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ID1418501600

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    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig 18231 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 18231 A Begrüßung des Vizepräsidenten des Bundes- rechnungshofes, Dr. Dieter Engels . . . . . . . 18256 D Informationen über Anschläge auf Ziele in den USA . . . . . . . . . 18282 D, 18286 B,C Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2002 (Haushaltsgesetz 2002) (Drucksache 14/6800) . . . . . . . . . . . . . 18231 D b) Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Finanzplan des Bundes 2001 bis 2005 (Drucksache 14/6801) . . . . . . . . . . . . . 18232 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses – zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bundes- regierung fürdas Haushaltsjahr1999 – Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes (Jahresrechnung 1999) – zu der Unterrichtung durch den Bun- desrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2000 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung (einschließlich der Feststellungen zur Jahresrechnung des Bundes 1999) (Drucksachen 14/3141, 14/4226, 14/4571 Nr. 1.2, 14/6521) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18232 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 18232 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 18245 B Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18249 C Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 18253 B Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18256 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . 18261 B Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18262 A Hans Georg Wagner SPD . . . . . . . . . . . . . . . 18264 B Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 18269 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18272 D Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 18275 A Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18276 A Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 18277 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 18280 C Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . . . . . . . . . 18282 D Hans Jochen Henke CDU/CSU . . . . . . . . . . . 18284 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18286 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 18287 A Plenarprotokoll 14/185 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 185. Sitzung Berlin, Dienstag, den 11. September 2001 I n h a l t : Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung – des Entwurfs eines Gesetzes über die Fest- stellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2002 (Haushaltsgesetz 2002) – der Unterrichtung: Finanzplan des Bundes 2001 bis 2005 (Tagesordnungspunkt 1 a und b) Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18287 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001 Hans Jochen Henke 18286 (C) (D) (A) (B) 1) Anlage 2 2) Die Rede lag bei Redaktionsschluss nicht vor. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001 18287 (C) (D) (A) (B) Behrendt, Wolfgang SPD 11.09.2001** Bohl, Friedrich CDU/CSU 11.09.2001 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 11.09.2001** Klaus Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/ 11.09.2001 DIE GRÜNEN Doss, Hansjürgen CDU/CSU 11.09.2001 Ernstberger, Petra SPD 11.09.2001*** Forster, Hans SPD 11.09.2001 Götz, Peter CDU/CSU 11.09.2001 Hauer, Nina SPD 11.09.2001 Hörster, Joachim CDU/CSU 11.09.2001 Dr. Hornhues, CDU/CSU 11.09.2001** Karl-Heinz Klemmer, Siegrun SPD 11.09.2001 Knoche, Monika BÜNDNIS 90/ 11.09.2001 DIE GRÜNEN Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 11.09.2001 Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 11.09.2001* DIE GRÜNEN Nolte, Claudia CDU/CSU 11.09.2001 Raidel, Hans CDU/CSU 11.09.2001*** Rehbock-Zureich, SPD 11.09.2001 Karin Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 11.09.2001 Schloten, Dieter SPD 11.09.2001*** Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 11.09.2001** Hans Peter Schütz (Oldenburg), SPD 11.09.2001 Dietmar Stöckel, Rolf SPD 11.09.2001*** Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 11.09.2001 Thiele, Carl-Ludwig FDP 11.09.2001 Vogt (Pforzheim), Ute SPD 11.09.2001 Wistuba, Engelbert SPD 11.09.2001 Wolff (Wolmirstedt), SPD 11.09.2001 Waltraud Zierer, Benno CDU/CSU 11.09.2001* * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an der ... Jahreskonferenz der Interparlamenta- rischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung – des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2002 (Haushaltsgesetz 2002) – der Unterrichtung: Finanzplan des Bundes 2001 bis 2005 (Tagesordnungspunkt 1a und b) Uta Titze-Stecher (SPD):In der laufenden Sitzungs- woche diskutieren wir in erster Lesung das Bundeshaus- haltsgesetz 2002, das heißt den Bundeshaushalt für das nächste Jahr sowie den Finanzplan des Bundes für die Jahre 2001 bis 2005. Natürlich geht es dabei zur Sache – und das ist auch richtig so. Denn Zahlen sind Fakten. Und Haushaltszah- len spiegeln klar und eindeutig die politische Handschrift der jeweiligen Regierung wider. Insofern wird die Haus- haltsdebatte traditionell – und zu Recht – zur Generalaus- einandersetzung zwischen Opposition und Regierung bzw. Regierungsfraktionen über die zukünftige Politik, konkretisiert im Bundeshaushalt. In den Kontext dieser politischen Generalabrechnung passt natürlich nahtlos die Debatte um die Entlastung der Bundesregierung für das Jahr 1999. Denn eine Bundesre- gierung, deren Haushalts- und Wirtschaftsführung in der Vergangenheit nicht nur Anlass zu Beanstandungen gege- ben hat – das ist normaler Alltag, wie insbesondere die Mit- glieder des Rechnungsprüfungsausschusses und des Bun- desrechnungshofes wissen –, eine Bundesregierung, der weder vom Bundesrat noch vom Bundestag Entlastung er- teilt wurde, wäre am Ende. – Davon kann keine Rede sein. Für die amtierende Bundesregierung kann ich grünes Licht geben: Der Bundesrat hat der Bundesregierung in seiner 758. Sitzung am 21. Dezember 2000 die Entlastung für das Haushaltsjahr 1999 erteilt. entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Rechnungsprüfungsausschuss hat die Anträge des BMF und die Bemerkungen des BRH in sieben Sitzungen ausführlich beraten und dem Haushaltsausschuss einstim- mig die Entlastung der Bundesregierung für das Haus- haltsjahr 1999 vorgeschlagen. In seiner 77. Sitzung vom 27. Juni 2001 hat schließlich der Haushaltsausschuss mehrheitlich bei Stimmenthal- tung der CDU/CSU beschlossen, dem Deutschen Bun- destag die Entlastung zu empfehlen. Die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2000 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes sind die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung durch den Bundestag im Haushaltskreislauf. Die jährliche Vorlage der Bemerkungen des Bundes- rechnungshofes an den Adressatenkreis Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag markiert daher nicht nur den Zeitpunkt öffentlicher Aufmerksamkeit, sondern den Be- ginn des parlamentarischen Verfahrens. Der Rechnungsprüfungsausschuss, ein Unterausschuss des Haushaltsausschusses, befasst sich intensiv mit der Kritik, die der Bundesrechnungshof am Einnahme- und Ausgabeverhalten des Bundes in seinen Bemerkungen aufgelistet hat. Als Ergebnis der Beratungen fasst der Rechnungsprü- fungsausschuss zu jeder einzelnen Bemerkung einen Be- schluss, in 93 Prozent der Fälle verbunden mit zustim- mender Kenntnisnahme, der auch festlegt, mit welchen Maßnahmen innerhalb welchen Zeitrahmens die geprüfte Verwaltung oder Behörde zu reagieren hat. Insofern haben die Bemerkungen des Bundesrech- nungshofes eine große Wirkung, oder, um ein Bild zu ge- brauchen: Wir, das Parlament, sind die Zähne, die der Ti- ger Bundesrechnungshof braucht, um Ministerien und Verwaltungen zu verpflichten, Mängel durch ganz be- stimmte Maßnahmen abzustellen. Ich möchte mich daher, auch im Nahmen meiner Kolle- ginnen und Kollegen im Rechnungsprüfungsausschuss und im Haushaltsausschuss, bei der Präsidentin des Bundes- rechnungshofes und ihren Mitarbeitern sehr bedanken für die außerordentlich gute und effektive Zusammenarbeit. Mein Dank gilt ebenso den Kollegen und Kolleginnen des Rechnungsprüfungsausschusses – sie haben mir seine Leitung leicht gemacht – und den Mitarbeitern des Rech- nungsprüfungsausschusssekretariats. Im Jahresbericht sind rund 100 Einzelbeiträge aufge- listet, die finanzwirtschaftlich bedeutsam sind, exempla- rische Mängel verdeutlichen oder/und für die Gesetzge- bung und andere Entscheidungen wichtig sind. Immer ist die Kritik mit konkreten Verbesserungsvorschlägen ver- bunden, also konstruktiv. Prüfung und Beratung durch den Bundesrechnungshof beschränken sich allerdings nicht nur auf den Jahresbe- richt. Jährlich verfassen der Bundesrechnungshof und seine Prüfungsämter Hunderte von Prüfungsmitteilungen, deren Vorschläge und Anregungen die Verwaltungen un- mittelbar umsetzen, ohne dass darüber groß öffentlich be- richtet wird. Immer häufiger finden sich daher auf der Tagesordnung des Rechnungsprüfungsausschusses Tagesordnungpunkte, die auf Vorschlag des Bundesrechnungshofes und zustän- digen Berichterstatters als „erledigt“ angesehen, also nicht mehr beraten werden. Das ist eine gute Entwicklung, da sie verdeutlicht, dass diese Bundesregierung bestrebt ist, die Vorschläge des Hofes und die Beschlüsse des Parlaments umzusetzen – zum eigenen Vorteil! Denn dadurch konnten Entlastungen des Bundeshaushalts in Höhe von mehreren 100 Milli- onen DM erzielt werden; in den kommenden Jahren kön- nen sogar Jahr für Jahr mehr als 10 Milliarden DM an Ent- lastungen erreicht werden. Wie wir alle wissen, ist Vertrauen gut, Kontrolle aber unabdingbar notwendig, damit einmal Erreichtes stabili- siert wird und Mängel minimiert bzw. abgestellt werden. Bei der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Jahres- rechnung 1999 hat der Bundesrechnungshof hinsichtlich des kassenmäßigen Ergebnisses keine für die Entlastung relevanten Abweichungen zwischen den Beträgen in den Rechnungen und in den Büchern festgestellt; dies gilt gleichermaßen für die Rechnungen der 16 Sonderver- mögen. So weit, so gut. Verbesserungswürdig sind allersdings folgende Punkte in der Jahresrechnung: So enthält die Haushalts- und Ver- mögensrechnung unzutreffende, widersprüchliche oder unklare Angaben. So zum Beispiel die unvollständige Ausweisung von in Anspruch genommenen Verpflich- tungsermächtigungen. Stichprobenweise Prüfungen der Einnahmen und Aus- gaben ergaben ordnungsgemäße Belege; aber auch hier bemängelt der Hof formale Fehler. So zum Beispiel bei den Feststellungsvermerken auf den begründenden Un- terlagen, bei der Vollständigkeit von Unterlagen, ja sogar beim Ausfüllen der Vordrucke der Kassenanordnungen. Da kann ich nur sagen: Alles lässt sich lernen, auch das korrekte Ausfüllen von Formularen. Daher erwarten wir vom BMF, die für den Haushalt Verantwortlichen in den einzelnen Ministerien und nachgeordneten Dienststellen jährlich im Haushaltsaufstellungsschreiben auf die Not- wendigkeit hinzuweisen, die Vorschriften und Grundsätze für die ordnungsgemäße Veranschlagung und Bewirt- schaftung der Haushaltsmittel hinreichend zu beachten. Zur Haushaltsführung selbst ein paar Bemerkungen: Die Ausgaben lagen mit 482,8 Milliarden DM im Haus- haltsjahr 1999 um rund 2,9 Milliarden DM unter dem veranschlagten Soll von 485,7 Milliarden DM. Die Ein- nahmen – ohne Einnahmen aus Krediten und ohne Münz- einnahmen – unterschritten mit rund 431,5 Milliarden DM ebenfalls das veranschlagte Soll von 432,1 Milliarden DM. Demnach betrug das Finanzierungsdefizit 51,3 Milliar- den DM, also rund 2,3 Milliarden DM weniger als geplant. Zum Haushaltsausgleich trugen in erheblichem Umfang 9,2 Milliarden DM aus Veräußerungen von Beteiligungen und sonstigen Kapitalvermögen bei. 4,1 Milliarden DM da- von sind allein zur Deckung des Zuschussbedarfs bei den Postunterstützungskassen verwendet worden. Ab 2002 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 200118288 (C) (D) (A) (B) werden Privatisierungserlöse, wie vom Bundesrechnungs- hof empfohlen, ausschließlich zur Deckung der Defizite des Postunterstützungskassen verwandt. Im Bereich der über- und außerplanmäßigen Ausga- ben hat sich auf den ersten Blick nichts geändert, was ne- gativ wäre. Bei genauerem Hinsehen stellen wir aber fest, dass sich zwar der Gesamtumfang der überplanmäßigen (5 463 Millionen DM) und außerplanmäßigen Ausgaben (24,2 Millionen DM) in Höhe von 5,5 Milliarden DM nicht nennenswert verringert hat – immerhin 1,1 Prozent des Haushalts-Solls. Die Fallzahl dagegen ist stark gesunken. Als Ausreißer möchte ich hier die überplanmäßigen Ausgaben in Höhe von 226 Millionen DM für die knappschaftliche Renten- versicherung nennen, zurückzuführen auf unerwartete Zunahme der Zahl der Renten in den neuen Ländern bei gleichzeitig stärkerem Rückgang der Versicherten – diese Entwicklung war schwer vorhersehbar. Auch die Baumaßnahmen in Berlin und Bonn, die wechselkurzsabhängigen Pflichtbeiträge an internatio- nale Organisationen sowie umzugsbedingte Maßnahmen führten zu überplanmäßigen Ausgaben. Positiv möchte ich unterstreichen, dass die im Haus- haltsgesetz 1999 enthaltenen globalen Minderausgaben in Höhe von rund 1,6 Milliarden DM einschließlich der Ef- fizienzrendite aus dem Bereich der flexibilisierten Ausga- ben der Verwaltung erwirtschaftet wurden. Beim Kapitel „Verpflichtungsermächtigungen“ erin- nere ich daran, dass aufgrund des Regierungswechsels 1998 bis Mitte 1999, das heißt bis zur Verabschiedung des Haushaltsgesetzes am 21. Juni 1999, die vorläufige Haus- haltsführung galt. Dies ist der Grund dafür, dass im Haus- haltsjahr 1999 nur 38 Prozent oder rund 29,2 Milliarden DM der veranschlagten 76 Milliarden DM Verpflich- tungsermächtigungen in Anspruch genommen werden. Die von der Vorgängerregierung vorgelegte Haushalts- rechnung 1998 wies eingegangene Verpflichtungen nicht vollständig aus – so fehlten zum Beispiel Angaben bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ in Höhe von 2,8 Milliarden DM. Die unzutreffenden bzw. unterlassenen Buchungen sind in- zwischen in der Jahresrechnung 2000 korrigiert und er- gänzt worden. Der Bundesrechnungshof weist aber nachdrücklich da- rauf hin, dass seitens des BMF Vorkehrungen im Rahmen der Haushaltsführung und Rechnungslegung unerlässlich seien, damit künftig auch alle eingegangenen Verpflich- tungsermächtigungen gebucht werden und die Haushalts- rechnung das eingegangene Verpflichtungsermächtigun- gen-Volumen zutreffend ausweist. Im Übrigen gilt, dass Verpflichtungen zur Leistung von Ausgaben nur dann veranschlagt werden sollen, wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben notwendig sind. Alles andere würde gegen den Grundsatz „Haushaltsklarheit/Haus- haltswahrheit“ verstoßen. Die im Rahmen des Haushaltsvollzugs in Anspruch genommene Nettokreditaufnahme (NKA) lag mit 51,1 Mil- liarden DM um 2,4 Milliarden DM unter der Kredit- ermächtigung im Haushaltsgesetz 1999 – da waren noch 53,5 Milliarden DM etatisiert. Die Neuverschuldung war um rund 4,9 Milliarden DM niedriger als die Summe der Investitionsausgaben mit 56 Milliarden DM. Damit wurde die verfassungsrechtliche Kreditobergrenze des Artikel 115 GG eingehalten, auch im Haushaltsvollzug. Die Verschuldung des Bundes aus seinen Finanzkre- diten (einschließlich der in den Bundeshaushalt über- nommenen Sondervermögen) betrug Ende 1999 rund 1 385 Milliarden DM. Dazu kommen die nicht in den Bundeshaushalt eingegliederten Sondervermögen von 110 Milliarden DM (Fonds Deutsche Einheit und ERP- Sondervermögen), für die der Bund geradezustehen hat, sodass sich die Gesamtverschuldung zum Jahresende 1999 auf 1 495 Milliarden DM belief. Mit dem Gesetz zur Eingliederung der Schulden von Sondervermögen in die Bundesschuld hat die rot-grüne Regierung rückwirkend vom 1. Januar 1999 im Wege der Schuldmitübernahme die Verbindlichkeiten der Sonder- vermögen (u. a. Erblastentilgungsfonds) geregelt. Dies war überfällig und wurde seit Jahren vom Bundesrech- nungshof und der damaligen Opposition gefordert – Stich- wort „Schattenhaushalte“. Wir gehen davon aus, dass die dadurch im Hinblick auf die Verschuldungsgrenze des Ar- tikel 115 GG entstandenen Haushaltsspielräume nicht zur Erhöhung der Nettokreditaufnahme führen. Im Zusammenhang mit der finanzwirtschaftlichen Ent- wicklung des Bundes stellt der Bundesrechnungshof eine „leichte Verbesserung der Haushaltslage“ fest, weist aber gleichzeitig auf die weiterhin erheblichen Belastungsfak- toren wie Zins- und Sozialausgaben hin. Auch die Tatsa- che, dass sich die Ausgabenstruktur im Bundeshaushalt in den letzten zehn Jahren zugunsten dieser und anderer kon- sumtiven Ausgaben und zulasten der Ausgaben für Inves- titionen sowie Bildung und Forschung verändert habe, wird betont. Die rot-grüne Bundesregierung hat diese Schieflage durch neue haushaltsmäßige Prioritäten in den erwähnten Bereichen Bildung und Forschung inzwischen deutlich korrigiert. Postitiv vermerkt der Bundesrech- nungshof den Anstieg des Anteils der durch Steuerein- nahmen – und eben nicht Kredite – gedeckten Ausgaben. Der Rückgang der Nettokreditaufnahme ist, so der Bundesrechnungshof, im Verhältnis zum Anstieg der Steuereinnahmen, zu gering. Trotz der bisher praktizier- ten und für die nächsten Jahre vorgesehenen Rückführung der jährlichen Nettoneuverschuldung hat der Bundes- haushalt schlechtere Werte bei wichtigen Finanzkennzif- fern (Kreditinvestitionsquote, Kreditfinanzierungsquote, Deckungsquote) als die Haushalte von Ländern und Kom- munen. Der Anteil des Bundes an der öffentlichen Ge- samtverschuldung hat sich auf hohem Niveau stabilisiert (65 Prozent). Da die mit der Verschuldung verbundenen Zinslasten die politischen Gestaltungsspielräume einengen, ist die Entscheidung, einmalige Einnahmen wie die Erlöse aus der Versteigerung von Mobilfunklizenzen oder Privatisie- rungserlösen schwerpunktmäßig zur Schuldentilgung ein- zusetzen, finanzwirtschaftlich sinnvoll – so der Hof und die rot-grünen Haushälter. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001 18289 (C) (D) (A) (B) Mit der Fortführung des eingeschlagenen Konsolidie- rungskurses (Stichwort: Zukunftsprogramm 2000) trägt die Bundesregierung den Erwartungen des Rechungsprü- fungsausschusses und den Empfehlungen des Bundes- rechnungshofes weitgehend Rechnung, so die Präsidentin des Bundesrechnungshofes, Frau von Wedel, in ihrem Er- gebnisbericht 2001. Einen interessanten, überlegenswerten Vorschlag macht der Bundesrechnungshof im Zusammenhang mit der Neuverschuldungsgrenze gemäß Artikel 115 GG: Er hält dessen Kreditbegrenzungswirkung für unzureichend, da von der zur Ermittlung der Kreditobergrenze herange- zogenen Summe der Investitionsausgaben vor allem Ver- mögensverwertungen abgezogen werden können, die un- ter ökonomischen Gesichtspunkten die Wirkung von Desinvestitionen haben. Mittelfristig empfiehlt der Bun- desrechnungshof, den haushaltsrechtlichen Investitions- begriff zu überprüfen mit dem Ziel einer stärkeren Be- grenzung des Kreditfinanzierungsspielraumes. Der Europäische Stabilitätspakt vom 1. Januar 1999 verpflichtet die elf Teilnehmerstaaten zur Vermeidung übermäßiger Defizite in den öffentlichen Haushalten und droht bei mangelnder Haushaltsdisziplin erhebliche fi- nanzielle Sanktionen an. Immerhin sind sich Bundestag und Bundesrat darüber einig, ihren strikten Konsolidierungskurs fortzusetzen – jedenfalls wurde dies aus Anlass der Beschlussfassung zur Fortführung des Solidarpaktes und zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzierungsausgleichs vom 5. Juli bzw. 13. Juli dieses Jahres in gleich lautenden Ent- schließungen zum Ausdruck gebracht. Zur dauerhaften Einhaltung der Defizitkriterien aus dem Maastricht-Vertrag und dem europäischen Stabi- litäts- und Wachstumspakt streben die Länder eine Rück- führung der Nettoneuverschuldung an, während der Bund im Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt, also ohne Nettokreditaufnahme, vorlegen wird. Im Maßstäbegesetz wird in § 3 Abs. 3 geregelt: Bei der Abstimmung der Deckungsbedürfnisse von Bund und Ländern sowie der Gestaltung der öffent- lichen Haushalte ist über die Bestimmungen des Ar- tikel 106 Abs. 3 Satz 3 und 5 des Grundgesetzes hi- naus sicherzustellen, dass durch eine gemeinsame Ausgabenlinie die Bestimmungen des Maastricht- Vertrages und des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts zur Begrenzung des gesamtstaat- lichen Defizits umgesetzt werden. Die Frage wird durch den Bundesrechnungshof zu prü- fen sein, ob mit dieser innerstaatlichen Regelung den besonderen Anforderungen an die innerstaatliche Koordi- nierung der öffentlichen Haushalte ausreichend Rech- nung getragen wird. Die noch erforderlichen Abstim- mungsgespräche zwischen Bund und Ländern zu den Verfahrensregelungen im Haushaltsgrundsätzegesetz soll- ten nun zügig in Angriff genommen werden. Schließlich liegt es im originären Interesse des Bundes, die Gespräche erfolgreich zum Abschluss zu bringen: Für den Fall möglicher Sanktionen durch die Europäische Ge- meinschaft wegen Überschreitung der insgesamt zulässi- gen gesamtstaatlichen jährlichen Verschuldung haftet nämlich bisher allein der Bund – ein unhaltbarer Zustand. Im Übrigen konterkarieren milliardenteure Wunschlis- ten aus bestimmten Bundesländern natürlich die selbst- gesteckten Stabilitätsziele ... Ich stelle positiv fest, dass im zwischenzeitlich verab- schiedeten Maßstäbegesetz langjährige Forderungen des Bundesrechnungshofes und Vorgaben des Bundesverfas- sungsgerichts endlich erfüllt werden: Bundesergänzungs- zuweisungen werden darum als nachrangig definiert, auch ihr Volumen wird begrenzt. Am Schluss seiner Feststellungen zur finanzwirtschaft- lichen Entwicklung des Bunds empfiehlt der Bundesrech- nungshof eine vorsichtige Einschätzung der künftigen Haushaltsentwicklung bei der Fortschreibung der Finanz- pläne, um die zum Teil erheblichen Planabweichungen zu minimieren, zum Beispiel zu günstige Steureinnahmen und zu niedrige Ausgaben für Sozialleistungen. Um für ungünstige Entwicklungen auf der Einnahme- und Ausgabeseite gerüstet zu sein, empfiehlt der bundes- rechnungshof die Aufnahme von Planungsreserven. Die bisherigen Finanzpläne enthalten bereits solche Reserven in Form so genannter globaler Mehrausgaben, leider nur auf der Ausgabenseite. Durch eine verstärkte und verstetigte Risikovorsorge könnten dann nämlich finanzwirtschaftliche Mehrbelas- tungen für den Bundeshaushalt, zum Beispiel aufgrund abweichender konjunktureller Entwicklungen oder verän- derter politischer Prioritätensetzungen, bei der Fort- schreibung der Finanzpläne leichter aufgefangen werden. Der Bundesrechnungshof konzediert, dass sich im Fi- nanzplan bis 2004 eine Verstetigung der finanzwirtschaft- lichen Eckwerte abzeichnet – also der richtige Weg be- schritten wird. Ein abschließendes Wort zur Umsetzung der flexiblen Haushaltsinstrumente nach dem Haushaltsrechts-Fort- entwicklungsgesetz in der Bundesverwaltung. Der Bund hat 1997 sein Haushaltsrecht flexibilisiert. Weitere neue Instrumente des Haushaltswesens werden derzeit erprobt und implementiert. Zwar sind hier Länder und Kommunen weiter, aber auf Bundesebene bewegt sich doch manches: Das erwähnte Gesetz hat nicht unwesentliche Neuerungen gebracht, vor allem eine erweiterte Deckungsfähigkeit der Ausgaben, das heißt Haushaltsmittel können stärker als bisher für andere als im Haushaltsplan vorgesehene Zwecke verwendet werden. Innerhalb der Hauptgruppe sind die Ausgaben in vollem Umfang deckungsfähig, zwischen den Haupt- gruppen zu 20 Prozent. Auch sind Ausgaben stärker als bisher in die folgenden Jahre übertragbar und stehen den Verwaltungen zusätzlich zu den Haushaltsmitteln des neuen Haushalts als Ausgabenreste zur Verfügung. Als Gegenleistung für die erhöhte Flexibilität beim Haus- haltsvollzug erbringen die Verwaltungen die so genannte Effizienzrendite, die zu einer globalen Kürzung der Ver- waltungsausgaben geführt hat. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 200118290 (C) (D) (A) (B) Der Hof stellt fest, dass im Haushalt 2000 mittlerweile 134 Kapitel mit rund 4 800 Titeln und einem Ausgaben- volumen von rund 27,7 Milliarden DM (entspricht rund 5,8 Prozent der Gesamtausgaben, beinahe doppelt so viel wie im Haushaltsjahr 1998, dem ersten Jahr der Flexibili- sierung). Schaut man genau hin, stellt sich heraus, dass zwar deutlich weniger Haushaltsmittel ausgegeben wurden als veranschlagt; dies lag aber einmal an der Effizienzrendite, zum anderen an der Übertragung von Ausgabenresten in die Folgejahre. Daher lässt sich sagen, dass die endgülti- gen Einsparwirkungen für den Bundeshaushalt noch nicht abschließend bezifferbar sind, da die entstandenen Min- derausgaben als Ausgabenreste in die Folgejahre über- tragbar sind und gegebenenfalls zusätzlich verausgabt werden können. Jedenfalls lässt die Ausgabenentwicklung der Verwal- tungskapitel zum Jahresende („Dezemberfieber“) noch keinen Trend zu einem gleichmäßigeren Ausgabenverhal- ten erkennen. Dies dürfte mit zunehmender Praxiserfah- rung im Umgang mit der erweiterten Übertragbarkeit er- reichbar sein. Das Kernstück der Haushaltsflexibilisierung ist die volle überjährige Verfügbarkeit nicht in Anspruch ge- nommener Haushaltsmittel. Zum Jahresende sind bei den flexibilisierten Verwaltungsausgaben Ausgabenreste in Höhe von 962 Millionen DM entstanden, die bis Ende 1999 auf rund 1,86 Milliarden DM angestiegen sind. Das BMF hat, um ein weiteres Anwachsen der Ausga- benreste zu begrenzen, Anteile dieser Ausgabenreste in Abgang gestellt – so zum Beispiel für das Haushaltsjahr 2000 im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2001 insge- samt 256 Millionen DM. Dies anerkennt der Bundesrech- nungshof ausdrücklich. Darüber hinaus hält der Hof die konsequente Beach- tung der gesetzlich vorgesehenen zeitlichen Verfüg- barkeitsbeschränkung – auf zwei Jahre nämlich – von Ausgaberesten für ein probates Mittel gegen das unkon- trollierte Anwachsen von Ausgaberesten, ebenso die Be- schränkung von Ausgaberesten bei den Personalausga- ben, die mit 82 Prozent den überwiegenden Anteil an den flexibilisierten Ausgaben bilden. Das BMF hat Hinweise des Bundesrechnungshofes umgesetzt und macht die Inanspruchnahme der so ge- nannten Personalverstärkungsmittel davon abhängig, dass die Deckungsmöglichkeiten innerhalb der flexibili- sierten Personalausgaben ausgeschöpft worden sind. Das BMF hat darüber hinaus bereits im Rahmen der Haus- haltsaufstellung 2001 eine Schlüssigkeitsprüfung des Be- darfs an Ausgaberesten durchgeführt und diesen Bereich um 259 Millionen DM vermindert. Grundsätzlich zeigt dieses Beispiel, dass die Bundes- regierung die Ratschläge und Empfehlungen des Bundes- rechnungshofes ernst nimmt und umsetzt – allerdings unter tatkräftiger Mithilfe des Rechnungsprüfungsaus- schusses. Immerhin hat die Bundesregierung am 1. Dezember 1999 ein Gesamtkonzept zur Verwaltungsreform be- schlossen mit dem Namen „Moderner Staat, moderne Verwaltung“. Auf dieser Grundlage laufen derzeit Pilot- projekte und Vorarbeiten, sodass sich mittelfristig fol- gende Elemente für eine neue Haushaltspraxis des Bun- des abzeichnen: Budgetierung und Flexibilisierung, Kosten-Leistungs-Rechnung und Controlling, Produkt- haushalte und dezentrale Ressourcen-Verantwortung, Kontraktmanagement und ergebnisorientierte Steuerung, Stärkung der Eigenverantwortung der Bewirtschafter durch Zusammenführung von Sach- und Finanzverant- wortung, Managementsysteme zur Erfassung des Vermö- gens des Bundes. Diese Perspektive macht deutlich, dass auch das Haus- halts- und Rechnungswesen ständiger Reformen bedarf. Diese Bundesregierung will die genannten Reformen; sie berichtet dem Haushaltsausschuss regelmäßig über den Fortgang der Haushaltsreform. Nun liegt es an der politischen Leitung, die Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter von der Reform zu überzeugen durch Informationen über die Ziele der Haushaltsflexibi- lisierung, durch nähere Vereinbarungen mit den Bewirt- schaftern, durch die Verlagerung finanzieller Verantwor- tungen. Die Umsetzung der Reform wird die Tätigkeit des Bundesrechnungshofes modifizieren, das heißt der Bera- tungsaspekt, die begleitende Prüfung, wird zunehmen, Programm- und Querschnittsprüfungen werden an Be- deutung gewinnen. Dabei wird der Bundesrechnungshof auch wie bisher seine traditionelle Rolle wahrnehmen, das Parlament in seiner Funktion zu unterstützen, die Exeku- tive zu kontrollieren. Und weil wir die Kontrolle der Exekutive dank des Bundesrechnungshofes durchgeführt haben, bitte ich Sie für das Haushaltsjahr 1999 um die Entlastung der Bundes- regierung. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001 18291 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans Georg Wagner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine
    sehr verehrten Damen und Herren! Wer sich den Ablauf
    der Debatte bisher angehört hat, kann nur sagen: Im Wes-
    ten oder im Osten oder hier in der Mitte nichts Neues. Was
    die Opposition vorgetragen hat, kann man im Protokoll

    der Beratung des vergangenen Jahres genau nachlesen.
    Herr Austermann hat nur eines nicht wiederholt. Er hat
    nicht gleich heute die Vorlage eines Nachtrages zum
    Haushalt 2002 gefordert.


    (Lothar Mark [SPD]: Das kommt bei der dritten Lesung!)


    – Das kommt wahrscheinlich noch im Laufe der Debatte.
    Spätestens im Januar nächsten Jahres wird es dann so weit
    sein.

    Herr Austermann, einen Punkt möchte ich ansprechen.
    Sie haben die Familienpolitik der früheren Regierung ge-
    lobt. Ich würde den Mund nicht so voll nehmen; denn es
    gab ein vernichtendes Urteil des Bundesverfassungsge-
    richts über Ihre Familienpolitik.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Mit den Schulden, die Sie aufgebaut haben, mit den Zins-
    verpflichtungen, die Sie aufgebaut haben – das ist eine
    Größenordnung von 80 Milliarden DM pro Jahr –, haben
    Sie, CDU/CSU und FDP, um die Zukunft unserer Kinder
    eine Mauer gebaut. Diese Mauer bauen wir jetzt langsam
    ab; denn wir wollen den Kindern wirklich wieder die
    Chance geben, ihre Lebensumwelt selbst zu gestalten.
    Wir wollen nicht heute Schulden machen, damit es uns
    gut geht, und den Kindern nachher die Schulden und de-
    ren Abzahlung überlassen.


    (Beifall bei der SPD)


    Das ist eine Umkehrung der Politik, die wir betreiben.

    Als Sie, Herr Kollege Austermann, gesprochen haben,
    ist mir übrigens unwillkürlich ein alter Spruch eingefal-
    len. Er lautet: Wenn morgens früh die Sonne lacht, dann
    hat’s die CDU gemacht; gibt’s aber morgens Eis und
    Schnee, dann war’s bestimmt die SPD.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU – Beifall des Abg. Dr. Günter Rexrodt [FDP])


    Das war so die Überschrift über die Rede, die Sie gehal-
    ten haben. Es war nichts Neues. Es kommt immer wieder
    dasselbe.


    (Zuruf des Abg. Delef von Larcher [SPD])


    – Herr von Larcher, ich habe gesehen, dass „Mister Wirt-
    schaft“ eben geklatscht hat. Mir ist die „Misswirtschaft“
    – ich habe das auf dem Plakat gesehen – oftmals lieber als
    „Mister Wirtschaft“.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Die schreibt sich aber mit „ß“!)


    Wenn einer der erfolglosesten Wirtschaftsminister der
    Bundesrepublik Deutschland sagt: „Ich bin Mister Wirt-
    schaft“, dann ist das schon ein starkes Stück.


    (Zustimmung bei der SPD)


    Herr Rexrodt, Sie haben damals den prägenden Satz ge-
    sagt – das ist mir in Erinnerung geblieben –: „Wirtschaft
    wird in der Wirtschaft gemacht.“


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Richtig! Das stimmt auch!)


    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Dr. Christa Luft

    18264


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Eine ganz tolle Erkenntnis! Deshalb haben Sie immer ei-
    nen Bogen um den Subventionsabbau gemacht und die
    Auffassung vertreten, Wirtschaft werde in der Wirtschaft
    gemacht und die Subventionen würden vom Staat gezahlt.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Das war ein starker Beitrag!)


    Frau Kollegin Luft – sie ist im Moment abgelenkt –,
    was die Entwicklung der Kosten für den Bau von öf-
    fentlichen Gebäuden angeht: Für uns ist das genauso wie
    für Sie ein Ärgernis. Es ist wirklich nicht mehr nachzu-
    vollziehen, wie sich – ich denke nicht nur an die Bundes-
    bauten – die Baukosten entwickeln. Für die Bauten des
    Deutschen Bundestages ist auch die Baukommission
    verantwortlich, die man inklusive der Geschäftsführer der
    Bundesbaugesellschaft verhaften müsste.


    (Widerspruch der Abg. Ilse Janz [SPD])


    – Ilse Janz ist dagegen; sie ist Mitglied dieser Kommis-
    sion. – Wenn man diese Verhaftung vornehmen würde,
    dann müsste man wahrscheinlich halb Berlin einsperren.

    Die Entwicklung ist wirklich fatal. Auch ich habe mich
    gestern geärgert, als ich in der Vorlage gelesen habe, dass
    die Asbestbeseitigung im Palast der Republik 47 Milli-
    onen DM mehr kosten wird, weil man zufälligerweise ir-
    gendwo noch Asbest gefunden hat. Sorgsam vorbereitet,
    hätte man das vorher merken müssen. Dasselbe gilt für die
    Bauten des Bundestags. Es ist ja schön, dass wir in eine
    halbe Baustelle eingezogen sind. Von meinem Zimmer
    aus habe ich einen klaren, unverbauten Blick auf die Kin-
    dertagesstätte. Von Berlin ist da überhaupt nichts mehr zu
    sehen. Das ist eben der Nachteil, wenn man in der zwei-
    ten Etage sitzt. Der Vorteil ist, dass man da keine Klima-
    anlage braucht, weil die Sonne nie dorthin kommt. Ir-
    gendwie ist alles schon bestens organisiert.


    (Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Die ganze Geschichte ist schlimm.

    Frau Kollegin Luft, Sie haben gesagt, dass die Investi-
    tionen wieder ansteigen müssten. Ich frage Sie ganz ein-
    fach: Woher soll das Geld kommen? Die alte Regierung
    aus CDU/CSU und FDP hat die Gewährleistungen erhöht
    – wie Herr Eichel dargestellt hat, handelt es sich bei deren
    Inanspruchnahme auch um Investitionen – und dadurch
    war die Quote von Investitionen und Nettoneuverschul-
    dung eingehalten. Allerdings – das muss man so darstel-
    len – handelte es sich nicht um Investitionen, die wirklich
    etwas gebracht haben.

    Stichwort Jugendarbeitslosigkeit: Hätten wir einfach
    nur zuschauen sollen, wie die Entwicklung verläuft? Es
    gibt in der Tat – das muss man sagen; das ist einfach so –
    ein Problem mit den Ausbildungsplätzen im Osten. Ich
    plädiere für mehr Zielgenauigkeit des Programms der
    Bundesanstalt für Arbeit. Man sollte kein Geld an Regio-
    nen im Westen geben, wo überhaupt keine Jugendarbeits-
    losigkeit mehr herrscht; vielmehr sollte man versuchen,
    Geld in diejenigen Gebiete fließen zu lassen, wo es wirk-
    lich brenzlig ist. Um dieses Problem zu lösen, braucht es
    – ich wiederhole es – mehr Zielgenauigkeit.

    Im Übrigen werden Sie es nie schaffen – ich erinnere
    daran, dass ich aus dem Saarland komme –, dafür zu sor-
    gen, dass alle jungen Menschen dorthin gehen, wo sie ei-
    nen Ausbildungs- und Arbeitsplatz finden. Wir haben es
    im Saarland jahrzehntelang erlebt: Menschen, die ihre
    Stelle durch den Abbau von Arbeitsplätzen in der Kohle-
    und Stahlindustrie verloren haben, haben das Bundesland
    verlassen und sind teilweise am Wochenende – zum Bei-
    spiel aus dem Ruhrgebiet oder aus dem Mannheimer
    Raum – ins Saarland zurückgekehrt. Man kann dieses
    Problem also nicht nur auf die östlichen Länder kaprizie-
    ren, sondern es trifft auch auf bestimmte Regionen im
    Westen der Bundesrepublik Deutschland zu.

    Der Haushaltsentwurf des Jahres 2002 ist eine solide
    Grundlage für die weitere Arbeit im nächsten Jahr. Er ist
    solide finanziert.


    (Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)


    – Wenn Sie das nicht gerne hören, dann muss ich Ihnen sa-
    gen: Solides Finanzieren ist Ihnen in Ihrer Regierungszeit
    sowieso abhanden gekommen. Sie haben nur unsolide fi-
    nanziert. – Wir müssen mit der Erblast allerdings fertig
    werden. Die Schulden in Höhe von 1,5 Billionen DM und
    die damit verbundenen 80 Milliarden DM Zinsen, die ge-
    zahlt werden müssen, sind nun einmal da.


    (Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Jedes Mal die gleiche Leier!)


    Wir müssen – wir sind auf dem Weg, das zu tun – die Zin-
    sen möglichst schnell reduzieren; denn die Zinsen sind
    – das ist doch eine makabere Situation – der zweitgrößte
    Ausgabenposten im Bundeshaushalt. Die Nettokredit-
    aufnahme im Jahre 2006 auf null zu senken ist ein Ziel,
    dem eigentlich auch Sie sich verpflichtet fühlen müssten.
    Dort, wo Sie Verantwortung tragen, müssen Sie mithel-
    fen, dieses Ziel zu erreichen. Erst dann beginnen wir mit
    dem vollständigen Abbau der Schulden, die die Zukunft
    unserer Kinder zugemauert haben. Bei der Lösung dieses
    Problems müssten Sie eigentlich auf unserer Seite sein.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wenn ich es richtig gesehen habe, dann machen Sie in
    Ihren Anträgen überhaupt keine Vorschläge für die Finan-
    zierung von Mehrkosten in Höhe von 36,5 Mil-
    liarden DM. Was da steht, ist lächerlich. Für bestimmte
    Bereiche fordern Sie zusätzliches Geld. Sie sprechen zum
    Beispiel davon, dass die Steuerreform vorgezogen werden
    soll. Zu kleineren Gebieten, die Sie auch noch anspre-
    chen, will ich gleich etwas sagen.

    Stichwort Bundeswehr: Der ganze Dampf der letzten
    Tage, der um Scharping gemacht wurde, diente nur dazu,
    von dem Finanzdesaster abzulenken, das Sie bei der Bun-
    deswehr angerichtet und hinterlassen haben.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Ihnen hat es gefallen!)


    Das war der Grund für Ihr Theater der letzten Tage, meine
    Damen und Herren. Schauen Sie sich einmal an, was für
    Bestellungen getätigt wurden. Jetzt ist der Oberexperte

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Hans Georg Wagner

    18265


    (C)



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    (A)



    (B)


    Breuer nicht da. Ich stelle da nämlich fest, dass Sie den
    Eurofighter als Rohling bestellt haben, der gerade einmal
    fliegen konnte, aber keine Bewaffnung – die musste für
    7 Milliarden DM nachbestellt werden – und keine Ein-
    richtungen zum Unterfliegen von Radar hatte; die musste
    für 4 oder 5 Milliarden DM nachbestellt werden. Sie ha-
    ben uns Vorbelastungen übertragen, die ins Grenzenlose
    gingen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Sie sollten auch Weiteres wissen, was die Bundeswehr
    angeht. Ich frage Sie noch einmal ganz ehrlich, liebe Kol-
    leginnen und Kollegen von der CDU/CSU: Warum haben
    Sie die Erhöhung des Wehrsoldes für die Soldaten ab-
    gelehnt? Die Koalition hat den Wehrsold, der über Jahre
    nicht erhöht worden war, erhöht. Warum wollten Sie den
    Soldaten die Erhöhung des Wehrsoldes verweigern? Auf
    diese Frage müssen Sie mir eine Antwort geben, wenn Sie
    mit einem scheinheiligen Lächeln behaupten, Sie sorgten
    sich wirklich um die Bundeswehr.

    Der nächste Punkt, hierzu hat die Bundesregierung ei-
    nen Gesetzentwurf vorgelegt: Als ich in den Haushalts-
    ausschuss kam, habe ich eine Erfahrung gemacht, die Sie,
    Herr Kollege Koppelin, wahrscheinlich auch gemacht ha-
    ben. Sie sind ja für den Haushalt des Verteidigungsminis-
    teriums vonseiten der FDP zuständig. Auch Sie haben be-
    stimmt gemerkt, dass im Bereich der Beamten Hunderte
    bzw. Tausende nach A 1 oder A 2 bezahlt wurden. Das gibt
    es in keiner Gemeinde in Deutschland mehr, dass irgend-
    ein Beamter nach A 1 oder A 2 bezahlt wird. Das gibt es
    nur bei der Bundeswehr. Das haben wir geändert. Der Ge-
    setzentwurf sieht vor, dass im Rahmen des Personalpla-
    fonds hier jetzt endlich Verbesserungen für diese Leute
    vorgenommen werden. Diese Leute sind zum Teil für 200
    andere verantwortlich. Sie werden jetzt noch in einer Art
    und Weise bezahlt – ich will das nicht näher benennen, um
    niemanden zu beleidigen –, die jedenfalls unmöglich ist.
    Sie haben die Soldaten über Jahrzehnte hängen lassen,
    was ihre Bezahlung anging. Sie haben sich dadurch kei-
    nen guten Dienst erwiesen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Sie haben die Motivation der Soldaten gedrückt.


    (Abg. Jürgen Koppelin [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


    – Jetzt bitte keine Fragen.

    Schauen wir uns andere Zustände an. Ich habe eben als
    Beispiel den Eurofighter genannt. Sie wissen genau, wie
    es mit der Beschaffung des Transporters aussieht, der vor
    der Bundestagswahl nur bestellt worden ist, damit die Be-
    triebe schnell noch sichere Aufträge bekommen und keine
    reelle Ausschreibung stattfinden musste.

    Schauen wir uns einmal an, wie es um die Einsatz-
    fähigkeit von Material im Kosovo oder jetzt in Mazedo-
    nien bestellt ist. Ich nehme an, dass Sie schon einmal dort
    waren. Die Einrichtungen dort sind nicht einsetzbar. Ich
    denke an den Leo 2; 3 000 wurden dorthin transportiert,
    damit 1 500 einsatzfähig gemacht werden konnten. Das
    geht doch auf Ihre Bundeswehrpolitik zurück. Damit ha-
    ben wir doch nichts zu tun. Wir haben weder ihn noch den

    Marder bestellt. Das sind alles Unzulänglichkeiten, die
    uns von Ihnen hinterlassen wurden. Das wird sich jetzt än-
    dern. So, wie wir den Soldaten ganz konkret geholfen ha-
    ben, werden wir jetzt auch für diese Einsätze die modern-
    ste Ausrüstung beschaffen.


    (Beifall bei der SPD)


    Der nächste Punkt, der auch in den Anträgen der
    CDU/CSU auftaucht, betrifft die Bahn. Ich halte es für fa-
    tal, dass die CDU/CSU beantragt, 500 Millionen DM
    mehr an die Bahn zu geben. Ist Ihnen nicht klar oder nicht
    bewusst geworden, dass Ihre Vorstandsvorsitzenden Dürr
    und Ludewig in den Jahren ihres Tuns bei der Deutschen
    Bahn die ganzen Planungsabteilungen liquidiert haben?
    Jetzt kommen wir und stellen fest, dass Bedarf besteht,
    das Netz zu erneuern. Hierzu kommen uns die Zinser-
    sparnisse infolge der UMTS-Gelder zugute. Wir geben
    2 Milliarden DM, damit das Netz besser und schneller ge-
    macht werden kann, es stellt sich aber dann heraus, dass
    das gar nicht möglich ist, weil die planerischen Voraus-
    setzungen dafür gar nicht vorhanden sind.

    Es war doch Ihr Fehler, dass Sie zugelassen haben, dass
    Personal im Bereich der Planungsabteilungen der Bahn
    abgebaut wurde. Diese sind heute ausgelaugt und nicht in
    der Lage, sehr schnell zu reagieren. Das Ergebnis wird
    sein, meine Damen und Herren, dass von den 2 Milliarden
    DM, die wir in diesem Jahr der Bahn zur Verfügung ge-
    stellt haben, drei Viertel übrig bleiben. Sie werden – das
    hoffe ich sehr – durch Aufträge festgelegt sein, aber nicht
    verausgabt worden sein. Ich finde es ganz gut, dass Ver-
    kehrsminister Bodewig mit der Bahn ein Abkommen ge-
    schlossen hat, dass stattdessen andere Großmaßnahmen
    finanziert werden können, damit das Geld dann, aller-
    dings von der Bahn, im Jahre 2004 nachträglich bereitge-
    stellt werden kann. Ich halte das für vernünftig.

    Sie müssen doch sehen, dass Sie das verursacht haben.
    Nach dem Verursacherprinzip sind Sie alleine an dieser
    Misere schuld, sonst niemand. Sie haben ja über lange
    Jahre den Verkehrsminister gestellt.


    (Beifall bei der SPD)


    Es verhielt sich nun einmal bei diesen Geldern wie in der
    ganzen Bauwirtschaft so, dass es üblicherweise eine Pla-
    nungs- und eine Ausschreibungs- bzw. Vergabephase gibt
    und erst dann ausgeführt und abgerechnet werden kann.
    Das ist in der Bauwirtschaft immer so gewesen. Man kann
    nicht Herrn Mehdorn am 1. Januar 2 Milliarden DM über-
    weisen und ihm sagen, er solle das Geld schnell unter die
    Leute bringen. So etwas wäre in höchstem Maße unred-
    lich. Wir müssen hier einen längeren Atem haben.

    Nun sind endlich erste Anzeichen dafür erkennbar,
    dass Aufträge vergeben werden. Das gilt übrigens nicht
    nur für die Bahn. Von den 125 im Programm der Bundes-
    regierung zum Bau von Ortsumgehungen aufgeführten
    Maßnahmen sind bereits 66 vergeben und im Bau. Auch
    insoweit wird sich in der Bauwirtschaft etwas bewegen;
    Kollege Metzger hat bereits darauf hingewiesen, dass sich
    die Daten positiv verändern. Wir können also daran fest-
    halten, dass es im zweiten Halbjahr oder spätestens im
    ersten Halbjahr des Jahres 2002 eine wirtschaftliche Be-
    lebung in Deutschland geben wird.

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Hans Georg Wagner

    18266


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Frau Kollegin Dr. Luft und andere haben erneut ein
    Programm gefordert, mit dem die Arbeitslosigkeit stär-
    ker bekämpft wird. Arbeitslosigkeit ist für jeden ein Är-
    gernis. Es gibt gar keinen Zweifel, dass jede Idee zur
    wirksamen Bekämpfung der Arbeitslosigkeit aufgenom-
    men wird. Wir können allerdings die Unternehmen nicht
    dazu prügeln, Personal einzustellen statt zu entlassen, wie
    es leider massenhaft geschieht.


    (Jürgen Koppelin [FDP]: Aber Sie prügeln sie!)


    – Bei Ihnen war das Routine, bei uns ist es jedenfalls ein
    öffentliches Ärgernis wenn das immer so läuft. Ihnen war
    es letztlich wahrscheinlich egal.


    (Walter Hirche [FDP]: Was soll denn diese Diffamierung und Polemik, Herr Wagner? Bleiben Sie doch mal bei der Sache!)


    Wir haben im vergangenen Jahr das Zukunftsinvesti-
    tionsprogramm aufgelegt, das mit 15 Milliarden DM do-
    tiert und aus den Zinsersparnissen solide finanziert ist, die
    von den UMTS-Erlösen herrühren. Dies ist etwas anderes
    als das, was in Japan geschieht; dort wurden kreditfinan-
    zierte Konjunkturprogramme aufgelegt, was aber zu dem
    Ergebnis führte, dass dort die Arbeitslosigkeit noch nie so
    hoch war, wie sie heute ist, und der Staat pleite ist. Wir ha-
    ben es auch anders als die Amerikaner gemacht, die alle
    Steuern und Ausgaben herunterfahren wollten. Herr Bush
    ist mit seinem Steuersenkungsprogramm bekanntlich
    nicht weit gekommen; es ist schon am ersten Tag schief
    gegangen.


    (Lothar Mark [SPD]: Bei dem Herrn Bush wird noch mehr schief gehen!)


    Wenn jetzt leichte Besserungstendenzen in den USA er-
    kennbar sind, dann ist das ja gut. Dies wird sich auch bei
    uns auswirken, da der Export die tragenden, Säule unse-
    res Arbeitsmarktes ist und bleibt. Wenn die Amerikaner
    weniger konsumieren, können wir nicht so viel exportie-
    ren; das ist eine ganz einfache Rechnung. Wenn sich das
    Konsumverhalten in Amerika bessert, wird das zu positi-
    ven Folgen bei uns führen, übrigens nicht nur in Deutsch-
    land, sondern in allen Ländern der Europäischen Union
    und auch in anderen Ländern. Ich war neulich in Brasilien.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Oh!)


    – Reisen bildet, Herr Kollege Repnik; Sie sollten viel-
    leicht auch einmal verreisen. – Dort ist mir gesagt worden,
    dass man ebenfalls auf eine Erholung des amerikanischen
    Marktes warte.


    (Zuruf des Abg. Hans-Peter Repnik [CDU/CSU])


    – Ich habe gesagt, dass Reisen bildet. Sie sollten auch ein-
    mal nach Brasilien fahren. Dort können Sie etwas lernen,
    Herr Repnik,


    (Detlev Lacher [SPD]: Der hat es auch nötig!)


    und dann können Sie vielleicht auch intelligentere Zwi-
    schenrufe machen.

    Es hängen also auch andere Länder von der amerikani-
    schen Konjunktur ab. Wenn der IWF Argentinien neue

    Kredite gibt, bedeutet das für uns ebenfalls zusätzliche
    Exportchancen, weil dort dann die Wirtschaft wieder zu
    funktionieren beginnt.

    Bei der FDP fällt das Stichwort Subventionsabbau
    immer zuerst;


    (Zuruf von der SPD: Das hat schon Möllemann versucht!)


    sie ist nur nicht dabei, wenn es konkret wird. Ich
    schlage vor, Herr Kollege Koppelin, dass wir uns darauf
    verständigen.


    (Jürgen Koppelin [FDP]: Reine Polemik, aber keine Zwischenfragen zulassen, das geht nicht!)


    – Ich polemisiere hier nicht, gegen Sie sowieso nicht; das
    wissen Sie doch.

    Subventionsabbau hört sich immer gut an. Bis jetzt
    wird nur eine einzige Subvention vertraglich abgebaut,
    nämlich die der deutschen Steinkohle. Das lässt sich aber
    auch bei anderen Subventionen machen, Herr Kollege
    Rexrodt. Sie waren ja damals als Wirtschaftsminister
    maßgeblich an dem Vertrag beteiligt, der die Einschrän-
    kung der Steinkohlesubventionen bis zum Jahre 2005 vor-
    sieht. Das ist mit Ihr Werk, gegen das zunächst einmal
    nichts zu sagen ist. Aber warum sind Sie nicht bereit, auch
    bei der Landwirtschaft Subventionsabbau zu betreiben?


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Dafür haben wir ein ganz neues Konzept!)


    Das gilt übrigens auch für die europäische Ebene; Herr
    Minister Eichel hat es gesagt.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sie wollten es doch bei der Agenda 2000 machen!)


    – Für die Steinkohle werden 5 Prozent aller Subventionen
    gezahlt. Dann seien Sie doch bereit, Herr Kollege
    Gerhardt, mir zuzugestehen, dass ich Sie dazu einlade,
    beim Subventionsabbau in anderen Bereichen mitzuma-
    chen. Hier denke ich etwa auch an den großen Bereich des
    Wohnungsbaus, wo eine Anpassung an den tatsächlichen
    Bedarf stattfinden muss. Es gibt gar keinen Zweifel, dass
    Herr Eichel hinsichtlich dieses Punktes Recht hat. In die-
    sem Zusammenhang halte ich es nicht gerade für fair,
    Frau Kollegin Luft, dass Sie es gering achten, wenn wir in
    den nächsten drei Jahren für den Stadtumbau Ost
    1,2 Milliarden DM aufwenden. Würden Sie den Städten
    und Gemeinden im Westen, denen es überhaupt nicht gut
    geht, sagen, dass 1,2 Milliarden DM nichts seien, erhiel-
    ten Sie sicherlich eine ganz andere Antwort.


    (Rolf Kutzmutz [PDS]: Wir reden über zwei verschiedene Dinge!)


    Die Union hat bereits jetzt Anträge auf Mehrausgaben
    gestellt, die sich nicht nur auf die 36,5 Milliarden DM be-
    ziehen; denn man muss alles zusammenfassen. Herr Kol-
    lege Rauen, Sie werden nach mir sprechen; vielleicht be-
    antworten Sie die Frage, wie Sie die 400 Milliarden DM,
    die sich als Summe Ihrer Anträge ergeben, in unserem
    Haushalt finanzieren wollen. Sie können natürlich sagen,
    wir sollen die Mehrwertsteuer um 20 Prozentpunkte er-
    höhen. Damit wäre das alles abgedeckt.


    (Zuruf von der SPD: Steuersenkung!)


    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Hans Georg Wagner

    18267


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Aber das wollen Sie ja auch nicht. Sie wollen die Steuer-
    reform vorziehen und Entlastungen vornehmen. Man
    muss mir einmal erklären, wie das zusammenpasst. Ir-
    gendeiner muss doch etwas zur Finanzierung sagen, wenn
    Anträge auf 400 Milliarden DM Mehrausgaben gestellt
    werden und gleichzeitig die Steuern gesenkt werden sol-
    len, denn Sie wollen doch wohl seriös sein.


    (Detlef von Larcher [SPD]: Nein, das wollen sie nicht! – Weiterer Zuruf von der SPD: Das können sie auch nicht! – Detlef von Larcher [SPD]: Seriosität ist doch ein Fremdwort für die!)


    Wenn ich Herrn Austermann richtig verstanden habe, lebt
    er in dem Irrglauben, Sie kämen im nächsten Jahr wieder
    an die Regierung. Solche Hoffnungsschimmer hat er
    manchmal. Solche Vorhaben müssen dann aber auch se-
    riös finanziert werden.

    Wir haben die Absicht erklärt, die Möglichkeiten zur Be-
    lebung am Arbeitsmarkt auszubauen. Die Beratung über
    das Job-Aqtiv-Gesetz wird in der nächsten Sitzungswoche
    beginnen. Darin werden wir auch Verfeinerungen und Ver-
    besserungen der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vorneh-
    men.

    Jetzt möchte ich etwas zum Ablauf der letzten Jahre sa-
    gen. Ich frage Sie, warum die Union die Kindergeld-
    erhöhungen abgelehnt hat. Vor Weihnachten 1999 haben
    Sie die erste Kindergelderhöhung abgelehnt, dann haben
    Sie die zweite Kindergelderhöhung abgelehnt und jetzt
    lehnen Sie die dritte Kindergelderhöhung auch noch ab.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch gar nicht wahr!)


    Sie haben die Neufestlegung des Existenzminimums ab-
    gelehnt. Sie haben alle von uns erreichten sozialen Errun-
    genschaften abgelehnt. Sie müssen mir erklären, wie Sie
    das mit Ihrer Politik in Übereinstimmung bringen wollen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Ökosteuer!)

    Ich denke an das Kündigungsschutzgesetz, das wir zu-
    gunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder
    verändert haben.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Zulasten! Das hat viele Arbeitsplätze vernichtet!)


    – Das hat überhaupt keine Arbeitsplätze vernichtet, Herr
    Kollege Gerhardt. Das ist nicht wahr.

    Wir haben in anderen Bereichen einige Maßnahmen er-
    griffen, die Sie einfach abgelehnt haben. Sie müssen gegen-
    über der Bevölkerung bitte auch begründen, warum Sie das
    tun, statt immer neue Anträge zu stellen und darüber hin-
    ausgehende Forderungen zu erheben. Sie sollten ganz kon-
    kret sagen: Wir haben die Kindergelderhöhung abgelehnt,
    weil wir es den Leuten nicht gönnen. Sagen Sie das; das ist
    ja in Ordnung. Dann weiß jeder, woran er bei Ihnen ist.


    (Joachim Poß [SPD]: Herr Rauen wird das aufklären!)


    Wir werden den Haushalt selbstverständlich intensiv
    beraten. Wir werden auch den Umsatzsteuerbetrug, den
    Sie, Herr Rexrodt, beklagten, bekämpfen.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Das war Herr Austermann! Sie müssen zuhören!)


    – Dann war es eben Herr Austermann. Er hätte in 16 Jah-
    ren, in denen Sie an der Regierung waren, diesen Betrug
    bekämpfen können. Herr Repnik, warum waren Sie denn
    nicht bereit, dies zu bekämpfen? Warum müssen wir das
    machen? Das ist wieder eine Erblast. Sie laden Schutt bei
    uns ab, den wir dann beseitigen müssen. Die Betrüger sind
    aber nicht nur in diesem Jahr gefunden worden; es gibt sie
    schon wesentlich länger, man hätte sie früher bekämpfen
    können.

    Frau Merkel hat in der vorigen Woche einen bemer-
    kenswerten wahren Satz gesprochen.


    (Joachim Poß [SPD]: Ja? Das kann ich mir nicht vorstellen!)


    – Ja. Sie hat nämlich gesagt, die chronische Unterfinan-
    zierung der Bundeswehr begann 1989. Damit hat sie voll-
    kommen Recht gehabt. Insofern ist es zu begrüßen, wenn
    hier der Wahrheit entsprechende Sätze geäußert werden.


    (Zuruf von der SPD: Sie sagt ab und zu auch mal etwas Richtiges! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Und warum vergrößern Sie das Problem?)


    Ansonsten waren sich die Redner aller Fraktionen einig,
    dass man etwas zur Bekämpfung der internationalen
    Kriminalität wie Drogenhandel und Menschenhandel
    tun muss.


    (Zurufe von der SPD: Geldwäsche! Korruption! – Kanther! Kiep!)


    Die Koalition wird sich bemühen, im Zuge der Beratun-
    gen die eine oder andere zusätzliche Verbesserung auf die-
    sem Gebiet zu erreichen, ebenso bei den Hilfsorganisa-
    tionen wie dem THW, die wir ins Ausland schicken.

    Wir werden die Ausstattung der Programme für den
    Städtebau und für die soziale Stadt an die des Jahres 2001
    anpassen, weil diese Maßnahmen in den westlichen Städ-
    ten begründet sind. Für die Städte in den östlichen Bun-
    desländern bleibt die Höhe der Förderung ohnehin in glei-
    chem Umfang erhalten. Ich halte das für eine gute
    Ausgangsposition. Zu diesen Punkten werden wir im
    Rahmen der Beratung des Haushaltes entsprechende An-
    träge formulieren.

    Sie entsinnen sich an die Berlin-Debatte, die wir in die-
    sem Hohen Haus geführt haben. Ich glaube, die FDP hatte
    beantragt, man solle über die Situation Berlins reden.
    Damals sagten wir, im Unterschied zum Saarland und zu
    Bremen, wo die Haushaltsnotlage unverschuldet entstan-
    den ist, ist sie hier in Berlin durch eigenes Verschulden
    entstanden.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Wie bitte?)


    Das muss man abrechnen. Dabei muss man beachten,
    welche konkreten Maßnahmen wir finanzieren. Sie be-
    kommen das vielleicht gar nicht mit. Sehen Sie sich ein-
    mal im Bundeshaushalt an, wie viele Millionen wir an
    Berlin geben. Die Museumsinsel und das Jüdische Mu-
    seum sind genannt worden; das ist ja alles in Ordnung.
    Darüber sind wir uns völlig einig.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Na, dann ist es ja gut!)


    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Hans Georg Wagner

    18268


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    – Es gab bisher keinen Streit. Sie haben nicht besonders
    dafür gekämpft oder kämpfen müssen.


    (Zuruf von Dr. Günter Rexrodt [FDP])


    – Sie haben nichts dafür getan; da haben Sie auch wieder
    Recht.

    Wir tun also einiges für Berlin. Wir sind aber an Ent-
    scheidungen der Stadt Berlin gebunden. Sie wissen, dass
    wir die Finanzierung der Sanierung des Olympiastadions
    übernommen haben.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Das ist doch gut!)


    Der alte Berliner Senat – das gilt bis jetzt auch für den
    neuen – konnte sich aber noch nicht entscheiden, was mit
    der U 5 passiert, die ebenfalls vom Bund finanziert wird.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Der alte Senat war schlecht und der neue wird gut!)


    – Das ist richtig. Zumindest der größere Koalitionspartner
    war absolut schlecht. Das gebe ich gerne zu.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Der neue wird schlechter!)


    Der andere Koalitionspartner konnte nicht so regieren,
    wie er wollte. Er war aber auf jeden Fall besser. – Wir hel-
    fen also Berlin da, wo es möglich ist.

    Wir werden auch die Sportförderung in den neuen
    Ländern – Stichwort: Goldener Plan – im Rahmen der
    Haushaltsberatungen diskutieren. Es wird dann deutlich
    werden, wo die einzelnen Fraktionen ihre Schwerpunkte
    setzen. Ich lade alle drei Oppositionsfraktionen herzlich
    ein, sinnvolle Anträge einzubringen, um sie mit uns ge-
    meinsam zu beraten. Wir werden sicherlich dem einen
    oder anderen Vorschlag entgegenkommen – warum denn
    nicht? –, wenn er vernünftig ist. Bis jetzt kam aber mei-
    nes Wissens noch bei keiner Haushaltsberatung etwas
    Vernünftiges vonseiten der CDU/CSU auf den Tisch.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Das heißt, Sie sind mit den Vorschlägen von Eichel nicht einverstanden!)


    – Natürlich, mit einigen sogar sehr.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Sie bringen jetzt lauter neue Anträge!)


    – Herr Kollege Repnik, die Fraktionen können doch noch
    eigene Vorschläge machen.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Also sind Sie nicht einverstanden!)


    Sie waren anscheinend so abhängig von der Regierung,
    dass Sie gar nichts mehr gemacht haben.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Unser Finanzminister hat es richtig gemacht!)


    Die Koalitionsfraktionen sind doch selbstbewusst genug,
    unserer Regierung zu sagen, an dem und dem Punkt
    könnte man es besser machen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Peter Repnik [CDU/ CSU]: Schwaches Bild!)


    Das ist doch normal. Ich weiß, dass Sie über 16 Jahre blin-
    den Gehorsam gezeigt haben: abnicken und fertig. Diese
    Zeiten sind vorbei.

    Wir werden den Konsolidierungskurs weiter mittra-
    gen und werden dem Ziel von Hans Eichel folgen, im Jahr
    2006 eine Nettokreditaufnahme von Null zu erreichen.
    Wir werden dem Haushalt nach einer gründlichen Bera-
    tung, zu der ich Sie herzlich einlade, zustimmen.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nun hat der Kollege
Peter Rauen, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Peter Rauen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine
    sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen
    und Kollegen! Die meisten von Ihnen wissen, dass ich
    Unternehmer in der Baubranche bin, in einer Branche, der
    zurzeit bundesweit das Wasser bis zum Halse steht. Ich
    habe in den letzten sechs Wochen versucht, Aufträge zu
    bekommen, um meine Mitarbeiter nicht entlassen zu müs-
    sen. Daher bin ich von dem, was ich von der Bundesre-
    gierung und von den Koalitionsrednern zum Haushalt,
    zum Schicksalsbuch der Nation, heute gehört habe, sehr
    enttäuscht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Herr Eichel, Sie haben zugegebenermaßen eine gute
    Parteitagsrede gehalten, die Ihre eigenen Reihen erfreut
    hat.


    (Joachim Poß [SPD]: Eine gute Haushaltsrede, keine Parteirede!)


    Aber ich habe relativ wenig zum Haushalt gehört.


    (Joachim Poß [SPD]: Doch!)


    – Herr Poß, weil Sie dazwischenrufen, muss ich Ihnen sa-
    gen, dass Sie sich in einem Drittel Ihrer Rede zum Haus-
    halt mit Meinungsbildungsprozessen in der Union be-
    schäftigt haben.


    (Joachim Poß [SPD]: Das muss doch auch einmal sein!)


    Sie haben diese Prozesse dann auch noch falsch wieder-
    gegeben.


    (Joachim Poß [SPD]: Nein, überhaupt nicht!)


    Um es sehr klar zu sagen: Das Zehnpunkteprogramm ist
    das Ergebnis der Diskussion in der gesamten Fraktion und
    in der gesamten Partei.


    (Joachim Poß [SPD]: Bei Ihnen kann man nichts Falsches wiedergegeben!)


    Herr Kollege Metzger, Sie haben das Argument von
    den 50 Prozent Psychologie bemüht und darüber hinaus
    den Kollegen Austermann in einer Art und Weise ange-
    griffen, die zu Ihnen eigentlich überhaupt nicht passt. Herr
    Wagner, das Beispiel von der Sonne an dem einen Mor-
    gen und dem Regen an dem anderen Morgen habe ich

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Hans Georg Wagner

    18269


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    schon mehrmals hier gehört. Sie sollten sich einmal ein
    neues Beispiel ausdenken.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Jeder nach seinen Fähigkeiten!)


    Zu dem Argument von der Erblast: Mein Gott, ihr regiert
    schon drei Jahre. Dieses Argument läuft sich allmählich
    tot. Was in den Reden dargestellt wurde, hat mit der Re-
    alität in der Wirtschaft nichts zu tun.

    Dieser Bundeshaushalt ist ein Dokument der Hilflosig-
    keit dieser Bundesregierung,


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    ein Beweis der Hilflosigkeit dieser Regierung gegenüber
    sich dramatisch verschlechternden Wirtschaftsdaten, ge-
    genüber zunehmender Arbeitslosigkeit und abnehmender
    Beschäftigung sowie gegenüber einer Inflationsrate in
    einer Höhe, die man sich vor anderthalb Jahren noch nicht
    vorstellen konnte. Es ist in der Tat bitter, dass die größte
    Wirtschaftsnation in Europa, die Bundesrepublik Deutsch-
    land, die für fast ein Drittel des Bruttoinlandproduktes im
    Euroraum Verantwortung trägt, bei allen wichtigen wirt-
    schaftlichen Grunddaten am Schluss der Entwicklung in
    Europa steht. Sie ist sozusagen zum Fußkranken in Europa
    geworden.


    (Joachim Poß [SPD]: Ach! – Walter Hirche [FDP]: Das ist der ruhige Fuß! – Gegenruf von der PDS: Besser als Bleifuß!)


    Herr Poß, Sie haben das ja eben zugegeben.


    (Joachim Poß [SPD]: Die Situation haben Sie herbeigeführt, durch eine verfehlte Politik in den 90er-Jahren!)


    – Ich finde es schon unverschämt, dass Sie diese Tatsache
    der deutschen Wiedervereinigung in die Schuhe schieben
    wollen. Das ist ökonomisch so unsinnig, dass man gar
    nicht darüber nachdenken darf.


    (Joachim Poß [SPD]: Aber das hat Herr Waigel auch immer behauptet! Lesen Sie einmal nach!)


    Das alles, was wir jetzt erleben, ist Ergebnis Ihrer ver-
    fehlten Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik. Das Spie-
    gelbild ist der Arbeitsmarkt: Ende August dieses Jahres
    waren 5,6 Millionen Menschen in Deutschland verdeckt
    oder offen arbeitslos. Saisonbereinigt ist die Arbeitslo-
    senzahl seit Januar um 85 000 gestiegen. Wir hatten im
    August dieses Jahres zum ersten Mal auch absolut mehr
    Arbeitslose als im Jahr vorher. Hinzu kommt: Die Zahl
    der in Deutschland geleisteten Überstunden geht zurück
    und die Kurzarbeit steigt – ein Alarmsignal ersten Ran-
    ges!

    Erfolg auf dem Arbeitsmarkt hat diese Regierung zu
    keinem Zeitpunkt gehabt. Die statistischen und demogra-
    phischen Effekte, von denen Sie in den ersten drei Jahren
    Ihrer Amtszeit gezehrt haben, sind vollständig aufge-
    braucht. Obwohl in den Jahren 1999 bis 2001 645 000
    mehr alte Menschen aus dem Erwerbsleben ausgeschie-
    den sind, als junge ins Erwerbsleben eingetreten sind,


    (Hans Eichel, Bundesminister: Immer die selben Märchen!)


    ist die Zahl der Arbeitslosen seit Ihrer Regierungsüber-
    nahme im Oktober 1999 bis zum August 2001 um ledig-
    lich 103 000 gefallen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! – Hans Eichel, Bundesminister: Märchen!)


    – Hören Sie zu, Herr Eichel, dann werden Sie das Wort
    „Märchen“ nicht mehr in den Mund nehmen.

    In Deutschland wird nicht mehr, sondern weniger ge-
    arbeitet. Dies hat natürlich Auswirkungen auf den Haus-
    halt und die sozialen Sicherungssysteme. Während Sie
    sich noch in den scheinbaren Erfolgen auf dem Arbeits-
    markt gesonnt haben, haben Sie, Herr Eichel, auch die
    Hinweise des Sachverständigenrates in 1999 und 2000
    nicht ernst genommen. Der Sachverständigenrat hat Ihnen
    glasklar mitgeteilt, dass, in Erwerbstätigenstunden ge-
    rechnet, der Beschäftigungsaufwuchs in 1997 und 1998,
    der zu verzeichnen war und vom Statistischen Bundesamt
    auch festgestellt wurde, in 1999 und 2000 zum Erliegen
    gekommen ist. In diesem Jahr geht die Zahl der geleiste-
    ten Arbeitsstunden zurück. Nur von den geleisteten Ar-
    beitsstunden jedoch werden Sozialversicherungsbeiträge
    und Steuern gezahlt.


    (Walter Hirche [FDP]: Genauso ist es!)


    Die Beitragszahlungen brechen weg. Genau an dieser
    Stelle liegen die Gründe dafür, dass die Krankenkassen
    flächendeckend die Beiträge erhöhen müssen, dass die
    Beitragssätze zur Rentenversicherung trotz der Erhöhung
    der Ökosteuer nicht um 0,3 Prozentpunkte, ja sogar über-
    haupt nicht gesenkt werden, die Arbeitsverwaltung neuen
    Finanzbedarf anmeldet und die Steuerschätzungen, die
    diesem Haushalt zugrunde liegen, bereits heute Makula-
    tur sind.


    (Zustimmung bei der CDU/CSU)


    Ihr angesichts der demographischen Entwicklung oh-
    nehin bescheidenes Ziel, die Zahl der Arbeitslosen auf
    3,5 Millionen zu drücken, haben Sie längst aufgegeben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    100 000 Arbeitslose mehr bzw. Beschäftigte weniger kos-
    ten die Sozialkassen circa 5 Milliarden jährlich und haben
    Steuermindereinnahmen in Höhe von 1,5 Milliarden DM
    zur Folge – wenn es 200 000 Arbeitslose mehr gibt, ist das
    also schon eine Differenz von 13 Milliarden DM – und je-
    des Prozent Wachstum, das fehlt, führt dazu, dass 17 Mil-
    liarden DM weniger Steuern und Sozialabgaben in die
    staatlichen Kassen fließen.

    Ihr zweites Ziel, die Sozialversicherungsbeiträge un-
    ter die 40-Prozent-Marke zu senken, haben Sie ebenfalls
    längst aufgegeben. Am Ende haben Sie die Menschen mit
    37 Milliarden DM Ökosteuer abgezockt, ohne die
    versprochenen Entlastungen einzuhalten.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)


    Sie sind schon jetzt mit beiden Zielen gescheitert.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Dieser Haushalt beweist, dass die ruhige Hand Schröders
    in Wahrheit Hilflosigkeit ist.

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Peter Rauen

    18270


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Auch das Bild vom eisernen Sparer, das Sie, Herr
    Finanzminister, so gerne benutzen, wird, wie ich finde,
    immer unschärfer. Das Bild mag zwar auf die Privatperson
    Eichel zutreffen. Ich habe gelesen, Sie putzen Ihre Woh-
    nung selbst. Vielleicht liegt das auch daran, dass Sie we-
    gen der Kompliziertheit der Regelungen zu den 630-Mark-
    Jobs keine Putzfrau mehr finden.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)


    Aber das gilt nicht für den Finanzminister.

    Ich komme wieder zur Ernsthaftigkeit zurück, Herr
    Eichel. Dem Ist-Ergebnis Ihres Haushalts 2002 entnehme
    ich, dass Sie gegenüber dem Bundeshaushalt 1998
    58 Milliarden DM mehr Steuereinnahmen haben werden.
    Gleichzeitig sinkt die Nettokreditaufnahme im Ver-
    gleich zu 1998 lediglich um bescheidene 15 Milliar-
    den DM. Was das noch mit Konsolidierung der Staats-
    finanzen zu tun hat, ist mir persönlich schleierhaft.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Gegen jede volkswirtschaftliche und arbeitsmarktpoli-
    tische Vernunft erhöhen Sie die konsumtiven Ausgaben
    und senken die Investitionen. Trotz der Zinsersparnis
    aufgrund des Verkaufs der UMTS-Lizenzen sinkt die
    Investitionsquote 2002 mit 11,4 Prozent auf den niedrigs-
    ten Stand in der Geschichte der Bundesrepublik Deutsch-
    land. Selbst 1998 hatten wir noch 12,5 Prozent. Das wa-
    ren über 4 Milliarden DM mehr für Investitionen.

    Herr Eichel, Sie wissen ganz genau: Obwohl es in den
    Jahren 1995, 1996 und 1997 keine Erhöhung der Steuer-
    einnahmen gab, die Steuern im Gegenteil nominal sogar
    zurückgegangen sind, lag die Investitionsquote damals
    höher als bei den üppigen Einnahmen, die Sie heute haben.


    (Hans Eichel, Bundesminister: Damals waren es verfassungswidrige Haushalte!)


    – Diese alte Schimäre wird immer wieder erzählt.


    (Joachim Poß [SPD]: Das ist keine Schimäre!)


    Aber, Herr Eichel, Sie sind jetzt an der Regierung und
    Ihrem Finanzplan entnehme ich, dass Sie dieses volks-
    wirtschaftliche Risiko bis 2005 fortsetzen wollen. Danach
    soll die Investitionsquote auf 10,3 Prozent zurückgehen.

    Sie konsolidieren den Haushalt zulasten der Investitio-
    nen. Bis 2005 wollen Sie die konsumtiven Ausgaben ge-
    genüber 1998 um 47 Milliarden DM erhöhen und gleich-
    zeitig die Investitionen um 6 Milliarden DM kürzen. Ich
    bin sicher, dass es dazu nicht mehr kommen wird, weil die
    Wähler dies im nächsten Jahr nicht zulassen werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Der Rückgang der Investitionsausgaben ist ein volks-
    wirtschaftliches Risiko ersten Ranges. Davon betroffen
    ist nicht nur die Bauindustrie, die nicht zuletzt wegen
    fehlender öffentlicher Aufträge in einer existenziellen
    Krise steckt. Nehmen Sie bitte ernst, was Ihnen Ihre Land-
    räte und Oberbürgermeister zurzeit angesichts des Weg-
    brechens der Einnahmen aus der Gewerbeertragsteuer sa-
    gen. Die Gewerbeertragsteuer ist immer die erste Steuer,
    die angepasst wird, wenn sich die Gewinne von Firmen
    reduzieren. Auch das hat natürlich verheerende Konse-

    quenzen für den größten Auftraggeber – gerade der Bau-
    wirtschaft –, nämlich die Kommunen.

    Es hat besondere Konsequenzen für die neuen Bun-
    desländer; das sage ich klipp und klar. Wir haben in den
    neuen Bundesländern festzustellen, dass die Lohnpro-
    duktivitätslücke in den letzten Jahren unverändert bei
    minus 26 Prozent liegt. Wir wissen auch, dass 15 Prozent
    dieser Lohnproduktivitätslücke aufgrund fehlender Infra-
    struktur bestehen. Damit es zu einem selbsttragenden
    Aufschwung kommt, müssen die Investitionslücken bei
    den Infrastrukturmaßnahmen verstärkt und unter großen
    Anstrengungen so schnell wie möglich geschlossen wer-
    den. Dem wird Ihr Haushalt in keinster Weise gerecht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Von Regierungsseite höre ich manchmal die These,
    dass an dem Dilemma die außenwirtschaftlichen Gege-
    benheiten schuld seien. Das ist blanker Unfug. Die Ex-
    portquote ist im ersten Halbjahr dieses Jahres gegenüber
    dem Vorjahr massiv gestiegen. Das Statistische Bundes-
    amt hat festgestellt, dass der Außenwert aufgrund dieser
    Entwicklung, aber auch aufgrund der verminderten Im-
    porte allein 1 Prozent des Wachstums im zweiten Quartal
    ausgemacht hat. Wenn das stimmt, was die Institute jetzt
    sagen, nämlich dass wir nur noch bei 0,9 Prozent landen
    werden, Herr Eichel, und ich dieses 1 Prozent vom
    Wachstum abziehe, dann haben wir das, was in der Bin-
    nenkonjunktur bereits auszumachen ist, nämlich eine Re-
    zession. Das sollten Sie sehr ernst nehmen. Denn als je-
    mand, der einen ganz persönlichen Einblick in die
    Wirtschaft hat, neige ich dazu, zu sagen, dass wir in
    Deutschland sehr nahe vor einer rezessiven Phase stehen.
    Es macht mir überhaupt keinen Spaß, dass es so ist. Mir
    wäre es aufgrund meiner Tätigkeit als Unternehmer und
    im Interesse meiner Mitarbeiter viel lieber, wenn es an-
    ders wäre. Aber es ist festzustellen: Wir geraten in eine
    solche Situation, ohne dass Entscheidendes dagegen ge-
    tan wird.

    Meine Damen und Herren, bei den Haushaltsbera-
    tungen im letzten Jahr habe ich sinngemäß gesagt: Wer
    zum einen den Arbeitsmarkt re-reguliert – Sie haben
    Maßnahmen, die wir getroffen haben, zurückgenommen
    – und zum anderen neu reguliert und wer eine Politik ge-
    gen den Mittelstand und die Arbeitnehmer in Deutschland
    macht, der wird auf dem Arbeitsmarkt brutal scheitern. –
    Das können Sie nachlesen.

    Herr Eichel, Sie bringen so gerne das Beispiel, wie viel
    eine Kauffrau im Rahmen der Steuerreform mehr ver-
    dient: 60 DM. Ich bleibe einmal bei diesem Beispiel. Ich
    verstehe davon eine ganze Menge, weil ich weiß, wie eine
    Lohnabrechnung aussieht. Ich spreche einmal von meinen
    Maurern, Herr Eichel. Ein Maurer hat aufgrund Ihrer
    Steuerreform im Monat 80 DM mehr. Aufgrund der Lohn-
    erhöhung um bescheidene 1,75 Prozent in diesem Früh-
    jahr hat er rund 32 DM mehr. Das heißt, nach Steuerre-
    form und Lohnerhöhung hat er netto, also als Kaufkraft,
    112 DM im Monat mehr. Das sind pro Jahr 1 344 DM.
    Wenn dieser Mitarbeiter im Oktober letzten Jahres den
    Heizöltank seines Eigenheimes gefüllt hat und wenn
    in diesen 3 000 Liter hineinpassen, dann hat er das aus

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Peter Rauen

    18271


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    dieser Nettoentlastung gewonnene Geld bereits voll für
    die daraus entstandenen Mehrkosten ausgeben müssen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD – Ilse Janz [SPD]: Haben Sie mal ein neues Beispiel?)


    – Gerade die Gewerkschafter hier sollten nicht so laut
    schreien. Ich komme gleich noch darauf, was die Ver-
    teuerung der Energie für Konsequenzen hat.


    (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Heizöl hat es doch keine Ökosteuerstufen gegeben! – Weitere Zurufe von der SPD)


    – Moment mal, ich spreche nur von der Kaufkraft dieses
    Mitarbeiters. Dabei sind die Mehrkosten für den Sprit
    – Kollege Diller weiß, woher ich komme; im ländlichen
    Raum haben die Menschen keine andere Möglichkeit als
    die, mit dem Auto zur Arbeit zu fahren – und auch die
    höheren Stromkosten noch nicht abgedeckt. Das heißt,
    dieser Mitarbeiter hat trotz der Steuerreform und trotz der
    Lohnerhöhung einen realen Kaufkraftverlust erlitten.


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Zahlen Sie Tariflohn! Dann wird es vielleicht besser!)


    Ich sage Ihnen voraus: Da kommt ein riesiges Problem
    auf uns zu.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Inflation auch noch!)


    – Ja, auch die Inflation ist zu berücksichtigen. Die Entlas-
    tungen bei der Steuer und die Lohnerhöhungen sind durch
    inflationsbedingte und energiegebundene Kosten längst
    aufgefressen worden. – Das wissen die Spitzen des DGB
    ganz genau. Im nächsten Frühjahr kommt Folgendes auf
    uns zu: Was machen die Tarifpartner? Ich sage immer: Die
    Menschen in Deutschland verdienen netto zu wenig und
    die Arbeit kostet brutto zu viel.


    (Joachim Poß [SPD]: Wir haben den Abstand verkürzt!)


    Wenn dann noch aufgrund von nicht erfolgten Reformen
    und einer nicht ausreichenden Steuerreform reale Ein-
    kommensverluste hinzukommen, dann bleibt den Tarif-
    partnern nur das Mittel einer erheblichen Lohnerhöhung.
    Das kann uns sehr schnell in eine Lohn-Preis-Spirale trei-
    ben, die im Interesse Deutschlands niemandem recht sein
    kann.

    Zum Abschluss will ich darauf hinweisen, wo unser
    Kernproblem liegt: Herr Eichel, wenn bei mir ein Mit-
    arbeiter eine Lohnerhöhung von 1 DM erhält, dann gehen
    nach der Steuerreform – denn man erreicht ja den Spit-
    zensteuersatz schon früh – 40 Pfennig für die Steuer und
    20 Pfennig für den Arbeitnehmerbeitrag weg. Das heißt,
    von der Lohnerhöhung um 1 DM bleiben diesem Mann
    gerade noch 40 Pfennig – und noch weniger, wenn er
    Junggeselle ist.

    Ich als Unternehmer muss den Arbeitgeberanteil von
    20 Prozent, den Beitrag zur Berufsgenossenschaft in
    Höhe von 6,5 Prozent und noch einmal 20 Prozent für den
    Beitrag zur ZVK – das ist die Tarifkasse, die wir haben –
    drauflegen. Das sind 147 Prozent. Das heißt, mich kostet

    eine Lohnerhöhung um 1 DM 1,47 DM, damit der jewei-
    lige Mitarbeiter lächerliche 40 Pfennig herausbekommt.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


    Das führt zu der Situation, dass Arbeit in Deutschland
    nicht mehr bezahlbar ist und dass ein Wirtschaftszweig
    boomt wie kein anderer, nämlich die Schattenwirtschaft,


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    die mittlerweile 17 Prozent des Bruttoinlandsproduktes
    ausmacht. Herr Eichel, ich sage Ihnen eines: Halten Sie
    sich an das Zehnpunkteprogramm der Union!


    (Lothar Mark [SPD]: Welches?)

    – Lassen Sie doch diese dumme Frage. – Das, was da vor-
    gelegt wurde, ist die Meinung der gesamten CDU/CSU-
    Fraktion und der gesamten Partei.

    Ziehen Sie die Steuerreform vor, damit die Tarifpartner
    Luft bekommen, also diese Lohn-Preis-Spirale nicht in
    Gang gesetzt wird! Denn alles, was danach käme, hätte
    verheerende Folgen für die Wirtschaft in Deutschland.


    (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verfassungswidriger Haushalt!)


    – Ziehen Sie das nicht ins Lächerliche! Frau Scheel, mit
    Ihnen zu diskutieren bringt nichts.


    (Antje Hermenau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sind denn das für Machosprüche!)


    Sie werden nie kapieren, dass zwischen der fiskalischen
    und der volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise ein Rie-
    senunterschied besteht. Es macht keinen Sinn, zu sagen
    – was teilweise auch Finanzminister von uns tun –, man
    könne sich dies aus fiskalischen Gründen nicht leisten.


    (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann ist der Haushalt verfassungswidrig!)


    Denn mit der Konjunktur und dem Wachstum wird für
    das, was ihr aus fiskalischen Gründen geglaubt habt euch
    nicht leisten zu können, dreifach bezahlt werden müssen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diese volkswirtschaftliche Sicht und nicht nur die buch-
    halterische Sicht benötigt unser Finanzminister.

    Schönen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)