausdruck bringen, dass wir
    alle heute zu einem klaren Ja zur Gemeinschaft der freien
    Völker, zum Bündnis, zur NATO, und vor allem zu unse-
    ren Freunden in den Vereinigten Staaten von Amerika ge-
    fordert sind.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Dies ist nicht die Zeit für ein „Ja, aber“.

    Wir Deutsche stehen in der Pflicht, innerhalb der nord-
    atlantischen Allianz einen Teil der Solidarität zurückzu-
    geben, die wir insbesondere von Amerika in über 50 Jah-
    ren erfahren haben. Wir können und müssen das
    Fundament für die atlantische Allianz im 21. Jahrhundert
    legen. Die Attentate vom 11. September 2001 markieren
    den ersten Testfall für die neue NATO, die sich bereits mit
    dem strategischen Konzept von 1999 auf die veränderte
    Sicherheitslage eingestellt hat. Man muss fast sagen: In
    kluger Voraussicht hat die NATO vor zwei Jahren festge-
    stellt, dass Sicherheitsinteressen des Bündnisses durch
    Akte des Terrorismus, der Sabotage, des organisierten
    Verbrechens, sogar durch die Unterbrechung der Zufuhr
    lebenswichtiger Ressourcen berührt sein können. Dies ist
    auf grausame Weise vor wenigen Tagen Realität gewor-
    den – eine Realität, der wir alle uns jetzt stellen müssen.

    Auch deshalb geht es bei weitem nicht allein um die
    Dankbarkeit von uns Deutschen für Solidarität im Bünd-
    nis. Herr Bundeskanzler, Sie haben mit Nachdruck und,

    wie ich finde, richtigerweise darauf hingewiesen: Wenn
    die NATO den Bündnisfall auslöst – dies ist das erste Mal
    in der Geschichte der NATO und es ist eine historische
    Entscheidung –, dann kommt darin auch zum Ausdruck,
    dass es in unserem ganz eigenen Interesse liegt, ohne je-
    den Vorbehalt an der Bekämpfung des internationalen
    Terrorismus mitzuwirken.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    So wie New York und Washington hätte es auch Paris,
    Frankfurt oder Berlin treffen können. Und es hat uns un-
    mittelbar getroffen; denn – Sie haben es bereits gesagt,
    Herr Bundeskanzler – auch viele deutsche Staatsbürger
    sind bei diesen menschenverachtenden Attentaten ums
    Leben gekommen.

    Wichtig ist, dass wir uns jetzt Klarheit verschaffen und
    dass wir den vielen, die uns heute zuschauen und zuhören,
    sagen, worum es geht. Wir haben es mit den Feinden der
    offenen Gesellschaft, mit einem totalitären Anspruch der
    Unfreiheit, der sich gegen uns alle richtet und der die
    Grundwerte der demokratischen und der freiheitlichen
    Gesellschaften infrage stellt, zu tun. Deshalb ist eine klare
    und unmissverständliche Antwort erforderlich. Es darf
    keinen Zweifel geben, dass alles getan wird, um die Täter
    und die Hintermänner zur Verantwortung zu ziehen. Der
    freiheitliche demokratische Rechtsstaat muss sich als
    wehrhaft erweisen, wenn er auch gegenüber seinen eige-
    nen Staatsbürgern glaubwürdig bleiben will.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Deshalb, Herr Bundeskanzler, haben wir Ihr Angebot
    an die amerikanischen Freunde zu uneingeschränkter So-
    lidarität von Anfang an unterstützt. Aber täuschen wir uns
    nicht darüber, dass es schwierig wird. Es wird ziemlich si-
    cher neben allen Bemühungen um Diplomatie, Auf-
    klärung und Strafverfolgung auch militärische Aktionen
    geben, ja geben müssen. Das Ziel solcher militärischer
    Operationen wird nicht sein, Vergeltung zu üben. Jeder
    Einsatz gegen die Terroristen, gegen ihre Infrastruktur,
    gegen das Umfeld, das sie schützt und das ihre Taten über-
    haupt erst möglich macht, ist Teil einer Strategie der
    Prävention, für Freiheit, für Frieden, für das Recht und für
    den Schutz auch unserer Bürger; denn Sicherheit ist und
    bleibt die Grundlage auch unserer Freiheit.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Lassen Sie es mich mit einem Wort von Wilhelm von
    Humboldt sagen:

    Ohne Sicherheit vermag der Mensch weder seine
    Kräfte auszubilden noch die Frucht derselben zu ge-
    nießen. Denn ohne Sicherheit ist keine Freiheit.

    Meine Damen und Herren, bei der Herausforderung,
    Sicherheit in Freiheit zu gewährleisten, geht es nicht, wie
    manche in diesen Tagen schreiben, um eine Auseinander-
    setzung unterschiedlicher Kulturen oder Religionen. Die
    Anschläge von New York und Washington sind weltweit
    und von fast allen Staaten und von ganz unterschiedlichen

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Bundeskanzler Gerhard Schröder

    18305


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    (A)



    (B)


    Kirchen, Glaubens- und Religionsgemeinschaften und
    deren geistlichen Oberhäuptern klar und eindeutig verur-
    teilt worden. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist
    noch nie so schnell und so klar und so eindeutig und so
    übereinstimmend zu einer zutreffenden Bewertung und
    Beurteilung gekommen wie wenige Stunden nach diesem
    Attentat. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben ih-
    rerseits bisher sehr besonnen reagiert. Dieses gemeinsame
    Verhalten vieler Staaten und vieler engagierter Menschen,
    auch und gerade in den Kirchen in aller Welt, hat eine
    noch nie dagewesene Allianz gegen den internationalen
    Terrorismus – um den geht es – überhaupt erst möglich
    gemacht. So furchtbar die Anschläge waren, sie geben uns
    jetzt vielleicht die Chance, weltweit zu einer Ächtung des
    Terrorismus zu kommen und ihn wirklich wirkungsvoll zu
    bekämpfen.

    Gleichzeitig ist der Dialog der Kulturen und Religio-
    nen wichtiger denn je. Dies gilt für unser Land, dies gilt
    für Deutschland mit weit mehr als 2 Millionen hier leben-
    den Mitbürgern islamischen Glaubens. Dies gilt aber
    auch weltweit. Es war, wie ich meine, ein ermutigendes
    und richtiges Zeichen, dass der amerikanische Präsident
    vorgestern zum gemeinsamen Gebet in eine Moschee in
    Washington gegangen ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Feindbilder helfen niemandem weiter. Es ist nicht zuletzt
    das geistige Erbe und der Auftrag der Aufklärung, ein
    friedliches Miteinander der großen Weltreligionen zu er-
    möglichen.

    Gerade deshalb gilt: Die Bekämpfung des internatio-
    nalen Terrorismus, den wir in New York und Washington
    so grausam erlebt haben, macht eine neue, umfassende Si-
    cherheitspolitik nach innen und außen notwendig. Das
    Kursbuch „Sicherheit“ muss national, europäisch und
    global neu geschrieben werden. „Aufklärung und Präven-
    tion“ heißt das erste Kapitel. Die Staaten und Staatenge-
    meinschaften der freien Welt werden ihre Anstrengungen
    deutlich steigern müssen, um schon im Vorfeld zu erken-
    nen, wo bestimmte Entwicklungen einsetzen und An-
    schläge geplant werden. Die Nachrichtendienste brau-
    chen jede Unterstützung, um ihren von den demokratisch
    legitimierten Regierungen gegebenen Auftrag auch wirk-
    sam ausführen zu können: politisch, strategisch-konzep-
    tionell, materiell und personell. Die Zeit jedenfalls, in der
    die naiven Fantasten dieser Welt mit der Forderung nach
    Abschaffung der Dienste auf Gehör stießen, dürfte end-
    gültig vorbei sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Wir können es auch nicht hinnehmen, dass Deutschland
    offensichtlich ein bevorzugter Rückzugs- und Ruheraum,
    ja ein bevorzugter Trainings- und Vorbereitungsraum für
    Terroristen ist, die sich auf einen gottgegebenen Auftrag
    berufen und hierfür offenbar auch bei uns ein größeres
    Umfeld vorfinden. Dagegen muss entschieden vorgegan-
    gen werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


    Herr Bundeskanzler, Sie haben es in Ihrer Regierungser-
    klärung gerade eben noch einmal erwähnt: Sie werden
    heute Nachmittag im Bundeskabinett erste Vorschläge zur
    Verbesserung der inneren Sicherheit in Deutschland verab-
    schieden. Dies kann nach unserem Verständnis nur ein An-
    fang eines später folgenden, umfassenden Konzeptes für
    mehr Sicherheit auch nach innen sein. Ich sage Ihnen na-
    mens unserer Fraktion eine zügige, sehr kooperative Bera-
    tung zu, damit wir sehr schnell zu richtigen Ergebnissen
    auch in der Gesetzgebung in Deutschland kommen können.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


    Meine Damen und Herren, ein Land wie Deutschland,
    zweitgrößter NATO-Partner, bevölkerungsreichstes Land
    der Europäischen Union, in der geopolitischen Mitte
    Europas gelegen, muss auch seine internationale Verant-
    wortung wahrnehmen. Absolute Priorität für Sicherheit
    nach innen und außen, strategische Koordinierung der
    Sicherheitsaufgaben in einem Aufgabenspektrum, das von
    Prävention bis hin zu massiven militärischen Schlägen zu-
    sammen mit den Bündnispartnern auch in entfernten Kri-
    senregionen reicht – darauf müssen wir uns vorbereiten:
    politisch, materiell, personell und natürlich auch finanziell.

    Wenn der amerikanische Präsident im Kongress ein
    Maßnahmenpaket in der Größenordnung von 20 Milliarden
    Dollar beantragt und innerhalb weniger Stunden 40 Milli-
    arden Dollar bewilligt bekommt, dann ist dies ein deutli-
    ches Signal auch an die Finanzpolitiker der Länder der
    freien Welt, ihrerseits neue Prioritäten zu setzen und auch
    in den öffentlichen Haushalten einen Beitrag zu leisten.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Diese Entscheidungen erfordern eine neue Setzung der
    Prioritäten. Wir bieten Ihnen, Herr Bundeskanzler, dabei
    eine nationale Allianz der Entschlossenheit an.


    (Unruhe bei der SPD)

    Sie können sich, auch wenn es um unpopuläre Entschei-
    dungen geht, auf unsere Zustimmung, auf unsere Unter-
    stützung verlassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Denn wir wissen: Wenn wir weiter in einer freien und offe-
    nen Gesellschaft leben wollen, wenn Zivilisation und
    Humanität in aufgeklärten Gesellschaften westlicher Prä-
    gung die Lebensgrundlage auch unserer Kinder sein sollen,
    wenn die Grundwerte unserer christlich-jüdischen, unserer
    abendländischen Kultur weiter gelten sollen, dann dürfen
    Terroristen unseren Lebensrhythmus nicht bestimmen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir stehen vor einer wahrhaft historischen Herausfor-

    derung. Die Freiheit muss jetzt neu verteidigt werden.
    Ihren Bedrohungen muss offen entgegengetreten werden.
    Den Feinden unseres freiheitlichen Gesellschaftsmodells
    muss mit Augenmaß, aber unmissverständlich entgegen-
    getreten werden. Der 11. September 2001 ist deshalb das
    Ende aller Zweideutigkeiten.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Friedrich Merz

    18306


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch auf
    das eingehen, was Sie, Herr Bundeskanzler, zum Thema
    der Zuwanderung und der Einwanderung gesagt haben.
    Die Umstände dieses Attentats zeigen aus meiner Sicht
    einmal mehr, wie dringend wir ein umfassendes Konzept
    zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung brau-
    chen, das auch den Erfordernissen der inneren Sicherheit
    gerecht wird und das vor allem die Integration der in
    Deutschland lebenden Ausländer fördert.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Wer in diesem Zusammenhang auf Zeit spielt, der leug-
    net die notwendigen Konsequenzen, die auch schon vor-
    her zu ziehen gewesen wären. Wir als CDU/CSU-Bun-
    destagsfraktion haben jedenfalls als erste Fraktion in
    diesem Haus bereits vor zwei Jahren ein umfassendes
    Konzept zur Integration vorgelegt. Noch vor der Som-
    merpause haben wir unsere Vorschläge in einem umfas-
    senden Antrag „Umfassendes Gesetz zur Steuerung und
    Begrenzung der Zuwanderung sowie zur Förderung der
    Integration jetzt vorlegen“ präzisiert. Wir wollen noch in
    dieser Legislaturperiode zu einer Lösung kommen und
    bieten Ihnen auch hierzu die Zusammenarbeit an.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Bereits wenige Stunden nach den Attentaten haben wir
    hier in diesem Hause eine erste Aussprache miteinander
    geführt. Sie, Herr Bundeskanzler, haben am 12. Septem-
    ber in Ihrer Regierungserklärung im Deutschen Bun-
    destag den Vereinigten Staaten von Amerika die uneinge-
    schränkte Solidarität Deutschlands zugesichert. Diese
    Ihre Worte sind vor allem in Amerika auf große Zustim-
    mung gestoßen; sie haben nicht nur in Washington große
    Aufmerksamkeit gefunden.

    Uneingeschränkte Solidarität darf und wird sich nicht
    in Worten und Bekundungen des Mitgefühls und der
    Trauer, so wichtig diese auch waren, erschöpfen. Den
    Worten müssen Taten folgen. Es wird Schwierigkeiten,
    auch Rückschläge dabei geben. Aber gerade dann wird
    sich Solidarität erst wirklich beweisen. Der sichere
    Freund bewährt sich in unsicherer Zeit. Deutschland muss
    jetzt Kurs halten und darf keine Zweifel zulassen, auch im
    Interesse unseres Landes und seiner Menschen.

    Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, Ihre Politik in diesem
    Sinne fortsetzen, wenn Sie zu der zum Ausdruck ge-
    brachten Solidarität auch weiterhin uneingeschränkt ste-
    hen, dann werden Sie für diese Politik auch in Zukunft
    – in den nächsten Tagen, in den nächsten Wochen und in
    den nächsten Monaten – die uneingeschränkte Unterstüt-
    zung unserer Fraktion finden.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)